Zerbin | Analyse religiös motivierter Selbstmordattentate am Beispiel der Anschläge der Hamburger Zelle vom 11.09.2001 | Buch | 978-3-95935-400-4 | sack.de

Buch, Deutsch, 564 Seiten, Paperback, Format (B × H): 190 mm x 270 mm, Gewicht: 1305 g

Zerbin

Analyse religiös motivierter Selbstmordattentate am Beispiel der Anschläge der Hamburger Zelle vom 11.09.2001

Buch, Deutsch, 564 Seiten, Paperback, Format (B × H): 190 mm x 270 mm, Gewicht: 1305 g

ISBN: 978-3-95935-400-4
Verlag: disserta verlag


Das Phänomen des islamistischen Terrorismus weist seit den 1990er Jahren eine erschreckende Beständigkeit auf. Spätestens seit dem 11.09.2001 beschäftigt dieses Thema die Öffentlichkeit. Der Tenor der Analysen lautet größtenteils, die Ursachen der Taten seien auf Terrororganisationen zurückzuführen und/oder in der pathologischen Verfassung der Täter zu finden. Religiöse Motive werden a priori ausgeschlossen. Der Islamismus wird vom Islam getrennt und in einer Art moralischer "Bad Bank" isoliert betrachtet.
Die vorliegende Studie entwickelt einen alternativen Blickwinkel, bei dem vom Phänomen des Selbstmordattentates ausgehend, die Täter und ihre Prägung durch ihr religiös-kulturelles Umfeld untersucht werden. Vor dem Hintergrund kriminologischer Theorieansätze wird der 11.09.2001 beispielhaft betrachtet. Die Untersuchung verlagert mit der Benutzung der Allgemeinen Evolutionstheorie bewusst den Schwerpunkt der gegenwärtigen pathogenetischen Theorieansätze auf eine alternative Perspektive, um bisher nicht zur Aufarbeitung dieser Thematik herangezogene Wissensfelder fruchtbar zu machen. Mit dieser Analyse wird der Versuch unternommen, eine kritische Diskussion anzustoßen.
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Textprobe:
Kapitel 3: Das religiös motivierte Selbstmordattentat am Beispiel der Assassinen:
In den letzten beiden Kapiteln wurden Selbstmordangriffe beschrieben, die aus Rache oder im Rahmen militärischer Konflikte begangen wurden. Aufgrund der guten Dokumentation dieser Handlungen konnten Aspekte herausgearbeitet werden, die auch für Selbstmordattentate von Relevanz sind. Ab diesem Kapitel fokussiert sich die Analyse ausschließlich auf das Phänomen des Selbstmordattentats im engeren Sinne. Was unterscheidet nun aber einen Selbstmordangriff von einem Selbstmordattentat? Der augenscheinliche Unterschied liegt in dem Begriffsbestandteil "-attentat". "Angriff" beschreibt im Deutschen ein offensives Vorgehen gegenüber Dritten. Der Begriff Selbstmordattentat lässt sich in die Wortbestandteile Selbstmord und Attentat zerlegen. Die Wortkomponente selbst steht dafür, etwas eigenhändig zu machen. Ein Mord ist nach
211StGB eine "vorsätzliche Tötung eines oder mehrerer Menschen u.a. aus niedrigen Beweggründen". (Vgl. Vorschriftensammlung für die Sicherheitswirtschaft 2015, S. 45) Das Wort Attentat wiederum ist als Fremdwort zu klassifizieren. Laut dem Duden-Fremdwörterbuch stammt es aus dem Französischen und hat eine lateinische Wurzel. Es steht u.a. für den "Versuch, einen politischen Gegner umzubringen". (Duden 2000, S. 157) Eine weitergehende Recherche zeigt, dass dieser Begriff von einer schiitischen Sekte, den Assassinen, herrührt, die im Mittelalter im Nahen und Mittleren Orient angesiedelt und für spektakuläre Anschläge bekannt waren. Die Assassinen haben zwar diese Art des geplanten Mordes nicht erfunden. (Vgl. Lewis 1989, S. 169) Sie waren aber die ersten verbrieften also dokumentierten und organisierten Selbstmordattentäter und ihr Ruf war so bedeutsam, dass sich ihr Name in den europäischen Sprachen als Bezeichnung für eine solche Handlung durchgesetzt hat. In den nachfolgenden Abschnitten werden die Genese der Glaubensgemeinschaft der Assassinen und ihre Taten untersucht. An diesem Beispiel soll exemplarisch die Komplexität der menschlichen Handlung des Selbstmordattentats erläutert werden. Bei der Analyse der Assassinen ist insbesondere die Kraft, die aus einer pragmatischen Jenseitsvorstellung entsteht, von Bedeutung. Die Intention dieser Glaubensgemeinschaft, ihren schiitisch-ismailitischen Glauben gegenüber dem Sunnitentum der Seldschuken zu verteidigen, machten ihre Handlungen zu religiös motivierten Selbstmordattentaten.
3.1 Die Assassinen und die Taktik des Selbstmordanschlages:
Im Jahr 1332 verfasste der deutsche Kleriker Brocardus ein Schriftstück, in dem er vor den Gefahren der Orientreisen warnte. Gedacht war der Text für König Philipp VI. von Frankreich, der einen neuen Kreuzzug plante, um die heiligen Stätten der Christenheit zurückzuerobern. (Vgl. Lewis 1989, S. 15) In seinem Traktat ging Brocardus besonders auf eine Gruppe ein, die er Assassinen nannte. Deren Beschreibung in europäischen Quellen erfolgte insbesondere aus der Sicht des Gegners, wobei die Assassinen entmenschlicht und wenig objektiv dargestellt wurden.
"[...] erwähne ich besonders die Assassinen, die verflucht und gemieden seien. Sie verkaufen sich, dürsten nach Menschenblut, töten Unschuldige gegen Bezahlung, scheren sich weder um das Leben noch um die Erlösung. Wie der Teufel verwandeln sie sich in Engel des Lichtes, indem sie Gebärde, Kleidung, Sprache, Sitte und Benehmen vieler Nationen und Völker nachahmen; als solche Wölfe im Schafspelz nehmen sie den Tod auf sich, sobald sie erkannt werden. Da ich sie nicht persönlich gesehen habe, sondern das Obige nur aus mündlichen Berichten oder speziellen Schriften kenne, kann ich nicht mehr darlegen und auch keine vollständigen Informationen liefern [...]." (Brocardus: Directorium ad passagium faciendum, zit. n. Lewis 1989, S. 15).
Diese Erzählung des Chronisten wirkt auf den heutigen Leser wie eine fiktive Beschreibung von Dämonen in Menschengesta


Daniel Zerbin wurde 1973 in Gelsenkirchen geboren. Das Studium der Berufs- und Betriebspädagogik schloss der Autor im Jahr 2002 und das Studium der Kriminologie im Jahr 2004 jeweils mit dem Diplom ab. Insgesamt diente Daniel Zerbin zwölf Jahre als Offizier in der deutschen Militärpolizei (Feldjägertruppe der Bundeswehr). In dieser Zeit sammelte der Autor Erfahrungen im Auslandseinsatz und kam mit dem islamistischen Terrorismus in Afghanistan in Berührung. Motiviert durch eine kriminalistische Verwendung in der Feldjägertruppe und einer weiteren Tätigkeit als wissenschaftlicher Angestellter bei der Polizei Hamburg, widmete er sich vertieft dem Thema des islamistischen Terrorismus im Rahmen eines Promotionsprojektes an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. Das vorliegende Buch entstammt diesem Projekt und spiegelt zu einem Teil auch die Lebensgeschichte des Autors wider.


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