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E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Zöpfl Dem Leben einen Sinn geben

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

ISBN: 978-3-475-54916-8
Verlag: Rosenheimer Verlagshaus
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Dieses Buch versteht sich als ein Wegbegleiter auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Eine Auswahl von Betrachtungen, Geschichten und Gedichten will den Leser anregen, sich seine eigenen Gedanken über die Grundfragen seiner Existenz zu machen, ihn zu einer Standortbestimmung einladen, wie er sich zu dieser Welt und zu seinem Dasein stellt. Und ihm den Mut geben, ganz bewusst und entschieden wieder zu sagen: Mein Leben hat Sinn!
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Igerl und die Herkunft des Menschen
Angefangen hatte das Ganze – wie so oft – an einem Abend im Volkart-Eck. Sie hatten sich am Stammtisch über die neueste Situation der Bundesliga unterhalten, und der Alfons hatte gemeint, daß der FC Bayern dieses Jahr statt sechs Mittelfeldspielern doch lieber einen knallharten Verteidiger und einen treffsicheren Mittelstürmer, wie einst den Gerd Müller, vor allem aber einen Ersatztorwart hätte verpflichten sollen. Der Zirngibl brachte seine Kritik am TSV 1860 an, indem er meinte: „Was meinst du, was wir jetzt für eine Mannschaft hätten, wenn die alle noch bei uns spielen würden, die wir damals für ein Butterbrot haben laufen lassen?“ Der Pfanzelt Max aber saß schon seit ein paar Minuten da und schüttelte den Kopf. Jetzt erst fiel es dem Alfons auf. „Was ist denn? Stimmt es vielleicht nicht?“ fragte er ihn. Der Max gab keine Antwort. Kurze Zeit später zahlte er und ging heim, wobei er noch vor sich hinmurmelte: „Wo kommt der Mensch bloß her?“ „Was hat er gesagt?“ fragte der etwas schwerhörige Eisenhofer Georg den Alfons. „Ich habe es auch nicht genau gehört“, meinte er, „ich glaube, er hat gefragt, wo der Mensch herkommt.“ „Was?“ fragte der nochmals zurück. „Wo der Mensch herkommt, will er wissen. Du kennst ihn doch, den Pfanzelt Max, heute sinniert er scheinbar wieder über das Leben“, antwortete ihm der Alfons Igerl. Irgendwie beschäftigte ihn aber dann diese Frage des Pfanzelt auf dem Nachhauseweg intensiver. Was der Pfanzelt Max wohl mit dieser Frage gemeint hatte? Er würde ihn beim nächsten Stammtisch fragen. Aber da fiel ihm ein, daß der Max ja jetzt vier Wochen gar nicht zu erreichen wäre, weil er sich doch ab morgen in Kur in Bad Füssing, bei seinem Freund, dem Eckbauer Helmut, befinde. In der Nacht träumte ihm dann, wie so oft, von der Schule, und er hörte ganz deutlich, wie ihn sein Lehrer Löwenik fragte: „Alfons, sag mir, woher kommt der Mensch?“ Igerl stand im Traum da wie ein begossener Pudel, aber es fiel ihm nichts ein. „Setzen, Igerl, fünf“, schimpfte der Lehrer – als der Alfons in der Schule war, gab es nämlich noch keine Sechser. Als er aufwachte, war sein erster Gedanke wieder diese Frage, woher der Mensch wohl komme, und er schaute sich zunächst einmal ein bißchen in seiner eigenen Hausbibliothek um. Als erstes fiel ihm ein altes Aufklärungswerk in die Hände, das er einmal in früheren Jahren errötend gelesen hatte. Aber das wußte er ja nun eigentlich, wie das war, das mit der Zeugung, dem Eisprung, dem Embryo und den neun Monaten. Das war wohl nicht die Antwort, die er sich gewünscht hatte. Er wollte der Sache auf den Grund gehen, und so vertiefte er sich jetzt in ein biologisches Werk, auf das im Lexikon mit dem Stichwort Genetik verwiesen wurde. Mühsam kämpfte er sich durch einige Kapitel und erfuhr wieder, was er schon fast vergessen hatte, wie das mit den X- und Y-Chromosomen ist und den Mendelschen Gesetzen. Besonders interessierte ihn, daß dieser Mensch beim Bohnenzüchten auf diese genetischen Fragen gestoßen war, wo er selbst doch in seinem Heimgarten immer so schöne Bohnen erntete. Aber er hatte bei der Ernte eigentlich nie an Chromosomen und Genetik, sondern schon eher an den guten Bohnensalat gedacht, den er daraus machte. Auch die Antwort, die er aus diesem Buch bekam, befriedigte ihn nicht ganz, und so ging er der Sache immer weiter auf den Grund, zumindest versuchte er es. Zunächst einmal setzte er sich mit den Fragen der Evolution auseinander. Er befaßte sich mit Darwin, holte sich aus der Bibliothek Bücher über die Urmenschen, den Neandertaler, und las sich etwas an von dem fehlenden Zwischenglied, dem Homo sapiens. Dann ging er sogar noch weiter und blätterte in Büchern herum, in denen er etwas über die Entstehung des Lebens auf unserem Planeten erfuhr. Zwischendurch machte er sich seine eigenen Gedanken. Wenn man sich vorstellt, so überlegte er, was sich alles von jenem mysteriösen Urknall an, von dem er jetzt auch gelesen hatte, getan hat. Wie sich unsere Milchstraße, dann unser Sonnensystem mit unserem Planeten Erde entwickelt hat; wie es gekommen ist, daß ausgerechnet auf diesem Planeten Leben entstanden ist. Wie viele Lebewesen inzwischen schon wieder ausgestorben sind und was jetzt übriggeblieben ist. Ausgerechnet ich, beispielsweise, überlegte er und schaute sich nachdenklich im Spiegel an, bin so eines dieser Produkte dieses Knalls. Vielleicht kommt es davon, kicherte er vor sich hin, daß man bei einigen Leuten sagt: „Da schau dir den an, der hat einen Knall“. Wahrscheinlich sind das die letzten Nachwirkungen des Urknalls. Er werde das, merkte er sich vor, bei nächster Gelegenheit einem seiner Freunde sagen, wenn dieser gerade einmal wieder verrückt spielen würde. Auf seiner Suche nach dem, woher der Mensch kommt, stellte er dann auch geschichtliche Überlegungen an und trieb so nebenbei ein wenig Ahnenforschung: Woher die Igerls wohl stammen? Überhaupt, wie das mit den Germanen gewesen ist. Er las über die verschiedenen Thesen der Einwanderungen der Bayern nach, befaßte sich sogar intensiver mit der Bayerischen Geschichte und dachte wieder nach, wie es wohl gekommen ist, daß ausgerechnet er, Alfons Igerl, jetzt da sitzt und etwas nachliest. Was wäre wohl passiert, überlegte er sich, wenn beispielsweise bei der Einwanderung irgendein Bajuware ausgerutscht wäre und sich den Fuß gebrochen hätte. Das ist aber nicht passiert, und deswegen konnte er weitermarschieren, und ausgerechnet dieser ist vielleicht mein Ururururgroßvater geworden. Oder wie haben sich denn meine Ururururahnen kennengelernt? Vielleicht war das bei irgendeinem Zunftfest. Der Alfons überlegte, wie das gewesen sein mag, als sich damals seine Ururururgroßmutter und sein Ururururgroßvater bei einem Zunftfest im Mai begegnet sind, Gefallen aneinander gefunden und dann für den nächsten Tag eine Verabredung getroffen haben. Wie er seinerzeit auf dem Oktoberfest mit der Schmalz Mausi unter der Normaluhr. Aber die Mausi ist viel zu spät gekommen, und er hat nicht gewartet und dann eine Wut gehabt, so ist’s nichts geworden mit ihr. Wenn so etwas damals im Anschluß an dieses Zunftfest auch passiert wäre, überlegte er, wäre ich ja gar nicht auf der Welt. Wie viele solcher Begegnungen mögen wohl stattgefunden haben, daß ausgerechnet ich, der Alfons, das Licht der Welt erblicken hab’ dürfen. Er ging mit seinen Gedanken etwas mehr in die Neuzeit hinein. Was wäre wohl passiert, wenn seine Großeltern oder Eltern auch so viel ferngesehen hätten wie die Leute heutzutage? Sie hätten sich dann vielleicht irgendeinen Sexfilm auf RTL angeschaut und wären im Theoretischen oder Visuellen hängengeblieben. Und auch dann wäre es nichts mit mir, dachte er, eigentlich schon ein Glück, daß es so und nicht anders gekommen ist. Denn, wenn er auch manchmal vor sich hingrantelte und auf die Zeit und manches Unerfreuliche schimpfte, im Grunde genommen lebte der Alfons recht gerne. Und er war eigentlich recht dankbar, daß sein Leben in dieser langen Geschichte nicht schon bei seinen Vorfahren gescheitert ist. Igerls Gedanken gingen immer weiter. Der Antwort auf die eigentliche Frage, woher der Mensch kommt, war er auf diese Weise wohl doch nicht nahegekommen. Das mit der Evolution befriedigte ihn auch nicht so ganz, denn er überlegte sich, wie das damals genau gewesen sein mag, als der Affe zum Menschen geworden ist. Ob das wohl allmählich passiert oder ob plötzlich etwas ganz anderes entstanden ist? Er erinnerte sich nun auch an seine Religionsstunden und daß der Pater Steck am Sonntag ein paarmal in der Predigt erklärt hatte, daß man das natürlich in der Bibel nicht ganz so genau nehmen dürfe und alles mehr oder weniger in Bildern geschrieben sei. Es sei auch, hatte Pater Steck gesagt, gar kein so großer Widerspruch zu dem, was die Naturwissenschaftler sagen. Igerl las jetzt sogar einmal im Alten Testament in der Genesis die Stelle nach, wie Gott den ersten Menschen, den Adam, erschaffen hat. Plötzlich mußte er lachen, denn ihm fiel ein Spruch von Mark Twain ein: „Gott hat den Menschen erschaffen, weil er vom Affen enttäuscht war. Danach verzichtete er auf weitere Experimente.” Aber wie war denn das wirklich mit dem ersten Menschen? Vielleicht war der Affe, der zuerst einmal gesagt hatte „Mein Gott, ich bin ein Affe“, weil ihm zu Bewußtsein gekommen war, daß er etwas falsch gemacht hatte, der erste Mensch. Und war nicht auch der Spruch „Als Gott den Menschen schuf, war er bereits müde, das erklärt manches“ von Mark Twain? Igerl überlegte weiter. Ist dieser Mensch nun wirklich die Krone der Schöpfung? Irgend jemand, so fiel ihm ein, hat einmal gesagt, wohl eher die Dornenkrone. Wenn man an das denkt, was die Menschen schon alles angestellt haben, muß man ihm fast recht geben mit diesem Spruch. Manchmal scheint es so, als sei der Mensch das einzige Lebewesen, das sich für einen Menschen...


Helmut Zöpfl, Dr. phil., Dr. phil. habil., Dr. theol. h. c., Dr. rer. nat., war von 1971 bis 2003 Professor der Schulpädagogik an der Münchner Universität. Er ist Autor zahlreicher Fachbücher, Bücher zur Lebenshilfe, Gedichtbände und Kinderbücher. Für seine schriftstellerischen und fachlichen Leistungen erhielt er unter anderem den Schwabinger Kunstpreis, das Bundesverdienstkreuz und den Bayerischen Verdienstorden.


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