E-Book, Deutsch, 446 Seiten
Roos Konklusion
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7578-5636-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 446 Seiten
ISBN: 978-3-7578-5636-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Geschwister Vicky und Clêmênt kehren von einer herbstlichen Schlacht im Wald zum Abendessen heim. Auf einem Forstweg fährt ein Fahrzeug in die Kinder, da der Fahrer durch Intimitäten abgelenkt wird. Die Eltern der Kinder eilen zum Krankenhaus, als sie die Nachricht davon erhalten. Nach einer weiteren schicksalhaften Wendung verschlägt es die Kinder auf die Insel Korsika, auf der sie ein lockeres neues Leben vor einer herrlichen Kulisse beginnen. Auch dort ist nicht alles perfekt, doch gibt es genug Hände, die daran arbeiten. Ein Roman, der viele Facetten beschreibt und nicht nur die Guten.
Ich besuchte Korsika über zehn Mal, hauptsächlich mit Motorrad und Zelt. Ich lernte die wunderschöne Natur und die liebenswürdigen Menschen dort kennen und lieben. Weite Teile der Insel durchwanderte ich, den Geruch der Insel habe ich mit vollen Zügen genossen und in unzähligen klaren Bergbächen gebadet. Nun sitze ich krankheitsbedingt im Rollstuhl und erinnere mich an meine Erlebnisse und Träume, von denen ich glücklicherweise viele hatte und habe! J. Roos
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 13
Es war beeindruckend, wie die Berge der Insel immer mehr vom Gesichtsfeld ausfüllten. Die Anzahl der Passagiere auf dem Vorderdeck wuchs nun ebenfalls stetig an, da der überwiegende Teil nun das Frühstück hinter sich hatte und jetzt das Schauspiel zum Anlass nahm, den engen Kabinen zu entfliehen. Es dauerte aber noch mehr als eine Stunde, bis sie endlich in den Hafen einfuhren. Zunächst wurden in diesem die Anker rasselnd im Meer versenkt, darauf Taue zu den dort wartenden Hafenarbeitern herabgeworfen, die diese routiniert an Pollern verzurrten. Zu guter Letzt klappten die Ladeluken der Fähre auf, Rampen wurden mit dem Landesteg verbunden, dann liefen noch eine Weile verschiedenste Arbeiter betriebsam durcheinander, bis schließlich die ersten Zweiradfahrer den Bauch der Fähre verlassen durften. Zwischenzeitlich hatten die vier ebenfalls die Kabine geräumt und startfertig ihre Plätze in ihrem Fahrzeug eingenommen. Der letzte große LKW fuhr rumpelnd von Bord, dann kamen schon die Kleintransporter dran und ihnen wurde gewunken. Nach einer raschen kurzen Fahrt durch den dunklen Schiffsbauch, denn jetzt fuhren sie am anderen Ende hinaus, rollten sie die Rampe im verheißungsvolles strahlenden Sonnenlicht hinab. „Lasst uns zuerst einmal zusehen, dass wir aus Bastia hier hinauskommen. Später auf dem Weg, können wir uns ja etwas zu essen holen und machen vielleicht ein Picknick, oder wir Versuchen es in einem Restaurant. Zuviel Nahrung solltet ihr aber vorerst nicht futtern. Zumindest bis wir wissen, was die Kurven euren Bäuchen machen!“, ermahnte Paulette. „Es wird nicht die Straßenführung sein, die den Kindern zusetzt, meine Liebe. Dein rasanter Fahrstil wird die wahrscheinlichere Ursache dafür sein, würde ich vermuten!“, lachte Bobo. „Du frecher ängstlicher Mann, nur weil du fährst wie ein kleines Mädchen!“, konterte Paulette, „Das ist Blödsinn Kinder, mit so einem Gurkentransporter wird das nichts mit der Geschwindigkeit.“, sagte sie halb umgedreht zu den Kindern und fuhr mit durchdrehenden Reifen los. „Wir werden in den nächsten Tagen erneut herfahren, um mein Auto abzuholen. Vielleicht erlebt ihr ja, wie eine Frau richtig fährt, und ihr helft mir dann dabei Opa Bobos Nerven zu beruhigen!“, sie streckte ihm mal wieder die Zunge raus und verzog ihr Gesicht grotesk, was die Kinder zum Lachen bracht „Aber zuerst müssen wir aus diesem Haus mit Rädern bei uns alles ausladen!“, erzähle sie munter weiter und fuhr zügig vom Hafengelände. „So hat sich eine Dame unzweifelhaft zu benehmen.“, erklärte Bobo gelassen ihre Grimasse und die Kinder lachten. Nach diesem kurzen Schlagabtausch folgten sie zunächst einer recht gut ausgebauten Straße. Häuser mit sandfarbenem oder gräulichem Putz, die vielfache Spuren ihres Alters aufwiesen, säumten deren Seiten. Häufig grenzten an sie vertrocknete Gärten an, denen man die Strapazen des vergangenen heißen Sommers ansehen konnte. Ein wenig weiter, in westliche Richtung, erhoben sich erste kleinere Berge. Ihre baumbestandenen Häupter vermittelten den Eindruck, als ob sie das östlich gelegene Meer beobachteten, wie Wächter aus einer längst vergangenen Zeit. Im Süden erkannte man eine fast schnurgerade Straße, die entlang der Küstenlinie bis in das einhundertsiebzig Kilometer entfernte Bonifacio führte. Sie endete, wie Kenner der Insel wussten, an spektakulären circa achtzig Meter hohen weißen Klippen, die die äußerste Spitze bildeten. Zuerst ließen sie den Hafen hinter sich und fuhren eine Straße, die T11 bezeichnet wurde, in westliche Richtung. Nach ungefähr zwanzig Kilometern wechselten sie auf die T20, die sich von da an kontinuierlich höher und höher schraubte. „Da, schaut mal Ziegen!“, rief Clêmênt auf einmal hellauf begeistert aus, „Auf der Straße!“, und fuchtelte dazu wild mit den Armen, um zu zeigen, dass sie überall waren. Man hätte die Ziegen gar nicht ignorieren oder übersehen können, denn sie hatten sich zum Ziel gesetzt, die gesamte Fahrbahn zu blockieren. Aus Deutschland kannten die Kinder so etwas nicht, doch hier gehörte das durchaus zur Normalität. Es dauerte eine ganze Weile und jede Menge Gehupe, bis sie die Ziegenschar hinter sich gelassen hatten, dann ging die Fahrt weiter. Serpentinen brachten sie immer höher und höher, um im Anschluss wieder ein gutes Stück nach unten zu führen, dann fing abermals alles erneut von vorne an. Was sich dabei nur veränderte, war der Baumbestand sowie die jeweils vorherrschende Tierart. Irgendwann im Verlaufe fuhren sie durch einen Wald aus lauter Kastanienbäumen, da jauchzte Vicky: „Ah, wie süß! Halt an! Bitte, bitte, halt an!“, bettelte sie, weil eine Gruppe Frischlinge neugierig zwischen den Bäumen erschienen war. Einen Moment später wurden die Büsche wie Papier zur Seite geschoben und die Elternteile tauchten aus dem Blattgrün auf. Massige wilde Hausschweine, felsbrockengleich, keines weniger als einhundertfünfzig Kilogramm schwer und sie reichten von ihrer Höhe bis kurz unter die Seitenscheiben des Transporters. Schnell kurbelten alle Insassen die Fenster nach oben, denn einige der massigen Gestalten hatten bereits das Fahrzeug in die Mangel genommen, um es hin und her zu wackeln, als handele es sich dabei nur um ein Plastikspielzeug. Bobo kramte aus einer Tüte altes Brot hervor, öffnet die Wagentüre, schubste die Kolosse ein wenig damit zurück, trat den Schreckensschrei Vickys ignorierend dann zwischen sie und fütterte die Tiere in aller Ruhe mit dem altbackenen Brot. Als die Kleine merkte, dass diese augenscheinlich gutmütig und nur hungrig waren, hielt sie nichts mehr. Sie riss auf ihrer Seite die Wagentüre auf, lief zu Bobo, der ihr bereitwillig etwas von dem Brot abgab und begann verzückt sowohl Frischlinge als auch deren Eltern zu fütterte. Nachdem diese alles aufgefressen hatten, ließen sie sich noch eine Weile das Fell tätscheln, um anschließend zurück in den Wald zu trotten, damit die Kastaniensuche fortgesetzt werden konnte. Auch die beiden Menschen kehrten um zum Fahrzeug und nachdem sie saßen, fuhr Paulette wieder weiter. Sie lächelte amüsierte darüber, wie Vicky herumfuchtelte, um ihren Bruder genau ihren Kontakt mit den Tieren zu demonstrieren. Wenig später fuhr die Tante rechts auf einen unbefestigten Waldweg und stellte ein paar Meter weiter den Motor ab: „Ich muss jetzt etwas essen, mein Bauch knurrt immer lauter. Vorne gibt es einen schönen Platz zum picknicken und wer will, kann dort sogar im Wasser plantschen.“ Es war nicht nötig, das zu wiederholen, denn in Windeseile hatten die Kinder alles zusammengerafft und warteten erwartungsvoll auf dem Waldweg. Clêmênt bewegte sich nun dankbar mit Hilfe der Krücken, da er längeres untätiges Sitzen als zu langweilig empfand und außerdem seine Muskulatur in dem operierten Bein ständig krampfte. Nach ein paar Minuten Fußweg erreichten sie ein riesiges natürliches Felsbecken aus Stein, das sich hinter der Größe normaler Freibäder nicht zu ver stecken brauchte. Mächtige Felsbrocken ragten vereinzelt aus der Wasseroberfläche und luden aufgewärmt von der Sonne zum Verweilen auf ihnen ein. Blühende Sträucher und Kräuter verströmten im Umkreis den typischen Duft der Macchia, hohe Bäume wuchsen an Grasinseln, die trotz ihrer überragenden Nachbarn versuchten, etwas Licht zu ergattern. Das Becken, das mit frischem Wasser der Gebirgsflüsse gespeist wurde, stürzt am hinteren Ende über einen Überlauf irgendwo rauschend hinab in die Tiefe. Wassergeräusche erfüllten fast die gesamte Luft, wie ein riesiges Orchester, und wurden nur an einigen Stellen durch geschäftig klingenden Vogellauten begleitet. Schnell legten die Kinder ihre Badetücher auf die Steine am Rand des Beckens und zogen alles bis auf die Unterwäsche aus. „Dürfen wir zuerst hinein? Bitte, bitte!“, bettelten sie im gemeinsamen Chor. „Geht ruhig, aber passt auf, das Wasser ist mit Sicherheit eisig kalt!“, warnte sie Paulette. Langsam streckten darauf Vicky ihre Hände hinein, was sie postwendend zu einem Aufschrei veranlasste: „Puh, ist das vielleicht arktisch!“, doch einen kleinen Moment später brüllte sie ihrem Bruder schon zu: „Aber wir sind die fürchterlichen, furchtlosen Piraten und haben bestimmt keine Angst vor ollem kaltem Wasser!“, darauf sprang sie prustend hinein und wenig später befand sich auch Clêmênt drin, mit einer sorgfältig verklebten Plastiktüte um den operierten Fuß. Beide hüpften mit lautem Geschrei auf und ab, was jedoch nicht allzu lange dauerte, denn dann kamen sie wieder zitternd hinaus und ließen sich auf die vorgewärmten Badetücher fallen. „War das kalt!“, bemerkte Clêmênt bibbernd und mit blauen Lippen. „Aber so frisch, als wäre da noch nie einer drin gewesen!“, jubelte Vicky, deren Lippen eine ähnliche Farbe aufwiesen. Mit...




