E-Book, Deutsch, 218 Seiten
Wolff Der kleine Buchclub der Träume
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-96655-869-3
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Roman
E-Book, Deutsch, 218 Seiten
ISBN: 978-3-96655-869-3
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Steffi von Wolff, geboren 1966 in Hessen, war Reporterin, Redakteurin und Moderatorin bei verschiedenen Radiosendern. Heute arbeitet sie freiberuflich für die ARD, als Roman- und Sachbuchautorin für diverse Verlage, hat eine Kolumne im Segelmagazin YACHT und wird von vielen Fans als »Comedyqueen« gefeiert. Steffi von Wolff lebt mit ihrem Mann in Hamburg. Die Autorin im Internet: steffivonwolff.de und facebook.com/steffivonwolff.autorin Steffi von Wolff veröffentlichte bei dotbooks bereits ihre Bestseller »Glitzerbarbie«, »Gruppen-Ex«, »ReeperWahn« und »Rostfrei«, »Fräulein Cosima erlebt ein Wunder«, »Das kleine Segelboot des Glücks«, »Der kleine Buchclub der Träume«, »Das kleine Hotel an der Nordsee«, »Das kleine Haus am Ende der Welt«, »Kein Mann ist auch (k)eine Lösung«, »Für Rache ist es nie zu spät«, »Die Spätsommerfrauen«, »Taxifahrt mit einem Vampir« und »Das kleine Appartement des Glücks« sowie die Kurzgeschichten-Anthologien »Das kleine Liebeschaos für Glückssucher«, »Das kleine Glück im Weihnachtstrubel« und »Das kleine Handbuch des Liebesglücks«. Außerdem erschienen sind ihre Sammelbände »Liebe ist nichts für Anfänger« und »Küsse und andere Missgeschicke«. Eine andere Seite ihres Könnens zeigt Steffi von Wolff unter ihrem Pseudonym Rebecca Stephan im ebenso einfühlsamen wie bewegenden Roman »Zwei halbe Leben«.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1
»Manche Vögel haben wirklich komische Namen«, sagte Berti.
Fast hätte Elsa sich verschluckt. Sie hob den Kopf von Bertis Schoß und sah ihren Ehemann fassungslos an.
»Wie bitte?«, fragte sie zur Sicherheit noch einmal nach. Vielleicht hatte sie sich ja gerade verhört.
»Ja, wirklich. Ornithologie ist ein sehr spannendes Thema«, fuhr Berti wichtigtuerisch fort und blickte sie ernst an. »Man muss sich nur mal richtig mit der Sache befassen.« Er lehnte sich auf dem Bett zurück und seufzte zufrieden.
Ungläubig sah Elsa nach unten. Alles schien, wie es sein sollte: Die zerknüllten Seidenlaken, das hastig zur Seite geworfene Negligé aus der eigenen Kollektion. Alles war richtig, alles perfekt. Und jetzt das.
Sie hatte sich wie immer sorgfältig vorbereitet, schließlich liebte sie Sex mit Berti. Also hatte sich Elsa aus ihrer Firma extra den neusten Verkaufsschlager bringen lassen: Wild Carmen in the Night. Das Negligé sah einfach umwerfend aus: Es war schwarz mit Goldfäden durchwirkt, rot abgesetzt, mit Spaghetti-Trägern und dem ganz besonderen Etwas – im eingebauten BH befanden sich vorne kleine kreisrunde Löcher. Allein gestern und heute waren über siebenhundert Carmens bestellt worden, das war der absolute Hammer! Die Produktion kam kaum hinterher! Außerdem hatte Elsa ihr Schlafzimmer in einen wahren Liebestempel verwandelt, in eine sinnlich-verruchte Höhle. In silbernen Leuchtern brannten Kerzen, aus der versteckten Anlage erklang romantische Musik, und die schweren Samtvorhänge waren zugezogen. Der ganze Raum wirkte ein wenig wie ein Zimmer aus 1001 Nacht.
Und Berti hatte ihr erotisches Märchen genossen. Oder etwa nicht? Eben noch hatte Elsa ihn nach allen Regeln der Kunst mit Zunge und Lippen verwöhnt, und er hatte laut aufgestöhnt und sich vor Gier und Genuss gewunden.
Und jetzt ging es um Vögel.
»Irgendwelche Federviecher sind dir also wichtiger als ich.«
Elsa war in der Tat fassungslos. Natürlich gönnte sie ihrem Mann sein neues Hobby. Aber dass plötzlich ihr Zusammensein darunter leiden sollte, kam gar nicht in die Tüte.
Ein erfülltes Liebesleben war Berti und ihr schon immer wichtig gewesen. Guter Sex war wie guter Wein, fand Elsa. Mit den Jahren wurde er immer besser. Und in ihrem Bekanntenkreis gab es niemand, der da mithalten konnte. Das wusste sie genau.
»Lass mir doch meinen Spaß«, erwiderte Berti und quälte sich mühsam aus den Kissen hoch. »Ich bin dabei ja auch viel an der frischen Luft, das willst du doch immer.«
Das stimmte. Aber doch bitte nicht in diesen Ausmaßen.
»Wenn man sich einfach mal vorstellt, dass der Schwarzstirnwürger in Deutschland ausgestorben ist«, lamentierte er weiter. »Und weißt du auch, warum?«
»Nein«, sagte Elsa und pflückte die arme vernachlässigte Carmen vom Boden. »Schau mal.« Sie ließ das Dessous-Teil direkt vor Bertis Nase baumeln. »Verkauft sich wie verrückt.«
»Apropos Verkäufe«, erwiderte Berti und kletterte aus dem Bett. »Da gibt es noch etwas, über das wir reden müssen.«
Mühsam riss Elsa ihren Blick von Carmen los. »Hm, was denn?«
»Es geht um die Umsätze.«
»Ja und?«
»Insgesamt wird es kein gutes Jahr«, sagte Berti. »Sie sind rückgängig.«
»Das ist doch immer mal wieder so«, sagte Elsa. »Jeder Firma passiert das irgendwann. Wieso übrigens? Was läuft denn nicht?«
Carmen jedenfalls lief! Täglich trafen neue Mails von Kundinnen ein, die begeistert von ihrem plötzlich so aufregenden Sexleben erzählten.
»Die Toys«, sagte Berti.
Sie hatten seit einiger Zeit auch Dildos und Vibratoren im Programm. Solide Ware, nichts Besonderes. Aber gute Qualität. Eigentlich waren sie auf Dessous spezialisiert, doch dann hatte Elsa mal was Neues ausprobieren wollen und mit diesen Sextoys angefangen, die auch sehr gut liefen. Warum das jetzt plötzlich nicht mehr so sein sollte, leuchtete ihr nicht ein. Wahrscheinlich musste sie einfach mal mit Claudia, ihrer Designerin, sprechen.
»Ach, Berti«, sagte sie. »Wir kriegen das schon hin. Bisher haben wir es doch auch immer geschafft.«
»Gut. Wenn du meinst«, nickte er. »Also, wo war ich? Beim Schwarzstirnwürger. Das ist ein baumbrütender Steppenvogel«, erklärte er ihr, und marschierte in Richtung Schlafzimmertür. »Ich werde demnächst mit Heiner mal recherchieren, wo man die besten Chancen hat, ihn zu sehen. Wir werden wohl nach Südeuropa fahren. Mit dem Wohnmobil.«
»Mit welchem Wohnmobil?«
»Das hat Heiner gekauft. Damit wir unabhängig sind.«
»Unabhängig. Aha. Und was sagt Monika dazu?«
»Die weiß es noch nicht.« Berti verschwand und kehrte kurz darauf mit einem Bier aus der Küche zurück.
Seufzend griff Elsa nach dem Champagner, den sie auf dem Nachtisch bereitgestellt hatte. »Du wirst also mit Heiner verreisen. Und interessiert es dich gar nicht, was ich dazu sage?«, fragte sie.
»Ach, mein Schatz. Weißt du denn nicht mehr, was wir uns vor über dreißig Jahren versprochen haben?«
»Ja, dass wir in guten wie in schlechten Zeiten Zusammenhalten«, nickte Elsa, die gerade mit Entsetzen feststellte, dass 30 Jahre eine verdammt lange Zeit waren.
»Eben«, Berti nickte. »Und jetzt brechen die richtig guten Zeiten an. Komm wieder her.«
»Nein.«
»Doch, jetzt komm schon. Sei nicht launisch. Nur weil ich mich für Vögel interessiere, heißt das doch nicht, dass ich kein Interesse mehr an dir habe.« Er stellte das Bier auf den Nachttisch und nahm Elsa in die Arme. »Du bist und bleibst meine Nummer eins, Schatz. Und jetzt zeig mir mal das neue Carmen-Modell. Nein, viel besser – zieh’s doch gleich nochmal an …«
***
Imogen stand in der Tür und beobachtete ihren Mann, der mal wieder vor dem Fernseher saß. Es ging um die Herstellung von Bratwurstbrät und die dazugehörigen Maschinen. Ein hessischer Metzger erklärte gerade, dass der Trend momentan zu Bärlauchbratwürsten ging und dass man den Wünschen des Endverbrauchers »nadirlisch Folge leiste tut.«
Imogen kapierte das alles schon lange nicht mehr. Sie wusste nicht, wann es angefangen hatte. Nach und nach wahrscheinlich. Schleichend und irgendwie nicht fassbar. Es war nicht so, dass die Beziehung am Anfang unglaublich stürmisch gewesen war, das nicht, aber immerhin hatten Ralle und sie ein paar Jahre lang miteinander geredet und was unternommen. Das taten sie nicht mehr. Vielleicht lag es an ihr.
Möglicherweise bekam sie jetzt die Quittung. Ihr eigener Mann hatte kein Interesse mehr an ihr. Ralle war LKW-Fahrer und oft unterwegs, aber wenn er da war, hockte er hier und schwieg den Fernseher an. Er bedankte sich noch nicht mal dafür, wenn sie für ihn kochte. Früher hatte er sich darüber gefreut. Ihre Rouladen waren der Hit und das Putengeschnetzelte auch.
Aber nun war alles anders.
Was war das überhaupt für ein tristes Leben? Morgens aufstehen, um halb acht nach Pinneberg zum Finanzamt fahren, da bis fünf hocken und sich mit Säumniszuschlägen herumärgern. Dann einkaufen gehen, nach Hause fahren, ein Brot und drei Tomaten essen und vor der Glotze hocken – oder bei ihrer Mutter in der Küche, die drei Straßen weiter wohnte und ziemlich verbittert war, seitdem ihr Vater sie schon Vorjahren verlassen hatte, um eine Frau aus Goddelau-Erfelden zu heiraten. Laut ihrer Mutter war diese Dame, die Papa durch eine Kontaktanzeige kennengelernt hatte, grenzdebil und kurzsichtig. Außerdem schwitzte sie ständig. Niemand außer Imogen hatte verstanden, was ihr Vater an dieser Hildegard gut gefunden hatte. Dabei lag das ja wirklich auf der Hand: Ihre Mutter war einfach eine komplette Nervensäge, immer nur am Meckern, nichts war ihr recht und jetzt war es noch schlimmer. Hildegard dagegen sagte nie was. Sie ließ Papa einfach machen, was er wollte.
Imogen wollte nicht so werden wie ihre Mutter, aber sie war auf dem besten Weg. Nur das mit dem Meckern hatte aufgehört. Früher hatte sie öfter mal gemeckert. Mittlerweile tat sie das nicht mehr. Sie sprach einfach so gut wie gar nicht mehr mit ihrem Mann.
Hin und wieder traf sie sich mal mit einer Nachbarin oder las vielleicht auch mal ein spannendes Buch, aber das war auch schon alles.
»Ralle«, sagte sie. »Was hältst du davon, wenn wir Anne und Volker fragen, ob wir uns nicht mal wieder treffen? Wir könnten grillen, und Anne macht bestimmt diesen leckeren Nudelsalat, den du so magst.«
Ralle gab so etwas wie ein Schnauben von sich. »Nö«, kam es dann.
»Und warum nicht? Das ist doch besser, als hier die ganze Zeit herumzuhocken.«
»Du kannst ja grillen«, antwortete ihr Mann. »Jetzt sei mal leise. Da kommt jetzt was über Schuhe.«
»Seit wann interessierst du dich für Schuhe?«, wollte Imogen wissen, aber Ralle antwortete ihr einfach nicht mehr.
»Ich muss übrigens morgen ganz früh los, schon um fünf. Mach mir ’ne Tupperdose mit Broten zurecht, ja?«
»Ja«, sagte Imogen. »Wo geht’s denn hin? Und wann kommst du wieder?«
»Würzburg, Augsburg, München«, sagte Ralle und gähnte. »Vielleicht noch weiter nach Italien. Entscheidet sich aber erst morgen. Weiß nicht, wann ich wieder da bin. Aber du kannst ja grillen«, wiederholte er und Imogen ging in die Küche.
***
Jasmin saß im Café Rosenschön, das sich in einem Altbau in Uninähe befand und starrte auf den Teller mit dem Kuchen. Das Café hatte einen lauschigen kleinen Innenhof und den Namen deswegen, weil hier alle möglichen Rosen blühten. Die Vorbesitzerin war für ihre romantische Ader berühmt gewesen, und Benedikt, der neue gutaussehende Besitzer, hatte wohl nicht vor, das...




