Barker / Buchanan–Barker | Das Gezeiten–Modell | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 296 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 225 mm, Gewicht: 438 g

Barker / Buchanan–Barker Das Gezeiten–Modell

Der Kompass für eine recovery–orientierte, psychiatrische Pflege
2., überarbeitete und erweiterte Auflage 2020
ISBN: 978-3-456-96034-0
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Der Kompass für eine recovery–orientierte, psychiatrische Pflege

E-Book, Deutsch, 296 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 225 mm, Gewicht: 438 g

ISBN: 978-3-456-96034-0
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Das Gezeitenmodell von Phil Barker und Poppy Buchanan-Barker umschreibt eine recovery-orientierte psychiatrische Dienstleistung, deren Ausgangspunkt die menschliche Erfahrung psychischer Erschütterungen ist. Im Zentrum stehen nicht Diagnosen, sondern die persönlichen Geschichten und Erfahrungen von Menschen mit psychischen Lebensproblemen. Mit diesem Modell können Fachpersonen ihre Angebote personenzentriert umsetzen. Im ersten Teil wird, nach einem Interview mit den Autoren, in das Gezeiten-Modell eingeführt. Es werden die 10 Verpflichtungen, die Überzeugungen für gezeitenorientierte Praktiker sowie die 20 sich daraus ableitenden Befähigungen und die dem Modell zugehörige Live-Dokumentation dargestellt.
Die folgenden drei Teile widmen sich den drei Dimensionen: des Selbst, in der der Schwerpunkt im Aufbau einer brückenschlagenden Beziehung und der Erstellung eines persönlichen Sicherheitsplans liegt, der Dimension Welt, in der ein ganzheitliches Assessment erfolgt und der Dimension der Anderen, deren Hauptaugenmerk auf Gruppenarbeit liegt.
Die praktische Umsetzung und wissenschaftliche Verordnung des Gezeiten-Modells schließen sich im letzten Teil an. Neu in der 2. Auflage finden sich ergänzende Beiträge zur Anwendung des Modells in der Akutpsychiatrie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und der gerontopsychiatrischen Pflege.
Das Original recovery-orientierter psychiatrischer Pflege von Barker - Menschen mit psychischen Lebensproblemen als Erfahrungsexperten verstehen, ihren Geschichten zuhören und mit ihnen nach Wegen psychischer Unterstützung suchen.

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Zielgruppe


Pflegefachpersonen, psychiatrisch Pflegende

Weitere Infos & Material


1;Inhaltsverzeichnis, Danksagung, Widmung und Vorwort;7
2;Interview mit Phil Barker und Poppy Buchanan-Barker;21
3;Ru?ckforderung – Die Kunst des Möglichen;31
3.1;1. Das Gezeiten-Modell – Die ersten 10 Jahre Entwicklung und Wandel;33
3.1.1;Klinik oder Gemeinde – klinische oder häusliche Pflege;34
3.1.2;Normale Sprache;34
3.2;2. Was ist das Gezeiten-Modell?;35
3.3;3. Einfu?hrung;39
3.3.1;Was ist das Problem?;39
3.3.2;Probleme menschlichen Lebens;40
3.3.3;Die zentrale Gezeiten-Frage;41
3.3.4;Komplexe Probleme – und einfache Lösungen;42
3.3.5;Von der Person lernen;43
3.3.6;Leben mit dem Chaos – Lernen aus Erfahrung;44
3.3.7;Der fu?rsorgende Lebensretter;44
3.3.8;Der Strom des Wandels;45
3.3.9;Das wechselnde Antlitz des Wassers;46
3.3.10;Die Gezeiten-Metapher;47
3.3.11;Hören Sie auf, so hart zu arbeiten;49
3.4;4. Die 10 Verpflichtungen;51
3.4.1;Gezeiten-Werte;51
3.4.2;Die 10 Verpflichtungen und ihre Befähigungen;51
3.5;5. Das Gezeiten-Modell im Überblick;55
3.5.1;Gezeiten-Überzeugungen;55
3.5.2;Die Gezeiten-Metapher;56
3.5.3;Weitere zentrale Fragen;57
3.5.4;Das Pflegekontinuum;58
3.5.4.1;Die Notwendigkeit unmittelbarer Betreuung;59
3.5.4.2;Die Notwendigkeit fu?r Wachstumsbegleitung;60
3.5.4.3;Übergangspflege;61
3.6;6. Die drei Dimensionen;65
3.6.1;Die Dimension Selbst;65
3.6.2;Die Dimension Welt;66
3.6.3;Die Dimension Andere;66
3.7;7. Die Macht der Live-Dokumentation;69
3.7.1;Die Vorteile des «In-situ»-Dokumentierens;69
3.7.2;Vorteile der Live-Dokumentation;69
4;Die Dimension des Selbst – Entwickeln emotionaler Sicherheit;71
4.1;8. Bru?cken schlagen;73
4.1.1;Das Leben und seine vielen Risiken;73
4.1.2;Bru?cken schlagen – Aufbau emotionaler Sicherheit;74
4.1.2.1;Von Beziehungen zu Partnerschaften;74
4.1.2.2;Beobachtung und Risiko;75
4.1.2.3;Von Begegnung zum Bru?ckenschlagen;75
4.1.2.4;Bru?ckenschlagen – Was Sie sehen, bekommen Sie auch!;76
4.1.2.5;Der Zweck des Bru?ckenschlagens in psychiatrischen Dienstleistungen;78
4.1.2.6;Bru?ckenschlagen – Einige einfache Beispiele;78
4.1.3;Die «Hochrisiko»-Situation;79
4.1.4;Die signifikante Risikosituation;80
4.1.5;Die risikoarme Situation;81
4.1.6;Die «gefahrenfreie» Situation;82
4.1.7;Mensch sein – kreativ sein;83
4.2;9. Das Monitoring-Assessment;85
4.2.1;Emotionale Bedrohung erkunden;85
4.2.2;Das Assessment im Überblick;86
4.2.2.1;Die Wahl des Zeitpunkts;89
4.2.3;Charakteristische Merkmale;89
4.3;10. Der persönliche Sicherheitsplan;91
4.3.1;Von der Pflege zur Selbsthilfe;91
4.3.1.1;Sicherheit und Geborgenheit;92
4.3.1.2;Anschauliches Beispiel;93
5;Die Dimension Welt;97
5.1;11. Das ganzheitliche Assessment;99
5.1.1;Das Erzählen der Geschichte;99
5.1.2;Wie lauten die Zielsetzungen des ganzheitlichen Assessments?;100
5.1.3;Wie lauten die Zielvorgaben des ganzheitlichen Assessments?;101
5.1.4;Wann sollte das Assessment ausgefu?llt werden?;102
5.1.5;Wie sollte das Assessment durchgefu?hrt werden?;102
5.1.6;Wie sollte das Assessment dokumentiert werden?;103
5.1.7;Wer sollte das Assessment ausfu?llen?;103
5.1.8;Sollte noch jemand anderes am Assessment beteiligt sein?;104
5.1.9;Wie oft sollte das Assessment wiederholt werden?;104
5.1.10;Ausfu?llen des ganzheitlichen Assessments;104
5.1.10.1;Einfu?hrung;105
5.1.10.2;Übersicht des Problems oder Bedu?rfnisses;105
5.1.10.2.1;Anschauliche Beispiele;105
5.1.10.3;Urspru?nge des Problems («So begann alles»);106
5.1.10.3.1;Anschauliche Beispiele;106
5.1.10.4;Fru?here Problemfunktion («So wirkte es sich auf mich aus»);106
5.1.10.4.1;Anschauliche Beispiele;106
5.1.10.5;Fru?here Emotionen («So fu?hlte ich mich zu Anfang»);107
5.1.10.5.1;Anschauliche Beispiele;107
5.1.10.6;Entwicklungsverlauf («So haben sich die Dinge mit der Zeit verändert»);107
5.1.10.6.1;Anschauliche Beispiele;107
5.1.10.7;Beziehungen («So beeinträchtigte dies meine Beziehungen»);107
5.1.10.7.1;Anschauliche Beispiele;108
5.1.10.8;Aktuelle Emotionen («So fu?hle ich mich jetzt»);108
5.1.10.9;Ganzheitlicher Inhalt («Was bedeutet das meiner Ansicht nach?»);108
5.1.10.9.1;Anschauliche Beispiele;108
5.1.10.10;Ganzheitlicher Kontext («Was sagt all dies u?ber mich als Person aus?»);109
5.1.10.10.1;Anschauliche Beispiele;109
5.1.10.11;Erfordernisse, Bedu?rfnisse und Wu?nsche («Was muss jetzt geschehen/was möchte oder wu?nsche ich, das als nächstes geschieht?»);109
5.1.10.11.1;Anschauliche Beispiele;109
5.1.10.12;Erwartungen;110
5.1.10.12.1;Anschauliche Beispiele;110
5.1.10.13;Evaluieren des Problems;110
5.1.10.14;Persönliche Ressourcen;111
5.1.10.14.1;Wichtige Menschen;112
5.1.10.14.2;Wichtige Gegenstände;112
5.1.10.14.3;Die wichtigen Vorstellungen u?ber das Leben;112
5.1.10.15;Lösung des Problems oder Bedu?rfnisses;112
5.1.10.16;Woran erkenne ich, dass das Problem gelöst oder das Bedu?rfnis befriedigt wurde?;113
5.1.10.17;Was muss sich ändern, damit dies geschieht?;113
5.1.10.18;Abschluss des Assessments;114
5.2;12. Die Einzelsitzung;115
5.2.1;Zuru?ckfordern der Geschichte;115
5.2.2;«In-Gang-Bringen» der Person;116
5.2.3;Zweck;116
5.2.4;Anschauliches Beispiel;117
5.2.5;Kooperation, Pflege und Kommunikation;123
6;Die Dimension der Anderen – Gruppenarbeit nach dem Gezeiten-Modell;125
6.1;13. Die Gezeiten-Gruppe;127
6.1.1;Menschsein allgemein;127
6.1.2;Die drei Gezeiten-Gruppen;128
6.1.2.1;Die Entdeckungsgruppe;129
6.1.2.1.1;Die Moderatoren;130
6.1.2.1.2;Die gesprächsorientierte Struktur;130
6.1.2.1.3;Beispielfragen;131
6.1.2.1.4;Timing der Entdeckungsgruppe;133
6.1.2.2;Die Informationsgruppe;133
6.1.2.2.1;Organisieren der Gruppe;134
6.1.2.2.2;Timing der Informationsgruppe;134
6.1.2.3;Die Lösungsgruppe;135
6.1.2.3.1;Organisation der Gruppe;135
6.1.2.3.2;Gruppenstruktur;135
6.1.2.3.3;Menschen «in Gang bringen»;136
6.1.2.3.4;Erlaubnis einholen;137
6.1.2.3.5;Gruppenempathie und -sympathie;137
6.1.2.3.6;Der Beginn einer Lösung?;138
6.2;14. Noch einige Gedanken;139
7;Gezeiten-Modell – Umsetzung und Diskurs;141
7.1;15. Die praktische Umsetzung der 10 Verpflichtungen;143
7.1.1;Wie alles begann;143
7.1.2;Erste Schritte;143
7.1.3;Das Projekt;145
7.1.3.1;Die Arbeit mit den Verpflichtungen und Befähigungen;146
7.1.3.2;Die Besprechungen;146
7.1.3.3;Das Arbeitsblatt;146
7.1.3.4;Ablauf der Besprechungen;148
7.1.3.4.1;Ru?ckschau;148
7.1.3.4.2;Vorschau;148
7.1.3.4.3;Abschluss;149
7.1.3.4.4;Dokumentation;149
7.1.3.5;Ergebnisse;150
7.1.3.5.1;Schlussrunde der Tidal-Besprechungen;150
7.1.3.5.2;Projekttagebuch;151
7.1.4;Literatur;152
7.2;16. Das Gezeiten-Modell im Spiegel der wissenschaftlichen Diskussion;153
7.2.1;Zwei konträre Denkschulen – der Barker-Gournay-Diskurs;155
7.2.2;Das Gezeiten-Modell in der wissenschaftlichen Literatur;159
7.2.3;Das Gezeiten-Modell im Bereich der Pflege in der Jugendpsychiatrie;163
7.2.4;Das Gezeiten-Modell im Bereich der Pflege in der Forensik;164
7.2.5;Das Gezeiten-Modell im Bereich der Pflege von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen;165
7.2.6;Praxisberichte u?ber die Arbeit mit dem Gezeiten-Modell;166
7.2.7;Zusammenfassung;167
7.2.8;Literatur;168
7.3;17. Erfahrungen mit dem Gezeiten-Modell;171
7.3.1;Zielsetzung;172
7.3.2;Zeitpunkt und Zeitraum;173
7.3.3;Wer fu?llt die Assessmentbögen aus?;175
7.3.4;Rahmenbedingungen und erforderliche Kompetenzen;176
7.3.5;Anpassungen/Limitationen;177
7.3.6;Die einzelnen Bestandteile des Assessments;178
7.3.6.1;Monitoring;178
7.3.6.2;Persönlicher Sicherheitsplan;181
7.3.6.3;Das Aufnahmeassessment;183
7.3.6.4;Entstehung und Auswirkung;189
7.3.6.5;Bedeutung;190
7.3.6.6;Evaluieren des Problems;192
7.3.6.7;Ressourcen;194
7.3.6.8;Zielformulierung;196
7.3.6.9;Protokoll der Einzelsitzung;197
7.3.7;Wirkung;200
7.3.8;Literatur;201
7.4;18. Das Gezeiten-Modell in der ambulanten Psychiatrischen Pflege (APP);203
7.4.1;Was motivierte die Entwicklung und Gestaltung des Gezeiten-Modells?;204
7.4.2;Der Aspekt des Verstehens und die doppelte Handlungslogik;206
7.4.3;Der Pflegeprozess und die Evidenz;208
7.4.4;Die Dualität von Theorie und Praxis;209
7.4.5;Psychiatrisch Pflegende und das Profil des Tuns;212
7.4.6;Gute Psychiatrische Pflege;212
7.4.7;Transfer in die Berufspraxis;226
7.4.8;Der Kreis zwischen Praxis und Theorie schließt sich;229
7.4.9;Zusammenfassung;231
7.4.10;Literatur;232
7.5;19. Das Gezeiten-Modell in der Gerontopsychiatrie;235
7.5.1;Die Gerontopsychiatrie;237
7.5.2;Recovery im Alter;238
7.5.3;Wohlbefinden im Alter;240
7.5.4;Das Gezeiten-Modell bei Menschen mit Demenz;242
7.5.5;Zusammenfassung und Fazit;243
7.5.6;Literatur;245
8;Anhang;247
8.1;Anhang 1 – Das ganzheitliche Assessment;249
8.2;Anhang 2 – Die Einzelsitzung;257
8.3;Anhang 3 – Das Monitoring-Assessment;259
8.4;Anhang 4 – Der persönliche Sicherheitsplan;261
8.5;Anhang 5 – Schnupperkreuzfahrt durch das Gezeiten-Modell;263
9;Weiterfu?hrende Literatur;277
10;Verzeichnis der Autoren und Herausgeber, Sachwortverzeichnis;287


Interview mit Phil Barker und Poppy Buchanan-Barker
Das Gespräch mit den beiden Autoren wurde im Vorfeld dieser Publikation geführt. Die Fragen wurden vom Herausgeberteam gestellt. Lieber Phil, liebe Poppy Die erste Veröffentlichung des Gezeiten-Modells liegt nun einige Jahre zurück. Was ist in der Zwischenzeit geschehen? Seit Erscheinen der ersten Gezeiten-Publikation im Jahre 1998 sind 15 Jahre vergangen. Seither ist viel geschehen. Die wichtigsten Entwicklungen drehen sich um den philosophischen Kern: Wir haben die Definition von Recovery vereinfacht, die wir nun als «Wieder-in-Gang-Kommen» beschreiben. Damit wird berücksichtigt, dass das zentrale Merkmal, nach dem wir bei dieser Person suchen, eine Art «Vorwärtsbewegung» ist. Wir erkennen jedoch an, dass die Person, wie bei den Gezeiten, «zurückfallen» kann und den Prozess der «Vorwärtsbewegung» wieder ganz von vorn beginnen muss. Mit der Entwicklung der 10-Gezeiten-Verpflichtungen haben wir auch die zentralen philosophischen Merkmale des Gezeiten-Modells klarer definiert. Sie stellen «Überzeugungen» dar, die jeder gezeitenorientierte Praktiker haben müsste. Diese Verpflichtungen könnten jedoch auf beliebig viele Weisen zum Ausdruck gebracht oder in die Praxis umgesetzt werden. Dies hat geholfen, dass sich Menschen stärker bewusst machen, dass das Gezeiten-Modell flexibel ist, was den Praktiker zu Kreativität ermutigt. Auf Bitten eines Pflegedirektors, dessen Dienstleistung sich an dem Gezeiten-Modell orientierte, entwickelten wir 2003 die 20 Gezeiten-Befähigungen. Er wünschte sich einen einfachen Weg, um zu beurteilen oder einzuschätzen, ob die Fachpersonen die 10-Verpflichtungen umsetzten oder nicht. Die 20 Gezeiten-Befähigungen wurden durch die Leitungen von Einrichtungen – zusammen mit den 10-Verpflichtungen – weithin eingesetzt, um auf diese Weise Pflegepolitik oder die Recovery-Philosophie insgesamt innerhalb der Einrichtung zu vertiefen. In den vergangenen 15 Jahren haben wir auch einige Aspekte der Gezeiten-Praxis – vor allem unsere Beschreibung der «Einzelsitzung», des «Sicherheitsplans» und der drei Arten von Gruppenarbeit – verfeinert. Diese unterscheiden sich alle deutlich von den Prozessen, die wir erstmals in den späten 90er Jahren entwickelten. Wir halten sie jetzt für viel einfacher oder eleganter. Das Gezeiten-Modell wurde ins Japanische und ins Dänische übersetzt und erlaubt Fachpersonen, die der englischen Sprache nicht mächtig sind, das Modell in ihrer Praxis zu studieren und anzuwenden. Ursprünglich wurde das Gezeiten-Modell für den Einsatz in akutpsychiatrischen Einrichtungen und kommunalen Settings entwickelt. In den vergangenen 15 Jahren wurde es in Programme der Forensik, der Rehabilitation und des Drogen- bzw. Substanzmissbrauchs eingeführt. Es wurde auch in Einrichtungen für Menschen mit psychiatrischen Diagnosen aller Art, für Menschen mit Lernbehinderungen, mit Erkrankungen des autistischen Spektrums und in Frühstadien der Demenz angewandt. Ursprünglich wurde das Gezeiten-Modell als Pflegemodell entwickelt. In den vergangenen 15 Jahren hat eine Reihe anderer Berufsgruppen der Gesundheitsversorgung und der Sozialfürsorge das Modell in ihre Praxis übernommen, z. B. Ergotherapeuten, Sozialarbeiter, Berater, Physiotherapeuten und Psychiater. Wir sind uns darüber im Klaren, dass das Gezeiten-Modell zunehmend auch auf nichtstaatliche Settings eingesetzt wird, in denen viele praktisch Tätige keine formale Qualifikation zur Gesundheitsversorgung oder Sozialfürsorge haben, darunter Projekte, in denen die Mitarbeiter unter Umständen zuvor «Patienten» oder «Klienten» der psychiatrischen Versorgung waren. Seit dem Erscheinen von Dr. Nancy Brookes Kapitel über das Gezeiten-Modell in Nursing Theorists and Their Work (Alligood, 2017)1 wird das Gezeiten-Modell weithin auf Postgraduiertenniveau (Master) studiert, vor allem in den USA und in einigen südamerikanischen Ländern, wo Pflegemodelle und -theorien seit langem geschätzt werden. Wie erklärt Ihr Euch das große Interesse am Gezeiten-Modell? In der Pflege scheint das zunehmende Interesse am Gezeiten-Modell mit der Art zusammenzuhängen, in der es Pflegenden zu klären hilft, wie sie personenzentrierte Pflege leisten könnten: Viele Pflegende sagen uns, man lehre sie die Theorie der «personenzentrierten Pflege», brächte ihnen aber nur selten bei, «wie» man sie praktiziert. Das Gezeiten-Modell scheint jenen Pflegenden zu helfen, den Zusammenhang zwischen der zentralen Philosophie, der Theorie und der Praxis zu erkennen. Am häufigsten sagen uns Pflegende: «Das Gezeiten-Modell erinnert mich daran, warum ich eigentlich mit Pflege begonnen habe.» Viele Pflegende haben uns erzählt, ihre ursprüngliche Berufung habe darin bestanden, Menschen zu helfen, dass es ihnen besser gehe. Zunehmend stellten sie jedoch fest, dass ihre Arbeit letztlich darin bestand, sich auf Dokumentation, das Verfassen von Berichten und Verwaltungstätigkeiten zu konzentrieren. Die eigentliche pflegerische Tätigkeit hat eher beaufsichtigenden Charakter angenommen, indem Medikamente ausgegeben und Türen verschlossen werden, in dem Versuch, leidende Menschen zu kontrollieren und in Gewahrsam zu halten. Solche Aspekte der Rolle mögen zwar wichtig sein, haben aber jeden Versuch, «therapeutisch» zu sein, überlagert. Auch hier sagen uns Pflegende, man habe sie zwar die «Theorie» von «therapeutischen Beziehungen» gelehrt, jedoch hätten sie nur wenig spezifische Anleitung erhalten, «wie» man sie praktiziere. Das Gezeiten-Modell stützt auch Pflegende und andere Praktiker, die an einer recovery-orientierten Praxis interessiert sind. In den meisten Settings der psychiatrischen Gesundheitsdienstleistungen sind Pflegende zahlenmäßig die größte Berufsgruppe. Oft wurde jedoch die therapeutische Rolle der Pflegenden ausgehöhlt, mit der Folge, dass andere Mitglieder des Teams die «Therapie» leisten, während die Pflegenden nur unspezifische Versorgung oder Unterstützung leisten. Das Gezeiten-Modell bietet einen Weg, auf dem Pflegende ihre therapeutischen Rollen wieder einfordern können, indem sie eine therapeutische Form der Versorgung leisten, welche die von anderen Teammitgliedern geleistete Versorgung oder Behandlung ergänzen kann. Andere Berufsgruppen haben erkannt, dass sie in der Praxis des Gezeiten-Modells eng mit Pflegenden zusammenarbeiten können. Ein Professor für Psychiatrie sagte: «Es sind nicht nur Pflegende, die ‹caring› betreiben – ich bin Arzt und auch ich betreibe ‹caring›2.» Dieser Psychiater hat geholfen, das gesamte Team – Pflegende, Ärzte und verschiedene Therapeuten – zu ermutigen, in der praktischen Anwendung des Gezeiten-Modells eng zusammenzuarbeiten. Dies hat zu einem stringenteren Teamansatz geführt. Auch die Ansichten der Menschen, die «Patienten» oder «Klienten» der Einrichtung sind, waren extrem wichtig für das zunehmende Interesse am Gezeiten-Modell. Bei allen Projekten, an denen wir beteiligt waren, war die Unterstützung von «Patienten» sehr bedeutsam. In den Settings, in denen formelle Auditierungen oder Forschungsevaluationen durchgeführt wurden, ergab sich eine Menge aussagefähiger Belege, die den Wert verdeutlichen, den Patienten und deren Familien dem Gezeiten-Modell beimessen. Der einzigartige Schwerpunkt des Gezeiten-Modells, die eigenen Worte der Person zu verwenden, wird von Patienten und deren Familien sehr geschätzt und würdigt, dass Menschen geholfen werden kann, ihre eigenen Lösungen für ihre gegenwärtigen Schwierigkeiten zu finden. Viele Fachpersonen, die das Gezeiten-Modell in ihre tägliche Arbeit integrieren möchten, stehen vor der Frage: «Wie kann ich mit dem Modell zu arbeiten beginnen? Was ist der erste Schritt und wo liegen die Stolpersteine?» Zuerst einmal müssen Fachpersonen daran interessiert sein, auf personen- und recovery-orientierte Weise zu arbeiten. Wir haben stets gesagt, dass es nicht das Gezeiten-Modell ist, das «arbeitet». Es geht vielmehr darum, wie die Fachpersonen das Gezeiten-Modell einsetzen. Viele Fachpersonen möchten dem Patienten einen Rat geben oder auf ihre gegenwärtigen Probleme eingehen. All solche Ambitionen müssen Fachkräfte zur Seite legen, da sie jeden Versuch stören, der Person beim Verstehen ihrer eigenen Probleme und beim Entdecken ihrer eigenen Lösungen zu helfen. Fachkräfte müssen von der Person lernen, was «funktioniert» oder «hilfreich ist», statt zu versuchen, zu beraten oder Anweisungen zu geben. Praktisch gesprochen muss als Erstes das Handbuch des Gezeiten-Modells studiert werden. Als Nächstes müssen Praktiker Aspekte des Gezeiten-Modells aneinander üben, um allmählich zu lernen, wie man auf diese Weise arbeitet, und um allfällige Probleme zu lösen, bevor sie mit vulnerablen Patienten zu arbeiten beginnen. Wenn man Autofahren lernt, beginnt man in einer ruhigen Straße mit Unterstützung eines erfahren Fahrers. Niemand lernt Autofahren als Erstes auf der Autobahn! In unseren Workshops ermutigen wir Fachpersonen stets dazu, in Übungssitzungen ihre eigenen persönlichen Erfahrungen von Leid oder Alltagsprobleme zu verwenden. Auf diese Weise können sie einen echten Eindruck gewinnen, wie das Gezeiten-Modell «funktioniert». Sie können allmählich einen Eindruck davon gewinnen, wie diese Erfahrung für den Patienten sein könnte....



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