Cohen | Abwendbarer Abstieg der Vereinigten Staaten unter Donald Trump | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

Cohen Abwendbarer Abstieg der Vereinigten Staaten unter Donald Trump

Das New Yorker Tagebuch

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

ISBN: 978-3-8353-4353-5
Verlag: Wallstein
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Eine ungemein kluge und persönliche Reaktion auf Donald Trumps tägliche Skandale.
Ein Diarium, das erschüttert und vielleicht sogar einige Mechanismen des europäischen Populismus erklären kann.

Im November 2016, unmittelbar nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA, begann Robert Cohen mit dem Schreiben dieses Tagebuchs, nicht zuletzt, um unter dem täglichen Anprall verstörender Nachrichten, dem rasch einsetzenden Tsunami von Erlassen, Dekreten, Tweets, Erklärungen, Zurücknahmen und Gegenerklärungen aus dem Weißen Haus den Boden unter den Füßen nicht zu verlieren.
Cohens Konzept liegt eine doppelte Sicht auf die politischen und gesellschaftlichen Vorgänge zugrunde: Es vereint die Innensicht eines seit 35 Jahren in New York Lebenden mit der Außensicht eines Schweizers und Europäers, der der Verfasser geblieben ist.
Im Tagebuch findet sich wieder, wie der Verfasser selbst, wie die Menschen um ihn herum, wie die US-Gesellschaft die politischen Verläufe Tag für Tag erleben. Oft geht es um spontane Reaktionen auf das Tagesgeschehen. Im Fokus der Notate stehen die Unverfrorenheit, mit der der amtierende Präsident Tag für Tag lügt und betrügt, auch wenn seine Clownerien nach wie vor eine Vielzahl der Amerikaner in Begeisterung versetzt.
Dieses die ersten zwei Jahre der Amtszeit umfassende Tagebuch führt in verdichteter und literarischer Form, manchmal atemverschlagend in seiner Komik, vor Augen, dass dieser Präsident die gegenwärtige Entwicklung nicht ausgelöst hat, sondern die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte auf eine Figur wie ihn zugelaufen ist.
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Die zweiten hundert Tage
Dienstag, 16. Mai 2017 • Seit mehr als zwei Wochen keine Notizen zu Trump, benommen vom Anprall der Erlasse, Dekrete, Tweets, Erklärungen, Zurücknahmen und Gegenerklärungen. Beim Zusammensein, vorgestern, mit alten Freunden, ging es fast nur um Trump. Unsere über Jahrzehnte geführten anregenden Gespräche sind auf dieses Thema zusammengeschnurrt. Der Abend veranlasste mich, diese Notizen wiederaufzunehmen. Ich wollte zu Trumps Entlassung von FBI-Direktor James Comey Notizen machen, in dem Sinn, diesmal sei der Pleitier endlich doch zu weit gegangen. Da verbreitete sich gestern Nachmittag die Nachricht, Trump habe, um sich vor dem russischen Außenminister wichtig zu machen, geheime Informationen ausgeplaudert. Vergessen Comey, vergessen die gestrigen und vorgestrigen Debakel. Geschwind schreibe ich das auf, bevor es vom nächsten Eklat aus Washington überholt ist. Debakel, Fiasko, Eklat, Chaos, Bankrott: Das Vokabular der Nachrichtenmedien im Umgang mit der Regierung entwickelt sich zu einer eigenen Trump-Philologie. Freitag, 19. Mai 2017 • Der Einzige, der das Chaos im Weißen Haus nicht wahrzunehmen scheint, ist der Chaot, der es verursacht. In den vergangenen drei Tagen hat Trump: – den türkischen Präsidenten Erdogan gepriesen, dessen Leibwächter wenig später vor der türkischen Botschaft in Washington Demonstranten krankenhausreif schlugen; – geleugnet, den gefeuerten Comey gebeten zu haben, die FBI-Untersuchung gegen ihn wegen seiner Russlandkontakte einzustellen (das inkriminierte Verbrechen wäre Behinderung der Justiz – obstruction of justice); – die vor zwei Tagen erfolgte Ernennung Robert Muellers zum Sonderermittler mit der Behauptung kommentiert, kein Präsident in der Geschichte der USA sei so mies behandelt worden wie er (noch als Opfer ist er der Größte). In der Leserbriefspalte der Nation, die ich meist mit einer Verspätung von etwa zehn Tagen lese, ist über Russlands mögliche Intervention bei den US-Wahlen ein Disput ausgebrochen. Der Russlandfachmann Stephen Cohen, emeritierter Historiker der New York University, hatte die Linke davor gewarnt, in den Ruf nach einem Sonderermittler einzustimmen, damit unterstütze sie die trotz des Endes des Kalten Krieges noch immer virulente Antirusslandhetze. Victor Navasky, langjähriger Verleger und ehemaliger Herausgeber der Nation, argumentierte im nächsten Heft ähnlich und zog einen Vergleich mit der antisowjetischen Hetze der McCarthy-Ära. In ihrer Kolumne widersprach Katha Pollitt und wies den Vergleich mit der McCarthy-Ära zurück. In der neuen Nummer nun präzisiert Navasky, worum es ihm geht: Wenn Trump und die Seinen der Zusammenarbeit mit Russland schuldig sein sollten, indem sie in die US-Wahlen eingriffen, haben sie das Gesetz gebrochen und müssen zur Verantwortung gezogen werden. Aber in einer von Nuklearwaffen, dem IS und vom Klimawandel bedrohten Welt scheint es mir wichtiger denn je, mit unseren Gegnern (besonders mit Putin) zu sprechen und auf eine Entspannung hinzuarbeiten. Der Nation-Kolumnist Patrick Lawrence weist ebenfalls auf die Notwendigkeit einer Entspannungspolitik hin. Und Greg Grandin, Historiker an der New York University und Mitherausgeber der Nation, warnt, Trump sei durch den Nachweis von Kollusion nicht zu Fall zu bringen, jedoch wachse mit weiteren Ermittlungen die Gefahr, dass er mit einem Militärschlag von seinen Problemen ablenken werde. In einer weiteren Entgegnung argumentiert Pollitt, es müsse möglich sein, der Russlandangelegenheit auf den Grund zu gehen, ohne gleich den dritten Weltkrieg heraufzubeschwören. Anders als Pollitt fehlt mir das Vertrauen in das FBI, das in dieser Sache ermittelt. J. Edgar Hoover hat ihm vor einem halben Jahrhundert den Antikommunismus eingeimpft, der nun als Feindseligkeit gegen Russland weiterwirkt. Sollte sich eine russische Einmischung in die Wahlen nachweisen lassen, wäre daran zu erinnern, dass die Geheimdienste der Vereinigten Staaten in ungleich größerem Maß in zahlreichen Ländern, vom Nachkriegs-Italien und dem damaligen Persien über Indochina, den Kongo und Vietnam bis zu Chile, Nicaragua, der winzigen Karibikinsel Grenada, Venezuela und nicht zuletzt in Russland selbst (mit Unterstützung des Trunkenbolds Jelzin) in die Selbstbestimmung anderer Nationen eingegriffen, demokratisch gewählte Regierungen gestürzt und Diktaturen gestützt haben. Sonntag, 21. Mai 2017 • Trump-Philologie. Charles Blow in der NYT über Trump: »unberechenbar, selbstzerstörerisch, autoritär, pathologischer Lügner, bombastisch, unflätig.« Ebenfalls in der NYT vergleicht Robert A. Burton, ehemaliger Leiter der Neurologie an der University of California, Trump mit einem sich selbst regulierenden, mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Roboter, dessen Lernprozess frei sei von mitmenschlichen Rücksichtnahmen. Bereits vor zwei Tagen hatte die Kinderpsychologin Alison Gopnik von derselben Universität in der NYT darauf hingewiesen, Trump gebärde sich keineswegs wie ein Kind, dazu fehlten ihm bei Vierjährigen nachweisbare Eigenschaften wie Konzentrationsfähigkeit, Neugier, Empathie, Altruismus, Sinn für Wahrheit und moralisches Verhalten. Ich gebe in der Politik nicht besonders viel auf Psychologisierungen; politisches Handeln ist angeleitet von handgreiflichen Interessen, Konzepten, Programmen, Ideologien und von den Institutionen, durch die sie wirken. Das macht Politik einigermaßen voraussehbar. Da jetzt einer ohne Vernunft, Konzept und Programm und weitgehend außerhalb traditioneller Institutionen (Parlament, Ministerien und selbst die eigene Partei) regiert, ist das Verstehen zurückgeworfen auf Versuche, sein Gebaren psychologisierend zu fassen. Trump-Philologie. Burton in der NYT: »Narzisst, Megalomane, Psychopath mit Aufmerksamkeitsdefizit.« Dienstag, 23. Mai 2017 • Weiterhin zur Frage der Moral in der Politik: Obama, wie seine Vorgänger, hat es mit dem Insistieren auf moralischem Handeln in der Außenpolitik nicht besonders weit gebracht. Im Gegensatz dazu betont Trump, dem Menschenrechte nichts sagen, bei seinem gegenwärtigen Aufenthalt im Mittleren Osten, er wolle anderen Nationen nicht vorschreiben, wie sie zu leben hätten. Er kommt damit in Saudi-Arabien und Israel, zwei Ländern, die sich ganz wie er einen Dreck um Moral in der Politik scheren, gut an. Hat also Moral in der Politik nichts zu suchen? Oder sollte gerade in der Politik moralisch gehandelt werden? Alte Fragen, ich weiß. Mit der saudi-arabischen Herrscherfamilie hat Trump ein Waffengeschäft über hundertzehn Milliarden Dollar abgeschlossen. Die Hungerleider im Jemen werden bis zum letzten Moment nicht erfahren, woher die Streubomben stammen, mit denen die saudi-arabische Luftwaffe sie in ihren Hütten und auf ihren Feldern in Stücke reißt. Mittwoch, 24. Mai 2017 • Zu Trumps Haushaltsbudget. Vor fünfzig Jahren erklärte Lyndon Johnson den Krieg gegen die Armut (war on poverty). Mit seinem Haushaltsbudget erklärt Trump den Krieg gegen die Armen. Freitag, 26. Mai 2017, Shady • Die steinerne Mauer vor dem kleinen Haus ist in den vergangenen Tagen neu gerichtet worden, nun kann sie der Erosion wieder eine Weile standhalten. Staatsbesuch im Vatikan. Das offizielle Foto zeigt den Papst als obersten Vertreter eines hierarchischen Staats, daneben Trump mit seiner Familie als oberste Vertreter einer Demokratie. Entgegen der Tradition im Islam trugen Trumps Frau und Tochter bei den Audienzen in Saudi-Arabien keine Hijabs, was in den Medien anerkennend als Signal für die Emanzipation islamischer Frauen interpretiert wurde. Zwei Tage später, bei der Audienz beim Papst, tragen beide Frauen Kopftücher. Trumps Einreisestopp ist zum dritten Mal vor Gericht gescheitert. Montag, 29. Mai 2017 (Memorial Day), Shady. • Der Begriff der Elite muss kritisch gehandhabt werden. Jeder führt ihn gegen »die da oben« im Mund, selbst die da oben. Sie bedienen sich dabei der Sprache der Unteren. Aber eben nur der Sprache, sie haben nicht die geringste Absicht, dem Willen der Unteren entsprechend die da oben – also sich selbst – wegzufegen. Diese Scharade nennt man Populismus. Das Volk kommt da nur im Begriff vor, von der Sache selbst, von der Macht, von der Selbstbestimmung oder auch nur von der Mitbestimmung, bleibt es ferngehalten. Trump hat mehr Vertreter der (Wall Street-)Elite in die Regierung geholt als jeder seiner Vorgänger. Doch besteht für die Eliten kein Grund zur Beruhigung. Der Populist im Weißen Haus schafft mit seiner Suada, was die Niederen nicht schaffen: Er zersetzt das System, durch das die Eliten sich oben halten. Elite wird meist synonym gebraucht mit Establishment. Hier wäre zu differenzieren. Trump gehört zur Elite, aber nicht zum Establishment. Das Weiße Haus gibt bekannt, die für die Bundesstaaten geltende Auflage, wonach auch religiös ausgerichtete Krankenversicherungen verpflichtet sind, Empfängnisverhütung in ihre Gesundheitsversicherung aufzunehmen, solle aufgehoben werden. Donnerstag, 1. Juni 2017 • Um 15 Uhr hat Trump auf dem Rasen vor dem Weißen Haus die Kündigung des Pariser Klimaabkommens bekanntgegeben, die das Leben der Ärmsten dieser Welt noch...


Cohen, Robert
Robert Cohen, geb. 1941 in Zürich, ist Literaturwissenschaftler und Schriftsteller. Nach dem Studium an der französischen Filmhochschule IDHEC realisierte er bei der Topic Film in Zürich Industrie-, Werbe- und TV-Filme, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde. Seit 1983 lebt er in New York.
Nach einem Studium der Germanistik lehrte er bis 2012 als Adjunct Professor am German Department der New York University.
Cohen veröffentlichte mehrere Monographien zu Peter Weiss. 2009 erschien sein Epochenroman »Exil der frechen Frauen«, gefolgt von »Die Unbeschwerten« (2010) und »Der Vorgang Benario« (2016). 2013 gab er bei Wallstein den Briefwechsel zwischen Olga Benario und Luis Carlos Prestes heraus. Cohen ist Mitglied des Kuratoriums des Berliner Instituts für kritische Theorie.

Robert Cohen, geb. 1941 in Zürich, ist Literaturwissenschaftler und Schriftsteller. Nach dem Studium an der französischen Filmhochschule IDHEC realisierte er bei der Topic Film in Zürich Industrie-, Werbe- und TV-Filme, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde. Seit 1983 lebt er in New York.
Nach einem Studium der Germanistik lehrte er bis 2012 als Adjunct Professor am German Department der New York University.
Cohen veröffentlichte mehrere Monographien zu Peter Weiss. 2009 erschien sein Epochenroman "Exil der frechen Frauen", gefolgt von "Die Unbeschwerten" (2010) und "Der Vorgang Benario" (2016). 2013 gab er bei Wallstein den Briefwechsel zwischen Olga Benario und Luis Carlos Prestes heraus. Cohen ist Mitglied des Kuratoriums des Berliner Instituts für kritische Theorie.


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