Konventionen der beruflichen Eingliederung zwischen Invalidenversicherung und Arbeitgeber (1945–2008)
Buch, Deutsch, 224 Seiten, Format (B × H): 160 mm x 240 mm, Gewicht: 566 g
ISBN: 978-3-0340-1562-2
Verlag: Chronos
Unter dem Gesichtspunkt eines klassischen Kosten-Nutzen-Kalküls scheint es für Arbeitgeber wenig profitabel, Arbeitskräfte mit Leistungseinschränkungen zu beschäftigen. Weshalb tun sie es trotzdem? Die Studie geht dieser Frage nach und beleuchtet die Entwicklung der Arbeitsintegration von Menschen mit Behinderung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Schweiz mit besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Invalidenversicherung und Arbeitgeber. Das Buch gibt einen Einblick in die Geschichte der beruflichen Eingliederung aus wohlfahrts-, wirtschafts- und unternehmenshistorischer Perspektive.
In der historischen und soziologischen Forschung wird die Arbeitsintegration von Menschen mit Behinderung vornehmlich aus der Perspektive des Sozialstaats und der Betroffenen untersucht. Die Rolle der Arbeitgeber bleibt häufig unterbelichtet. Diese Studie schliesst eine Forschungslücke und analysiert die berufliche Eingliederung auf zwei Ebenen: Zum einen werden Debatten um die Eingliederungspolitik der Invalidenversicherung (IV) beleuchtet, insbesondere die Aushandlungsprozesse zwischen der staatlichen IV und den Arbeitgeberorganisationen. Zum anderen werden auf der Mikroebene Haltung und Praktiken einzelner Unternehmen betrachtet. Die Ökonomie der Konventionen, die von einer Vielfalt ökonomischer Rationalitäten ausgeht, dient als Theorie- und Analyserahmen. Aufgrund welcher Kalküle sind Arbeitgeber bereit, Arbeitskräfte mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit zu beschäftigen, und auf welche Rechtfertigungsmuster rekurrierte die IV, um Menschen mit Behinderung als wertvolle Transaktionsobjekte an die Unternehmen zu «verkaufen»?
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Vorwort und Dank
Beeinträchtigte Arbeitskraft – Einleitung
Arbeitsintegration unter liberalen Vorzeichen
Theoretischer Rahmen: die Ökonomie der Konventionen
Die Institutionalisierung der beruflichen Eingliederung (1945–1959)
Praktiken der beruflichen Eingliederung in der Nachkriegszeit
Menschen mit Behinderung als potenzielle Arbeitskräfte
«Der rechte Mann am rechten Platz»:
Berufsberatung für Menschen mit Behinderung
«Produktive Glieder des Volkskörpers»
Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung zwischen ökonomischem Kalkül und bürgerlicher Wohltätigkeit
Berufliche Eingliederung ohne sozialstaatliche Einmischung
Die systematische Anwerbung von Menschen mit Behinderung durch Unternehmen
Die Invalidenversicherung: Regulierungen eines Eingliederungskonzepts der «Freiwilligkeit»
Die Realisierung des Projekts Invalidenversicherung
Die IV als Eingliederungsversicherung
Die Arbeitgeberverbände im Entstehungsprozess der IV
Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung in der Hochkonjunktur (1960–1973)
Die Invalidenversicherung als Erfolgsmodell
Erste Vermittlungserfahrungen der IV-Regionalstellen
Ausbau des Eingliederungsapparats
1. IVG-Revision: Der beruflichen folgt die soziale Integration
Mobilisierung der «Arbeitskraftreserven»
Akuter Arbeitskräftemangel in der freien Wirtschaft
Der Aufbau innerbetrieblicher Integrationsstrukturen
Latente Krisendiskurse und Wandel des Arbeitsmarkts
Kontingentierung ausländischer Arbeitskräfte als Chance?
Probleme im Vollzug des IVG
Erste Indizien für eine erschwerte Arbeitsintegration
Krisendebatten, Reformagenden und Sparkurse «nach dem Boom» (1974–1991)
Die «Arbeitskraftreserven» scheiden aus dem Arbeitsmarkt aus
Vermittlungsschwierigkeiten bei veränderten Arbeitsmarktbedingungen
Die Behörden ergreifen Massnahmen
2. IVG-Revision: Viertelrenten anstelle von «Soziallöhnen»
Die Arbeitgeber unter öffentlichem Druck
Der Arbeitsmarkt rückt in den Fokus der behindertenpolitischen Debatten
Der gute Wille der Arbeitgeber schwindet
Bedeutungsverlust der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung für die Unternehmen
Die ersten Krisendiskurse
Freiwilligkeit versus Behindertenquoten
Die Kritik an der IV nimmt zu
Erklärungen und Responsibilisierung für die Schwierigkeiten der IV
Berufliche Eingliederung im Zeichen der Wirtschaftlichkeit (1992–2008)
Die IV wird reformiert
3. IVG-Revision: Reorganisation mit kantonalen IV-Stellen
4. und 5. IVG-Revision: Die IV erfindet sich neu
Die IV als ökonomisierte Sozialversicherung
Arbeitsmarktliche Herausforderungen in einem schwierigen Umfeld
Umbruch im Schweizer Wirtschaftssystem
Psychische Erkrankungen als neues Leitthema
Wandel in den Konzeptionen unternehmerischer sozialer Verantwortung
Arbeitgeberverbände: vom persönlichen Engagement zur sozialstaatlichen Kooperation
Unternehmen zwischen Management und sozialer Verantwortung
Schlussbetrachtung
Thematisch gegliederte Ergebnisse
Ausblick und Forschungsdesiderata
Forschungsdesign, Methoden und Quellen
Abkürzungen
Quellen und Literatur