Osterloh / Wixforth | Unternehmer und NS-Verbrechen | Buch | 978-3-593-39979-9 | sack.de

Buch, Deutsch, Band 23, 413 Seiten, Großformatiges Paperback. Klappenbroschur, Format (B × H): 141 mm x 213 mm, Gewicht: 524 g

Reihe: Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts

Osterloh / Wixforth

Unternehmer und NS-Verbrechen

Wirtschaftseliten im »Dritten Reich« und in der Bundesrepublik Deutschland

Buch, Deutsch, Band 23, 413 Seiten, Großformatiges Paperback. Klappenbroschur, Format (B × H): 141 mm x 213 mm, Gewicht: 524 g

Reihe: Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts

ISBN: 978-3-593-39979-9
Verlag: Campus Verlag GmbH


Die Verbrechen, an denen Unternehmer im 'Dritten Reich' beteiligt waren, reichen von heiklen Rüstungsgeschäften und Transaktionen zur wirtschaftlichen Ausbeutung der besetzten Gebiete über die skrupellose Ausnutzung von Zwangsarbeit bis hin zur Verfolgung, Ausplünderung und Ermordung der europäischen Juden. Wie aber gingen Unternehmer, die sich bereitwillig auch auf die rassistisch motivierten Ziele der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik eingelassen hatten, nach 1945 mit ihrem 'Erfolg' im 'Dritten Reich' um? Verdrängten sie ihr hohes Maß an Kollaboration und Anpassung oder arbeiteten sie es bewusst auf? Welche Verhaltensweisen und welche Rechtfertigungsmuster lassen sich hierbei erkennen? Wie erlebten jüdische Unternehmer ihre Ausschaltung aus dem Wirtschaftsleben und die Judenverfolgung? Welche Erfahrungen machten sie bei der 'Wiedergutmachung' nach 1945?
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Weitere Infos & Material


Inhalt
Jörg Osterloh, Harald Wixforth
Einleitung 9
I. Die Perspektive der Opfer
Martin Münzel
Die jüdischen Mitglieder der ökonomischen Elite Frankfurts nach 1933
Aspekte der Ausschaltung aus dem Wirtschaftsbürgertum des NS-Staats 33
Benno Nietzel
Verfolgung, Beraubung und der Kampf um die Erinnerung
Jüdische Unternehmer aus Frankfurt am Main zwischen Nationalsozialismus und Nachkriegszeit 65
Lars-Dieter Leisner
Von Entrechteten zu Berechtigten?
Die Restitution des Juden in Bremen entzogenen Umzugsguts aus der Perspektive der Opfer 87
II. Die Industrie
Thomas Urban
"Wendig sein und anpassen!"
Robert Kabelac und die Leitung der Bremer Vulkan-Werft im Zweiten Weltkrieg 111
Ralf Banken
"Vergangenheitsbewältigung" im Degussa-Konzern
Der lange Weg von der Verdrängung zur vollständigen Aufarbeitung 143
Stephan H. Lindner
Schatten der Vergangenheit oder personeller Neubeginn?
Die Farbwerke Hoechst nach dem Zweiten Weltkrieg 155
Sebastian Brünger
Der Vergangenheit eine Form geben
Mentale Kontinuitäten nach 1945 am Beispiel des IG-Farben-Prozesses und Fritz ter Meers 183
Lutz Budrass
Der Preis des Fortschritts
Ernst Heinkels Meistererzählung über die Tradition der deutschen Luftfahrtindustrie 217
III. Die Kreditwirtschaft
Christopher Kopper
Dekonstruktion einer erfolgreichen Selbstinszenierung
Hjalmar Schacht und seine "Vergangenheitsbewältigung" in der frühen Bundesrepublik 253
Harald Wixforth
Ein Bankier während und nach dem Holocaust
Die wechselvolle Karriere des Hugo Ratzmann 269
Harald Wixforth
A Man for All Seasons Revisited?
Anmerkungen zu Hermann Josef Abs und seiner Rolle während und nach der NS-Zeit 299
IV. Neue Anstöße zur Vergangenheitsbewältigung
Sven Keller, Jürgen Finger
Der Bielefelder Kunsthallenstreit 1968
Mäzenatentum, Memoria und NS-Vergangenheit im Hause Oetker 331
Henning Borggräfe
Deutsche Unternehmen und das Erbe der NS-Zwangsarbeit
Verlauf und Folgen des Streits um Entschädigung seit den 1990er Jahren 363
Abkürzungen 391
Auswahlbibliographie 395
Autoren 401
Personenregister 407


Einleitung
Nach Ansicht prominenter Forscher bedeutete das NS-Regime den "totalen moralischen Bankrott einer hochmodernen Industriegesellschaft im Herzen Europas". Über die Gründe für diese Entwicklung wird bis heute intensiv diskutiert: Traf sie auf alle Teile der deutschen Gesellschaft zu? Welche sozialen Gruppen und Schichten waren besonders von der moralischen Verwüstung betroffen? Und welches waren die Mechanismen, die diesen Prozess verursacht hatten?
Bei der Beantwortung dieser Fragen stand in den letzten Jahren häufig die wirtschaftsbürgerliche Elite im Zentrum. Ausgelöst durch Sammelklagen gegen deutsche Konzerne in den USA und befördert durch eine lange und kontroverse öffentliche Debatte über Schuld und Verantwortung der Wirtschaft im "Dritten Reich", sahen sich viele Unternehmen ab Mitte der 1990er Jahre gezwungen, sich endlich ihrer Vergangenheit zu stellen. Die Zeit des Beschweigens und Verdrängens schien beendet. Bohrenden Fragen konnten deutsche Unternehmen nun ebenso wenig mehr ausweichen wie den durch neue Quellenfunde in mittel- und osteuropäischen Archiven ausgelösten Diskussionen über die Rolle von Unternehmern in der NS-Zeit. Zahlreiche historiographische Untersuchungen entstanden, oftmals von den Firmen selbst initiiert. Ihre Ergebnisse sind oft erschreckend: Viele Studien zu bekannten Unternehmen und Unternehmerfamilien kommen zu dem Schluss, dass eine hohe Anpassungsbereitschaft, ein ungezügeltes Profitstreben unter den neuen, politisch repressiven Bedingungen und der Verfall eines zuvor über Jahrzehnte tradierten Normen- und Wertekodexes dominierten. Viele Unternehmer waren sehr schnell bereit, um ihres Geschäfts willen enge Allianzen mit dem Herrschaftsapparat einzugehen, wobei sie sich schrittweise in die nationalsozialistischen Verbrechen verstrickten, sie teilweise sogar selbst forcierten.
Was waren die Ursachen für ein solches Verhalten? Einige Forscher verweisen zurecht auf die wenig spektakulären, aber auch während des NS-Regimes lange Zeit gültigen Mechanismen der privatkapitalistischen Wirtschaftsordnung: Selbst unter den Bedingungen einer zunehmend durch staatliche Institutionen regulierten Wirtschaft musste sich der jeweilige Unternehmer bemühen, mit der richtigen Strategie im operativen Geschäft seines Betriebs Gewinne zu erzielen, um dessen Fortbestehen zu sichern und auf den Märkten erfolgreich zu sein. Die neuen wirtschaftspolitischen Bedingungen engten die Spielräume für sein unternehmerisches Handeln ein, sie schufen aber auch neue Gestaltungsmöglichkeiten, die konsequent zu nutzen waren. Nach dem österreichischen Ökonomen Joseph Schumpeter werden nur die Unternehmer ihren Aufgaben gerecht, die bereit sind, möglichst rasch neue wirtschaftliche und politische Bedingungen in ihre Strategiebildung zu implementieren und dadurch einen unternehmerischen Erfolg für ihre Betriebe zu generieren. Einige Autoren vertreten dagegen die These, dass, weil viele Unternehmer sich unter politisch wie wirtschaftlich schwierigen Rahmenbedingungen auf ihr Geschäft konzentrierten, die Reflexion über das Wesen des NS-Staats und seine Ziele zweitrangig blieb - oder gar nicht erst stattfand. Traditionelle rechtliche Normen seien daher im deutschen Unternehmertum während des "Dritten Reichs" vielfach ebenso auf der Strecke geblieben wie traditionelle ethische Werte.
Das NS-Regime etablierte einen neuen Moralkodex für die "Volksgemeinschaft". Dieser eröffnete Unternehmern zugleich Handlungsspielräume, die lange Zeit als unmoralisch und mit dem Wertesystem eines "ehrbaren Kaufmannes" unvereinbar galten, sich jetzt aber als Garanten für unternehmerischen Erfolg entpuppten. Idealtypisch lässt sich dies an prominenten Aufsteigern im deutschen Unternehmertum während des NS-Regimes ablesen, etwa an den Großindustriellen Friedrich Flick und Günther Quandt. Ist ein solches Urteil zu hart, wenn man in Rechnung stellt, dass auch Unternehmer Teil von Hitlers "Volksgemeinschaft" waren? Der NS-Staat lud


Jörg Osterloh, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main. Harald Wixforth, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte an der Universität Bochum.


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