Blättel-Mink / Ebner Innovationssysteme
1. Auflage 2009
ISBN: 978-3-531-91349-0
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Technologie, Institutionen und die Dynamik der Wettbewerbsfähigkeit
E-Book, Deutsch, 276 Seiten, eBook
ISBN: 978-3-531-91349-0
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Innovationen entstehen im Kontext interaktiver Lernprozesse systemisch vernetzter Akteure. Im Zentrum strukturell und institutionell eingebetteter Innovationsnetzwerke, die an der Generierung und Diffusion von Innovationen beteiligt sind, stehen private Wirtschaftsunternehmen. Sie kooperieren vorrangig mit öffentlichen und privaten Forschungseinrichtungen, Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen sowie mit Finanzdienstleistern. Historisch betrachtet sind Innovationssysteme zunächst auf nationalstaatlicher Ebene entstanden. Die Globalisierung führt jedoch zur Ausdifferenzierung lokaler, regionaler und supranationaler Arrangements.
Der Sammelband ist in drei Blöcke gegliedert. Der erste Block enthält deutsche Übersetzungen von Grundlagentexten des Innovationssysteme-Ansatzes. Im zweiten Block werden einzelne theoretische Aspekte vertiefend analysiert. Der dritte Block enthält Studien zur Ausdifferenzierung des deutschen Innovationssystems.
Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink ist Professorin für Soziologie mit dem Schwerpunkt für Industrie- und Organisationssoziologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Prof. Dr. Alexander Ebner hat eine Professur für Politische Ökonomie an der Jacobs University Bremen und lehrt als Affiliate Professor an der Grenoble Ecole de Management.
Zielgruppe
Professional/practitioner
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;5
2;Geleitwort;7
3;Geleitwort;9
4;Innovationssysteme im wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs;10
5;I. Innovationssysteme – Konzeptionelle Grundlagen;23
5.1;Das „Nationale Innovationssystem“ aus historischer Perspektive1;24
5.2;Technische Innovation und nationale Systeme1;48
5.3;Warum sollte man nationale Innovationssysteme und nationale Innovationsstile untersuchen?;66
5.4;Regionale Innovationssysteme, Cluster und die Wissensökonomie1;84
6;II. Theoretische Perspektiven des Innovationssysteme- Ansatzes: Governance, Globalisierung und soziale Interaktion;114
6.1;Governance von Innovationssystemen und die politische Ökonomie der Wettbewerbsfähigkeit;115
6.2;Innovationssysteme und „Varieties of Capitalism“ unter Bedingungen ökonomischer Globalisierung;138
6.3;Zum Verhältnis von Innovation und Raum in subnationalen Innovationssystemen;153
6.4;Innovationssysteme – Soziologische Anschlüsse;170
7;III. Dimensionen von Innovationssystemen: Innovation als Mehrebenenprozess;189
7.1;Urbane Innovationssysteme: Das Innovationsnetzwerk in Jena;190
7.2;Baden-Württemberg als Prototyp eines regionalen Innovationssystems: Eine organisationssoziologische Betrachtungsweise;220
7.3;Perspektiven des deutschen Innovationssystems: Technologische Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher;240
7.4;WandelPerspektiven;240
7.5;Ein Innovationssystem der Europäischen Union? Potentiale und Grenzen supranationaler Innovationssysteme;258
8;Autorinnen und Autoren;271
Innovationssysteme im wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs.- Innovationssysteme im wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs.- Innovationssysteme — Konzeptionelle Grundlagen.- Das „Nationale Innovationssystem“ aus historischer Perspektive.- Technische Innovation und nationale Systeme.- Warum sollte man nationale Innovationssysteme und nationale Innovationsstile untersuchen?.- Regionale Innovationssysteme, Cluster und die Wissensökonomie.- Theoretische Perspektiven des Innovationssysteme-Ansatzes: Governance, Globalisierung und soziale Interaktion.- Governance von Innovationssystemen und die politische Ökonomie der Wettbewerbsfähigkeit.- Innovationssysteme und „Varieties of Capitalism“ unter Bedingungen ökonomischer Globalisierung.- Zum Verhältnis von Innovation und Raum in subnationalen Innovationssystemen.- Innovationssysteme — Soziologische Anschlüsse.- Dimensionen von Innovationssystemen: Innovation als Mehrebenenprozess.- Urbane Innovationssysteme: Das Innovationsnetzwerk in Jena.- Baden-Württemberg als Prototyp eines regionalen Innovationssystems: Eine organisationssoziologische Betrachtungsweise.- Perspektiven des deutschen Innovationssystems: Technologische Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher Wandel.- Ein Innovationssystem der Europäischen Union? Potentiale und Grenzen supranationaler Innovationssysteme.
"Das „Nationale Innovationssystem"" aus historischer Perspektive (S. 27-28)
Christopher Freeman
1 Einleitung: Das Nationale System des Friedrich List
Bengt-Åke Lundvall war – zumindest in der Erinnerung des Autors – der erste, der den Begriff des „nationalen Innovationssystems"" verwendete und daneben ein sehr originelles und anregendes Buch (1992) zu diesem Thema herausgegeben hat. Eigentlich ist dieser Begriff jedoch zumindest auf Friedrich List und sein Konzept des „Nationalen Systems der politischen Ökonomie"" (1841) zurückzuführen, welches genauso gut als „Nationales Innovationssystem"" hätte bezeichnet werden können. Lundvall und seine Kollegen wären die ersten, die dem zustimmen würden (und Lundvall selbst weist darauf hin).
List beschäftigte sich in erster Linie mit der Frage, wie Deutschland England überholen könnte. Er empfahl unterentwickelten Ländern (was Deutschland damals in Relation zu England auch war) neben der Protektion junger Industrien eine breite Palette an Politikmaßnahmen, welche Industrialisierung und Wirtschaftswachstum ermöglichen und beschleunigen sollten. Die meisten dieser Maßnahmen zielten auf das Erlernen und Anwenden neuer Technologien. Die rassistischen und kolonialistischen Töne in dem Buch standen jedoch in starkem Gegensatz zu dem internationalen und kosmopolitischen Ansatz der klassischen Freihandelsökonomen. Lists Überzeugung, dass Holland und Dänemark dem Deutschen Bund beitreten und wegen ihrer „Abstammung und ihres ganzen Charakters"" sogar die deutsche Nationalität annehmen sollten, liest sich etwas befremdlich in unserer heutigen Europäischen Gemeinschaft. Unabhängig davon hat List, trotz dieser unattraktiven Aspekte seiner Sichtweise, sicherlich viele aktuelle Theorien vorweg genommen.
Aus einem Überblick über ökonomische Entwicklungstheorien nach dem Zweiten Weltkrieg folgert die Weltbank, dass immaterielle Investitionen in Wissensakkumulation entscheidend sind – und nicht solche in physisches Kapital, wie es zeitweise geglaubt wurde (Weltbank 1991: 33-35). Um diese Sichtweise zu untermauern, wird in der Weltbank- Studie die „neue Wachstumstheorie"" (Romer 1986, Grossman/ Helpman 1991) zitiert. In Wirklichkeit hat diese so genannte neue Wachstumstheorie aber erst kürzlich begonnen, jene realistischen Annahmen in ihre neoklassischen Modelle zu integrieren, welche bei Wirtschaftshistorikern und neo-schumpeterianischen Ökonomen bereits als Gemeinplätze gelten. In der Tat hätte die Studie auch Friedrich List (1841) direkt zitieren können, der eine Textpassage bei Adam Smith wie folgt kritisiert:
„Allererst ist gegen dieses Räsonnement zu bemerken, daß Adam Smith dabei das Wort Kapital in derjenigen Bedeutung benutzt hat, in welcher es von den Rentiers oder Kaufleuten bei ihrer Buchführung und ihren Bilanzen benutzt zu werden pflegt. Er hat vergessen, daß er selbst in seiner Definition des Kapitals die geistigen und körperlichen Fähigkeiten der Produzenten unter diesem Terminus begreift. Er behauptet fälschlich, die Einkünfte der Nation würden bloß durch die Summe ihrer materiellen Kapitale bedingt."" (List 1841: 213)
Und weiter:
„Der jetzige Zustand der Nationen ist eine Folge der Anhäufung aller Entdeckungen, Erfindungen, Verbesserungen, Vervollkommnungen und Anstrengungen aller Generationen, die vor uns gelebt haben, sie bilden das geistige Kapital der lebenden Menschheit, und jede einzelne Nation ist nur produktiv in dem Verhältnis, in welchem sie diese Errungenschaft früherer Generationen in sich aufzunehmen und sie durch eigene Erwerbungen zu vermehren gewußt hat."" (ebd.: 155)
Lists klare Erkenntnis der Interdependenz von materiellen und immateriellen Investitionen klingt eindeutig modern."