Wallau / Roth / Kindhäuser | Die Menschenwürde in der Grundrechtsordnung der Europäischen Union | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band Band 004, 338 Seiten, Format (B × H): 158 mm x 240 mm

Reihe: Bonner Rechtswissenschaftliche Abhandlungen. Neue Folge

Wallau / Roth / Kindhäuser Die Menschenwürde in der Grundrechtsordnung der Europäischen Union

E-Book, Deutsch, Band Band 004, 338 Seiten, Format (B × H): 158 mm x 240 mm

Reihe: Bonner Rechtswissenschaftliche Abhandlungen. Neue Folge

ISBN: 978-3-86234-095-8
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: Kein



Mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und der damit einhergehenden Rechtsverbindlichkeit der Europäischen Grundrechtecharta wird die Menschenwürde in dem einschränkungslosen Art. 1 an der Spitze der EU-Grundrechtecharta als eigenständiges Grundrecht und objektiver Rechtsgrundsatz verbürgt: 'Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.' Was aber ist unter dieser gewichtigsten teleologischen Maxime der Union zu verstehen? Wie ist die Menschenwürde als Rechtsbegriff der EU-Rechtsordnung zu definieren? Philipp Wallau geht in seiner Untersuchung der Frage nach, inwiefern die Menschenwürde in der Grundrechtsordnung der Europäischen Union gewährleistet wird. Insbesondere die kulturelle Bedingtheit des Würdeverständnisses in Europa nährt die Frage, ob es einen gemeineuro-päischen Rechtsbegriff der Menschenwürde geben kann. Kern der Arbeit ist die Menschenwürdegarantie in Art. 1 der EU-Grundrechtecharta, die durch eine Analyse von Rechtsquellen, Rechtsprechung und Literatur konkretisiert wird.
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1;Inhalt;9
2;Abkürzungsverzeichnis;15
3;Vorwort;21
4;A. Vorbemerkungen;23
4.1;I. Gegenstand und Gliederung der Untersuchung;24
4.2;II. Einleitende Anmerkungen zum Rechtsbegriff der Menschenwürde;25
4.3;III. Geistesgeschichtlicher Hintergrund der Menschenwürde in Europa;27
4.4;IV. Bedeutung des geistesgeschichtlichen Hintergrundes für den Rechtsbegriff der Menschenwürde;34
4.5;V. EU-Grundrechtsstandard;37
5;B. Rechtsquellen der Menschenwürde in Europa;51
5.1;I. Europäische Union;51
5.2;II. Menschenwürdeschutz im System des Europarates;61
5.3;III. Die Gewährleistung der Menschenwürde in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen;63
6;C. Rechtsprechung zum Menschenwürdeschutz;81
6.1;I. Rechtsprechung EuGH;81
6.2;II. Rechtsprechung EGMR;105
7;D. Gewährleistung der Menschenwürde in der Grundrechtecharta der EU;123
7.1;I. Menschenwürde als europäischer Rechtsbegriff;123
7.2;II. Normative Dimension der EU-Menschenwürdegarantie;167
8;E. Einzelaspekte des EU-Menschenwürdeschutzes;245
8.1;I. Freiheitliche Selbstbestimmung des Menschen;246
8.2;II. Menschenwürde und Haftbedingungen;247
8.3;III. Sozialer Würdeanspruch;249
8.4;IV. Schutz des Privatlebens;250
8.5;V. Menschenwürde im Prozess;253
8.6;VI. Verhältnis Menschenwürde und Lebensrecht;254
8.7;VII. Freiwillige Entwürdigungen – Der Schutz des Menschen vor sich selbst;256
8.8;VIII. Sterben in Würde;258
8.9;IX. Postmortaler Würdeschutz;259
8.10;X. Biomedizin und Menschenwürde;261
9;F. Bedeutung von Art. 1 Abs. 1 GG für die EU-Würdegarantie;301
10;G. Resümee und Ausblick;305
11;Literaturverzeichnis;315
12;Register;337


"F. Bedeutung von Art. 1 Abs. 1 GG fïr die EU-Wïrdegarantie (S. 299-300)

Europäische und deutsche Menschenwürdegarantie weisen viele Gemeinsamkeiten auf. Bereits die Arbeiten des Grundrechtekonvents geben zu erkennen, dass sich die EU-Menschenwürdegarantie sehr an Art. 1 Abs. 1 GG orientiert, was nicht zuletzt auf den maßgeblichen Einfluss der deutschen Delegierten zurückzuführen ist. So weisen beide Garantien einen nahezu identischen Wortlaut auf und sind nach überwiegender Ansicht sowohl eigenständiges Grundrecht als auch objektiver Rechtgrundsatz.1373 DieMenschenwürdegarantie ist Höchstwert und Fundament der jeweiligen Grundrechtsordnung.

Hervorstechend ist auch, dass beide Würdegarantien aufgrund ihrer ähnlichen Ausgestaltung sowohl eine normative Offenheit aufweisen als auch einschränkungslos gelten. Ihr gemeinsamer Entstehungshintergrund ist die systematische Missachtung von Menschenrechten im 20. Jahrhundert. Beiden Garantien liegt daher die rechtliche Wertung zugrunde, den Menschen in den Mittelpunkt des hoheitlichen Handelns zu stellen und ihn vor elementaren Verletzungen seiner Subjektqualität zu schützen.

Aufgrund dieser Übereinstimmungen sind Auslegung und Dogmatik des Art. 1 Abs. 1 GG in rechtsvergleichender Hinsicht besonders erkenntnisleitend für die Konkretisierung der EU-Menschenwürdegarantie.1374 Denn die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 GG beruht auf dogmatischen Vorgaben (normative Offenheit einerseits und unantastbare Ausgestaltung andererseits), die mit denen von Art. 1 GrCH übereinstimmen. Wie bereits festgestellt, sind der negative Ansatz zur Definition der Menschenwürde und damit die Dogmatik der Objektformel übertragbar.1375 Gleichfalls ist der zu Art. 1 Abs. 1 GG geführte Diskurs zur Bestimmung der personalen Reichweite der Menschenwürdegarantie oder ihrer unantastbaren Gewährleistung in rechtsvergleichender Hinsicht für Art. 1 GrCH unbedingt beachtenswert.

Durch die in dieser Untersuchung vertretene Auslegung der EU-Würdegarantie und ihrer spezialgrundrechtlichen Konkretisierungen wird auf Unionsebene im Sinne der »Solange-Rechtsprechung« des BVerfG ein würderelevanter Grundrechtsschutz gewährleistet, der mit dem der deutschen Grundrechtsordnung generell übereinstimmt.1377 Selbst wenn die Union Art. 1 GrCH enger auslegen würde als die deutsche Rechtspraxis Art. 1 Abs. 1 GG, wäre die Menschenwürde in der EU-Grundrechtsordnung nicht generell nach deutschem Rechtsverständnis defizitär, da würderelevante Einzelausprägungen in der EUGrundrechtsordnung in spezielleren Grundrechtsgarantien gewährleistet werden.

Zwar ist Art. 1 GG nach Art. 79 Abs. 3 GG der Änderung durch den Verfassungsgeber entzogen, eine zusätzliche Sicherung, die auf EU-Ebene keine Entsprechung findet. Solange aber die EU-Würdegarantie nicht in ihrer einschränkungslosen Wirkkraft beeinträchtigt wird, rechtfertigt die bloße Möglichkeit, die EU-Würdegarantie abzuändern, nicht die Annahme, dass der Schutz der Menschenwürde auf Unionsebene grundsätzlich hinter den deutschen Würdestandard zurückfällt."


Roth, Wulf-Henning
Prof. Dr. Wulf-Henning Roth lehrt Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht, Rechtsvergleichung sowie deutsches, europäisches und internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Bonn. Dort ist er Direktor des Instituts für Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung sowie des Zentrums für Europäisches Wirtschaftsrecht.

Wallau, Philipp
Dr. Philipp Wallau ist seit 2009 Rechtsreferendar in Mönchengladbach, Brüssel und Peking. 2009 wurde er an der Universität Bonn promoviert.

Di Fabio, Udo
Dr. Dr. Udo Di Fabio ist Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bonn.

Kindhäuser, Urs
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Urs Kindhäuser ist geschäftsführender Direktor des Instituts für Strafrecht der Universität Bonn, Gastprofessor an der Universität Renmin in Beijing sowie Ehrendoktor und Honorarprofessor an mehreren Universitäten in Südamerika.

Dr. Philipp Wallau ist seit 2009 Rechtsreferendar in Mönchengladbach, Brüssel und Peking. 2009 wurde er an der Universität Bonn promoviert.


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