E-Book, Deutsch, 366 Seiten
Baum Folk Voices
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7597-9848-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
oder das Skelett von La Matanza
E-Book, Deutsch, 366 Seiten
ISBN: 978-3-7597-9848-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein nostalgischer Trip in die Vergangenheit, ein unkonventionelles Rechercheteam, ein Stall voller Emotionen und ein kräftiger Schuss Humor. Bruno Kern und Monika Littner haben einen Schlussstrich unter ihr altes Leben gezogen und sind auf Teneriffa gelandet. Sie war die umtriebige Managerin eines Erotik-Clubs namens Casa Fantasia. Er ist ein gefragter Schriftsteller und war über viele Jahre ihr treuester Kunde. Die ungewohnte Zweisamkeit stellt sie vor große Herausforderungen, aber sie reden nicht darüber. Was sie nach wie vor verbindet, ist der fantasievolle Sex. Aber reicht das auf Dauer für eine gemeinsame Zukunft? Da geschieht etwas, das dem Aussiedler-Leben der beiden eine neue Wendung gibt und sie ungewollt in ein aufregendes und sehr turbulentes Abenteuer verwickelt. Eine alte Freundin braucht dringend ihre Hilfe, denn sie hat eine mysteriöse Nachricht aus dem Jenseits erhalten. Was folgt, ist eine spannende, skurrile, aber auch humorvolle Recherche, um seltsame Botschaften und Hinweise aus der Vergangenheit. Bei ihrer Suche nach der Wahrheit, treffen Bruno und Moni auf alte und neue Blumenkinder und werden von zwei sehr speziellen Freundinnen aus der Casa Fantasia unterstützt. Bei der Aufklärung der geheimnisvollen Geschehnisse um eine alte Folkband, wachsen der narzisstische Einsiedlerkrebs und die selbstbewusste Emanze immer weiter zusammen.
Manfred Baum, geboren 1960, schreibt bereits seit seiner Schulzeit. Danach schlummerte sein literarisches Mitteilungsbedürfnis lange Zeit vor sich hin. Er beschäftigte sich stattdessen mit dem Verfassen von Entwicklungsberichten und Hilfeplänen, im Rahmen seiner sozialpsychiatrischen Berufstätigkeit. Aber dann tauchte plötzlich ein lange vermisster Schuhkarton mit uralten Texten wieder auf und die Leidenschaft war zurück. Er spürte sofort, dass er das alles inzwischen sehr viel besser konnte und machte sich ans Werk.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1. Sinnkrise trifft auf Selbsterkenntnis
Auch heute fiel ihm nichts ein. Bruno Kerns Blick wanderte auf die andere Seite der Bucht, seine Augen fixierten das monströse Betongerippe und er fühlte sich leer und ausgelaugt. Schon seit Wochen ging das so. Warum hatte er sich darauf bloß eingelassen? Moni war ausgeflogen und traf sich mit einer Freundin in El Sauzal. Wenigstens hatte sie eine! Die beiden Frauen ließen es sich bestimmt gutgehen und frühstückten ausgiebig im Café El Paradiso. Dessen Aussichtsterrasse lag sehr idyllisch: im lauschigen Grün, unter hochgewachsenen Palmen und direkt neben einem Wasserfall, inmitten des Parque Los Lavaderos. Über die Bucht hinweg konnten die beiden zu ihm herüberschauen, direkt auf die bunte Mosaikstein-Terrasse. Zwar nur mit einem Fernglas, aber immerhin - theoretisch war es möglich ihn zu sehen und seine frustrierte Miene zu registrieren. Schreibblockade - jetzt schon ziemlich lange. Moni kannte das nur allzu gut, deshalb verzog sie sich lieber und ging ihm aus dem Weg, denn sie mochte seine Launen nicht ertragen. Fast sechs Monate lebten sie nun schon gemeinsam auf Teneriffa, ganz in der Nähe von El Caleton, einem verfallenen Fischerdorf, fast am Ende der Welt. Es lag nur unweit von Puerto de la Cruz und unterhalb der paradiesisch schönen Steilküste. Ganz unten vom Dorf aus musste man sechzehn enge Serpentinen bewältigen, um zurück in die Zivilisation zu gelangen. Oben lag La Matanza, eine typisch kanarische Kleinstadt, direkt an der Inselautobahn. Ihre Finca befand sich genau auf halber Strecke, in der siebten Serpentine und bot einen fantastischen Blick auf die Bucht von El Sauzal. Die enge und marode Straße war eine absolute Katastrophe, aber ihr Anwesen dafür wirklich ein Traum. Es könnte alles perfekt sein - war es aber nicht. Sie hatten es alle beide unterschätzt: ihr neues schönes Leben, die lang ersehnte Zweisamkeit, das Abschließen mit der Vergangenheit, nur noch nach vorne zu schauen und einfach glücklich zu sein. Zwei eingefleischte Einzelkämpfer stellte solch ein Ansinnen vor unglaublich große Herausforderungen. Und so biss sich Bruno einmal mehr in seinem Selbstmitleid fest und glorifizierte die Vergangenheit, anstatt etwas Vernünftiges zu Papier zu bringen. Schwelgte lieber in seinen abgestandenen Erinnerungen und fand es supertoll, wie er früher einmal drauf war. Moni und er kannten sich schon sehr lange und hatten trotzdem erst kürzlich zueinander gefunden. Es war ein bisschen so wie bei "Harry und Sally". Aber bei denen gab‘s ein Happyend und der Film ging recht frohgemut zu Ende. Sie beide dagegen waren auf dem besten Weg sich gleich wieder zu verlieren. Wenn er nur daran denken musste, drückte es sofort kleine Tränchen an seiner Rotznase vorbei. Dabei meinten sie es gut miteinander, sie bemühten sich wirklich, hatten verdammt guten Sex und sie mochten sich sehr. Aber es war wie so oft, wenn zwei schwierige Charaktere aufeinandertrafen, die es gewohnt waren nur ihr eigenes Ding zu machen… Nun aber besser der Reihe nach, denn seine Gehirnwindungen verknoteten sich schon wieder. Gar nicht gut für einen in die Jahre gekommenen Journalisten, der sein Geld damit verdiente, seine geistigen Ergüsse möglichst leserfreundlich in die Tastatur zu hauen. Er war schon seit jungen Jahren als erfolgreicher Autor von Krimis und Thrillern bekannt. Zudem zeichnete sich Bruno Kern als Kenner der Folkrockszene aus und hatte sich auch mit Konzertkritiken und Bandreportagen einen guten Namen gemacht. Der schwierige Charakter war ihm angeboren. Er nutzte diese Floskel, um zu entschuldigen, dass er es schon immer schwer mit den Frauen hatte. Aber wenn man bei seinen allerbesten Freunden nachfragte, dann hatten es die Frauen noch viel schwerer mit ihm. Aber solch infame Behauptungen konnte er einfach nicht ohne Widerspruch stehen lassen. Auch deshalb waren seine sogenannten Freunde über die Jahre immer weniger geworden. Und weil es sich zwischen Bruno und den Damen im alltäglichen Leben so kompliziert gestaltete, lebte er in "Vor-Moni-Zeiten" sehr gerne allein und das war auch immer gut so gewesen. Aber der Mensch wurde halt von seinen Bedürfnissen gesteuert, vor allem der Mann! Für diesen waghalsigen Spruch hätte ihm Moni sofort kräftig den Hinterkopf touchiert. Aber - gekauft wie gesehen und praktischerweise war sie gerade nicht da. So durfte sich diese rein männliche Perspektive in seinen Hirnwindungen heute ungestraft breitmachen. Eigentlich sollte man ja meinen, die Gedanken seien grundsätzlich frei und Bruno könnte sowieso denken, was ihm in den Sinn kam. Theoretisch ja - aber nicht wenn Monika Littner im Raum war und ihn genauso ansah, wie sie es oft zu tun pflegte. Denn sie schaffte es irgendwie, in ihn hineinzuschauen und seine Gedanken vollständig auszulesen. Meist wusste sie ziemlich genau, was in seinem Kopf gerade vor sich ging und ihr blieb deshalb nichts anderes übrig, als ihm immer wieder die Meinung zu geigen und darüber zu sinnieren, warum ein Zusammenleben mit Bruno Kern so anstrengend war. Moni konnte das ziemlich gut, darin war sie Expertin. Sie konnte auch alles andere gut, zum Beispiel das mit dem Bedürfnisse erfüllen - vor allem die sexuellen. Der Satz musste einfach raus - ein richtiger Machokracher - wo sie ihn schon mal nicht hören konnte. Moni arbeitete nämlich ihr halbes Leben lang in der Casa Fantasia, so wurde ein erotischer Themenpark genannt, den man in gewisser Weise mit dem Europapark vergleichen konnte. Nur etwas kleiner und erst ab achtzehn. Die Casa war ganz fest in weiblicher Hand, verdiente ihr Geld aber fast ausschließlich mit den männlichen Bedürfnissen. Den meisten anständigen Menschen ging sofort der Rolladen runter, wenn Bruno von den fantastischen Attraktionen zu schwärmen begann. Viele nahmen sogar ganz unreflektiert und abfällig den Begriff "Puff" in den Mund. Doch aus seiner Sicht traf dieses böse Wort nicht im Entferntesten zu. Er war da lange Jahre ein sehr treuer Stammkunde gewesen und mochte solch eine unschöne Bezeichnung gar nicht gerne hören. Die Mitarbeiterinnen dort hatten auf seine narzisstischen Anwandlungen immer sehr viel Rücksicht genommen, auch wenn sie ihn oftmals veräppelten und für ihr Leben gerne aufzogen. Moni werkelte anfangs selbst noch am Kunden und war dann ganz plötzlich ins Management abgetaucht. Dadurch verloren sich die beiden eine Zeitlang aus den Augen und sie fanden sich erst wieder, als Moni mit jungen vierzig Jahren bereits ab in die Rente sollte. Es war in der Konzeption der Casa-Frauen gemeinsam festgelegt worden, dass sie alle frühzeitig mit dem Arbeiten aufhören mussten. Mit dem Ausstieg aus der Casa wurde ihr gutes Geld ausbezahlt, welches die geschäftstüchtigen Damen gemeinsam erwirtschaftet und vorausschauend angelegt hatten. Moni hatte plötzlich nichts Besseres mehr vor und krallte sich Bruno für ihr Leben danach. Er wehrte sich nicht, da er schon immer in sie verschossen war, ohne sich zu outen. Das Verlieben eines Kunden in eine Frau aus der Casa war natürlich tabu. Deshalb hielt Bruno über all die Jahre brav seine Klappe, um es nicht zu versauen. Und siehe da - es funktionierte. Am Ende kapierte Moni ganz ohne sein Zutun, dass er genau der Richtige für sie war. Er musste sich zwar zum Schein noch ein wenig zieren, aber dann war alles gut - dachte er! Aber jetzt, wo sie allmählich der Alltag einholte, da kamen die eigenbrötlerischen Gewohnheiten der beiden doch immer mehr zum Vorschein. Nur der intensive Körperkontakt war ihnen geblieben. Aber sie hatten sich immer weniger zu sagen und sie machten wieder beide ihr eigenes Ding. Das war ziemlich öde - vor allem, weil Bruno sein Ding gar nicht mehr machen konnte. Hier auf Teneriffa war es wirklich sehr schön, in der Sonne und auch am Pool, mit diesem traumhaften Blick aufs Meer. Aber er bekam seinen Kopf nicht frei und war deshalb unfähig, halbwegs brauchbare Zeilen abzuliefern. Zu allem Elend konnte er auch nicht mehr in die Casa gehen und sich von Monis ehemaligen Kolleginnen ablenken und inspirieren lassen. In seinem Größenwahn hatte er bei seiner Verlegerin bereits einen Vorvertrag für eine Krimireihe unterschrieben. Die sollte natürlich auf Teneriffa spielen - wie originell. Aber er hockte jeden Tag nur wie festgeklebt auf der Terrasse und es fehlte ihm so sehr an Fantasie und guten Ideen. Seinen Frust darüber ließ er an seiner heißgeliebten Monika aus. Ziemlich beschissen, das wusste er natürlich. Und wie ging diese taffe Frau damit um? Sie machte ihr Ding, ließ ihn in Ruhe und schwieg. Offiziell in Rente, war sie ins Management der Casa Fantasia immer noch indirekt eingebunden. Dabei durfte das eigentlich gar nicht sein, soviel zu der scheinheiligen Konzeption dieser selbstbestimmten Weiber. Jeden Tag hing Moni stundenlang am Bildschirm und skypte mit Doro Manz. Die war die Geschäftsführerin der Casa und ihre engste Busenfreundin. Moni schien da so eine Art inoffiziellen Beratervertrag zu haben. Gestern Abend gelang es ihm ganz zufällig aufzuschnappen, wie sich die beiden Frauen über eine Filiale auf Teneriffa unterhielten. Zu allem Überfluss wurde gleich noch heftig über die selbstauferlegte Altersgrenze gelästert. Völlig...