E-Book, Deutsch, Band 4, 428 Seiten
Reihe: Private Pleasures
Beck Love You Never Ever
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7363-1818-2
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 4, 428 Seiten
Reihe: Private Pleasures
ISBN: 978-3-7363-1818-2
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die Weinliebhaberin und Schlaf begeisterte USA-TODAY-Bestseller-Autorin von modernen, sexy Liebesromanen Samanthe Beck lebt in Malibu, Kalifornien, zusammen mit ihrem langmütigen, aber extrem liebenswerten Ehemann und ihrem Turbosohn. Dazu kommen noch eine pelzige Ninja namens Kitty und Bebe, der fluchende Chihuahua. Sie können sich das Chaos vorstellen. Weitere Informationen unter: samanthebeck.com
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1
Hey, Hübscher, vielleicht lässt du mich das nächste Mal mit deinem Schlagstock spielen? Die Frage, vorgebracht mit einem Lächeln und einem Augenzwinkern, ging West Donovan immer wieder durch den Kopf, während er seinen Streifenwagen über die Route 9 lenkte. Über den Baumwipfeln im Süden sammelten sich Gewitterwolken, aber der bevorstehende Sommersturm konnte seine gute Laune nicht beeinträchtigen. Null Verkehr, nur eine Handvoll Meilen und bloße fünfzig Minuten trennten ihn noch vom Ende der Schicht. Genau in einer Stunde konnte er in Rawley’s Pub sitzen, eine warme Mahlzeit und ein kaltes Bier genießen und, wenn es nach ihm ging, danach eine Cocktailkellnerin mit einer kleinen Schwäche für Polizisten vernaschen. Sie war am vergangenen Freitag ausgesprochen freundlich gewesen, als er zur Happy Hour mit einigen anderen Cops des neu gegründeten Polizeireviers von Bluelick dort gewesen war. Als er seine Rechnung beglich, hatte die Frau sich vorgebeugt und ihm ihre alles andere als unschuldige Einladung ins Ohr geflüstert. Er vermutete, dass sie ihn »Hübscher« genannt hatte, weil sie sich seinen Namen nicht merken konnte. Kein Problem. Sie mochte Schwierigkeiten mit Namen haben, aber das war für ihn kein Ausschlusskriterium. Er hatte einen beachtlichen Teil seines Erwachsenenlebens damit verbracht, zur Zufriedenstellung aller Interessenten zu beweisen, dass man sich nicht beim Vornamen zu nennen brauchte, um gemeinsam ein paar unterhaltsame Stunden zu verbringen. Er schaute auf die Uhr auf dem Armaturenbrett. Er und Callie mit »C« konnten sich die ganze Nacht vergnügen, und sie konnte ihn nennen, wie auch immer sie wollte. Mit den Fingern klopfte er einen Rhythmus auf das Lenkrad, während er die verschiedenen Möglichkeiten durchging. Über ihm grollte der erste Donner. Er fuhr gerade durch eine Kurve, als der erste dicke Regentropfen auf seine Windschutzscheibe klatschte und die Scheinwerfer des Streifenwagens eine Gestalt am Straßenrand erfassten. Man brauchte keine Polizeiausbildung, um zu wissen, dass alles an dieser Gestalt nach Katastrophe schrie – angefangen von dem dürftigen Top, das von schmalen Schultern rutschte, bis hin zu dem winzigen Röckchen, das einen kaum nennenswerten Teil ihrer fohlenhaften Beine bedeckte. Und als Krönung dieses lebenden, atmenden Verstoßes gegen den Kleiderkodex: der ausgestreckte Arm mit dem hochgereckten Daumen in klassischer Anhalter-Pose. Er bremste ab, und die Anhalterin vollführte einen hüftschwingenden Freudentanz, der auch andere Teile ihrer Anatomie in Schwingungen versetzte. Er teilte ihre Begeisterung nicht. Seine Pläne für eine warme Mahlzeit, ein kaltes Bier und eine entgegenkommende Kellnerin sanken in seinem Terminkalender rapide nach unten. Er fuhr an den Straßenrand und schaltete den Motor aus. Dann zählte er im Stillen die Sekunden, bis sie begriff, dass sie eine Fahrt mit den Bullen ergattert hatte. Drei … zwei … eins. Der Tanz fand ein so abruptes Ende, dass er beinahe gelacht hätte. Dann traf sie die am wenigsten logische, aber vorhersehbarste Entscheidung überhaupt. Sie sammelte ihre Sachen ein und verschwand in die entgegengesetzte Richtung. Jedenfalls mehr oder weniger. Das Gewicht ihrer Taschen verhinderte ein schnelles Entkommen. »Gute Idee, Schlaukopf«, brummte er. »Wir befinden uns mitten im Nirgendwo. Was zur Hölle denkst du, wo du hingehst?« Er stülpte sich seine Mütze auf den Kopf und stieg aus dem Wagen. Ein Donnerschlag wie ein Kanonenschuss zerriss den Himmel. Sekunden später drosch Regen auf den Asphalt ein. Der zornige Rhythmus übertönte seinen leidgeprüften Seufzer. Es würde kein Problem sein, sie einzuholen, aber ehrlich gesagt war er nicht in der Stimmung für ein Wettrennen zu Fuß. Er holte tief Luft und brüllte: »Halt«, und zwar in dem Versuch-es-nicht-mal-Ton, den er im Laufe seiner zwei Jahre beim NYPD perfektioniert hatte. Sie kam schlitternd zum Stehen, ließ ihre Sachen fallen und hob vorsichtig beide Hände an die Seiten ihres Kopfes – nette Geste –, bevor sie sich langsam umdrehte. Er näherte sich ihr. Nicht schnell, nicht langsam, sondern in einem bedächtigen Tempo, das sie daran hindern sollte, erneut dem Fluchttrieb nachzugeben. Vielleicht wirkte er ein wenig zu Furcht einflößend, denn als er einen Meter entfernt war, taumelte sie. Scheiße. Er legte einen Zahn zu und schaffte es, sie aufzufangen, bevor sie auf den Asphalt fiel. Selbst bewusstlos war nicht viel dran an ihr. Wann hatte sie das letzte Mal eine anständige Mahlzeit zu sich genommen? Seine Sorge um ihr Wohlergehen verstärkte sich, als er sie auf die Arme nahm und ihr Kopf in seine Richtung rollte. Eine bleiche Wange legte sich auf seinen Bizeps, und zur gleichen Zeit schmiegte sich eine weiche Brust an seinen Oberkörper und hob und senkte sich schwach mit jedem ruhigen, entspannten Atemzug. Diese Feststellung lieferte ihm zwei wichtige Informationen. Normale Atmung, was einen winzigen Teil seiner ursprünglichen Sorge linderte, und wenngleich jung, war sie kein Teenager mehr. Ebenso eine Erleichterung. Nicht nötig, das Sozialamt einzuschalten. Er trug die erschlaffte Frau zu seinem Streifenwagen und legte sie auf die Rückbank. Ihr zarter Körperbau war der Grund, warum er sie irrtümlich für eine Minderjährige gehalten hatte. Außerdem bettelte ihr Outfit praktisch um eine Woche Hausarrest. Ein jahrzehntealtes schwarz-rotes T-Shirt von einer Tournee von Tom Petty & the Heartbreakers, von dem jemand beschlossen hatte, es würde als Tanktop besser aussehen, hing an ihr herab wie die schludrige Umarmung eines betrunkenen Ex-Freundes, und gab hier und da den Blick auf einen roten Spitzen-BH frei. Der Jeansrock war einfach nur megakurz. Fäden aus dem ausgefransten Saum stachen deutlich ab von sonnengeküssten Oberschenkeln. Abgetragene schwarze Motorradstiefel waren das i-Tüpfelchen eines Ensembles, das sämtlichen Eltern mit einem Hauch Selbstachtung einen Schlaganfall beschert hätte. Aber ihrem Gesicht, das zwar glatt und in ihrer Bewusstlosigkeit entwaffnend unschuldig wirkte, fehlte die Weichheit einer Heranwachsenden, und vom Hals abwärts gehörte alles definitiv einer erwachsenen Frau. Die Erkenntnis trug wenig dazu bei, die unausweichliche Welle des Beschützerinstinkts zu verringern, eines Beschützerinstinkts, der mit ihrer Bewusstlosigkeit zusammenhing und mit der Tatsache, dass er jetzt für sie verantwortlich war. Und das Ganze trug absolut gar nichts dazu bei, das sofortige und unbehagliche Aufflackern eines Lustgefühls zu beschwichtigen, das daher rührte, dass eine atemberaubende, regendurchnässte Frau ausgestreckt auf seiner Rückbank lag. Ihr Kopf fiel zur Seite. Zwei scharlachrote Cornrows zogen pfeilgerade von ihren Schläfen weg und betonten feine Wangenknochen, während sie ihm gleichzeitig vor Augen führten, dass Kultiviertheit keine Lebensweise war, die sie besonders schätzte. Die beiden roten Zöpfe wirkten wie bunte Nebenflüsse in dem Wasser hellblonden Haares, das sich über die Sitzbank ergoss. Mit den Motorradstiefeln und dem restlichen Rock-Girlie-Outfit sah sie aus wie das Ergebnis eines One-Night-Stands zwischen Harley Davidson und Harley Quinn aus Batman Returns. Das Gewirr von Ohrringen, die von ihrem Ohr hinabbaumelten, verstärkte den Eindruck nur noch, genau wie die Tonleiter, die auf die Innenseite ihres linken Arms tätowiert war. Die Noten verschwanden unter einem Bündel dünner Metallarmbänder. Ein silbernes Gitarrenplektrum mit dem eingravierten Namen Roxy darauf baumelte an einer Kette um ihren Hals. Kleine matte Engelsflügel hingen von einem Nabelpiercing herab, das der hochgerutschte Saum ihres Tops entblößte. Etwas an der Verletzlichkeit dieses Bildes ging ihm zu Herzen. Aus einem Instinkt heraus, der nichts mit Ausbildung oder Erfahrung zu tun hatte, zupfte er vorsichtig ihr Top zurecht und schlug sich den Gedanken an befleckte Engel aus dem Kopf. Obwohl ihre Körpergröße gewiss nicht einschüchternd war, war sie doch bewusstlos, eine nicht identifizierte Person und ein bisher noch nicht abschätzbares Risiko. Ausreißer gab es in jedem Alter und aus allen möglichen Familien. Sie liefen vor Verpflichtungen davon, vor falschen Entscheidungen, toxischen Beziehungen oder einer Mischung aus all dem. Es war noch zu früh, um zu erkennen, unter welche Kategorie seine Anhalterin fiel, aber sie fiel zweifelsohne in eine Kategorie namens »Ärger«. Die Art Ärger, den abzuwenden er als Teil des Projekts »Klare Grenzen« in Bluelick, Kentucky, gegen das Abrutschen der Gesellschaft in gewalttätiges Chaos bezahlt wurde. Das machte sie für ein kleines Weilchen zu seinem Ärger. Seine ursprünglichen Pläne für das Ende der Schicht rückten in weite Ferne. Nicht einmal die entgegenkommendste Cocktailkellnerin würde die ganze Nacht auf ihn warten. Ein anderes Mal war wahrscheinlich das Höchste, worauf er hoffen konnte. Er wartete darauf, dass die Enttäuschung richtig zu ihm durchdrang, aber das passierte nicht. Sie verflog schnell. Zu schnell. Okay, also kein anderes Mal. Er fühlte ihren Puls. Ein regelmäßiger Rhythmus hämmerte unter seinen Fingern, was ihn hinreichend beruhigte, um ihn von der Idee abzubringen, die Sanitäter zu rufen. Sie würde ihm nicht zusammenbrechen. Aber sie würde ihm auch Antworten liefern. Um diese zu erlangen, ließ er sich aus dem Streifenwagen gleiten und ging zu ihrer Tasche hinüber und zu etwas, das sich als Gitarrenkoffer entpuppte. Die Tasche lieferte nur geringfügige Informationen – alt, aus Armeebeständen und mit dem Wort »Goodhart« versehen, das jemand mit einer Schablone in...