Momente des Zieleinlaufs. Eine Anthologie
Buch, Deutsch, 200 Seiten, KART, Format (B × H): 140 mm x 215 mm
ISBN: 978-3-96423-058-4
Verlag: Arete Verlag
Wer losläuft, will ankommen. Das gilt für die Runde um den Häuserblock genauso wie beim Start zum Marathon. Loslaufen macht nur deswegen Sinn, weil wir irgendwann irgendwo ankommen wollen. Deswegen sind wir unterwegs. Aber das Ziel ist das Ziel. Bei einem offiziellen Rennen wird das ganz offensichtlich: Nur weil es ein Ziel gibt, macht das Starten überhaupt Sinn. Die vorliegende Anthologie stellt zumindest im deutschsprachigen Raum eine Premiere dar: Sie führt insgesamt 50 Texte zusammen, die im wahrsten Sinne des Wortes „auf den letzten Metern“ spielen: das meiste geschafft, das Ziel vor Augen. Endlich! Das ist der Moment! Schade! Alles vorbei! Und manche Texte gehen sogar über das Ziel hinaus …
Zu den Autorinnen und Autoren zählen u.a. Dieter Baumann, Isabell Bogdan, Matthias Brandt, Waldemar Cierpinski, Joschka Fischer, Ulrich Knoll, Andrea Löw, Susanne Mahlstedt, Sandra Mastropietro, Haruki Murakami, Philipp Pflieger, Marcus Pinsker, Matthias Politycki, Ronald Reng, Volker Schlöndorff, Heidi Schmidt, Hajo Schumacher, Werner Sonntag, Bernd Stelter, Katherine Switzer und Alexander Weber.
Mit einem persönlichen Vorwort der Fernsehmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein.
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Auf den letzten Metern bin ich wieder voll da
Laufen und ich. Das war keine Liebe auf den ersten Blick. Ich habe immer schon viel Sport gemacht – gelaufen bin ich früher nie. Viel zu öde, dieses „stupide“ einen Fuß vor den anderen setzen. Immer wieder. Und immer wieder. Und wofür? Um letztlich dort anzukommen, wo man losgelaufen ist? Das macht ja gar keinen Sinn. So dachte ich tatsächlich lange Zeit.
Die Wahrheit ist: Ich hatte damals gar nicht die Kondition, um eine vergleichsweise überschaubare Strecke in zügigem Tempo zurückzulegen. Und vielleicht war es genau das, was mich letztlich doch dazu gebracht hat, die Schuhe zu schnüren. Ich wollte es mir einfach beweisen.
Ich erinnere diesen Tag noch ganz genau: Ich habe bis abends gewartet, bis es dunkel war. Es sollte mich niemand sehen bei meinem für mich zum damaligen Zeitpunkt noch absurden Unterfangen. Einmal um das Schwabinger Krankenhaus wollte ich es schaffen. Das sind ziemlich genau zwei Kilometer. Es war grausam. Ein einziges stop and go.
Aber am nächsten Abend bin ich wieder losgelaufen. Es ging jeden Tag ein bisschen besser und am Ende der Woche habe ich es einmal locker flockig außen rum geschafft. Das ist viele Jahre her. Aber seitdem bin ich Läuferin.
Und mehr noch: Es hat mich wirklich gepackt. Ich drehe fast jeden Tag meine Runde. Es ist das Erste, was ich morgens mache. Schuhe an und los. Ich denke gar nicht mehr darüber nach. Und mein Hund ist als Sparringspartner immer dabei, der muss ja ohnehin raus.
Wer läuft, ist in Bewegung, vor allem im übertragenen Sinne. Es geht voran. Wer läuft, tut nicht nur etwas für seinen Körper, sondern vor allem für den Kopf. Es gibt nichts, wobei ich so gut nachdenken kann. Ich habe schon ganze Sendungen in meinem Kopf „geschrieben“. Wenn mir eine zündende Idee fehlt, am Ende einer Runde habe ich sie – immer! Wer läuft, kann abschalten. Ich werde von meinen Gedanken oft so weggetragen, dass ich gar nicht mehr merke, wo ich eigentlich gerade bin. Es ist wie ein kleiner Urlaub.
Bis auf die letzten Meter. Auf den letzten Metern bin ich wieder voll da.
Da nehme ich den Hund an die Leine und freue mich auf zuhause. Ich bin erschöpft aber glücklich. Und dieses Gefühl trägt mich durch den ganzen Tag.
Und deswegen wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, jetzt viel Inspiration bei der Lektüre der Texte in dieser Anthologie von Detlef Kuhlmann – mögen die Beiträge am Ende Motivation für Sie selbst sein, sich (mal wieder) mit Laufen in Bewegung zu bringen ... bis auf die letzten Meter!
Katrin Müller-Hohenstein
Fernsehmoderatorin