E-Book, Deutsch, 202 Seiten, E-Book
Tiemann Unternehmenskooperationen in disruptiven Zeiten
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7910-5058-4
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Erfolgsfaktoren für strategische Allianzen und Innovationsführerschaft
E-Book, Deutsch, 202 Seiten, E-Book
ISBN: 978-3-7910-5058-4
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
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Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Marcel Tiemann ist promovierter Ökonom und Strategieberater einer renommierten, weltweit tätigen Managementberatung. Er verfügt über 13 Jahre Berufserfahrung und ist spezialisiert auf die Beratung von strategischen Transformationsprojekten im Bereich M&A-Transaktionen, Wachstumsstrategien und Digitalisierung sowohl deutscher als auch internationaler Unternehmen.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Management Strategisches Management
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Unternehmensorganisation, Corporate Responsibility Unternehmenskooperationen, Joint Ventures
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Management Forschung & Entwicklung (F&E), Innovation
Weitere Infos & Material
1 Einleitung
2 Forschungsdesign und -methode
3 Marktversagen bei Seltenen Erden und Gefährdung der Versorgungssicherheit
4 Historische Ursachen und (Re-)Integration zur Bereitstellung des Gutes 'Gewährleistung der Versorgungssicherheit'
5 Rohstoffallianz 2020+ - ein neuer Ansatz zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit
6 Exkurs: Public-Private-Partnership-Initiativen zur Stabilisierung von freiwilligen Kooperationen
7 Reflexion: Fazit, kritische Würdigung und Einschränkungen
8 Anhang
2 Forschungsdesign und -methode
Zur Beantwortung der gestellten Forschungsfrage(n) wird ein pragmatischer Forschungsansatz verfolgt,38 um basierend auf einer umfangreichen Literaturrecherche sowie einem kombinierten quantitativen und qualitativen Vorgehen Handlungsempfehlungen zu formulieren.39
2.1 Forschungsdesign
Für die Erarbeitung des Problems des Marktversagens in Bezug auf die Gewährleistung der Versorgungssicherheit bei SEE und die wirtschaftlichen Auswirkungen wird ein deduktiver Ansatz verfolgt. Hierbei wird auf Literatur und Theorien bezüglich (endlicher) natürlicher Ressourcen und einer strategischen Handels- und Industriepolitik sowie auf Theorien zu Kooperation im Kontext der Forschungsfrage zurückgegriffen, diese werden auf SEE angewendet und entsprechend angepasst. Zudem wird auf den Aufbau von freiwilligen Kooperationen zwischen Unternehmen als Lösungsansatz des Problems verwiesen.
2.2 Forschungsmethode
Zur Beantwortung der Forschungsfragen mit dem Ziel, einen Beitrag zur Schließung der Forschungslücke zu leisten, werden sowohl die Fallstudienmethode nach Robson und McCartan (2016, S. 1 ff.) als auch die Grounded Theory nach Glaser et al. (1967, S. 1 ff.) verwendet. Für die Betrachtung der Versorgungssicherheit mit SEE als praxisrelevantes Problem wird die Fallstudienmethode auf die Rohstoffallianz angewendet, weil sie erlaubt, das Phänomen in der realen Welt durch Verwendung mehrerer unterschiedlicher Quellen zu analysieren. Dabei liegt es in der Natur der Fallstudie, dass die Abgrenzungen zwischen dem zu untersuchenden Phänomen und dem Kontext nicht immer klar ersichtlich sind.40 Für die vorliegenden Forschungsfragen mit Bezug auf die freiwillige Kooperation wird die Grounded Theory verwendet, die sich im Rahmen des qualitativen Forschungsdesigns als besonders geeignet erweist,41 weil die Bedeutung von Objekten, Beziehungen und Situationen im Mittelpunkt der Analyse steht.
Die Untersuchung ist bezüglich der Datengrundlage zu SEE und des Forschungsobjekts Rohstoffallianz mit zwei zentralen Herausforderungen konfrontiert, die in diesem Kontext nicht unerwähnt bleiben sollen.
Die Herausforderung bei der Erforschung des Phänomens der Versorgungssicherheit bei SEE besteht in Bezug auf den konkreten Verbrauch der einzelnen SEE durch die Wirtschaft. Sowohl international als auch national existieren wenige bzw. keine gehaltvollen Daten und generell ungenügende Informationen über den genauen Bedarf, weil sich die Unternehmen darüber aus Wettbewerbsgründen ausschweigen. Das hat zur Folge, dass sich die Untersuchung an diesen Stellen teils auf Prognosen, qualitative Aussagen und Thesen stützt. Dieselbe Herausforderung existiert auf der Anbieterseite: Die einzige offizielle Datenquelle zu Vorkommen von SEE und zum internationalen Abbau in den unterschiedlichen Ländern stammt vom United States Department of Interior und wird in den United States Geological Survey (USGS) Mineral Commodity Summary Reports veröffentlicht. Das Department of Interior weist in den USGS Reports in Bezug auf die Vorkommen von SEE und den internationalen Abbau explizit darauf hin, dass die Zahlen zu SEE auf unvollständigen und anekdotischen Evidenzen basieren.
Die konkrete Herausforderung bei der Rohstoffallianz als Form der freiwilligen Kooperation besteht folglich darin, dass die Allianz als freiwillige Kooperation der deutschen Industrie zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit die Arbeit eingestellt hat und daher als Forschungsobjekt in Form der Fallstudie für Kooperationen nur retrospektiv analysiert werden kann. Dabei ist festzuhalten, dass die meisten offiziellen Dokumente nicht mehr existieren oder nicht öffentlich zugänglich sind. Darüber hinaus schweigen sich die beteiligten Akteure und die betroffenen Unternehmen aus Wettbewerbs- und Vertraulichkeitsgründen aus, sodass sich die Untersuchung an diesen Stellen teils auf Hypothesen und abgeleitete Annahmen stützt. Ethische Probleme, die sich bei der Bearbeitung der Fragestellung ergeben, werden nicht näher betrachtet, da eine adäquate Darstellung und Beantwortung dieser Probleme aufgrund der thematischen Ausrichtung den Rahmen der Untersuchung sprengen würde.
2.3 Theoretische Grundlagen – Kerntheorien
Für ein besseres Verständnis wird in diesem Abschnitt anhand des Aufbaus der Untersuchung sowohl ein Theorienrahmen entwickelt als auch die Grundlagen ausgewählter Theorien in Bezug auf Kooperation dargestellt.
Hierzu wird die Bedeutung von Institutionen als Gegenstand ökonomischer Analysen und deren Verhältnis untereinander betrachtet. Schotter (1986, S. 117) definiert Institutionen beispielsweise wie folgt: »Institutions are seen as a set of rules that constrain individual behaviour and define the social outcomes that results from individual action.« Weiter gefasst stellen Institutionen einen Vertrag oder ein Vertragssystem und eine Regel oder ein Regelsystem inklusive dazugehörigem Durchsetzungsmechanismus dar (Erlei et al. 2016, S. 20). Institutionen dienen im wirtschaftlichen Zusammenleben dazu, Unsicherheiten bei wiederkehrenden Entscheidungen oder Interaktionen zu reduzieren.
Abbildung 3 zeigt eine hierarchische Gliederung von Institutionen und nutzt zugleich die Ebenen des wirtschaftlichen Zusammenlebens, um anknüpfend an den Aufbau der Untersuchung zu illustrieren, welche Themenfelder und Kapitel auf welcher Ebene ansetzen.
Abbildung 3: Arten und Ebenen von Institutionen im Rahmen der Untersuchung
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Erlei 1998, S. 148
Die Arten und Ebenen von Institutionen zeigen, dass die jeweils äußere Ebene die nächste innenliegende Ebene von Institutionen dominiert, wobei durchaus Interdependenzen vorliegen können. Die Wirkung zwischen den einzelnen Bestandteilen ist durch Pfeile gekennzeichnet. Die dritte, blaue Ebene zeigt, dass Institutionen insbesondere im Kontext von freiwilligen Kooperationen wichtig sind (Erlei et al. 2016, S. 21–23).
Die Leitthemen der Untersuchung sind über gestrichelte Pfeile mit den Ebenen verbunden, um zu zeigen, welche wirtschaftlichen Objekte bzw. Akteure jeweils in den Kapiteln thematisiert werden und welche Theorien hierbei zur Anwendung kommen.
Da ab Kapitel 4 verstärkt auf Basis der Neuen Institutionenökonomik argumentiert wird, werden die essenziellen Grundlagen der Neuen Institutionenökonomik und die Theorie der Kooperation im Folgenden eingeführt, um die Forschungsfragen im weiteren Verlauf fokussiert beantworten zu können.
2.3.1 Kooperation als Basis von funktionierenden Wirtschaftssystemen
John Rawls (1979, S. 105) definiert die Gesellschaft als ein Unternehmen der Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil. Der Begriff »Vorteil« bedeutet in diesem Zusammenhang die »freie«, also selbstbestimmte, Verfolgung und Realisierung der eigenen Interessen im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten. Die Erreichung der (gewünschten) Ziele, die hieraus resultieren, wird nur mithilfe anderer und in Zusammenarbeit mit ihnen erreicht. Das Wirtschaftssystem bzw. die Wirtschaft ist im Idealfall nichts anderes als die nach Möglichkeit produktivste Gestaltung dieser Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil, die in unterschiedlichen Formen erfolgen kann (Suchanek 2015, S. 55). Eine Kooperation ist erfolgreich, wenn das angestrebte Ziel verwirklicht wird und die beteiligten Akteure einen Nutzen aus der Kooperation erzielen (Sennett 2012, S. 5). Diese Vorteile, die aus der Interaktion der Akteure resultieren, werden auch als Kooperationsgewinne bezeichnet.
Suchanek (2015, S. 55) unterscheidet folgende Formen zur Generierung von Kooperationsgewinnen:42 wechselseitige Anerkennung von Verfügungsrechten, Tausch, Arbeitsteilung und Spezialisierung, Risikomanagement, Ressourcenzusammenlegung und Nutzung von Gemeingütern.
Bei einer Kooperation führen die beteiligten Akteure ihre materiellen und immateriellen Ressourcen zusammen, tauschen und teilen sie, beziehen sie aufeinander und verknüpfen sie, um gleichermaßen zu profitieren. Dies führt zu einer Erhöhung der finanziellen und technischen Leistungsfähigkeit des Einzelnen und sorgt für eine Win-win-Situation für die Teilnehmer der Kooperation.
Für die Realisierung einer Win-win-Situation innerhalb von freiwilligen Kooperationen bedarf es funktionierender Anreizbedingungen. Homann und Suchanek (2005, S. 53) definieren Anreize im ökonomischen Sinne als »situationsbedingte handlungsbestimmende Vorteilserwartungen«. Anreize schaffen damit Bedingungen in spezifischen Situationen, die in Abhängigkeit des entsprechenden Handelns die Realisierung von Zielen und Wünschen ermöglichen (Suchanek 2015, S. 213). Die Anreizbedingungen haben einen signifikanten Einfluss auf die jeweilige...