Lorig | Handwerk als prekäres Unternehmertum | Buch | 978-3-593-50889-4 | sack.de

Buch, Deutsch, Band 17, 311 Seiten, KART, Format (B × H): 142 mm x 216 mm, Gewicht: 392 g

Reihe: International Labour Studies

Lorig

Handwerk als prekäres Unternehmertum

Soloselbstständige zwischen Autonomie und radikaler Marktabhängigkeit

Buch, Deutsch, Band 17, 311 Seiten, KART, Format (B × H): 142 mm x 216 mm, Gewicht: 392 g

Reihe: International Labour Studies

ISBN: 978-3-593-50889-4
Verlag: Campus Verlag GmbH


Immer mehr soloselbstständige Handwerker bieten ihre Dienstleistungen auf Internetportalen an. Für ihre Teilnahme am Arbeitsmarkt zahlen sie einen hohen Preis: unsichere Lebensplanung, radikale Marktabhängigkeit und Konkurrenzdruck. Sie kommen aus dem Niedriglohnbereich nicht raus und haben keine Aussicht auf eine staatliche Altersvorsorge. Das Ideal der Selbstverwirklichung verkehrt sich in sein Gegenteil. Letztlich bringt das postfordistische Produktionsmodell, wie Philipp Lorig in seiner Studie zeigt, ein neues Tagelöhnertum hervor, das auf längst überwunden geglaubte Arbeitsformen zurückgreift.
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InhaltDank 11Einleitung 131 Dynamiken des Kapitalismus 211.1 Das fordistische Produktionsmodell 221.2 Das nachfordistische, marktzentrierte Produktionsmodell 291.2.1 Finanzmarkt-Kapitalismus und Shareholder Value 321.2.2 Vermarktlichung und Verschiebung der Marktgrenzen 361.2.3 Das ideologische Moment der Marktgrenzenverschiebung 422 Entwicklung und Wandel der Erwerbsarbeitsgesellschaft 462.1 Arbeit und Arbeitskraftnutzung im Wandel 462.1.1 Erwerbsarbeit als Vergesellschaftungsmoment 462.1.2 Erwerbsarbeit und der Umbau des Sozialstaats 532.2 Vom "Normalarbeitsverhältnis" zu atypischen Beschäftigungsformen 562.3 Prekäre Arbeit, Prekarisierung 642.4 Subjektivierung von Arbeit: Der Zwang zur Autonomie 782.4.1 Normative Subjektivierung von Arbeit 822.4.2 Von der Forderung nach Subjektivität zur Anforderung an das Subjekt 852.5 Service Work und Kundenorientierung 1023 Arbeiten auf Werkvertragsbasis 1123.1 Das Phänomen der Werkverträge 1123.1.1 Werkverträge - ein neues altes arbeitspolitisches Instrument 1123.1.2 Aufkommen und Einsatz 1143.1.3 Werkverträge als besondere Form atypischer Beschäftigung 1163.2 Erscheinungsformen von Werkverträgen 1173.2.1 Unterschiede zu Leiharbeit 1173.2.2 Outsourcing und Scheinwerkverträge 1183.2.3 Rechtliche Unterscheidungen 1233.2.4 Ergebnisorientierung und Zielvereinbarungen 1253.2.5 Werkverträge und Selbstständigkeit - Formen des Einsatzes 1263.3 Folgen des Werkvertragseinsatzes 1283.3.1 Werkverträge und Lohndumping 1283.3.2 Konsequenzen für Mitbestimmung und Organisation 1293.3.3 Werkverträge und Prekarität 1304 Selbstständigkeit im Niedriglohnbereich 1324.1 Selbstständige Arbeit im Kapitalismus 1324.1.1 Geschichte selbstständiger Arbeit 1324.1.2 Selbstständigkeit in Deutschland 1384.1.3 Soloselbstständigkeit in Deutschland 1414.2 Selbstständige Arbeit und soziale Verwundbarkeit 1474.2.1 Prekarisierungspotenziale von Soloselbstständigkeit 1474.2.2 Ausgrenzungsrisiken durch prekäre Selbstständigkeit 1504.2.3 Unsicherheit der Lebensplanung 1534.2.4 (Nicht-)Umgang mit der Unsicherheit: das unberechenbare Hin-und-Her 1544.3 Ökonomien der Not 1564.3.1 Selbstständige Arbeit als Ausweg aus finanziellen Notlagen 1564.3.2 Unternehmertum zwischen finanziellem Zwang und Freiwilligkeit: "prekäres Unternehmertum" 1595 Der empirische Zugang zur Arbeits- und Lebenswelt der Soloselbstständigen 1635.1 Methodische Ausgangslage 1635.1.1 Der verstehende, interpretative Ansatz qualitativer Sozialforschung 1635.1.2 Die Biographie als Ansatz des Verstehens 1695.1.3 Erwerbsarbeit als Biographiegenerator der heutigen Zeit 1745.1.4 Die Methode des biographisch-narrativen Interviews 1805.2 Durchführung der Interviews 1835.2.1 Feldzugang 1835.2.2 Auswahlkriterien und weiterer Feldzugang 1915.2.3 Ablauf der Interviews 1935.2.4 Auswertung der Interviews 1955.3 Dienstleistungen im Internet - das Beispiel MyHammer.de 2015.3.1 Charakteristika von MyHammer.de 2025.3.2 Abläufe von Angebot und Nachfrage 2045.3.3 Bewertungen als Struktur- und Anerkennungsprinzipien 2075.3.4 Unterbietungswettbewerb und Konkurrenzdruck 2115.3.5 Abschließende Bemerkungen 2145.4 Die erwerbsbiographische Erzählung von Herrn Esau 2165.4.1 Unterpunkt I: gerichtliche Auseinandersetzungen 2215.4.2 Unterpunkt II: prekäre Arbeit für Materialkosten 2235.4.3 Objektive Verlaufsform und subjektive Erklärungen 2275.5 Objektive Getriebenheit - subjektive Deutungsmuster 2305.5.1 Überindividuelle Prozesse und Verläufe 2305.5.2 Motoren der objektiven Getriebenheit 2316 Schlussfazit: Traditionalisierung in der Erneuerung - notwendig falsches Bewusstsein 2496.1 Radikale Marktabhängigkeit - Ökonomien der Not - Autonomie 2496.2 Traditionalisierung in der Erneuerung - modernes Tagelöhnertum 2546.3 Normalität - ideologisches Bewusstsein - Alltagsbewusstsein 257Literatur 267


Einleitung"Es hängt daher auch nicht von dem Verhältnis überhaupt, sondern von der natürlichen, besondren Qualität der Dienstleistung ab, ob der Soldempfangende Taglohn erhält, oder Honorar, oder eine Ziviliste - und ob er vornehmer oder geringer erscheint, als der den Dienst zahlende. Unter der Voraussetzung des Kapitals als herrschender Macht werden allerdings alle diese Verhältnisse mehr oder minder entehrt werden. Doch dies gehört noch nicht hierher - diese Entgötterung der persönlichen Dienstleistungen, welchen erhabnen Charakter Tradition etc. ihnen immer angedichtet haben mag." (Marx 1974: S. 372)Selbstständigkeit ist wieder en vogue. Im selbstständigen Unternehmertum mit oder ohne Beschäftigte scheinen sich Kapital und Arbeit anzunähern, um einen vermeintlichen "Freundschaftspakt" in einer Person zu schließen. Ist die Selbstständigkeit für die Einen der adäquate Ausdruck einer gelungenen Integration in einen Arbeitsmarkt, der in zunehmendem Maße auf die Eigenverantwortung und die Fähigkeit zur Flexibilisierung der Beschäftigten rekurriert, ist es für die Anderen die Vorstellung einer Möglichkeit, selbstbestimmt und als "eigener Herr" ihr Autonomiebestreben mit Erwerbsarbeit vereinen zu können. Die Attraktivität der Selbstständigkeit und innerhalb des Selbstständigenfeldes, besonders die der Soloselbstständigkeit oder sogenannter Ein-Personen-Unternehmen, spiegelt sich in den Zahlen zum Anstieg soloselbstständiger Arbeitsformen wider. Laut Daten des Statistischen Bundesamtes und des Mikrozensus sind mittlerweile knapp zwölf Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland selbstständig (Brenke 2013: S. 4), die Soloselbstständigen haben die Selbstständigen mit Angestellten längst überholt und stellen mittlerweile knapp 57 Prozent aller Selbstständigen (Mai/Marder-Puch 2013: S. 485). Ein genauerer Blick zeigt recht schnell, dass das Feld der Soloselbstständigkeit äußerst heterogen ist und unter dem Begriff die verschiedensten Ausprägungen soloselbstständiger Arbeit subsumiert sind. Arbeit in Vollzeit, Teilzeit, Männer- und Frauenarbeit, hohe Einkommensunterschiede und verschiedene Gründungsmotivationen zeichnen diese - in der soziologischen Forschung lange Zeit vernachlässigte - Erwerbsform aus. Sie kann allerdings über ihre konkreten Arbeitsinhalte hinaus als Seismograph für Veränderungen in der gesamten Arbeitsgesellschaft gelten. Denn es ist davon auszugehen, dass in den Anforderungen an die Arbeit von Soloselbstständigen gesellschaftlich diskursiv vermittelte Anrufungen an Unternehmertum, Selbst-Ökonomisierung und Marktgängigkeit ihren Ausdruck finden.Gerade die Gründungsmotivationen zum Schritt in die Selbstständigkeit, instruktiv durch Dieter Bögenholds Unterscheidung in eine "Ökonomie der Selbstverwirklichung" und eine "Ökonomie der Not" formuliert, gilt es vor dem Hintergrund eines aktivierenden Sozialstaats und damit verbunden insbesondere eines sich ausweitenden Niedriglohnsektors zu analysieren. Zu fragen ist folglich nach dem Spannungsfeld zwischen Autonomiebestreben und ökonomischen Abhängigkeiten der soloselbstständigen Arbeitssubjekte, nach den zu internalisierenden Regeln des Spiels innerhalb einer Arbeitswelt, die sich Stück für Stück zu einem "System permanenter Bewährung" (Boes/Bultemeier 2008) transformiert. Dies setzt voraus, das prekäre Potenzial dieser spezifischen Arbeitsform vor dem Hintergrund allgemein gesellschaftlicher Prekarisierungsprozesse herauszuarbeiten.Auch wenn das Feld der Dienstleistungsarbeit, in dem ein Großteil der soloselbstständigen Arbeit seinen Platz hat, keine Terra Incognita der Arbeitssoziologie mehr ist - dies zeigt die spezifische Forschung der letzten Dekaden - gibt es weiterhin blinde Flecken. Denn bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass der Blickwinkel der Forschung zumeist auf soloselbstständige Arbeit in der Kreativwirtschaft, auf IT-Dienstleistungen oder hochqualifizierte personale Dienstleistungen fokussiert ist. Vernachlässigt wurde das Feld "traditionaler" Be


Philipp Lorig ist Soziologe und hat an der Universität Trier promoviert.


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