Schneider | Korruption im Krankenhaus - effektiv vermeiden, gegensteuern und aufklären | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Schneider Korruption im Krankenhaus - effektiv vermeiden, gegensteuern und aufklären

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

ISBN: 978-3-17-040864-7
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Seit Einführung der §§ 299a, b StGB hat das Thema Korruption im Gesundheitswesen zunehmend Beachtung gefunden. Die Verhinderung entsprechender Straftaten stellt eine zentrale Herausforderung für die Compliance im Krankenhaus dar. Im Buch werden neben rechtlichen Risiken auch Präventionsmöglichkeiten dargestellt und auf das Krankenhaus als Organisation abgestimmt. Dies gilt sowohl in Bezug auf präventive Maßnahmen (Richtlinien, Prozesse, Zuständigkeiten, Audits) als auch auf repressive Maßnahmen (Aufklärung von Vorwürfen durch interne Untersuchungen, Kooperation mit den Ermittlungsbehörden, Vertretung der Interessen des Krankenhauses im Strafverfahren).

Das Werk wurde als "Buchtipp Gesundheitswirtschaftskongress 2022" ausgezeichnet.
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2          Rechtliches Basiswissen im Korruptionsstrafrecht
2.1       Struktur der Korruptionsdelikte
Als »Korruptionsdelikte« werden in der einschlägigen Fachliteratur zunächst die als Amtsdelikte ausgestalteten Straftaten im Amt, das heißt die §§ 331–336 StGB, bezeichnet. Der strafrechtliche Fachterminus des echten oder eigentlichen Amtsdelikts bedeutet, dass nur Amtsträger bzw. Amtsträgerinnen und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete erfasst sind (§ 11 Abs. 1 Nr. 2, 4 StGB) und dieser Eigenschaft eine strafbegründende Bedeutung zukommt. Die Amtsdelikte sind einschlägig, wenn die bestochene Person Amtsträger bzw. Amtsträgerin ist. Dies ist bei allen Mitarbeitenden in den Kliniken im Eigentum der Öffentlichen Hand der Fall. Auf die Organisationsform der Klinik kommt es nicht an. Die Amtsdelikte greifen bei öffentlicher Trägerschaft ein, wenn die Klinik als gGmbH, Anstalt des Öffentlichen Rechts oder als Aktiengesellschaft organisiert ist. Daraus folgt, dass das von §§ 331 ff. StGB geschützte Rechtsgut die »Lauterkeit des öffentlichen Dienstes« darstellt und die gesetzlichen Straftatbestände die Verhinderung einer »Verfälschung des Staatswillens« sicherstellen wollen, die von einem oder einer sich als käuflich erweisenden Amtsträger oder Amtsträgerin droht (Brettel und Schneider 2021, 245). Neben den Amtsdelikten kennt das Strafgesetzbuch zwei weitere Deliktsgruppen der Korruption: Während § 299 StGB die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr regelt, stellen die §§ 299a, b StGB spezielle Straftatbestände zur Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen dar. Diese sind seit dem 04.06.2016 in Kraft. Bei der Korruption im Krankenhaus können, soweit die Mitarbeitenden des Krankenhauses in der Rolle der vorteilsnehmenden Personen sind, daher folgende Straftatbestände einschlägig sein: •  §§ 331 ff. StGB: Nur bei Krankenhäusern im Eigentum der öffentlichen Hand. •  §§ 299, 300 StGB: Bei Krankenhäusern im Eigentum der Religionsgemeinschaften und Krankenhäusern im Eigentum privater Betreibergesellschaften. •  §§ 299a, b StGB: Unabhängig von der Trägerschaft des Krankenhauses sind diese Normen anwendbar, wenn die bestochene Person Angehörige eines Heilberufes ist. Die Frage, in welchem Konkurrenzverhältnis die §§ 299a, b StGB zu den §§ 331 ff. und § 299 StGB stehen, ist von der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt worden. Auch in der strafrechtswissenschaftlichen Literatur gehen die Auffassungen hierzu auseinander (Gaede 2015, 263 ff.; Kubiciel und Tsambikakis 2015, 11 ff.; Pragal und Handel 2015, 22 ff.; Tsambikakis 2016, 131 ff., grundlegend Seifert 2017, 280 ff. und Seifert 2020). Zwischen den Amtsdelikten und §§ 299a, b StGB besteht Idealkonkurrenz, da insoweit unterschiedliche Rechtsgüter betroffen sind: Wettbewerb einerseits und die Funktionsfähigkeit des Staatsapparates und die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes andererseits. Die herrschende Meinung und die Entwurfsbegründung der Bundesregierung (BT-Drs. 18/6446, 16) gehen weiterhin davon aus, dass auch zwischen §§ 299, 299a, b StGB Tateinheit bestehen soll. Nach hier vertretenem Standpunkt gehen aber die §§ 299a, b StGB dem § 299 StGB als spezielleres Gesetz vor. Raum für die Anwendung des § 299 StGB besteht daher nur dann, wenn die zuwendungsnehmenden Personen keine Angehörigen des Heilberufs sind (z. B. die kaufmännische Geschäftsführung eines Krankenhauses unter privater oder kirchlicher Trägerschaft). Die Einzelheiten sind freilich klärungsbedürftig und können hier aufgrund des Zuschnitts des Werkes nicht erörtert werden (näher Seifert 2017, 280 ff., und Seifert 2020). Als Fazit dieser Diskussion lässt sich festhalten, dass die Krankenhäuser im Eigentum der Öffentlichen Hand bei strafrechtlicher Betrachtung den größten Risiken unterworfen sind und dies bei der Compliance berücksichtigen sollten. Außerdem greift hier die strafrechtliche Verantwortlichkeit schon dann ein, wenn lediglich der Anschein der Käuflichkeit besteht (§§ 331, 333 StGB). Die Käuflichkeit muss demnach bei den Tatbeständen der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung nicht einmal nachgewiesen werden. Die einschlägigen Amtsdelikte sehen die höchsten Strafrahmen vor (vgl. dazu unten). Grund für die Unterschiede zwischen den Strafrahmen der Amtsdelikte und den Straftaten zum Schutz des Wettbewerbs ist der Rang der betroffenen Rechtsgüter (näher zu den unterschiedlichen Schutzgütern Brettel und Schneider 2021, 245, 267). Überblick über die Strafrahmen im Bereich der Korruptionsdelikte
Die Amtsdelikte: •  §§ 331, 333 StGB (Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung im Amt) sehen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe zwischen einem Monat und drei Jahren vor; •  §§ 332, 334 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im Amt) sehen eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren vor; •  § 335 StGB (Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im Amt) sieht eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren vor. Die Delikte zum Schutz des Wettbewerbs: •  § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr) sieht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe zwischen einem Monat und drei Jahren vor; •  §§ 299a, b StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen) sehen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe zwischen einem Monat und drei Jahren vor; •  § 300 StGB (Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr und im Gesundheitswesen) sieht eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren vor. Die wesentlichen Determinanten der Strafzumessung sind die Höhe des Vorteils und die Dauer der Unrechtsvereinbarung. Eine mangelnde Dienstaufsicht soll kein Strafmilderungsgrund sein (Zimmermann 2020, 21 ff., 44). Zu den außerstrafrechtlichen Folgen, insbesondere dem Widerruf der Approbation aufgrund von Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit der Ausübung des Berufs bei Betrug und Korruption (vgl. Lubini 2020, 178 ff., 180 f). 2.2       Der Aufbau von Dankbarkeitsdruck als generelles Merkmal der Korruption
Das Wesen der Korruption besteht darin, dass durch eine Vorteilszuwendung (z. B. Geld) ein Dankbarkeitsdruck aufgebaut wird, sich für die Zuwendung erkenntlich zu zeigen (Schneider 2018, 37 ff., 80). Bei Handlungen der Korruption handelt es sich folglich um einen gegenseitigen Leistungsaustausch zwischen derjenigen Person, die besticht (Bestechung) und derjenigen, die bestochen wird (Bestechlichkeit). Der oder die Bestechende (im strafrechtlichen Fachterminus Vorteilsgeber bzw. Vorteilsgeberin) gewährt dem oder der Bestochenen (Vorteilsnehmer bzw. Vorteilsnehmerin) eine Leistung Zug um Zug gegen eine bestimmte Bevorzugung. Nach deutschem Strafrecht können beide Seiten der Korruptionsbeziehung strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Hierbei ist der für die Vorteilsnehmerseite einschlägige Straftatbestand in allen drei Deliktsgruppen der Korruption (das heißt den Amtsdelikten, der Korruption im geschäftlichen Verkehr und der Korruption im Gesundheitswesen) als sogenanntes Sonderdelikt ausgestaltet. Um tauglicher Täter bzw. taugliche Täterin zu sein, muss die vorteilsnehmende Person ein besonderes persönliches Merkmal gem. § 28 Abs. 1 StGB aufweisen. Die Amtsdelikte nach §§ 331 ff. StGB verlangen, wie bereits ausgeführt, Amtsträgerschaft gem. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB. § 299 StGB setzt voraus, dass die vorteilsnehmende Person Angestellte oder Beauftragte eines Unternehmens ist und für § 299a StGB muss die Zugehörigkeit zu einem Heilberuf gegeben sein, der für die Berufsausübung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert. Liegt eine dieser persönlichen Eigenschaften bei der bestochenen Person nicht vor, scheidet der Tatbestand der Bestechlichkeit aus. Demgegenüber handelt es sich bei den Tatbeständen der Bestechung um sogenannte Jedermanndelikte. Hier müssen keine besonderen persönlichen Merkmale aufgewiesen werden. Die Tatbestände gliedern sich folglich danach, ob es sich bei dem Täter bzw. der...


Rechtsanwalt Prof. Dr. jur. Hendrik Schneider führt seine Kanzlei für Wirtschafts- und Medizinstrafrecht in Wiesbaden. Von 2006 bis 2020 war er Lehrstuhlinhaber für Strafrecht, Strafprozessrecht u.a. an der Juristenfakultät der Universität Leipzig. Neben den Verteidigungsmandaten im allgemeinen Wirtschafts- und Medizinstrafrecht begleitet Hendrik Schneider Unternehmen in Compliance-Fragen. Sein Schwerpunkt ist das Medizinwirtschaftsstrafrecht. Er berät Krankenhäuser, Unternehmen aus dem Zweig der Gesundheitswirtschaft und vertritt Geschäftsführer dieser Unternehmen und Ärzte.


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