Buch, Deutsch, 124 Seiten, PB, Format (B × H): 135 mm x 205 mm, Gewicht: 170 g
Himmelsbeobachtungen, Zeit- und Kalendersysteme in den präkolumbischen Hochkulturen Meso- und Südamerikas
Buch, Deutsch, 124 Seiten, PB, Format (B × H): 135 mm x 205 mm, Gewicht: 170 g
ISBN: 978-3-929655-04-9
Verlag: Haase, E W
Autoren/Hrsg.
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Vorwort zur 2. Auflage
Nach Erscheinen unserer 1. Auflage der „Archäoastronomie in Mexico und Peru“ im Jahr 2003 wurde endlich das bereits in Paris 1813 veröffentlichte französische Original des Alexander von Humboldt von der „Anderen Bibliothek“ in deutscher Sprache 2004 herausgegeben: „Ansichten der Kordilleren und Monumente der eingeborenen Völker“.
In einer längeren Abhandlung – „Tafel XXIII, Basaltrelief, den mexikanischen Kalender betreffend“ - setzt sich A. v. Humboldt auf den Seiten 165-234 mit den Kenntnissen der alten Ägypter, Inder und Mexikaner zur Astronomie auseinander. Insbesondere beschreibt Humboldt den mexikanischen Sonnenstein (s. in diesem Buch Abbildung auf S. 6 – Stein der fünften Sonne) als Festzykluskalender und hebt das astronomische Wissen der alten Mexikaner unter Verweis auf den Jesuitenpater Fabrega hervor: Die Kenntnis des Schaltjahres bei einer Einschaltung von 25 zusätzlichen Tagen in den Kalender alle 104 Jahre, das ergibt eine Jahresdauer von 365,24 Tagen bei den altmexikanischen Azteken (Humboldt ebd.:224). 104 Jahre entsprechen zwei mal 52 Jahre, also zwei Runden im „Kalendarischen Rad“ (s. S. 59), nach dessen Ablauf die Azteken jeweils ein Neues Feuer entzündeten und feierten.
Die Berechnung der Schaltjahre durch intensive Beobachtung des Einfalls der Sonnenstrahlen in unterirdische Observatorien in Teotihuacan und Xochicalco lange vor den Azteken wurde von uns auf den Seiten 12-22 hervorgehoben.
Der Gelehrsamkeit und Neugier, verbunden mit einem nie enden wollenden Forschungsdrang des Alexander von Humboldt ist es zu verdanken, dass in den Ansichten der Kordilleren auch ein Faksimile des Dresdener Kodex der Maya-Kultur auftaucht. Erst viel später nach Humboldt wurde der Wissenschaft klar, dass der Dresdener Kodex das Wissen der Maya über Venus und Venuslauf wiedergibt (s. S. 65ff. und 69ff.). Ebenso wenig war zu jener Zeit Humboldts die Lange Zählung, der Maya-Long-Count, entschlüsselt. Schon von den Maya vor und bei der Ankunft der Spanier nicht mehr in Gebrauch und in Vergessenheit geraten, erfreut sich die Behandlung des so genannten Maya-Enddatums in letzter Zeit innerhalb eines allgemeinen Aufschwungs der Maya-Kultur in der Literatur einer grossen Popularität und gar Mode. Der jetzige Zeitzyklus der Maya endet mit dem Datum 13.0.0.0.0. (13 Baktunes = 13 mal 144000 Tage oder 260 Katunes = 260 mal 7200 Tage) und fällt in unserem Gregorianischen Kalender auf den Tag 21. Dezember 2012 (manchmal wird auch der 23.12. genannt, das ist gewissermaßen eine „Heisenbergsche Unschärferelation“ in der Übertragung der Kalender und ihrer Korrelation).
Wir haben den Long-Count in unserer 1. Auflage auf den Seiten 61-65 behandelt, uns aber jeglicher endzeitlicher, apokalyptischer Spekulation und/oder esoterischer Deutung enthalten.
Auf dem Buchmarkt kursiert indes – und in viel größerer Auflage als dieses Buch hier – etliches zum Maya-Enddatum 21.12.2012. So z.B. Adrian Gilbert, der schon „Signs in the Sky“ (Zeichen im Himmel, London) im Jahre 2000 beobachten konnte und bereits 1995 zusammen mit Maurice Cotterell „The Mayan Prophecies“ (die Prophezeiungen der Maya) veröffentlichte. Der gleiche Autor brachte dann 2006 „The End of Time – The Mayan Prophecies revisited heraus, was auf deutsch unter „21.Dezember 2012: Das Ende unserer Welt? Ein neuer Blick auf die Prophezeiungen der Maya“ (Rottenburg 2007) veröffentlicht wurde.
Auch hier wird die Frage nach den letzten Dingen, das Ende der Welt im Jahr 2012 gestellt.
Ist nun der 21.12.2012 der Tag der apokalyptischen Offenbarung des Jüngsten Gerichts, die Erfüllung der katastrophischen Prophezeiungen?
Wir werden es sehen und erleben, denn wenig Zeit trennt uns nur noch bis 2012!
Allerdings handelt es sich bei der Maya-Prophezeiung möglicherweise um eine übertragene biblische Prophezeiung, unsere apokalyptische Projektion einer Endzeit auf das Ende eines Kalenderzyklus dieser Hochkultur - für die Maya auch eher Initiation und Neugeburt als Ende. Interessanter als die apokalyptisch-kataklystischen Spekulationen ist deshalb ein Blick auf die astronomische Realität am 21.12.2012:
Die beiden graphischen Abbildungen erleichtern die Annäherung: Abbildung 1 zeigt einen Ausschnitt aus dem Sternenhimmel einer Sternenkarte des QUITSATO-Instituts in Quito-Ecuador. Die Karte ist gedreht und die zentrale Mittelachse bildet der (Himmels)äquator, oben Westen und unten Osten. Die gestrichelte Linie bildet die Ekliptik, den scheinbaren Lauf der Sonne (es ist eigentlich die Bahnebene, auf der die Erde um die Sonne läuft) durch die einzelnen Sternenkonstellationen und Zodiakzeichen.
Im Sternbild Sagittarius (Schütze) beginnt die Ekliptik die Medianebene unserer Milchstraße (grau gesprenkelt) zu erreichen. Nördlich (links) sehen wir das Sternbild Aquila (Adler), wo ein dunkler interstellarer Nebel einen dunklen Riss (Dark-rift), eine schwarze Ausbuchtung in der Milchstrasse hinterlässt. In diesem Bereich des Dark-rift und der Sternbilder Skorpion und Schütze befindet sich das von den Astrophysikern so genannte Galaktische Zentrum.
Die Maya nennen diesen Bereich Xibalba Be, die Schwarze Strasse der oder zur Unter- und Gegenwelt - das kosmische Zentrum der Kreation! Die Xibalba Be ist der Geburtskanal zur kosmischen Mutter. Die Milchstraße wird durch die Himmelsschlange bezeichnet, die ihr Maul im Sternbild Skorpion/Dark-rift hat und den Schwanzteil im Orion/Zwilling besitzt. Dort befinden sich auch die Pleyaden, die die Klapper der Schlange bilden (die Bezeichnung der Maya für Pleyaden und Klapper ist dieselbe: tzab; für Himmel und Schlange ebenfalls: can oder caán).
Seit den Erkenntnissen der großen Maya-Forscherin Linda Schele (Schele, Freidel, Parker: „Maya Cosmos, Three thousand Years on the Shaman´s Path“, New York 1993) wissen wir auch, dass die Maya die Ekliptik als Doppelköpfige Schlange dargestellt haben und die Milchstrasse als Weltenbaum. Der Kreuzpunkt des Baumes mit der Schlange ist also das Zusammentreffen der Ekliptik mit der Milchstrasse. Diese Kreuzpunkte sind symbolisch der Kopf und der Schwanzteil der Milchstraßenhimmelsschlange. Hier befinden sich die Sternentore, die Eingangspforten zu den Sternen.
Ein weiteres Phänomen kommt jetzt hinzu und wird wichtig: Durch die Präzession (Kreiselbewegung der Erdachse um 23.5° um sich selbst, s. Glossar) verschiebt sich die Lage des Himmelsäquators und die Position der Sternenbilder. Außerdem verschieben sich über eine lange Zeitspanne hinweg die Frühlingspunkte (Schnittpunkt des Himmelsäquators und Ekliptik, s. ganz unten das Dreieck in Abbildung 1), so dass die Präzession auch Präzession der Tagundnachtgleichen (Äquinoktien) genannt wird.
Eben durch diese Präzession kommt es zu einer Konstellation, die so nur alle 25800 Jahre auftritt und in Abbildung 2 (Major Jenkins 1998: 350) gezeigt wird: Die Sonne der Wintersonnenwende in Konjunktion mit der Milchstrasse, des Dark-rift (Xibalba Be) und des Galaktischen Zentrums!
Die Dauer eines Präzessionszyklus liegt zwischen 25500 und 26000 Jahre und wurde bei den alten Griechen von dem Astronom Hipparchus (190-125 v.Chr.) erstmals als Präzession bezeichnet. Allerdings kann man davon ausgehen, daß das Phänomen bereits Jahrhunderte früher schon bekannt gewesen ist (Santillana/Dechend 1969). Bei Platon „beherrscht“ jeweils ein Zodiakzeichen den Frühlingspunkt der aufgehenden Sonne 2150 Jahre, so daß sein Zyklus der Präzession (12 mal 2150) 25800 Jahre andauert, was auch Platonisches Jahr genannt wird.
Ein Werk, das sich mit den astronomischen Veränderungen und damit zeitlicher Rahmenbedingungen (und ihre Konsequenzen auf Mythos und Mythen) durch Präzession beschäftigt hatte, ist „Hamlet´s Mill: An Essay on Myth and the Frame of Time“ (die Mühle des Hamlet: Ein Essay über Mythos und der (Rahmen)Struktur der Zeit) von Giorgio de Santillana und Helga von Dechend, das 1969 erstmals in Boston veröffentlicht wurde.
Dieser Spur folgt Terence McKenna, ein Denker am Rande des Undenkbaren, der 1975 in „The Invisible Landscape“ (Die unsichtbare Landschaft) auf die besondere Konstellation der Konjunktion und des Schnittpunktes (bei McKenna ) der Wintersonnenwende und des galaktischen Zentrums innerhalb der Milchstraße für 2012 aufmerksam machte – ohne damals den Maya-Long-Count zu kennen! Für McKenna das Ende einer fraktalen Zeitwelle, vergleichbar mit einem Zeitalter der Maya, das 5125 Jahre umfasst (fünf dieser Zeiträume ergeben eine Annäherung an die Dauer eines Präzessionszyklus).
Die Verbindung der astronomischen Konstellation zur Wintersonnenwende mit dem Zusammentreffen des Maya-Enddatums brachte dann der Maya-Forscher John Major Jenkins in seinem ausführlichem Buch „Maya-Cosmogenesis 2012: the true meaning of the Maya calendar end date“, Rochester 1998 (Maya Kosmogenese 2012: die wahre Bedeutung des Mayakalender Enddatums), woher auch die Abbildung 2 stammt. Jenkins fragt nach dem Wie und Warum des Maya-Enddatums und nennt die besondere Kostellation.
Das Maya Enddatum 13.0.0.0.0. fällt also auf eine Wintersonnenwende 2012 im Sternbild Schützen, wobei die Sonne auf der Ekliptik einen maximalen Annäherungspunkt und Schnittpunkt mit der Ebene des Dark-rift (die Wölbung, der Bauch der Milchstraße) und des galaktischen Zentrums erfährt, bedingt durch das Phänomen der Präzession.
Diese Tatsache ist ein weiteres Indiz, wenn nicht Beweis, daß die Korrelation und Umrechnung für das Maya-Null-Datum auf das Gregorianische Datum 11./13.August 3114 v.Chr. richtig erscheint (und keine wissenschaftliche Einigkeit darstellt), und ja auch die Umrechnung der Dresdener Kodex Supernummer 9.9.16.0.0. bestätigt hat (s. S. 71/72 in diesem Buch).
Aber können wir annehmen, daß den Maya die Taumelbewegung der Erdachse, die Präzession bekannt war? Diese Frage wird in der Fachwelt nicht einheitlich beantwortet. Es gibt Stimmen dafür, dagegen und der Enthaltung. Jedenfalls sei Präzession über die Zeiten beobachtbar, sagt der Astronom A. Aveni. Zudem ist es schon erstaunlich, dass die Maya einen Kalender in grauen Vorzeiten entwickelten, dessen Ende erst in heutiger Zeit erreicht wird.
Für de Santillana und von Dechend verursacht in der Vorstellung der Völker die Präzession kataklystische Weltunfälle und das Auf- und Abtauchen von Weltzeitaltern und ist von vielen Völkern in ihren Mythen thematisiert worden.
Auch bei den Maya gibt es mehrere Weltzeitalter. Und am 21.12.2012 kommen über die Konjunktion Gottvater Sonne und die kosmische Mutter zusammen, der Geburtskanal des Sternentores wird geöffnet, eine Neukreation und Neugeburt der Welt stellt sich ein. Und das Ende des aktuellen Zyklus 2012 bedeutet nicht das Ende der Welt, sondern einer Welt und die Geburt einer neuen in Zeit und Raum, im Himmel und auf Erden!




