Göpfert / Giese | Beratungen im Wirtschaftsausschuss | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 174 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm

Reihe: Betriebs-Berater Schriftenreihe/Arbeitsrecht

Göpfert / Giese Beratungen im Wirtschaftsausschuss

E-Book, Deutsch, 174 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm

Reihe: Betriebs-Berater Schriftenreihe/Arbeitsrecht

ISBN: 978-3-8005-9336-1
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der Wirtschaftsausschuss ist ein Schlüsselgremium im Unternehmen und zugleich für Nicht-Arbeitsrechtler ein Rätsel. Dieses Buch behandelt den Wirtschaftsausschuss, seine Stellung im Betriebsverfassungsrecht, die Vorgaben des BetrVG dazu und seine Beratungsgegenstände, besonders in Gestalt der „wirtschaftlichen Angelegenheit“. Dabei geht es vor allem um die Fragerechte des Wirtschaftsausschusses, die Rechtzeitigkeit seiner Unterrichtung und die zu beachtenden Formalien. Das Buch begleitet den Leser durch alle Etappen der Beratung mit dem Wirtschaftsausschuss und ist verlässliche Quelle für alle maßgeblichen Praxisentscheidungen.
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Zielgruppe


Geschäftsführung von Wirtschaftsunternehmen, Arbeitsrechtler, Syndikusanwälte, unternehmensinterne Rechtsabteilungen; Unternehmensberater, Personaler, Betriebsräte

Weitere Infos & Material


II. Funktion, Bildung und Arbeitsweise des Wirtschaftsausschusses
1. Funktion des Wirtschaftsausschusses
a) Der Wirtschaftsausschuss als Hilfsorgan des (Gesamt-)Betriebsrats 2 Der Wirtschaftsausschuss ist ein Hilfsorgan des (Gesamt-)Betriebsrats und soll damit die Interessen der Arbeitnehmerseite schützen.1 Er wird auch als (besonderer) Ausschuss des (Gesamt-)Betriebsrats klassifiziert.2 Er hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten und deren Auswirkungen auf die Personalplanung3 nach Unterrichtung durch den Unternehmer mit diesem zu beraten4 (§§ 106 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 3, 108 Abs. 1–3 BetrVG) und anschließend den (Gesamt-)Betriebsrat hierüber zu unterrichten (§§ 106 Abs. 1 Satz 2, 108 Abs. 4 BetrVG). Des Weiteren ist dem Wirtschaftsausschuss unter Beteiligung des (Gesamt-)Betriebsrats der Jahresabschluss zu erläutern (§ 108 Abs. 5 BetrVG), und er wirkt an der Unterrichtung der Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens mit (§ 110 BetrVG). Er nimmt, ohne eigenes echtes Mitbestimmungsrecht auf Beratung und Unterrichtung beschränkt, eine reine Mittlerfunktion wahr.5 Er soll schwerpunktmäßig dem (Gesamt-)Betriebsrat die notwendigen wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Informationen und dahingehenden Kenntnisse vermitteln, um diesen zur Ausübung der eigentlichen betriebsverfassungsrechtlichen Mitwirkungsrechte insbesondere in wirtschaftlichen Angelegenheiten gem. §§ 111ff. BetrVG, jedoch auch in sonstigen Angelegenheiten, wie Fragen der Personalplanung (§ 92 BetrVG) oder Beschäftigungssicherung (§ 92a BetrVG), zu befähigen.6 Der sinnvollerweise entsprechend kompetent besetzte Wirtschaftsausschuss bietet dem (Gesamt-)Betriebsrat also ausgelagerte wirtschaftliche Expertise, welche in dem betriebsverfassungsrechtlichen Hauptgremium nicht stets in ausreichendem Maße vorhanden ist, und fungiert dabei als Frühwarn-, Informationsbeschaffungs- und Beratungsinstrument.7 Die dem (Gesamt-)Betriebsrat untergeordnete Stellung des Wirtschaftsausschusses zeigt sich neben dieser Bindegliedfunktion auch an seiner Abhängigkeit aufgrund der weitgehend freien Bestellung und Abberufung des Wirtschaftsausschusses durch den (Gesamt-)Betriebsrat sowie der Kopplung an dessen Amtszeit (§ 107 Abs. 1, 2 BetrVG), an der Möglichkeit des (Gesamt-)Betriebsrats, den Wirtschaftsausschuss vollständig zu ersetzen (§ 107 Abs. 3 BetrVG), und daran, dass Meinungsstreitigkeiten mit dem Unternehmer nicht durch den Wirtschaftsausschuss selbst, sondern durch den (Gesamt-)Betriebsrat ausgetragen werden (§ 109 BetrVG).8 Den (Gesamt-)Betriebsrat ebenfalls in wirtschaftlichen Angelegenheiten unterstützend, jedoch vom Wirtschaftsausschuss zu unterscheiden sind externe (wirtschaftliche) Berater des (Gesamt-)Betriebsrats nach §§ 111 Satz 2, 80 Abs. 3, 4 BetrVG. b) Der Wirtschaftsausschuss als unternehmensbezogenes Organ 3 Der Wirtschaftsausschuss ist, da wirtschaftliche Fragen keine betrieblichen Angelegenheiten, sondern solche des Unternehmens sind, unternehmensbezogen konzipiert, wird also nicht auf Betriebs-, sondern auf Unternehmensebene gebildet.9 Mangels eigenständiger Legaldefinition im BetrVG ist für den Begriff des Unternehmens auf den (einheitlichen) Rechtsträger in seiner jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Organisationsform abzustellen.10 Infolge der Unternehmensbezogenheit spricht das Gesetz in den §§ 106ff. BetrVG auch terminologisch richtig statt vom Arbeitgeber vom Unternehmer, ohne dass damit jedoch eine inhaltliche Unterscheidung der (identischen) Bezugsperson verbunden wäre.11 2. Bildung des Wirtschaftsausschusses
a) Voraussetzungen der Bildung des Wirtschaftsausschusses 4 In Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden (§ 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Dies ist bei Vorliegen der Voraussetzungen für den (Gesamt-)Betriebsrat, mit Ausnahme der Möglichkeit eines Vorgehens nach § 107 Abs. 3 BetrVG, obligatorisch und die Nichtbefolgung bedeutet eine Pflichtverletzung i.S.d. §§ 23 Abs. 1, 48 BetrVG.12 Sinkt die Anzahl der in der Regel im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer später auf oder unter den Schwellenwert, entfallen die Rechte des Wirtschaftsausschusses unmittelbar mit Wirkung ex nunc.13 Wenn kein Wirtschaftsausschuss gebildet oder der Schwellenwert gar nicht erst überschritten wird, gehen die Rechte des Wirtschaftsausschusses, mit Ausnahme der besonderen Fallkonstellation des § 109a BetrVG, nicht auf den (Gesamt-)Betriebsrat über.14 Jedoch hat der (Gesamt-)Betriebsrat (nach der gesetzlichen Grundkonzeption) dann einen inhaltlich weniger umfassenden Unterrichtungsanspruch gem. § 80 Abs. 2 BetrVG, der von den §§ 106ff. BetrVG nicht verdrängt wird.15 Keine Anwendung finden die Regelungen bezüglich des Wirtschaftsausschusses auf Tendenzunternehmen (§ 118 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) und Religionsgemeinschaften (§ 118 Abs. 2 BetrVG), ebenso wenig auf Verwaltungen und Betriebe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstiger Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (§ 130 BetrVG). Bei Seeschifffahrts- und Luftfahrtsunternehmen greifen sie grundsätzlich ein, jedoch sind die Sonderbestimmungen der §§ 114ff. BetrVG zu beachten.16 5 Im Rahmen des § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist weder auf die aktuelle noch auf die durchschnittliche, sondern auf die regelmäßige, d.h. normale, Beschäftigtenzahl des Unternehmens abzustellen.17 Der gesetzliche Schwellenwert von mehr als 100 Arbeitnehmern ist zwar unionsrechtswidrig, da die einschlägige Richtlinie 2002/14/EG einen Schwellenwert von lediglich (mindestens) 50 Beschäftigten im Unternehmen vorsieht, jedoch verbietet der eindeutige Gesetzeswortlaut eine richtlinienkonforme Auslegung, und eine unmittelbare innerstaatliche horizontale Drittwirkung kommt der genannten Richtlinie, so wie generell sämtlichen unionsrechtlichen Richtlinien, nicht zu.18 Um bei der Berechnung des Schwellenwerts mitgezählt zu werden, müssen Arbeitnehmer (§ 5 Abs. 1 BetrVG) ständig im Unternehmen beschäftigt sein, d.h. wegen der ihnen übertragenen Arbeitsaufgaben nicht nur vorübergehend dem Unternehmen angehören.19 Dies ist bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen stets, bei befristeten unter Umständen ebenso der Fall.20 Eine Teilzeitbeschäftigung wird nicht wie bei § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG nur anteilig, sondern gleichsam einer Vollzeitbeschäftigung gezählt.21 Personen i.S.d. § 5 Abs. 2, 3 BetrVG werden nicht berücksichtigt.22 Ob Leiharbeitnehmer nicht nur beim Verleiher (§ 14 Abs. 1 AÜG), sondern auch beim Entleiher (§ 14 Abs. 2 AÜG) hinzuzuzählen sind, ist umstritten.23 Umstritten ist aufgrund des betriebsverfassungsrechtlichen Territorialitätsprinzips weiterhin, ob auch Arbeitnehmer, deren Betriebe im Ausland liegen, miteinzubeziehen sind,24 und, wenn der Sitz der Unternehmensleitung im Ausland liegt, ob der Wirtschaftsausschuss nur für diejenigen inländischen Betriebe gebildet werden kann, die organisatorisch unter einheitlicher inländischer Leitung stehen.25 Die Berücksichtigung von Arbeitnehmern hängt jedenfalls nicht davon ab, ob in ihrem Betrieb ein Betriebsrat gebildet werden kann und gebildet ist, solange nur mindestens ein Betriebsrat im Unternehmen existiert.26 Zu beachten ist, dass die Arbeitnehmeranzahl sich, anders als bspw. in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG oder § 9 Satz 1 BetrVG, nicht auf den Betrieb, sondern das Unternehmen bezieht und somit ein einziger Wirtschaftsausschuss für das gesamte Unternehmen mit dessen etwaig mehreren (auch ggf. teilweise betriebsratslosen) Betrieben gebildet wird.27 6 Auf Konzernebene ist kein (weiterer) Wirtschaftsausschuss zu bilden, wenn die Konzernspitze nicht selbst als eigenständiges Unternehmen den Schwellenwert übersteigt.28 Dem Konzernbetriebsrat verbleibt (nach der gesetzlichen Grundkonzeption) der inhaltlich weniger umfassende Unterrichtungsanspruch gem. § 80 Abs. 2 BetrVG.29 Nicht überzeugend ist die Auffassung, der Konzernbetriebsrat könne einen Ausschuss i.S.d. §§ 27, 28 BetrVG bilden und ihm die Aufgaben eines Wirtschaftsausschusses übertragen.30 Dem ist zwar zuzugeben, dass der Konzernwirtschaftsausschuss selbstverständlich das Recht zur Ausschussbildung hat. Jedoch kann er diesem anschließend nur Kompetenzen zuweisen, welche ihm selbst überhaupt zustehen, sodass es sich hierbei lediglich um den Anspruch aus § 80 Abs. 2 BetrVG handeln kann, nicht jedoch um die Befugnisse der §§ 106ff. BetrVG.31 7 Bei Vorliegen eines gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen (§ 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BetrVG), die für sich jeweils den Schwellenwert nicht überschreiten, ist in analoger Anwendung des § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bei der Unternehmensträgergruppe ein Wirtschaftsausschuss zu bilden, wenn in dem gemeinsamen Betrieb in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigte Arbeitnehmer arbeiten.32 Folgerichtig sind auch die Arbeitnehmer mehrerer gemeinsamer Betriebe der jeweils für sich nicht den Schwellenwert überschreitenden Unternehmen zusammenzurechnen, und es ist bei Überschreiten des Schwellenwerts für die gemeinsamen Betriebe ein einheitlicher Wirtschaftsausschuss bei der Unternehmensträgergruppe zu errichten.33 Wenn die jeweiligen Unternehmen bereits für sich den Schwellenwert überschreiten,34 wenn ein am...


Burkard Göpfert und Katja Giese sind Partner der Kanzlei Kliemt.Arbeitsrecht in München. Burkard Göpfert berät als „Trusted Advisor“ in komplexen Transformations- und Umstrukturierungsprojekten. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen. Katja Giese berät Arbeitgeber im Zusammenhang mit internationalen Unternehmenstransaktionen.


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