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E-Book, Deutsch, 120 Seiten

Reihe: Grundbegriffe des Rechts

Neumann Rechtslexikon BGB

Mit Erläuterungen und Übungsfällen

E-Book, Deutsch, 120 Seiten

Reihe: Grundbegriffe des Rechts

ISBN: 978-3-8114-9254-7
Verlag: C.F. Müller
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Bei diesem Rechtswörterlexikon handelt es sich um eine lexikalische Darstellung zentraler Begriffe des Bürgerlichen Rechts aus den Bereichen BGB AT sowie Schuldrecht AT/BT.

In der 2. Auflage wurden die alphabetisch geordneten Rechtsbegriffe auf über 90 erweitert. Jeder Begriff wird zunächst definiert und erläutert. Anschließend folgt ein kurzer Übungsfall mit einer Musterlösung, die zur Kontrolle des Lernerfolgs dient. Die Übungsfälle sind so konzipiert, dass die spezifische Bedeutung der einzelnen Begriffe im Zivilrechtssystem klar wird und leicht erfasst werden kann.
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R › Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit § 1, §§ 104 ff. BGB › Erläuterungen Erläuterungen
187 Die Rechtsfähigkeit ist unabhängig vom Alter oder Geisteszustand einer Person. Bereits ein Säugling ist rechtsfähig; auch Geistesgestörte sind rechtsfähig. D. h. bereits ein Säugling kann so reich sein wie Dagobert Duck, denn er kann beispielsweise bereits erben, Immobilien sein Eigen nennen oder Inhaber von Forderungen (Anspruch) sein. Die Rechtsfähigkeit endet mit dem Tod des Menschen. Die Rechtsfähigkeit von juristischen Personen, die gleichzeitig Handelsgesellschaften sind, endet, wenn diese aus dem Handelsregister gelöscht werden. 188 Zusammengefasst lässt sich also festhalten, dass jeder Mensch von Geburt an bis zu seinem Tode rechtsfähig ist. Anders sieht es mit der Geschäftsfähigkeit aus. Voll geschäftsfähig ist ein Mensch erst dann, wenn er 18 Jahre alt ist. Zudem ist ein Mensch nur dann geschäftsfähig, wenn er nicht dauerhaft geistesgestört ist (s. §§ 2, 104 BGB). Volljährige Geschäftsfähige dürfen allerdings gem. § 105a BGB Geschäfte des täglichen Lebens (Kauf von Brot, Hygieneartikel etc.) schließen. Dies ist jedoch an die Voraussetzung geknüpft, dass sie die damit verbundenen Pflichten (z.B. Zahlung des Kaufpreises) vollständig erfüllen. 189 Ist ein Kind sieben Jahre alt, dann ist es beschränkt geschäftsfähig. Man spricht deswegen von einer beschränkten Geschäftsfähigkeit, da Kinder zwischen sieben und siebzehn Jahren ohne die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter (Vertretung) – in der Regel die Eltern – nur Geschäfte tätigen dürfen, die für sie ausschließlich rechtlich vorteilhaft sind (s. §§ 106 ff. BGB). Ausschließlich rechtlich vorteilhaft sind solche Verträge, durch die der Minderjährige keinerlei rechtlichen Nachteil erleidet. Einen lediglich rechtlichen Vorteil erlangt der Minderjährige dann, wenn er durch das Rechtsgeschäft nur berechtigt, aber nicht verpflichtet wird; z. B. als Beschenkter in einem Schenkungsvertrag (Bekommt der beschränkt Geschäftsfähige ein Grundstück geschenkt, so ist der Vertrag auch dann lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn das Grundstück mit einer Grundschuld belastet ist. Anders sieht es aus, wenn Mieter im geschenkten Haus wohnen und der Minderjährige dadurch zum Vermieter würde; ein solches Geschenk ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft). Das bedeutet in der Konsequenz, dass ein Minderjähriger ohne Zustimmung der Eltern keine gegenseitige Verträge (gegenseitiger Vertrag), sondern nur einseitig verpflichtende Verträge (einseitig verpflichtender Vertrag), in denen er der Begünstigte ist, abschließen darf. Für gegenseitige Verträge bedarf der beschränkt Geschäftsfähige stets die vorherige oder nachträgliche Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. So kann der beschränkt Geschäftsfähige mit der vorherigen Zustimmung – Einwilligung (§ 183 S. 1 BGB) – seines gesetzlichen Vertreters auch solche Verträge abschließen, die für ihn nicht nur rechtlich vorteilhaft sind (§ 107 BGB); wie z. B. einen Kaufvertrag. Hat ihm sein gesetzlicher Vertreter, also in der Regel die Eltern, eine solche vorherige Zustimmung nicht erteilt, so hängt die Wirksamkeit des Vertrages davon ab, dass die Eltern noch nachträglich dem Vertrag zustimmen – Genehmigung – (§§ 108, 184 Abs. 1 BGB). Schließlich können die Eltern dem Minderjährigen auch eine Generaleinwilligung nach dem sog. Taschengeldparagrafen (§ 110 BGB) erteilen. Verträge, die der Minderjährige mit seinem Taschengeld erfüllt (also z. B. bei einem Kaufvertrag den Kaufpreis vollständig bezahlt) sind dann grundsätzlich wirksam. An folgendem Fallbeispiel sollen die Begriffe Rechts- und Geschäftsfähigkeit vertieft werden: Die Familie Müller besteht aus vier Familienmitgliedern Papa Thomas Müller, Mutter Jutta Müller und den Töchtern Lea (4 Jahre) und Leonie (15 Jahre). Jutta Müller ist drogensüchtig und schloss kürzlich nach Einnahme von LSD einen Kaufvertrag über einen Porsche zum Kaufpreis von 54.000 €. Zunächst soll geklärt werden, ob alle Familienmitglieder rechtsfähig sind gem. § 1 BGB. Dies ist zu bejahen, da alle vier Familienmitglieder bereits geboren, aber noch nicht verstorben sind. Als nächstes soll jedes einzelne Familienmitglied im Hinblick auf seine Geschäftsfähigkeit unter die Lupe genommen werden. Thomas Müller ist volljährig und geistig gesund, also voll geschäftsfähig. Jutta Müller ist drogensüchtig. Allerdings führt eine Drogensucht nur dann zur Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2 BGB, wenn die Drogensucht sich auf die Persönlichkeit so ausgewirkt hat, dass sie die freie Willensbildung dauerhaft ausschließt. Hierfür gibt es in unserem Beispielsfall keine Anhaltspunkte, daher ist Jutta Müller ebenfalls voll geschäftsfähig. Allerdings stand Jutta Müller zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages unter dem Einfluss von LSD und war daher zu diesem Zeitpunkt in ihrer Geistestätigkeit gestört, so dass ihre Willenserklärung und damit der Kaufvertrag über das schnelle Auto gem. § 105 Abs. 2 BGB nichtig ist. Die kleine Lea ist erst vier Jahre alt und somit geschäftsunfähig gem. § 104 Nr. 1 BGB. Tochter Leonie ist 15 Jahre alt und somit beschränkt geschäftsfähig gem. § 106 BGB. 190 Übungsfall Rechts- und Geschäftsfähigkeit Die Eltern Andreas und Christiane Schneider geben ihrer 16-jährigen Tochter Laura 200 €. Mit dem Geld soll sich Laura ein schönes Kleid für das Hochzeitsfest von Onkel Jürgen kaufen. Laura kauft allerdings vom überlassenen Geld zunächst mehrere CDs für insgesamt 69 €. Anschließend kauft sie beim Händler Markus Leichtfuß ein Kleid für 169 €, wobei sie mit Herrn Leichtfuß vereinbart, dass sie einen Teilbetrag in Höhe von 130 € sofort anzahlt und die restlichen 39 € von ihrem Taschengeld „abstottern“ wird. Laura berichtet ihrer Mutter von den Einkäufen. Sowohl Vater als auch Mutter reagieren zunächst erbost über das eigenmächtige Verhalten ihrer Tochter, lenken jedoch schließlich ein und erklären sich mit den Einkäufen einverstanden. Noch vor Zahlung eines weiteren Betrages verliert Laura aber das Interesse an dem Kleid und erst recht an seiner Bezahlung. Nachdem Markus Leichtfuß sie vergeblich zur Leistung aufgefordert hat, wendet er sich schriftlich an die Eltern mit der Bitte „um eine kurze Mitteilung, dass die noch offene Forderung durch Ihre Tochter bald beglichen wird“. Die Eltern äußern sich gegenüber dem Händler nicht, fordern aber ihre Tochter auf, die Angelegenheit endlich „aus der Welt zu schaffen“. Laura kommt dieser Aufforderung allerdings nicht nach. Markus Leichtfuß fragt drei Wochen später nach, ob er einen Zahlungsanspruch gegen Laura hat. 191 Lösung Zu prüfen ist, ob Markus Leichtfuß gegenüber Laura einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gem. § 433 Abs. 2 BGB hat. Hierfür müsste zwischen den beiden gemäß § 433 BGB ein Kaufvertrag zustande gekommen sein. Die Parteien tauschen übereinstimmende Willenserklärungen über Kaufpreis und Kaufgegenstand aus. Problematisch ist jedoch die Wirksamkeit der Willenserklärung von Laura. Da Laura 16 Jahre alt ist, ist sie gem. § 2 BGB i. V. m. § 106 BGB minderjährig und lediglich beschränkt geschäftsfähig. § 107 BGB verlangt nun für die Wirksamkeit der Willenserklärung die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, was in diesem Fall die Eltern sind. Eine Einwilligung der Eltern wäre nur dann nicht erforderlich, wenn Laura durch die Abgabe der Willenserklärung lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt hätte. Da Laura durch den Kaufvertrag verpflichtet wird, den Kaufpreis zu zahlen, erlangt sie somit nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil. Die Wirksamkeit der Willenserklärung hängt also von der Zustimmung der Eltern ab. Zu prüfen ist, ob die Eltern Laura eine spezielle Einwilligung nach § 107 BGB erteilt haben. Unter Einwilligung versteht man nach § 183 BGB die vorherige Zustimmung. Die Eltern überreichen Laura zwar das Geld, um sich ein Kleid zu kaufen, aber diese Einwilligung der Eltern bezieht sich nicht auf einen Abzahlungskauf. Zu prüfen ist, ob eine generelle Einwilligung der Eltern gem. § 110 BGB vorliegt. Dafür müsste Laura den Kaufpreis jedoch mit Mitteln bewirken, die ihr ihre Eltern zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen haben. Das Geld, das Laura bekommen hat, war zwar gerade zu dem Zweck bestimmt, sich ein Kleid zu kaufen, jedoch hat sie mit Herrn Leichtfuß Ratenzahlung vereinbart, so dass die Leistung (also die Zahlung des Kaufpreises) nicht vollständig bewirkt wurde. Folglich ist der Kaufvertrag ohne Einwilligung der Eltern abgeschlossen...


Prof. Dr. Sybille Neumann, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften


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