Baumann | Die spinnen, die Deutschen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Baumann Die spinnen, die Deutschen

Expeditionen durch den ganz normalen Wahnsinn

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

ISBN: 978-3-95530-374-7
Verlag: Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



"´Die spinnen, die Deutschen´ ist ein ebenso amüsantes wie lehrreiches Handbuch zum Ist-Zustand unseres Landes und ein Muss für jeden Leser mit ständigem Wohnsitz im Wahnsinn." Tommy Jaud
Thomas Baumann ist durch die Republik gereist, um vor Ort zu erfahren, ob wir nicht doch etwas neben der Spur laufen. Neugierig-kritisch betrachtet er die Deutschen und ihr Selbstverständnis, denn die Welt vermutet seit Jahrhunderten zu Recht: Die spinnen, die Deutschen.
Eine vergnügliche, schräge Wundertüte mit rund fünfzig entwaffnenden Expeditionen zu deutschen Tugenden – von »Wetten, dass …« bis Poetry Slam, von Aldi bis Liz Mohn, von neuer deutscher Rechtschreibung bis Stiftung Warentest. Selbstironisch blicken wir mit ihm in den Spiegel und verfolgen amüsiert sein gekonntes Spiel mit den Vorurteilen, Gemeinplätzen und Schablonen, die sich die Deutschen selbst an den Hals geholt haben...
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Eigenschaften – Werwiewas-wiesoweshalbwarum denn nicht?
"Wir haben gewisse Eigenschaften, um die
uns die Welt beneidet."
Jürgen Klinsmann Das komplette Selbstbild der Deutschen ist Unsinn. Jedes Mal, wenn eine der angeblich so typischen deutschen Tugenden zum Vorschein tritt, meldet sich jemand zu Wort und kreischt lauthals: "Da! Guck mal, wie deutsch der sich verhält! Das ist doch typisch deutsch, oder?" Und alle nicken und sagen, ja wirklich, sieh mal an, lange nicht gesehen, so was so dermaßen typisch Deutsches. Angeblich sind wir gründlich, diszipliniert, ordentlich, fleißig, pünktlich, perfektionistisch, gewissenhaft, autoritätshörig, pflichtbewusst, ernst, kleinlich, antipartyrambazamba. Zudem erwiesen sich in einer vergleichenden Studie mit Briten und Amerikanern "die Deutschen" als härtere Diskutanten, aber auch als schneller beleidigt. Passt das in ein Klischee? Wir männlichen Deutschen wechseln öfter die Unterwäsche als Franzosen. Dabei sind es doch die Nachbarn, die behaupten, mehr der körperlichen Liebe zugetan zu sein. Oder ist das gar kein Widerspruch? Welches Klischee stimmt denn nun? (Bitte beides ankreuzen, zu Ihrer eigenen Sicherheit.) Die Bundesbank vermisst derzeit 14 Milliarden D-Mark, die auch Jahre nach der Euro-Einführung nicht umgetauscht wurden. Nicht 14 Millionen ... 14 Milliarden! Man muss also zweierlei trennen: Wie sind wir im Vergleich zu anderen Nationen? Und wie haben wir uns entwickelt oder verändert? All dies wissenschaftlich zu untersuchen, das sollen Wissenschaftler tun, und ich kann ihnen dabei nur viel Spaß wünschen. Na, nehmen wir doch mal Sie, liebe Leser. Sind Ihre Fingernägel gereinigt und geschnitten? Sitzen Sie in diesem Moment in einem studentischen Saustall voller anmutig gestapelter Pizzaschachteln (nach Farbe sortiert) oder in einer Katalogküche vom Otto-Versand? Blättern Sie in diesem Buch nur ziellos herum, oder lesen Sie es ordentlich von der ersten bis zur letzten Seite? Lesen Sie immer zur selben Uhrzeit? Oder haben Sie heute den Anfang verpasst, weil Sie auf dem Heimweg getrödelt haben, in irgendwelchen internationalen Spielhallen herumgehangen und heimlich mexikanisches Bier getrunken haben? Keineswegs, denn Sie sind eine Deutschlehrerin, die darauf achtet, dass ich den Konjunktiv richtig verwende, die Kommas korrekt setze; Sie machen bei Unklarheiten rote Striche an den Rand und hauen mir am Schluss pflichtbewusst die Fehler-Abrechnung um die Ohren. Wir sind lustig, wir sind irre, wir sind unberechenbar, originell, abwechslungsreich, international, tolerant und total bescheuert ... und das Gegenteil manchmal auch – ehrlich! ?2? HINWEIS DES HERSTELLERS: Hilft nicht bei defekten Klingeln! Bei uns bekommt man in öffentlichen Automaten auf der Straße nicht nur Kaugummis und Plastikschmuck, bei uns können selbst Grundschüler recht problemlos Sachen kaufen wie Zigaretten, Kondome und Fahrradschläuche. Wozu brauchen die Fahrradschläuche? Gestern entschuldigte sich der Kontoauszugsdrucker meiner Bank bei mir, dass er wegen Wartungsarbeiten kommenden Samstag von 12 bis 18 Uhr unpässlich sein werde, und verwies mich an seinen Kollegen drei Straßen weiter. Ich hab’s sofort in meinen Kalender eingetragen. Wir stellen an einer normalen Kreuzung in der Stadt ein halbes Dutzend Verkehrsschilder auf. Na und? Was dagegen? Wir mögen halt Schilder. Wir haben viele verschiedene, und die meisten sehen sehr gut aus. Und wenn man sehr, sehr viele Schilder aufstellt, wird am Ende gar keines beachtet, schon aufgefallen? Wir Deutschen bauen unser größtes Bankenviertel gleich neben die größte vorstellbare Junkies- und Drogenmeile. Oder kamen die Drogen erst mit den Bankern? Davon wollen wir mal nicht ausgehen. Wir sind ungeheuer undiszipliniert, wenn im Supermarkt eine neue Kasse aufmacht. Wir sind alles andere als gründlich, wenn es um das Ausmisten alter Gesetze geht. Und unsere Ordnungsliebe? Suchen Sie mal nach Ordnung an der Gepäckausgabe am Flughafen, wenn ein Urlaubsbomber zurückkommt. Was sich da abspielt, heißt in anderen Kulturen Orgie. Oder schauen Sie mal auf eine durchschnittliche Festplatte! Wie viele Ordner namens "Neuer Ordner" nebeneinander- und übereinandergestapelt sind, wie viele Dateien wie Altreifen wahllos in die Gegend gepfeffert sind mit dem Namen "Dok1". Das wird nur durch der Deutschen MP3-Sammlung übertroffen, in der es von "Track1" nur so wimmelt. Vor die sagenhafte Pünktlichkeit hat der Deutsche die Gleitzeit gesetzt, sodass die Verspätungen einfach nicht mehr auffallen. Und wenn unser Fleiß so berauschend wäre, wie es das Klischee aus dem Preußen des 19. Jahrhunderts immer noch daherleiert, hätten uns in vielen Wirtschaftsfeldern nicht die Asiaten von der Strecke geschubst. Wie es um den Kampfgeist der Bundeswehr bestellt ist, will man gar nicht wissen und fühlt sich dabei eigentlich umso wohler. Über Korrektheit brauchen wir nicht zu reden, wenn wir an das Verhalten beim Autoparken in der Innenstadt von München oder Frankfurt denken. Gewissenhaft handeln wir, wenn wir unsere Steuererklärung pünktlich abgeben, was wir aber an Fantasiezahlen hineingemalt haben ... Übrigens: Der Verein für Zweitnormalität e. V. kämpft für zeitversetzt lebende, lang schlafende Menschen und gegen deren Benachteiligungen bei Öffnungszeiten, Briefträgern und frühen Telefonanrufen und räsoniert: "Ausschlafen ist ein Luxus, den sich vor allem der abhängig beschäftigte zeitversetzt und lang schlafende Mensch nur gegen seine Natur mit verfrühtem Zubettgehen erkaufen kann. Ständiges Zuspätkommen, unnötig schlechte Leistungen und permanenter Gewissensdruck sind die Folgen." Dem Sprichwort "Der frühe Vogel fängt den Wurm" entgegnen die Zweitnormalen: "Wer gern Würmer isst, muss eben morgens früh raus!" Entsprechend sieht auch unser Verhältnis zur Obrigkeit aus, der wir längst nicht mehr so hörig sind wie zu Heinrich Manns Zeiten. Wir rufen sie nur, wenn wir unser Recht wollen, darum sprang der Song "Maschendrahtzaun" fieberhaft auf Platz 1 der Charts. Alle Eigenschaften, die als "deutsche Tugenden" subsumiert werden, dürfen nur noch an einer Stelle gefordert und gelobt werden: im Sport. Eine Fußballmannschaft kann alle denkbaren Hautfarben, Namen, Ethnien und Nabelpiercings haben, solange sie kämpft, diszipliniert aufspielt, die Ordnung hält, so lange ist sie deutsch. Die "Steirische Völkertafel" listete vor fast dreihundert Jahren angeblich typische Eigenschaften der damals wichtigsten Völker Europas auf, und wenn man liest, dass Spanier hochmütig, ehrbar und gläubig sein sollen, Russen boshaft, dumm und verschlafen, wenn Klischees also so fest ins Gedächtnis des "Allgemein-Wissens" gebohrt sind, lohnt sich das Hinsehen auf den Deutschen: "Offenherzig, gewitzt, macht Kleidung anderen nach, verschwenderisch, liebt den Trunk, hat Gicht, Kriegstugend: unüberwindlich, braver Kirchgänger, liebster Zeitvertreib: Trinken, vergleichbares Tier: Löwe, sein Lebensende: im Wein." Wieso Gicht, fragen Sie? Sie gilt als eine typische Folgeerscheinung der Trunksucht. Es fehlt in dieser Aufzählung der Neid, denn kaum irgendwo wird um den Lohn so ein Staatsgeheimnis gemacht. Selbst die Hans-Böckler-Stiftung schaffte es in monatelanger Anstrengung gerade mal, 80 000 Personen zu bewegen, anonym ihr Gehalt preiszugeben, um eine Vergleichsliste zu erstellen. Das sind gerade mal 1 Prozent der DGB-Mitglieder. Es fehlt weiterhin in dieser Aufzählung unsere Debattierfreude. Diskussionen ums Dosenpfand oder Rauchverbot, Streitereien um neue Postleitzahlen oder eine Volkszählung, die Lkw-Maut, die Pkw-Maut, der Anlass kann kaum nichtig genug sein. Und es fehlt ... nun, ich wollte die Bundeswehr betrachten. Ich kommunizierte mit einem Oberstleutnant der Presseabteilung mit der Absicht, mich einmal in einen Offizierslehrgang hineinzusetzen und zu horchen, welche Werte dort vermittelt werden. Die entscheidenden Stellen in unserem mehrere Wochen dauernden Schriftverkehr lauten "Anfrage an den Presse- und Informationsstab des Bundesministeriums weitergeleitet" und "abschließende Billigung nicht erfolgen kann" und "kann mir nur vorstellen, dass ein Übertragungsfehler vorliegt" und schließlich: "Es gibt keinen neuen Sachstand." Wir werden die nächsten fünf Kriege verlieren, so viel ist sicher. Von Deutschland geht keine Gefahr mehr aus. Vorwarnzeit bei Anflug einer Luft-Boden-Rakete fünf Monate und drei Wochen. Wir bitten höflichst alle Nationen und/oder TerroristInnen, die gegen uns Krieg zu führen gedenken, dieses zu beachten, ansonsten kann Ihr Angriff nicht rechtzeitig und ordnungsgemäß bearbeitet werden. Hinweis: Diese Mitteilung wurde vollautomatisch erstellt und richtet sich in erster Linie an sich selbst. Vielen Dank. Der Direktor. Die Langsamkeit ist leider real. Auch Bestatter und Fleißweltmeister Johann Heinrich Karl Thieme, der in einer Rekorddauer von 50 Arbeitsjahren 23 311 Gräber gegraben hat, ist real. Und die reinlichen 46 000 Hamburger, die zum Frühjahrsputz 350 Tonnen Müll sammelten. Leider real. Was sagt der Fachmann in Form des Verlegersohns und Herausgebers des Buchs "Das Beste an Deutschland", Florian Langenscheidt? Er sagt: "Wir müssen den emotionalen Turnaround schaffen. Was unser Land braucht, ist Selbstliebe, nicht Selbsthiebe." Mit emotionalen Turnarounds und anderem Mumpitz haben wir leben gelernt. Denn viel toleranter ist dieses Volk geworden, das noch nie wirklich ein Volk war. Wir sind seit langer Zeit ein Vielvölkerstaat. ...


Thomas Baumann, geb. 1965 in Mannheim, ist ein deutscher Autor.
Er studierte von 1987 bis 1992 Slawistik, Politikwissenschaft und Philosophie an den Universitäten Mannheim, Bonn und Köln. Nach seinem Studienabbruch arbeitete er bis 1994 als Musikjournalist bei der Rock-Zeitschrift Kerrang! in London und bei Visions und Soundcheck. Außerdem schrieb er PR-Texte. Seit 1998 arbeitet er als Comedy-Autor, der Texte für Fernseh-Sendungen wie Switch, RTL Comedy Nacht und Die dreisten Drei schreibt. Heute lebt Baumann in Köln.


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