Buch, Deutsch, Band 8, 240 Seiten, HALBLN, Format (B × H): 105 mm x 180 mm, Gewicht: 238 g
Reihe: Lilienfeldiana
Buch, Deutsch, Band 8, 240 Seiten, HALBLN, Format (B × H): 105 mm x 180 mm, Gewicht: 238 g
Reihe: Lilienfeldiana
ISBN: 978-3-940357-19-9
Verlag: Lilienfeld Verlag
Das Mädchen, dessen Leben Norah Lange vom 6. bis zum 15. Lebensjahr und zwischen herrschaftlichem Landleben und Verarmung in Buenos Aires in 82 stimmungsvollen Schlaglichtern nachzeichnet, dürfte eine der erstaunlichsten Heldinnen der Literatur Argentiniens sein. Mit der offenen Schilderung der Ängste, Zustände und Wünsche des heranwachsenden Mädchens und seiner besonderen, manchmal unheimlichen, manchmal exzentrischen Erfahrungen konstruierte Norah Lange die Kindheit einer Avantgardeautorin: experimentierfreudig, genau beobachtend, vielschichtig und märchenhaft. In ihren Nachworten spüren die Übersetzerin und Lange-Spezialistin Inka Marter und die argentinische Autorin und Aspekte-Preisträgerin María Cecilia Barbetta der Bedeutung dieses Klassikers und seiner bemerkenswerten Autorin nach.
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Mit vierzehn Jahren war es eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, gewaltig zu schreien und, wenn ich nicht mehr konnte, zu lachen, erst leise und dann immer lauter zu lachen, bis das Gelächter im ganzen Block erschallte. Susana und Eduardo saßen ganze Nachmittage mit mir vor den Türen der Nachbarhäuser, und wir lachten, bis die Bewohner uns baten zu gehen.
Andere Male setzte ich mir einen breitkrempigen Männerhut auf und kletterte in einen Poncho gehüllt auf das Küchendach, von wo aus ich ins Innere der umliegenden Häuser blicken konnte; und nachdem ich ein paar Steine auf das Blechdach geworfen hatte, um die Aufmerksamkeit der Nachbarn zu gewinnen, begann ich meine Rede. Gleich nachdem ich zwei oder drei Wörter in unterschiedlichen Sprachen gebrüllt hatte, rief ich alle Nachbarn mit dröhnender Stimme bei ihren Namen, und wenn einige besorgte Köpfe über den Gartenmauern erschienen, erlangten meine Stimme und meine Gestik solch einen Nachdruck, daß meine Schreie schließlich von den Türen widerhallten, von den Fensterscheiben und den Zinkdächern. (…)
In den Poncho gehüllt, mit rotem Gesicht, den Hut über die Augen gezogen, führte ich meine Aufgabe, die in der Regel über eine Stunde dauerte, unbeirrbar fort, bis ich schließlich dann ohne Stimme sehr ernst hinunterkletterte und mich in meinem Zimmer einschloß.