E-Book, Deutsch, Band 12, 696 Seiten, Gewicht: 10 g
Das Bild Theoderichs des Großen in der Überlieferung des 5. bis 9. Jahrhunderts
E-Book, Deutsch, Band 12, 696 Seiten, Gewicht: 10 g
Reihe: Millennium-Studien / Millennium StudiesISSN
ISBN: 978-3-11-021012-5
Verlag: De Gruyter
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Geschichtswissenschaft Allgemein Geschichtspolitik, Erinnerungskultur
- Interdisziplinäres Wissenschaften Wissenschaft und Gesellschaft | Kulturwissenschaften Museumskunde, Materielle Kultur, Erinnerungskultur
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Weltgeschichte & Geschichte einzelner Länder und Gebietsräume Europäische Geschichte
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Alte Geschichte & Archäologie Geschichte der Völkerwanderung
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Weltgeschichte & Geschichte einzelner Länder und Gebietsräume Geschichte einzelner Länder Europäische Länder
Weitere Infos & Material
1;Inhaltsverzeichnis;9
2;I. Einleitung;17
3;II. Die frühe byzantinische Überlieferung (bis zum Tod Anastasios’ I. 518);44
4;III. Die byzantinische Überlieferung im ‚Zeitalter Justinians‘ (518/27–565);104
5;IV. Die Überlieferung im Ostgotenreich bis zum Gotenkrieg;325
6;V. Die okzidentale Überlieferung außerhalb Italiens in der 1. Hälfte des 6. Jahrhunderts;451
7;VI. Die Überlieferung in Italien im Umfeld des Gotenkrieges;465
8;VII. Die byzantinische Überlieferung vom Ende des 6. bis zum 9. Jahrhundert;560
9;VIII. Die okzidentale Überlieferung vom Ende des 6. bis zum 9. Jahrhundert;605
10;IX. Resümee;626
VI. Die Überlieferung in Italien im Umfeld des Gotenkrieges (S. 447-448)
Mit der byzantinischen Rückeroberung Italiens und der allmählichen Etablierung der kaiserlichen Herrschaft auf der Apenninenhalbinsel veränderten sich die Rahmenbedingungen für die Wahrnehmung und Beurteilung Theoderichs entscheidend. Im folgenden Kapitel soll daher untersucht werden, ob und wie durch diese Entwicklungen das Theoderich-Bild in der italischen Überlieferung beeinflußt wurde.
1. Achtbarer Herrscher vs. Verfolger und Papstmörder: das dualistische Theoderich-Bild in der 2. Redaktion des Liber pontificalis
1.1 Die Datierung der 2. Redaktion
In der 2. Redaktion des Liber pontificalis,1 die in den meisten Handschriften tradiert wird und im Mittelalter eine ungeheure Wirkung entfaltete, erfuhren die vorhandenen Viten eine Revision, wobei gerade die Nachrichten zu Theoderich bemerkenswerte Bearbeitungen aufweisen. Um diese Veränderungen näher einordnen zu können, ist eine Datierung der 2. Redaktion unerläßlich, doch wirft diese Frage zahlreiche Probleme auf. Duchesne legte sie in die Mitte des 6. Jahrhunderts.2 Als Anhaltspunkt diente ihm u. a. das Ostertermingutachten des Dionysius Exiguus (525), dessen Verwendung er für die 2. Redaktion vermutete.3
Zwar verweist Wirbelauer auf den Umstand, daß die Berechnung des Dionysius bereits zu Beginn des Jahrhunderts bekannt war, doch räumt er ein, daß die päpstliche Kanzlei wohl erst nach 525 begann, offiziell nach Dionysius’ Grundsatz zu rechnen.4 Wirbelauer erscheint deshalb eine Fortführung des Liber pontificalis nach 530 „am wahrscheinlichsten“. Da Dionysius’ Osterterminberechnung für den 2. Redakteur derartige Bedeutung besaß, daß er zu ihren Gunsten in den Text der Victor-Vita eingriff, dürfte er während der Zeit der Auseinandersetzung um diese Problematik Mitte des 6. Jahrhunderts gewirkt haben, so daß sich nicht nur ein terminus post quem ergibt, sondern auch eine allgemeine Einordnung der 2. Redaktion in die Mitte des 6. Jahrhunderts.
Folgt man der Argumentation von Louis Duchesne und Raymond Davis,6 so erlaubt der kurze Abschnitt zwischen Bonifatius II. (530–532) und Silverius (536–537) allerdings noch eine genauere Datierung. Wichtige Anhaltspunkte bieten hierbei folgende Aspekte: Zum einen die lebendige, gut informierte und tendenziöse Darstellung in den Viten bis Silverius, die auf einen Zeitgenossen hindeutet, der an den Ereignissen regen Anteil nahm.7 Der Verfasser – eventuell waren es auch mehrere – hegte eine deutliche Antipathie gegen Papst Bonifatius, während er dessen Konkurrenten um die Bischofswürde Dioscorus freundlich beurteilte, und im 1. Teil der Silverius-Vita auch gegen Papst Silverius.
Zwar dürfte es zu kurz greifen, diese Abneigung allein darauf zurückzuführen, daß beide Päpste Kandidaten der sogenannten „gotenfreundlichen“ Partei waren9 – hier müssen vielmehr interne Konflikte des stadtrömischen Klerus stärker berücksichtigt werden10 –, doch beweisen die klaren Stellungnahmen, daß die Auseinandersetzungen für den oder die Autor(en) und das Publikum des Liber pontificalis Aktualität und Brisanz besaßen und die Viten sicherlich nicht viel später geschrieben worden. Da mehrere Eingriffe in die Papstbiographien der 1. Redaktion zudem belegen, daß der 2. Redakteur Doppelwahlen und Anklagen gegen den Papst besondere Aufmerksamkeit widmete, also Problemen, die auch den oder die Verfasser der Viten bis Silverius beschäftigten, dürften der Autor dieser Viten – oder einer der Autoren, falls es mehrere waren – und der 2. Redakteur identisch sein.