Zapp | Das Liebesleben eines deutschen Jünglings | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 180 Seiten

Zapp Das Liebesleben eines deutschen Jünglings


1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-95676-598-8
Verlag: OTB eBook publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 180 Seiten

ISBN: 978-3-95676-598-8
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Arthur Zapp (Pseudonym: V. E. Teranus, * 15. August 1852 in Luckau, † 15. April 1925 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller. Arthur Zapp war Verfasser eines sehr umfangreichen literarischen Werks, das vor allem aus seinerzeit viel gelesenen Romanen, Erzählungen und Theaterstücken besteht. 'Das Liebesleben eines deutschen Jünglings' wurde nach hinterlassenen Papieren eines Toten geschrieben. (Auszug aus Wikipedia)

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Ich saß nun ein Jahr in der Prima, außerdem sollte mir das halbe Jahr Privatunterricht angerechnet werden. Trotzdem wurde ich Ostern nicht nach Oberprima versetzt. Aber es kam noch schlimmer. Oberlehrer Gündel, einer der beiden Schwiegersöhne des Direktors, erklärte mir unter vier Augen, daß meine Tage in Griesenheim gezählt seien. Wenn ich nicht freiwillig ginge, würde er seinem Schwiegervater gewisse mich und seine Schwägerin Adelheid betreffende Mitteilungen machen. In der Stadt erzähle man sich allerlei unglaubliche Geschichten, denen auf den Grund zu gehen er für unerwünscht und zunächst auch für überflüssig erachte. Er rechne darauf, daß ich schon in Rücksicht auf die junge Dame, die Stadt auf Nimmerwiedersehen freiwillig verlassen werde. Damit würde dann allen Klatschereien die Spitze abgebrochen sein. Natürlich meldete ich mich sofort bei dem Direktor ab. Die Begründung mit der Nichtversetzung leuchtete dem Ahnungslosen, an den sich die Klatschsucht nicht herantraute und der ganz seinem Amt und seinen gelehrten Arbeiten lebend, im übrigen nicht sah, was um ihn vorging, vollkommen ein. Ich reiste zunächst wieder zu meinen Verwandten und schrieb von hier aus an meinen Vater, daß ich keine Lust zum langwierigen Studium hätte und vorzöge, die Offizierskarriere einzuschlagen. In anderthalb Jahren gelangte ich hier zu Amt und Rang, was bei meinem Alter doch höchst wünschenswert wäre. Freudig überrascht war ich, als mein Vater mir kurz schrieb, er sei einverstanden und ich solle unverzüglich nach Hause kommen, damit wir die nötigen Schritte einleiten könnten. Ich ahnte damals noch nicht, daß bei diesen Entschlüssen gewisse geschäftliche Vorgänge bestimmend gewesen waren. Das Jahr 1875 leitete nach der großen Hausse von 1871–74 einen geschäftlichen Niedergang ein. Viele von den unzähligen zum Teil recht unsoliden Unternehmungen der Gründerjahre krachten elend zusammen, und natürlich wurden dadurch andere ältere Institute in Mitleidenschaft gezogen. Geschäftliche Sorgen mochten es meinem Vater wünschenswert machen, mich in einem bestimmten Beruf untergebracht zu sehen, um so mehr als noch vier jüngere Geschwister vorhanden waren. Meine ältere Schwester war seit zwei Jahren an einen Berliner Amtsgerichtsrat verheiratet und mein Bruder Robert leitete bereits das Braunkohlenwerk in der Niederlausitz, wir anderen alle aber waren noch unversorgt. Schon vom Gute meines Onkels aus schrieb ich an meinen Freund Arthur Zeydel, mit dem ich seit 1871 einen wenn auch nicht lebhaften Briefwechsel unterhielt. Er hatte mir ein halbes Jahr früher mitgeteilt, daß er sich von dem pommerschen Infanterieregiment, in dem wir den Feldzug mitgemacht hatten, nach Straßburg i.E. in das dort garnisonierende württembergische Infanterieregiment habe versetzen lassen. Sehr befriedigt schrieb er über diese Änderung. Erstmals sei das Avancement im württembergischen Armeekorps ein schnelleres, und zweitens herrsche im dortigen Offizierkorps ein viel netterer, gemütlicherer, freierer Ton als in der preußischen Armee. In Berlin wurde zwischen meinem Vater, dem Hauptmann a.D Dr. Moßner, der mich seinerzeit nach der unglückseligen »Presse« im Posenschen gebracht hatte, und mir eine Besprechung abgehalten. Dr. Moßner pflichtete meinem Wunsch, bei den Württembergern einzutreten, durchaus bei. Was das Fähnrichexamen anbetreffe, so könne es mir, der ich ein Jahr in der Prima gesessen, nicht allzuschwer fallen. Immerhin halte er es doch für notwendig, daß ich mich in meinen schlechtesten Fächern, in der Mathematik, in der Geographie und Geschichte, noch etwas vervollkommnete. Auf seinen Rat sollte ich noch bis zur Septemberprüfung am Unterricht an der als leistungsfähig bestbekannten Grabowskyschen »Presse« teilnehmen. Vorläufig nahm ich bei meinen Eltern Wohnung und begab mich von da täglich nach der Fähnrichpresse in der unweit des Halleschen Tores gelegenen stillen Trebbinerstraße. Es war ein weiter Weg, den ich zum großen Teil mit dem Omnibus zurücklegte. Aufgefallen war mir ja sofort bei meiner Rückkehr ins Elternhaus, daß alles auf einen etwas einfacheren Fuß gestellt war. Von der vornehmen Wilhelmstraße hatten meine Eltern ihre Wohnung nach der geräuschvollen Rosenthalerstraße dicht am Hackeschen Markt verlegt. Hier war in einem großen Hause eine ganze geräumige erste Etage gemietet worden, in der sich auch die Geschäftslokalitäten der Bank befanden. Unseren großen Haushalt besorgten nur zwei Dienstmädchen, während früher neben diesen noch ein Diener und zeitweise auch eine Gesellschafterin, eine junge Engländerin, vorhanden gewesen. Doch in meiner völligen Ahnungslosigkeit und jugendlich leichtsinnigen Unbekümmertheit machte ich mir weiter keine Gedanken darüber. Dagegen sah ich mich nach meiner Gewohnheit und meiner innerlichsten Neigung gemäß sofort nach dem ewig Weiblichen in der Nachbarschaft um. Da fiel mir zunächst im Hause, im zweiten Stockwerk, eine hübsche schlanke Jüdin mit schönen melancholischen Augen auf. Von einem der Hofzimmer aus – zu unserer Wohnung gehörten die beiden Seiten des halbkreisförmigen Hofgebäudes – liebäugelten wir miteinander. Auch des Morgens, wenn ich den Weg zur »Presse« antrat, begegnete ich ihr in der Regel auf der Straße und tauschte mit ihr im Vorbeigehen einen sprechenden Blick. Wie ich von einem der Dienstmädchen hörte, machte das Fräulein eine Trinkkur. Bei diesem stillen pantomimischen Verkehr blieb es vorläufig. Dagegen kam ich mit einer anderen jungen Nachbarin, die in einem auf der anderen Seite der Rosenthalerstraße gelegenen Hause bei ihren Eltern wohnte, sehr rasch in einen lebhaften Verkehr. Es war eine zarte Blondine mit wunderbar weißem Teint. Aber ein unangenehmer Fehler – sie hörte auf einem Ohr schwer – und häßliche kleine ausdruckslose Augen beeinträchtigten sehr den Eindruck ihrer Persönlichkeit. Immerhin war sie auf meinen Spaziergängen meine fast tägliche Begleiterin; ich ging nicht gern allein und sie kam willig und gern, so oft ich es nur verlangte. Sie hieß Emma Renner; ich nannte sie meinen »Adjutanten«, denn sie stand stets zu meiner Disposition, wenn wir auch erst nach Jahr und Tag in innigere Beziehungen traten. In der Grabowskyschen Presse herrschte Ordnung und Disziplin und es wurde fleißig gearbeitet. Fast alle Schüler, die meist im Alter zwischen achtzehn und zwanzig Jahren standen, wohnten in der Anstalt. Der Verkehrston war nett und liebenswürdig. Ich erinnere mich, daß wir einmal über die große französische Revolution disputiert haben, die alle meist feudalen Familien angehörenden Jünglinge in Grund und Boden verdammten. Nur ich äußerte freiere Ansichten und erklärte die Auflehnung des armen, geknechteten und hungernden Volkes für völlig berechtigt. Das veranlaßte einen der Mitschüler, einen Herrn von Löbenstein, mir scherzhaft den Namen »Bürger Zell« zu geben, der von den übrigen lachend als allgemeine Anrede angenommen wurde. In jener Zeit war es, in der ich die hingebungsvolle Liebe eines reizenden süßen Geschöpfes gewann. Unsere alte Köchin, die bei zweien meiner jüngeren Brüder nacheinander Amme gewesen und dann noch jahrelang in unserem Haushalt geblieben war, verheiratete sich, und zwar mit keinem der beiden Väter ihrer beiden Kinder. Die Hochzeit wurde in unserem Hause gefeiert. Unsere Eltern hatten für den Nachmittag und Abend der Hochzeitsgesellschaft einige Zimmer unserer großen Wohnung überlassen, ich selbst aber zurückgezogen, und so störte nichts die Fröhlichkeit der Tafelrunde, zu der wir Kinder ebenfalls gehörten. Ich hatte ein sechzehnjähriges hübsches Mädchen zur Nachbarin; sie war von unserer neuen Köchin eingeladen, die irgendwelche Beziehungen zu ihrer Mutter, einer Volksschullehrerswitwe, hatte. Alma Witte war ein bescheidenes, stilles, etwas schüchternes Kind. Aber sie empfand lebhaft und tief, wie ich bald erkannte. Ich unterhielt sie von Berlin, seinen Theatern und Konzerten; sie beschränkte sich meist auf das Zuhören; aber ihre strahlenden Augen und der Glut ihrer Wangen war anzumerken, wie sehr sie meine Unterhaltung interessierte. Das liebe arme Kind hatte noch sehr wenig von den Herrlichkeiten des Großstadtlebens kennen gelernt, und die Nähe des temperamentvollen Jünglings mochte im Verein mit dem feurigen Rheinwein sie vollends in eine schöne, glückliche Stimmung versetzen. Unsere Herzen und unsere Hände fanden sich rasch und ich weiß, daß wir, als wir uns nach Aufhebung der Tafel ein paar Minuten allein in einem der dem großen Speisezimmer benachbarten Zimmer fanden, uns selig in die Arme sanken und uns herzlich küßten. Natürlich begleitete ich sie nach Schluß der Festlichkeit nach Hause, vor der Trennung traten wir in einen Torweg und bekräftigten unsere junge Liebe noch einmal mit süßen Küssen. Bald darauf war die Hundstagferienzeit; meine Eltern reisten mit allen meinen Geschwistern nach einem Ostseebade, ich blieb allein mit der neuen Köchin, einer älteren Person, in der großen Wohnung zurück. Es war ein merkwürdiger Zufall, daß ich schon ein paar Tage später in der Friedrichstraße unweit der Linden, eine Begegnung hatte, die ich am wenigsten vermutet hätte. Es war Marie Bachold aus Griesenheim, die mir in Gesellschaft von einer älteren und einer jüngeren Dame entgegenkam. Ich grüßte natürlich, wagte aber nicht, sie anzureden, während es in ihrem Gesicht freudig aufleuchtete. Nach ein paar Schritten drehte ich mich um, sie ebenfalls; plötzlich löste sie sich von ihren Begleiterinnen und eilte mir nach. »Ich bin schon seit vier Wochen bei meinen verwandten zu Besuch, reise aber in einigen Tagen, könnte ich dich nicht morgen abend sehen?« Ich stimmte natürlich begeistert zu. »Komm' zu mir!« sagte ich und...



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