Sandow Notärztin Andrea Bergen - Folge 1290
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7325-2056-5
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
So darf es nicht enden!
E-Book, Deutsch, Band 1290, 64 Seiten
Reihe: Notärztin Andrea Bergen
ISBN: 978-3-7325-2056-5
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Fassungslos starrt die junge Jenny dem großen, gut aussehenden Mann nach, der in der Dunkelheit verschwindet. Tränen rinnen über ihre Wangen und vermischen sich mit dem immer stärker fallenden Regen. Doch Jenny merkt nicht, dass ihre Kleider längst durchnässt sind, denn sie steht unter Schock. Es kann nicht sein!, ist alles, was sie denken kann. Marius ist doch der Mann, den ich über alles liebe! Völlig unerwartet hat er ihr erklärt, dass es aus ist zwischen ihnen und dass er schon bald eine andere heiraten wird. Von Anfang an war Jenny für ihn nichts als eine unbedeutende, voreheliche Affäre ...
'Das wird er mir büßen!', flüstert die junge Frau in die Dunkelheit und erschrickt selbst über den Hass in ihrer Stimme. Aber der Wunsch, Rache zu nehmen, wird in Jenny übermächtig. Und so findet sie sich Tage später auf Marius' Hochzeit wieder. Unter ihrer Jacke verborgen: eine Pistole ...
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»Arnold an vierunddreißig-zwölf!«, schnarrte es aus dem Funkgerät.
»Das sind wir.« Jenny Miehlke wandte kurz den Kopf und grinste ihren Kollegen an, bevor sie sich wieder auf den Verkehr vor ihr konzentrierte.
Cem Mayer, der seine ungewöhnliche Namensmischung seiner türkischen Mutter und seinem deutschen Vater verdankte, grinste zurück und griff dabei nach dem Funkgerät. »Vierunddreißig-zwölf hört.«
»Auffahrunfall auf dem Autobahnzubringer nach der Landung eines Segelfliegers. Sonderrechte frei, RTW rollt.«
»Anton vierunddreißig-zwölf hat verstanden«, meldete Cem pflichtgemäß. »Wir machen uns auf den Weg.«
Noch während ihr Kollege sprach, hatte Jenny bereits das Blaulicht und das Martinshorn eingeschaltet und wendete mitten auf der Straße.
»Habe ich das richtig verstanden? Ein Segelflugzeug ist auf dem Autobahnzubringer gelandet?«
»Ich dachte auch, ich hätte in diesem Beruf schon alles erlebt«, erwiderte Cem. »Und dann werde ich doch wieder überrascht.«
Cem war schon ein paar Jahre länger bei der Polizei als Jenny. Er hatte inzwischen drei Sterne auf seiner Uniform, die ihn als Polizeihauptkommissar auszeichneten, während sie sich gerade über ihren ersten Stern freute.
Schon als Kind hatte Jenny gewusst, dass sie Polizistin werden wollte. Trotz der Arbeitszeiten, die ihr so manches Mal in private Planungen hineingrätschten, und trotz der schrecklichen Unfälle, die sie oft zu sehen bekam, war es immer noch ihr Traumberuf.
»Wie kommt ein Segelflugzeug auf den Autobahnzubringer?«, überlegte Cem laut.
»Es ist nicht abgestürzt, sondern gelandet«, erinnerte sich Jenny an die Durchsage der Leitstelle. »Wir werden ja gleich sehen, was passiert ist.«
Schwungvoll nahm sie die Abfahrt und wurde sofort durch den Stau ausgebremst, der sich inzwischen gebildet hatte.
Jenny fuhr ganz rechts auf den Seitenstreifen. Sie kam nur stockend voran, weil hier einige Unverbesserliche versuchten, an der Wagenkolonne vorbeizufahren.
»Immer dasselbe«, brummte Cem verärgert. »Ich schwöre dir, irgendwann nehme ich mir die Zeit, diesen Idioten eine Anzeige zu verpassen.
Der Fahrer der schweren Limousine vor ihnen versuchte, sich wieder links in die stehende Fahrzeugreihe einzufügen, um den Polizeiwagen durchzulassen. Der Fahrstreifen blieb so schmal, dass Jenny ihre ganze Konzentration aufbieten musste, um ohne Schrammen hindurchzukommen. Nur kurz ließ sie sich durch das Blaulicht in ihrem Rückspiegel ablenken. Der Krankenwagen war direkt hinter ihr.
Endlich erreichten sie ihr Ziel. Das Segelflugzeug stand quer über beide Fahrspuren und versperrte die gesamte Fahrbahn.
Jenny stoppte den Streifenwagen und sah, dass der Rettungswagen gleich hinter ihr anhielt. Ein weiterer Streifenwagen sowie ein Fahrzeug der Feuerwehr folgten. Und, es war kaum zu glauben, dahinter hatte sich die Limousine gesetzt, die ihnen eben schon die Durchfahrt erschwert hatte. Durch die Windschutzscheibe konnten sie sehen, wie der Fahrer ärgerlich auf das Lenkrad schlug, weil er nicht weiterkam.
»Der spinnt doch!«, regte Cem sich auf.
»Der entkommt uns nicht.« Jenny wollte zuerst zum Segelflugzeug.
Das Team des Rettungswagens stieg ebenfalls gerade aus. Jenny erkannte in einem der Sanitäter ihren Onkel Ewald und winkte ihm kurz zu. Er erwiderte den Gruß. Für persönliche Worte war jetzt keine Zeit.
***
»Ein Segelflugzeug auf dem Autobahnzubringer, das hatten wir auch noch nie.« Notärztin Andrea Bergen saß zwischen Jupp Diederichs, der den Rettungswagen steuerte, und dem Sanitäter Ewald Miehlke.
Jupp Diederichs wirkte angespannt. Die Spur für die Rettungsfahrzeuge wurde durch rücksichtslose Autofahrer teilweise so verengt, dass es seine ganze Konzentration erforderte.
Andrea bewunderte, wie er es schaffte, den schweren Wagen sicher zu lenken. Er fuhr dicht hinter einem Streifenwagen her.
Als sie den Einsatzort erreichten und ausstiegen, sah die Notärztin, dass ihnen weitere Einsatzfahrzeuge der Polizei und der Feuerwehr gefolgt waren.
Das Segelflugzeug mitten auf der Straße bot einen seltsamen Anblick. Unter der Haube, die das Dach und den Einstieg bildete, war ein Mann zu sehen. Er hatte eine Hand in Höhe seines Herzens in seinen Pullover gekrallt. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, seine Augen geschlossen.
Hatte er das Bewusstsein verloren?
Wertvolle Sekunden vergingen, während die Notärztin darauf warten musste, dass die Männer von der Feuerwehr die gläserne Haube lösten.
Der Mann im Segelflieger öffnete die Augen immer noch nicht, aber er schien zu wissen oder zumindest zu spüren, dass er nicht mehr alleine war.
»Hilfe, bitte!«, kam es gepresst über seine Lippen.
Endlich konnte Andrea an den Mann herankommen. Zusammen mit Ewald Miehlke begann sie mit der Kontrolle der Vitalfunktionen, während Jupp Diederichs sich um einen verletzten Autofahrer kümmerte. Drei Fahrzeuge hatten sich ineinander verkeilt, als sie wegen des landenden Segelflugzeuges eine Vollbremsung machen mussten.
Andrea Bergen tastete nach dem Puls des Segelfliegers. Er war flach und deutlich erhöht.
Ewald Miehlke schnitt den Ärmel des Pullovers auf, um die Blutdruckmanschette anzulegen.
»Können Sie mich hören?«, sprach Andrea Bergen den Mann an.
Der kalte Schweiß auf dessen Gesicht, die Blässe seiner Haut, der hohe Puls und die Blutdruckwerte schienen auf einen Herzinfarkt hinzudeuten.
»Mir … ist … übel«, stöhnte der Mann. Zum ersten Mal öffnete er die Augen.
Die Übelkeit war ein weiteres Indiz für Andrea Bergens vorläufige Diagnose. Der Mann musste so schnell wie möglich ins Elisabeth-Krankenhaus.
»Es … tut … mir … leid!« Es schien ihm wichtig zu sein, etwas zu sagen. »Ich … wollte … das … nicht!« Jedes seiner Worte kam abgehakt über seine Lippen und schien ihm große Mühe zu bereiten.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte Ewald Miehlke beruhigend, während Andrea Bergen einen Zugang in die Handvene des Mannes legte, um kreislaufstabilisierende Mittel zu spritzen.
»Nicht … in … Ordnung. Wollte … nicht … auf … Straße … landen … Auf … Acker … daneben … Mein … Herz … die … Schmerzen …« Er brach ab und verlor das Bewusstsein.
Hinter ihnen entstand ein lauter Tumult. Der Fahrer der Limousine tauchte schimpfend auf und zeigte wütend auf das Segelflugzeug.
»Kann nicht mal endlich jemand das verdammte Ding wegschieben? Ich habe es eilig!«
Andrea Bergen achtete nicht auf den Mann. Ihr Patient erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit. Zusammen mit Ewald Miehlke und einem Polizisten versuchte sie, den Mann aus dem Segelflugzeug zu heben. Jupp Diederichs kam gerade mit der Trage und informierte sie in knappen Worten, dass es unter den Autofahrern glücklicherweise nur Leichtverletzte gab. Für sie war bereits ein weiterer Rettungswagen auf dem Weg.
Die Kabine des Flugzeuges war so eng, dass es schwierig war, den Mann herauszuheben, und der aufgebrachte Autofahrer behinderte sie zusätzlich.
»Verdammt, ich habe ein wichtiges Meeting. Jetzt schieben Sie doch erst einmal dieses Flugzeug zur Seite.«
Er trat so dicht an die Notärztin heran, dass Andrea den alkoholgeschwängerten Atem des Mannes riechen konnte.
»Lassen Sie uns in Ruhe arbeiten!«, fuhr sie ihn an.
Der Mann dachte nicht daran, packte sie grob am Arm, aber plötzlich war Jenny Miehlke da.
Andrea Bergen kannte die Nichte ihres Sanitäters, weil sie sich inzwischen schon einige Male bei Unfalleinsätzen begegnet waren. Knapp informierte sie die Polizisten über den offensichtlichen Alkoholgenuss des Mannes, bevor sie sich wieder um ihren Patienten kümmerte. Nur noch am Rande bekam sie mit, dass Jenny Miehlke und Cem Mayer den Autofahrer wegführten.
Im Rettungswagen ging der Kampf um das Leben des Segelfliegers weiter.
»Kammerflimmern!« Andrea Bergen sah auf den Monitor. Der Patient war an das EKG angeschlossen. Das Flimmern zeigte sich plötzlich als unregelmäßige Zacken mit einer viel zu hohen Frequenz.
Die Notärztin musste sofort handeln, bevor der vollständige Herz-Kreislauf-Stillstand einsetzte.
Sie begann mit einer Herzmassage, bis Ewald Miehlke ihr die Elektroden gab. Er stellte die Spannung nach ihren Anweisungen ein, Andrea drückte die Elektroden auf die Brust des Mannes.
»Zurück!«
Er bäumte sich auf, als der Stromstoß durch seinen Körper zuckte. Das Flimmern setzte sich auf dem Monitor fort.
»Noch einmal zurücktreten!« Die Notärztin spürte die Anspannung, setzte die Elektroden ein zweites Mal an. Der Körper des Mannes bäumte sich erneut auf.
Andrea Bergen stieß einen erleichterten Seufzer aus, als der Herzschlag auf dem Monitor wieder eine regelmäßige Frequenz zeigte. Sie und Ewald Miehlke lächelten einander kurz zu.
Inzwischen war es der Feuerwehr gelungen, das Segelflugzeug so weit beiseitezuschieben, dass Jupp Diederichs losfahren konnte. Eine weitere Reanimation des Patienten war zum Glück nicht erforderlich.
Andrea war froh, als sie den Mann eine Viertelstunde später in die Obhut der Internisten des Elisabeth-Krankenhauses geben konnte.
***
»Chef, du siehst nicht gut aus!«
Samuel Ammer zwang sich...




