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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 187 Seiten

Reihe: Blutrot

Jacques / Ehlers / Eßer Köln blutrot

16 Autoren. 24 Tote. Eine Stadt.

E-Book, Deutsch, Band 2, 187 Seiten

Reihe: Blutrot

ISBN: 978-3-95865-584-3
Verlag: 110th
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Deutschlands beste Kurzkrimiautoren haben zugeschlagen: in der Nordstadt, in der Südstadt, op der schäl Sick. Einfach überall. Und jetzt hat unsere schöne Domstadt ein paar Leichen mehr. Die Bestsellerautoren Jacques Berndorf und Gisbert Haefs haben die Messer gewetzt. Die Friedrich-Glauser-Preisträger Norbert Horst, Jürgen Ehlers und Sabina Naber die Pumpgun durchgeladen. Die Krimispezialisten Ralf Kramp, Brigitte Glaser und Carsten Sebastian Henn die Axt geschwungen. Die Kölner Killer Helmut Frangenberg, Sibylle Spittler und Hartwig Liedtke im Giftschränkchen gewühlt. Der Deutsche Kurzkrimipreisträger Kai Hensel, Sir-Walter-Scott-Preisträger Andreas Izquierdo und Thrillerspezialist U.A.O. Heinlein die Lunten gelegt. Und zum Schluss haben Angela Eßer und Julius Moll sie alle beerdigt. (Mit einem Vorwort von Frank Schätzing)
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Jacques Berndorf   Es machte überhaupt keinen Sinn, so zu tun, als sei alles in Ordnung. Die Verwaltung hatte ihm eindeutig und schriftlich mitgeteilt, er solle seine Nebenjobs gefälligst nicht allzu weit und auf Kosten seines Berufes ausdehnen, und seine Frau hatte ihm abends bei einem Leberwurstbrot und einem Bier mitgeteilt, sie werde sich scheiden lassen, sie habe die Schnauze voll – und er sei ein lausiger Ehemann, und sie habe das Dasein mit ihm ohnehin zu viele Jahre ausgehalten, und im übrigen habe auch ihre Tochter geäußert, dieser Vater sei kein Vater, dieser Vater sei einfach unmöglich. Er hatte lapidar geantwortet, er sei von Herzen froh, dass sie überhaupt ein Wort an ihn richte. Dann war er gegangen und zu Fuß bis zum Polizeipräsidium marschiert. Er hatte sich unterwegs vorgestellt, wie das werden würde, allein zu leben. Aber er hatte keine Antworten. Alleinleben kannte er gut von gewissen Straftätern, mit denen er häufig zu tun hatte. Alleinleben hatte ihn immer wieder geschockt, weil es mit maßlosen Batterien an leeren Flaschen zu tun hatte, an Betten, die seit zwei Jahren nicht neu bezogen worden waren, an Sofas, die vor Dreck starrten, an die seit einem Jahr nicht mehr geöffnete Post, an gebrauchte Kondome im Spülbecken in der Küchenecke. Im dritten Stock begegnete ihm Matthias und war erstaunt. „Wieso bist du hier, Brunkowski? Du solltest zu Hause sein und schlafen.“ – „Ich weiß nicht, was ich hier soll“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Aber zu Hause ist die Luft nicht sauber“. Mit Matthias konnte er so reden, Matthias wusste, wie das Leben geht, Matthias war ein angenehmer Vorgesetzter, einer, der niemals brüllte. „Ich habe was für dich“, sagte Matthias. Dann hockte Brunkowski auf diesem elendig harten Stuhl vor Matthias Schreibtisch. „Also, wir haben da eine Sache in Chorweiler. Nichts Besonderes, nicht besonders schlimm. Zwei Jugendliche haben heute Morgen einen alten Mann in seiner Wohnung ausgenommen, achte Etage. Nicht einmal hundert Euro. Sie haben geklingelt, ihn angegriffen und mit Messern getötet. Wir haben die zwei schon hier, sie sind geständig, sie machen keine Schwierigkeiten. Genau gegenüber von dem alten Mann ist eine Wohnung, in der ein Siebzehnjähriger lebt, allein, wie er behauptet. Der muss etwas davon mitbekommen haben. Und du kannst es doch so gut mit Jugendlichen. Also, mach mir den Jungen zu einem guten Zeugen, irgendetwas ganz Sanftes, wenn du weißt, was ich meine. Er heißt Kevin Medock, er ist ein ganz Lieber, und er sieht ständig so aus, als würde er gleich heulen. Machst du das für mich?“ – „Aber sicher“, murmelte Brunkowski. – „Weil du doch so gut mit Kindern kannst“, setzte Matthias hinzu und hatte dieses gütige Lächeln drauf. Es war kein Dienstfahrzeug frei. Brunkowski ging deshalb rüber zu den Taxen, überlegte es sich aber und nahm dann die Straßenbahn. Zuweilen fand er es nötig, der Stadt ins Gesicht zu sehen, das konnte man nur in der Straßenbahn. Er setzte sich ganz weit nach hinten und betrachtete die Hinterköpfe der Leute und versuchte zu erraten, welche Berufe sie hatten. Dann meldete sich sein Handy, seine Tochter. „Es ist klar, Papa, dass wir uns in vierzehn Tagen verloben. Jedenfalls hat Tobi gesagt, wir sollen eine Party schmeißen und einfach gut rüberkommen.“ „Aha“, sagte Brunkowski. „Und wer ist Tobi?“ „Du weißt doch! Tobi! Also der, mit dem ich zusammen bin.“ „Ja, gut“, lenkte Brunkowski ein. „Also Tobi. Was heißt das jetzt?“ „Dass ich eine Klamotte brauche. Ich muss ja ein bisschen was für die Show machen. Da habe ich auf der Hohen Straße was gesehen, das könnte hinhauen. Es sieht aus wie Jeansstoff, aber eigentlich ist es keiner. Und es hat Hosenträger mit roten Pailletten.“ „Was heißt das jetzt?“, fragte Brunkowski. „Dass ich mir das holen will.“ „Dann sag deiner Mutter, sie soll dir das Geld dafür geben.“ „Du bist ein Schatz“, sagte sie. „Das bin ich nicht“, sagte Brunkowski matt. „Das möchte ich gar nicht sein.“ In dem Haus, in dem dieser Kevin wohnte, war der Lift kaputt, und er begann mit dem endlosen Aufstieg und legte ab und zu eine Pause ein. Irgendwo über ihm johlten Halbwüchsige, es dröhnte wie in einer Trommel. Als er angekommen war, sah er zuerst auf das Namensschild des alten Mannes, den sie getötet hatten. Er hatte Franz Weber geheißen. Die Tür stand leicht geöffnet, er ging hinein und sah in einem Wohnraum die Techniker der Kripo arbeiten. Jemand entdeckte ihn und sagte: „Hallo, Brunkowski. Auch dabei?“ „Na ja“, antwortete er vage. „Wie weit seid ihr?“ „Ziemliche Schweinerei“, gab jemand Auskunft, den er nicht sehen konnte. „Es gibt überhaupt keine Stelle, wo kein Blut ist. Die haben den Alten richtig gehäckselt.“ „Ich bin mal gegenüber“, murmelte Brunkowski. Er drückte auf die Klingel und hörte, wie sich jemand der Tür näherte. „Brunkowski, Kripo“, sagte er zu der geschlossenen Tür. Die Tür ging langsam auf und jemand mit einer erstaunlich tiefen Stimme sagte: „Kommen Sie herein.“ Brunkowski machte ein paar Schritte und fragte: „Kevin? Bist du Kevin?“ „Ja“, nickte der Junge. „Kann ich dich sprechen? Sind deine Eltern da?“ „Die sind nicht da. Ich lebe allein“, sagte der Junge. „Das Wohnzimmer ist geradeaus.“ Brunkowski war verblüfft über seine Sanftheit, die etwas Stählernes hatte, jeden Widerspruch unmöglich machte. Das Wohnzimmer war aufgeräumt, sehr sauber, sehr hell, mit einfachen, aber hübschen Möbeln aus massivem Kiefernholz. Die Teppiche waren neu, sehr farbig, Brunkowski schätzte, dass man sie skandinavisch nannte – oder finnisch oder norwegisch. Eine Sitzecke, quadratische Polster in weinrot, ein kleiner Couchtisch mit einer Acrylplatte. „Dann wollen wir mal“, sagte Brunkowski und legte seinen Notizblock auf den Tisch. „Was wollen wir mal?“ fragte der Junge von irgendwoher. Dann kam er hinein und stellte zwei Gläser und zwei kleine Flaschen Wasser auf den Tisch. „Na ja“, murmelte Brunkowski. „Reden, meine ich. Über die eklige Geschichte da drüben beim alten Franz Weber.“ Der Junge öffnete die Flaschen und goss ein. Dann setzte er sich auf einen Sessel. Er wirkte ganz ruhig, nicht im Geringsten aufgeregt. Er hatte ein sehr weiches Gesicht unter dunklen, halblangen Haaren. Er trug ein einfaches schwarzes T-Shirt zu blauen Jeans und weißen Laufschuhen, ein Allerweltsjunge. „Ich muss mich wohl entschuldigen, dass ich dich duze“, sagte Brunkowski mit einem schnellen Lächeln. „Das macht nichts“, erwiderte der Junge freundlich. „Ist schon in Ordnung.“ „Du kannst ganz offen sein“, sagte Brunkowski. „Wir haben die zwei Täter schon, und gestanden haben sie auch. Was hast du denn mitgekriegt von der Sache?“ „Nicht alles“, sagte er. Es klang wie ein abschließendes Statement. „Und du kanntest den Weber?“ „Ja, sicher. Wie man sich so kennt auf dem gleichen Stock, Tür an Tür.“ „Wie kommt es denn, dass du hier allein lebst? Ich meine, hast du keine Eltern? Und wer sorgt für dich?“ Der Junge hatte sehr lange, elegante Hände, die seine Seele verrieten. Mal lagen sie still, mal sprachen sie miteinander, mal trennten sie sich und zuckten nervös, um dann starr und steif auf den Oberschenkeln zu liegen. „Also, meine Eltern haben sich getrennt. Vor zwei Jahren. Mein Vater lebt in Düsseldorf, meine Mutter hat einen Neuen und ist in Nippes irgendwo. Ich wollte den Neuen nicht, und auch nicht die Freundin von meinem Vater. Und da habe ich gesagt, dass ich hier bleibe. Die Miete ist billig, meine Eltern zahlen zwei Drittel, den Rest bezahle ich.“ „Und was arbeitest du?“ Brunkowski hatte es längst aufgegeben, sich zu wundern, es gab merkwürdige Lebensläufe in dieser modernen Welt, bei diesen so modernen jungen Leuten. „Ich hab zusammen mit einem Kumpel einen Kiosk, unten am Rondell. Läuft ganz gut.“ „Keine Schule mehr?“ „Die Schulen hier sind Scheiße, auch wenn es immer heißt, sie tun, was sie können.“ „Also, ein freier Unternehmer?“ „Das ging ja nicht. Ich bin nicht geschäftsfähig, der Kiosk läuft auf meine Mutter.“ „Und wie oft siehst du die?“ „Eher selten, manchmal einmal im Monat, manchmal gar nicht, wenn sie rumzieht mit ihren Kerlen. Und dann weiß ich auch nicht, wo sie ist, und es hat keinen Zweck, nach ihr zu suchen. Manchmal rufen die Bullen an, weil meine Mutter irgendwo Scheiße gebaut hat und ausgelöst werden muss. Vierzig Bier und sechzig Korn, und so.“ „Und das machst du dann?“ „Ja, klar.“ „Warum ruft sie dann deinen Vater nicht?“ „Weil der sich weigert, sie überhaupt zu kennen.“ Feststellung einer Tatsache. „Und was macht dein Vater beruflich?“ „Der ist in der Werbung. Oder vielleicht nicht mehr, weiß ich nicht.“ „Also, Kevin, wann hast du deinen Vater zum letzten Mal gesehen?“ ...


Jacques Berndorf, 1936 in Duisburg geboren, wohnt in der Vulkaneifel. Seine Romane um den Ermittler Siggi Baumeister haben mittlerweile eine Gesamtauflage von 3 Millionen erreicht.

Dr. Jürgen Ehlers, geboren 1948, schreibt kurze + lange Krimis. Für seine Kriminalgeschichte "Weltspartag in Hamminkeln" (2005) erhielt er 2006 den Friedrich-Glauser-Preis - Sparte Kurzkrimi. Seine Story "Killer aus Hamminkeln" wurde 2007 mit dem 1. Krefelder Kurzkrimipreis ausgezeichnet.

Angela Eßer wurde in Krefeld geboren, studierte Theaterwissenschaft. Sie ist Herausgeberin einiger Krimi-Anthologien, Mitorganisatorin von Krimifestivals.

Helmut Frangenberg, geboren 1966 im Severinsklösterchen, Journalist, Historiker, seit 2005 Redakteur des "Kölner Stadt-Anzeigers", vorher bei "Radio Köln" und der "Kölnischen Rundschau".

Brigitte Glaser, geboren 1955, schrieb für den Kölner Stadtanzeiger Kurzkrimis unter dem Titel "Tatort Veedel"

Gisbert Haefs, geboren 1950, lebt + schreibt in Bonn, ist als Übersetzer zuständig u.a. für Jorge Luis Borges, Rudyard Kipling, Georges Brassens, Arthur Conan Doyle, als Autor haftbar für Krimis, Erzählungen und historische Romane (Hannibal, Troja, Raja, Caesar, etc.)

U. A. O. Heinlein, geboren 1955 in Hildesheim, Professor für Genetik, Musiker + Publizist, hat in den letzten Jahren für seine Polit-, Wirtschafts- und Wissenschaftsthriller angelsächsischer Prägung ausgesprochen gute Kritiken erhalten.

Carsten Sebastian Henn, geboren 1973, lebt bei Köln. Seine Reihe um den Koch und Meisterdetektiv Julius Eichendorff verkaufte sich bereits über 100.000 mal + erscheint als Hörbuch, gelesen von Jürgen von der Lippe

Kai Hensel, geboren 1965 in Hamburg, lebt als freier Autor und Reisejournalist in Berlin. Infos unter www.kiepenheuer-medien.de

Norbert Horst ist Kriminalhauptkommissar. Für seinen 1. Roman mit KHK Kirchenberg, "Leichensache", erhielt er den Friedrich-Glauser-Preis 2004 - bestes Krimidebüt; für "Todesmuster" wurde er mit dem Deutschen Krimipreis 2006 ausgezeichnet.

Andreas Izquierdo, geboren 1968, aufgewachsen in Iversheim. nach dem Abitur (1987) nach Köln gezogen.

Ralf Kramp, geboren am 29. November 1963 in Euskirchen, lebt in der Eifel als Autor + Karikaturist. Für sein Debüt "Tief unterm Laub" erhielt er 1996 den Eifel-Literatur-Förderpreis, im Jahr 2002 den Kulturpreis des Kreises Euskirchen. Seit 2007 leitet er mit seiner Frau Monika das "Kriminalhaus" in Hillesheim, Deutschlands einziges Krimi-Café mit dem "Deutschen Krimi-Archiv" mit etwa 30.000 Büchern.

Hartwig Liedtke studierte Psychologie + Medizin in Berlin, Mainz und Köln, Mitglied im Syndikat und dem BV deutscher Schriftstellerärzte. Er arbeitet heute als Handchirurg in eigener Praxis.

Julius Moll verfasst Romane, Novellen, Glossen, Lyrik und Mundarttexte. Der Autor lebt in Gummersbach und Köln.

Sabina Naber, geboren 1965 in Niederösterreich, studierte Theaterwissenschaften. Ihr erster Kriminalroman mit der Wiener Kommissarin Maria Kouba "Die Namensvetterin" erschien 2002. Inzwischen liegen vier Maria Kouba-Krimis vor. Für ihre Story "Peter in St. Paul" wurde Sabina Naber 2007 mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet.

Sibylle Spittler, aus Franken. Nach Jahren künstlerisch wertvoller Arbeit landete sie als Schauspielerin, Regisseurin + Sängerin 1993 in Köln. Hier lebt und wirkt sie seitdem als freie Autorin.

Antje Stockmann, Illustratorin, geboren 1970, diplomierte Grafikdesignerin, lebt + arbeitet in Köln + Düsseldorf.


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