The | Zwölf Zimmer für sich allein | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Reihe: Kampa Salon

The Zwölf Zimmer für sich allein

Zwölf Schriftstellerinnen im Gespräch
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-311-70376-1
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Zwölf Schriftstellerinnen im Gespräch

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Reihe: Kampa Salon

ISBN: 978-3-311-70376-1
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dorothy Parker lästert über Carson McCullers und klagt über die vielen miesen Brotjobs zu Beginn ihrer Laufbahn, Elena Ferrante spricht über die Gedankensplitter, die am Anfang ihrer Texte stehen, und über den Begriff der literarischen Wahrheit. Nadine Gordimer erzählt von ihrer Kindheit in Südafrika und ihrer frühen Begeisterung für Evelyn Waugh, Lydia Davis von der fließenden Grenze zwischen Gedichten und Storys und dem »fröhlichen Schriftverkehr« in ihrem Elternhaus. Rachel Cusk beschreibt einen »spezifisch englischen Schmerz«, den auch sie kenne, und Toni Morrison befasst sich mit der Frage, wie Schwarze in der Literatur weißer Schriftsteller*innen dargestellt werden, und damit, wie viel Kontrolle sie selbst über ihre Figuren hat.Es geht um alles in diesen Gesprächen mit bedeutenden Autorinnen des 20. Jahr- hunderts, um Leben und Schreiben, um Erfolge und Niederlagen. Und diese Gespräche sind selbst Literatur - ein Spiegel des Werks derer, die hier reden: weise und witzig, tiefgründig und abgründig. 1953 an der Rive Gauche gegründet und seit den siebziger Jahren in New York angesiedelt, schenkt die Paris Review Leser*innen seit Jahrzehnten erhellende, amüsante - schlicht einzigartige Gespräche mit Autor*innen. Nun sind die besten Interviews mit Schriftstellerinnen endlichauch auf Deutsch in einem Band versammelt.

The Zwölf Zimmer für sich allein jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


The

Weitere Infos & Material


Dorothy Parker Meine Antriebsfeder beim Schreiben? Geldmangel, Liebes.


Mit Marion Capron (1956)

Dorothy Parker lebte zum Zeitpunkt dieses Interviews in einem Hotel in Midtown Manhattan. Sie teilte ihr kleines Apartment mit einem jungen Pudel, der dafür verantwortlich sei, dass alles etwas »Hogarthesk« wirke, wie Mrs Parker sich zu entschuldigen suchte – Zeitungen lagen auf dem Boden verstreut, da und dort sah man abgenagte Knochen, ja sogar eine Gummipuppe mit klaffend aufgerissener Kehle fehlte nicht; diese Puppe übrigens wurde von Mrs Parker (nicht ohne Anstrengung) immer wieder in eine Zimmerecke geschleudert, nur damit der Pudel sie apportieren konnte. Das Zimmer war spärlich eingerichtet. Die einzige Attraktion war ein großes Hundeporträt, auf dem aber nicht der Pudel zu sehen war, sondern ein Schäferhund, der dem Schriftsteller Philip Wylie gehörte und von dessen Frau gemalt worden war. Der Hund auf dem Bild hatte einen so riesenhaften Körperbau, dass Mrs Parker, die tatsächlich sehr klein ist, daneben fast winzig wirkte. Sie sprach mit sanfter Stimme und schlug oftmals einen entschuldigenden Ton an. In manchen Augenblicken aber, wenn Dinge zur Sprache kamen, die den Kern ihrer Existenz berührten, wurde ihre Stimme fast scharf, und ihre Worte trafen nun mit tödlicher Präzision ins Schwarze. Noch immer funkelte ihr Witz, der sie einst zur legendären Gestalt am Round Table im Algonquin gemacht hatte; ein satirischer Humor, der keine Rücksicht nahm auf irgendwen und auf verheerende Weise erfinderisch war. Sie schien jederzeit mit einem Bonmot aufwarten zu können. Bei einer Theateraufführung sprach sich die Nachricht vom Tod des zählebigen Calvin Coolidge herum. Mrs Parker flüsterte daraufhin, wie Freunde erzählten: »Wie wollen Sie für diese Behauptung jemals den Beweis antreten?«

Lesern dieses Interviews wird jedoch auffallen, dass Mrs Parker ungern Lobeshymnen auf ihren Humor hörte. »Inzwischen ist es so schlimm«, sagte sie mit einiger Verbitterung, »dass man bereits zu lachen beginnt, ehe ich den Mund aufgemacht habe.« Ähnlich abwehrend verhielt sie sich, wenn man sie als seriöse Autorin bezeichnete. Dorothy Parkers schärfste Kritikerin war Dorothy Parker. Mögen ihre drei Gedichtbände ihr den Ruf einer »Meisterin des leichten Verses« eingebracht haben – ihre Kurzgeschichten sind ernste Sachen. Nicht zuletzt deshalb, weil sich in ihnen ihr eigenes, ein nicht eben unbeschwertes Leben spiegelt. Franklin P. Adams schrieb in einer Einführung zu ihrem Werk: »Niemand vermag mit solcher Ironie zu schreiben, ohne ein tief sitzendes Gefühl für Ungerechtigkeit zu besitzen – für jene Art von Ungerechtigkeit, der diejenigen ausgeliefert sind, die unter der Herrschaft von Dummheit, Arroganz und Heuchelei leiden.«

Sie waren zuerst Mitarbeiterin der , nicht wahr? Wie haben Sie es angestellt, dort genommen zu werden? Und warum die ?

Als mein Vater starb, war kein Geld mehr da. Ich musste mir eine Arbeit suchen, und Mr Crowninshield – Gott hab ihn selig – gab mir zwölf Dollar für ein kleines Gedicht und einen Job für zehn Dollar die Woche. Nun ja, ich kam mir vor wie Edith Sitwell. Ich wohnte in einer Pension in der 103. Straße, Ecke Broadway und zahlte acht Dollar die Woche fürs Zimmer, Frühstück und Abendessen inbegriffen. Thorne Smith wohnte auch dort, und noch ein Mann. Abends saßen wir zusammen und redeten. Geld hatten wir keins, aber, Herrgott, wir hatten eine Menge Spaß.

Was mussten Sie bei der tun?

Ich schrieb Bildunterschriften. »Mit diesem kleinen pinken Kleid wirst du dir einen Verehrer angeln« und solche Sachen. Komisch, bei der arbeiteten fast nur unscheinbare Frauen, die waren nicht schick. Das waren lauter nette, anständige Frauen, nettere Frauen habe ich nie mehr getroffen, aber bei so einer Zeitschrift waren sie fehl am Platz. Sie trugen komische kleine Hauben, und die toughen Models, die auf ihren Seiten paradierten, die verwandelten sie in reine Unschuldslämmchen. Heute sind die Redakteurinnen : elegant und weltläufig; die meisten Models sehen so aus, als hätte Bram Stoker sie sich ausgedacht. Was die Verfasser der Bildunterschriften betrifft – meinen alten Job also –, die empfehlen jetzt Nerzkappen für Golfschläger, fünfundsiebzig Dollar das Stück. »Für den Freund, der alles hat.« Die Zivilisation nähert sich ihrem Untergang, Sie verstehen …

Warum gingen Sie dann zu ?

Mr Crowninshield wollte das so. Mr Sherwood und Mr Benchley waren da (wir nannten uns immer beim Nachnamen). Unser Büro lag genau gegenüber vom Hippodrome. Wenn die Liliputaner rauskamen, erschrak Mr Sherwood fürchterlich. Er war ungefähr zwei Meter groß, und sie schlichen sich von hinten an ihn heran, um ihn zu fragen, wie das Wetter da oben sei. »Begleiten Sie mich auf die Straße«, bat er uns immer, und Mr Benchley und ich ließen unsere Arbeit liegen und gaben ihm Geleitschutz. Ein großer Spaß, das können Sie mir glauben. Mr Benchley und ich abonnierten zwei Bestattungsmagazine, und . Halten Sie sich fest! hatte eine Rubrik mit Witzen unter der Überschrift »From Grave to Gay« [Vom Grab zur Heiterkeit]. Aus dieser Zeitung schnippelte ich mir eine farbige Abbildung heraus. Darauf war detailliert dargestellt, wie und wo man die Flüssigkeit beim Einbalsamieren einzuführen habe, und dieses Bild hängte ich über meinem Schreibtisch auf, bis Mr Crowninshield mich bat, es doch, wenn irgend möglich, wieder abzuhängen. Mr Crowninshield war ein netter Mensch, aber etwas verloren. Ich muss zugeben, wir haben uns sehr schlecht benommen. Albert Lee, einer der Redakteure, hatte während des Ersten Weltkriegs eine Landkarte aufgehängt und darauf mit Fähnchen den Standort unserer Truppen markiert. Jeden Tag las er die Nachrichten und änderte die Position der Fähnchen. Ich war verheiratet, mein Mann war in Europa, und da ich nichts Besseres zu tun hatte, stand ich jeden Morgen eine halbe Stunde früher auf, schlich in sein Zimmer und versetzte die Fähnchen. Später kam Lee, sah sich seine Karte an, sprach besorgt von »Spionage«, brüllte dann herum und verbrachte den Vormittag damit, die Fähnchen wieder richtig zu positionieren.

Wie lange blieben Sie bei ?

Vier Jahre. Ich hatte von P.G. Wodehouse die Theaterkritik übernommen. Dann machte ich drei Stücke fertig, eins davon war mit Billie Burke, und wurde prompt gefeuert.

Sie machten drei Stücke fertig?

Ich habe sie verrissen. Die Stücke wurden abgesetzt, und die Produzenten, die große Nummern waren – Dillingham, Ziegfeld und Belasco –, fanden das natürlich nicht sehr nett. war ein Magazin ohne Meinung, aber ich hatte Meinungen. Also wurde ich gefeuert. Und Mr Sherwood und Mr Benchley kündigten. Mr Sherwood machte das nichts aus, aber Mr Benchley hatte eine Frau und zwei Kinder. Für mich war das ein gewaltiger Freundschaftsbeweis. Mr Benchley malte ein Plakat – »Almosen für Miss Billie Burke«, und das ließen wir bei unserem Abgang in der Eingangshalle von . Unser Benehmen war wirklich schlecht. Wir machten uns Entlassungsabzeichen wie beim Militär und steckten sie an.

Wo sind Sie drei dann hingegangen?

Mr Sherwood wurde Filmkritiker beim alten , und Mr Benchley machte dort die Theaterkritik. Er und ich hatten ein winziges Büro; wäre es nur einen Zentimeter kleiner gewesen, es wäre Ehebruch gewesen. Unsere Telegrammadresse war »Parkbench«, aber wir bekamen kein einziges Telegramm. Es ist schon so lange her, von Ihrer Existenz ahnte da noch niemand etwas. Vielleicht gab es auch noch keine Telegrafie …

In den zwanziger Jahren hätten sich die Schriftsteller viel häufiger getroffen, heißt es oft. Die Diskussionen am Round Table im Algonquin zum Beispiel.

Ich war nicht oft dabei, es war zu teuer für mich. Aber die anderen gingen hin. Kaufman zum Beispiel. Ich glaube, der war schon irgendwie lustig. Mr Benchley und Mr Sherwood gingen auch mal hin, wenn sie ein paar Kröten übrig hatten. Franklin P. Adams, dessen Kolumne von all denen gelesen wurde, die selbst Schriftsteller werden wollten, kreuzte da gelegentlich auf. Und Harold Ross, der Herausgeber vom . Der war von Berufs wegen irre, aber ob er bedeutend war … Seine Unkenntnis zumindest war profund. Bei einem Manuskript von Mr Benchley schrieb er neben dem Namen »Andromache« an den Rand: »Wer is’n der?« Und Mr Benchley schrieb zurück: »Finger weg.« Am Round Table gab es nur einen einzigen Mann von Format: Heywood Broun.

Was war an den zwanziger Jahren besonders für Leute wie Sie und Broun? Was hat Sie inspiriert?

Gertrude Stein hat uns sehr geschadet mit ihrem »Ihr seid eine verlorene Generation«. Bei einigen Leuten hat das gezündet, und dann sagten wir alle: »Hurra, wir sind verloren!« Vielleicht fühlten wir uns deshalb mit einem Schlag anders, bar jeder Verantwortung. Aber vergessen Sie nicht, wenn Sie die Leute von damals...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.