Multatuli | Max Havelaar | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 365 Seiten

Multatuli Max Havelaar


1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-3238-0
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 365 Seiten

ISBN: 978-3-8496-3238-0
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



'Max Havelaar' hat eine komplizierte Rahmenstruktur. Die äußerste Ebene handelt von einem Amsterdamer Kaufmann namens Droogstoppel, der von der Kaffeebörse lebt und genau so dröge ist, wie sein Name verheißt. In das saturierte Leben des philiströsen Droogstoppel dringt ein ehemaliger, jetzt mittelloser Bekannter ein, der um Beihilfe zur Veröffentlichung eines Manuskripts bittet. Dieses Manuskript, das seine eigene Entstehungsgeschichte enthält, bildet den größten und entscheidenden Teil des Buchs; es handelt, weitgehend autobiografisch, von der Karriere des Kolonialbeamten Max Havelaar auf Java in Niederländisch-Indien. Diese endet, als er schwere Verfehlungen seiner Vorgesetzten aufdeckt und letztlich das gesamte Kolonialsystem in Frage stellt.

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 Herr Batavus Droogstoppel findet in dem Paket des Shawlmanns allerlei, was für den Kaffeehandel von Belang ist. Er entschließt sich, "sein Buch" zu schreiben, und schließt zu diesem Zwecke mit Stern einen Vertrag. Sein Besuch bei einer unzufriedenen Familie.

Bevor ich fortfahre, muß ich euch mitteilen, daß der junge Stern angekommen ist, ein ganz netter Bursche. Er scheint flott und geschickt; aber ich glaube, er "schwärmt". Marie ist dreizehn Jahre. Was er mitbringt, ist ganz hübsch. Jetzt ist er am Kopierbuch, um sich im holländischen Stil zu üben. Ich bin begierig, ob nun bald Aufträge von Ludwig Stern kommen werden. Marie soll für ihn ein Paar Pantoffeln sticken – für den jungen Stern, natürlich. Büsselinck & Waterman haben vorbei geangelt – ein anständiger Makler geht nicht auf Schleichwegen, das sage ich.

Den Tag nach der Gesellschaft bei Rosemeyers, die in Zucker machen, rief ich Fritz und ließ mir das Paket von Shawlmann bringen. Du mußt wissen, Leser, daß ich sehr streng auf Religion und Sitte halte. Nun also, den vorigen Abend, wie ich gerade meine erste Birne geschält hatte, las ich im Gesicht von einem der Mädchen, daß da irgend etwas in dem Vers vorkam, was nicht solide war. Ich hatte nicht so genau hingehört; aber ich sah, wie Betsy ihr Brötchen verkrümelte, und das war mir genug. Du wirst sehen, Leser, daß du es mit jemand zu thun hast, der in die Welt paßt. Ich ließ mir also von Fritz das "hübsche Stück" von gestern abend vorlegen und fand auch schnell die Zeile, die Betsys Brot verkrümelt hatte. Es wird da gesprochen von einem Kinde, das an der Mutterbrust liegt – das kann noch durchgehen – aber: "Kaum dem Mutterschoß entsprossen" – sieh, das fand ich nicht gut – darüber zu sprechen, meine ich, und meine Frau auch nicht. Marie ist dreizehn Jahre. Von "Kohlköpfen" und dergleichen wird in unseren Hause nicht gesprochen, aber so das Ding beim Namen nennen, ist auch nicht nötig, weil ich auf Sittlichkeit halte. Ich nahm Fritz, der das Stück nun einmal "auswendig weiß", wie Stern das nennt, das Versprechen ab, daß er es nicht wieder aufsagen sollte – wenigstens nicht, ehe er Mitglied der "Doktrina" sein würde, weil nämlich da keine jungen Mädchen hinkommen – und dann steckte ich ihn in mein Pult, den Vers meine ich. Aber ich mußte wissen, ob da nicht noch mehr Anstößiges in dem Paket war, und machte mich deshalb ans Lesen und Blättern. Alles konnte ich nicht lesen, denn ich fand Sprachen darin, die ich nicht verstand, und da fiel mein Auge auf ein Heft: "Bericht über die Kaffeekultur in der Residentschaft Menado."

Mein Herz schlug lauter, denn ich bin Makler in Kaffee (Lauriergracht Nr. 37), und Menado ist eine gute Sorte. Also dieser Shawlmann, der unsittliche Verse machte, hatte in Kaffee gearbeitet! Ich sah nun das Paket mit ganz anderen Augen an. Ich fand Stücke darin, die ich zwar nicht alle verstand, aber die wirklich Kenntnis von Geschäften verrieten. Da waren Tabellen, Deklarationen, Berechnungen und Ziffern, in denen gar kein Reim vorkam, und alles war mit solcher Sorgfalt und Genauigkeit bearbeitet, daß ich, offen gestanden – denn ich liebe die Wahrheit – auf den Gedanken kam, daß Shawlmann, wenn der dritte Buchhalter einmal abginge – was vorkommen kann, denn er wird alt und wackelig – recht gut dessen Platz würde einnehmen können. Es versteht sich, daß ich dann erst noch über seine Ehrlichkeit, seine Religion und seine Anständigkeit Erkundigungen einziehen müßte, denn ich nehme keinen auf mein Kontor, ehe ich darin sicher bin, das ist mein festes Prinzip. Ihr habt das aus meinem Briefe an Ludwig Stern gesehen.

Ich wollte mir vor Fritz nichts merken lassen, daß ich anfing, dem Inhalt des Pakets Beachtung zu schenken, und schickte ihn deshalb weg. Mir wurde in der That schwindelig, wie ich so ein Heft nach dem anderen in die Hand nahm und die Titel las. Es ist wahr, es waren viel Verse darunter, aber auch viel Nützliches, und ich erstaunte über die Verschiedenartigkeit der behandelten Materien. Ich gebe zu – denn ich liebe die Wahrheit – daß ich, der allzeit Kaffee gehandelt hat, nicht in der Lage bin, den Wert von allem zu beurteilen; aber auch ohne Kritik war die Liste der Aufschriften schon kurios genug. Da ich euch die Geschichte von dem Griechen erzählt habe, wißt ihr, daß ich in meiner Jugend ein bißchen latinisiert worden bin, und wie sehr ich mich auch in der Korrespondenz aller Citate enthalte – was auf einem Maklerkontor auch nicht passen würde – so dachte ich doch, wie ich das alles sah: "De omnibus aliquid, de toto nihil," oder "Multa non multum."

Aber das war eigentlich mehr eine kleine Bosheit oder der Trieb, die Gelahrtheit, die da vor mir lag, auf lateinisch anzusprechen, als daß ich es so meinte. Denn, wo ich das eine oder andere Stück etwas länger ansah, mußte ich zugeben, daß der Schreiber mir auf der Höhe seiner Sache zu stehen schien und in seiner Beweisführung sogar sehr solide zu Werke ging.

Ich fand da folgende Abhandlungen und Aufsätze:

Ueber das Sanskrit, als Mutter der germanischen Sprachzweige.

Ueber die Strafen auf Kindesmord.

Ueber den Ursprung des Adels.

Ueber den Unterschied zwischen den Begriffen "Unendliche Zeit" und "Ewigkeit."

Ueber die Wahrscheinlichkeits-Rechnung.

Ueber das Buch Hiob. (Es war noch etwas über Hiob da, aber das waren Verse.)

Ueber die Proteine in der atmosphärischen Luft.

Ueber die russische Politik.

Ueber die Vokale.

Ueber Zellengefängnisse.

Ueber alte Vorstellungen vom "horror vacui."

Ueber die wünschenswerte Abschaffung von Strafen für Laster.

Ueber die Ursachen des Aufstands der Niederlande gegen Spanien, welche nicht in dem Streben nach religiöser oder politischer Freiheit lagen.

Ueber das "Perpetuum mobile," die Quadratur des Kreises und die Wurzel wurzelloser Zahlen.

Ueber die Schwere des Lichts.

Ueber den Rückgang der Civilisation seit der Entstehung des Christentums.

Ueber isländische Mythologie.

Ueber Rousseus "Emil."

Ueber die Zivilklage in Handelssachen.

Ueber den Sirius als Mittelpunkt eines Sonnensystems.

Ueber eingeführte Rechte als unzweckmäßig, unpassend, ungerechtfertigt und unsittlich. (Davon habe ich nie etwas gehört.)

Ueber Verse als älteste Sprache. (Glaube ich nicht.)

Ueber weiße Ameisen.

Ueber das Widernatürliche von Schuleinrichtungen.

Ueber die Prostitution in der Ehe. (Ein schandbares Stück.)

Ueber das scheinbare Uebergewicht der westlichen Bildung.

Ueber Kataster, Registratur und Stempel.

Ueber Kinderbücher, Fabeln und Sprüche. (Will ich einmal lesen, denn er dringt darin auf Wahrheit.)

Ueber den Zwischenhandel. (Gefällt mir weniger; ich glaube, er will die Makler abschaffen, aber ich habe es mir doch beiseite gelegt, weil eins oder das andere drin vorkommt, das ich in meinem Buche benutzen kann.)

Ueber Erbfolgerecht.

Ueber Keuschheit als Erfindung. (Das begreife ich nicht.)

Ueber Vervielfältigung. (Der Titel ist sehr einfach, es steht aber viel drin, woran ich früher nie gedacht habe.)

Ueber eine gewisse Art von Witz bei den Franzosen, als Folge der Armut ihrer Sprache. (Das lasse ich gelten. Witz und Armut ... er kann es wissen.)

Ueber den Zusammenhang der Romane von August Lafontaine mit der Schwindsucht. (Das will ich einmal lesen, weil von diesem Lafontaine Bücher auf dem Boden liegen; aber er sagt, daß der Einfluß sich erst im zweiten Gliede zeigt – mein Großvater las nicht.)

Ueber die Macht der Engländer außerhalb Europas.

Ueber das Gottesgericht im Mittelalter und heute.

Ueber das Rechnen bei den Römern.

Ueber Poesiearmut bei Komponisten.

Ueber Pietisterei, Biologie und Tischrücken.

Ueber ansteckende Krankheiten.

Ueber den maurischen Baustil.

Ueber die Kraft der Vorurteile, sichtbar an Krankheiten, die durch Zug verursacht sind. (Habe ich nicht gesagt, es ist eine kuriose Liste?)

Ueber die deutsche Einheit.

Ueber die Länge auf See. (Ich denke, auf See wird alles ebenso lang sein wie zu Lande.)

Ueber die Pflichten einer Regierung in betreff öffentlicher Lustbarkeiten.

Ueber die Übereinstimmung des Schottischen und des Friesischen.

Ueber Prosodie.

Ueber die Schönheit der Frauen von Nimes und Arles, mit einem Hinblick auf das Kolonisationsprinzip der Phönizier.

Ueber Landbaukontrakte auf Java.

Ueber das Saugvermögen einer neuen Art von Pumpe.

...



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