Coster | Die Mär von Ulenspiegel | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 520 Seiten

Coster Die Mär von Ulenspiegel


1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-0917-7
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 520 Seiten

ISBN: 978-3-8496-0917-7
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mit seinen volkstümlichen Erzählungen hatte der Autor großen Erfolg. Nach fast zehnjähriger intensiver Arbeit, für die er seine Stellung bei den belgischen Staatsarchiven aufgab, gelang es De Coster, mit seiner Übertragung der Abenteuer Till Eulenspiegels in die Zeit des Achtzigjährigen Krieges den großen flämischen Malern ein ebenbürtiges literarisches Werk gegenüberzustellen.

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XLIV

König Philipp aber litt nicht Hunger, sondern aß Kuchen bei seiner Frau, Maria der Häßlichen, aus der königlichen Familie der Tudors. Er empfand keine Liebe für sie, hoffte aber der englischen Nation einen spanischen Monarchen schenken zu können, indem er diese armselige Frau befruchtete. Aber diese Vereinigung eines Steines mit einem Feuerbrand blieb fruchtlos. Immerhin vereinigten sie sich hinreichend, um etliche Hunderte armer Reformierter ertränken und verbrennen zu lassen.

Wenn Philipp nicht außerhalb Londons war und auch nicht verkleidet ausging, um sich an einem üblen Orte auszutoben, führte die Stunde des Schlafengehens die beiden Gatten zusammen. Dann lehnte sich die Königin Maria, in Leinen von Tournay und Spitzen von Irland gekleidet, ans Ehebett, während Philipp, steif wie ein Pfahl, vor ihr stand und nach irgendeinem Anzeichen der Mutterschaft an seiner Frau suchte, aber er konnte nichts dergleichen sehen, war zornig, sagte kein Wort und besah seine Fingernägel.

Dann sprach dies unfruchtbare Mißgeschöpf zärtliche Worte und bat mit den Augen, die sie lieblich scheinen lassen wollte, den eisigen Philipp um Liebe. Tränen, Schreien, Flehen, nichts sparte sie, um eine laue Liebkosung von dem zu erhalten, der sie nicht liebte. Vergeblich faltete sie die Hände und warf sich ihm zu Füßen, vergeblich lachte und weinte sie zu gleicher Zeit wie eine Irre, um ihn zu rühren, weder Lachen noch Tränen rührten den Stein seines harten Herzens. Umsonst schlang sie ihre dürren Arme um ihn und schmiegte sich an seine flache Brust, das enge Verlies, darin die verkrüppelte Seele des Blutkönigs wohnte. Er rührte sich nicht von der Stelle, gleich einem Grenzstein.

Sie bemühte sich, die arme Häßliche, sich liebenswert zu machen, sie nannte ihn mit allen zärtlichen Namen, wie sie nach Liebe dürstende Frauen dem Geliebten ihrer Wahl verleihen, Philipp besah seine Fingernägel. Ab und zu sagte er dann: »Wirst du keine Kinder haben?« Daraufhin fiel Marias Kopf vornüber auf ihre Brust. »Ist es denn meine Schuld«, sagte sie, »daß ich unfruchtbar bin? Hab Erbarmen mit mir, ich lebe ja wie eine Witwe!« »Warum hast du keine Kinder?« fragte Philipp. Und die Königin stürzte auf den Teppich nieder, als hätte der Tod sie hingemäht. Ihre Augen waren voll Tränen, und hätte sie Blut weinen können, sie hätte es getan, die arme Mißratene.

So rächte Gott die Opfer, die Englands Boden bedeckten, an ihren Henkern.

XLV

Im Volke munkelte man, daß Kaiser Karl sich mit der Absicht trage, den Mönchen das freie Erbrecht auf das Vermögen derer zu nehmen, die in ihrem Konvent stürben, was dem Papst höchlich mißfiel.

Ulenspiegel, der an den Ufern der Maas weilte, dachte bei sich, daß der Kaiser solcherart immer seinen Vorteil fände, denn wenn die Familie des Verstorbenen auch nicht erbte – er erbte doch.

Er ließ sich am Flußufer nieder und warf seine gut geköderte Angel aus. An einem Stück alten Brotes knabbernd, bedauerte er gar sehr, keinen Wein aus der Romagne zu haben, um es besprengen zu können, besann sich aber darauf, daß einem nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen könnten. Indessen warf er Brotkrumen ins Wasser und sagte sich, daß der nicht zu essen verdiene, der sein Mahl nicht mit dem Nächsten teile.

Den Bissen witternd, tauchte ein Weißfischchen auf, stieß mit seinen Lippen daran und öffnete seinen unschuldigen Schlund, ohne Zweifel in der Meinung, daß das Brot von selbst hineinfallen werde. Während es so in die Luft guckte, wurde es plötzlich von einem tückischen Hechte verschlungen, der wie ein Pfeil drauf zugeschossen kam. Der Hecht ließ einem Karpfen dasselbe Schicksal zuteil werden, der, ohne Gefahr zu besorgen, Fliegen schnappte. So vollgefressen, hielt er sich unbeweglich im Wasser und achtete des kleinen Fischgesindels nicht, das sich übrigens mit der ganzen Kraft seiner Flossen von ihm entfernte. Während er sich so siegesgewiß ausruhte, kam ein junger Hecht mit gefräßig aufgerissenem Maul auf ihn zugeschossen. Da entspann sich ein wütender Kampf zwischen den beiden, der mit gewaltigen Bissen geführt wurde, und das Wasser rötete sich von dem Blut der zwei Streiter.

Der vollgefressene Hecht verteidigte sich nur schlecht gegen den mit dem leeren Magen; dieser zog sich zurück, nahm all seine Gewalt zusammen und schnellte sich dann wie ein Ball auf seinen Gegner, der ihn mit aufgesperrtem Rachen erwartete und nun bis weit über die Hälfte des Kopfes verschlang; als er sich aber von ihm befreien wollte, konnte er es nicht wegen der rückwärts gebogenen Zähne, und so zappelten sie beide gar kläglich.

So ineinander verbissen, sahen sie einen kräftigen Angelhaken nicht, der, an einer Seidenschnur hängend, sich vom Grund des Wassers erhob, sich in die Bauchflosse des vollgefressenen Hechtes bohrte, ihn samt seinem Gegner aus dem Wasser zog und rücksichtslos auf den Rasen warf.

Als Ulenspiegel ihnen die Köpfe abschlug, sprach er: »Meine lieben Hechte, seid ihr nicht der Papst und der Kaiser, die sich gegenseitig auffressen, und bin ich nicht das Volk, das euch am Tage des Jüngsten Gerichts mit seinem Haken mitten in eurem Raufen abfängt?«

XLVI

Indessen hatte Katheline Borgerhout nicht verlassen und fuhr fort, die Nachbarschaft zu durchstreifen, immer wiederholend; »Hanske, mein Mann, sie haben Feuer auf meinem Kopfe angelegt, mach ein Loch hinein, daß meine Seele entfliehen kann. Ach! Da klopft sie immerzu, und jedes Klopfen bereitet bittren Schmerz!« Und Nele sorgte für die arme Irre und gedachte neben ihr voll Schmerz ihres Freundes Ulenspiegel.

Und in Damme band Claes seine Reisigbündel und verkaufte seine Kohlen, manchmal, wenn er des verbannten Ulenspiegel gedachte, der noch lange nicht in die Hütte zurückkehren durfte, kam große Traurigkeit über ihn. Soetkin stand den ganzen Tag am Fenster und blickte hinaus, ob sie nicht ihren Sohn Ulenspiegel heimkehren sähe.

Der war damals gerade in der Gegend von Köln und meinte, daß ihm gegenwärtig die Gartenbaukunst Freude bereiten würde. Er bot einem gewissen Jan de Zuursmoel seine Gehilfendienste an, der einmal Landsknechtskapitän gewesen war und der, weil es ihm an Lösegeld gefehlt, gehenkt werden sollte, seither flößte ihm der Hanf, der in flämischer Sprache Kennip heißt, großen Schrecken ein. –

Eines Tages wollte Jan de Zuursmoel Ulenspiegel zeigen, wie er seine Arbeit zu verrichten habe, und führte ihn an das Ende seiner Gartenumzäunung, von wo aus sie, hinter dem benachbarten Zaun, ein Ar Land sahen, das ganz mit grünem Kennip bepflanzt war. Jan de Zuursmoel sagte zu Ulenspiegel: »Wann immer du diese abscheuliche Pflanze siehst, mußt du sie schändlich verunglimpfen, denn sie ist es, die an Rad und Galgen bringt.« »Ich werde sie verunglimpfen«, antwortete Ulenspiegel.

Als Jan de Zuursmoel eines Tages mit trinkfesten Freunden an der Tafel saß, sagte der Koch zu Ulenspiegel: »Geh in den Keller und hole Zennip.« Ulenspiegel verstand böswilligerweise Kennip statt Zennip und tat dem Senftopf im Keller schändlichen Unglimpf an, dann trug er ihn, nicht ohne zu lachen, zu Tische. »Warum lachst du?« fragte Jan de Zuursmoel, »denkst du, unsere Nasen sind aus Erz? Iß von diesem Zennip, denn du selbst hast ihn ja zubereitet.« »Röstkuchen in Zimmet ziehe ich vor«, antwortete Ulenspiegel. Jan de Zuursmoel stand auf, um ihn zu schlagen. »In diesem Senftopf ist Unrat«,sprach er. »Meister«, erwiderte Ulenspiegel, »erinnert Ihr Euch nicht mehr des Tages, da ich Euch ans Ende Eures Zaunes folgte? Da sagtet Ihr mir, indem Ihr mir den Zennip zeigtet: ›Überall, wo du diese Pflanze siehst, sollst du sie schändlicherweise verunglimpfen, denn sie ist es, die an Rad und Galgen bringt.‹ Ich habe sie verunglimpft, Meister, ich habe ihr tiefe Erniedrigung zuteil werden lassen, schlagt mich nicht tot für meinen Gehorsam.«

»Ich habe Kennip gesagt, und nicht Zennip«, schrie Jan de Zuursmoel wütend. »Meister, Ihr habt Zennip gesagt und nicht Kennip«, erwiderte Ulenspiegel. So redeten sie lange Zeit hin und her, und Ulenspiegel drückte sich sehr unterwürfig aus. Jan de Zuursmoel aber schrie wie ein Adler und verwirrte die Worte Zennip, Kennip, kemp, zemp, kemp, zemp wie eine Strähne geflochtener Seide. Und die diesem Streit beiwohnten, lachten wie Teufel beim Verzehren von Dominikanerkoteletts oder Inquisitorennieren.

Ulenspiegel aber mußte von Jan de Zuursmoel fortgehen.

XLVII

Nele war um ihrer selbst willen wie auch ihrer irren Mutter wegen immer tief betrübt.

Ulenspiegel nahm bei einem Schneider Dienst, und der sagte zu ihm: »Wenn du nähst, so nähe gedrängt, damit man nichts davon sieht.« Ulenspiegel setzte sich unter ein Faß und begann da zu nähen. »Das habe ich damit nicht sagen wollen«, rief der Schneider. »Ich dränge mich in ein Faß, wie wollt Ihr, daß man da etwas sehe!« erwiderte Ulenspiegel. »Komm«, sagte der Schneider, »setz dich wieder hier auf den Tisch und mach deine Stiche ganz eng, einen am andern, und mach den Rock wie den Wolf.« – »Wolf« war aber der Name eines engen Bauernrocks.

Ulenspiegel nahm den Rock, schnitt ihn in Stücke und nähte sie in solcher Form zusammen, daß sie der Gestalt...



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