Böhm / Hentzschel | Dinner mit Elch | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Reihe: Edition 211

Böhm / Hentzschel Dinner mit Elch

Kriminalroman
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-95669-109-6
Verlag: Bookspot Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Reihe: Edition 211

ISBN: 978-3-95669-109-6
Verlag: Bookspot Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In einem Blockhaus an einem idyllischen See mitten im finnischen Winter geschieht ein bizarrer Mord... Wer von den Gästen war es, jeder verdächtigt jeden, denn der Tote hatte Feinde, viele Feinde. Eine gnadenlose Jagd auf engstem Raum beginnt.

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1
Wirklichkeit oder Märchenland? Ohne zu überlegen, entschied sich Göran für das Märchenland, weil dort bekanntlich Wünsche erfüllt werden. Vor seinem inneren Auge bewegte sich ein lockendes Trugbild, eine Fata Morgana erotischer Spiele. Seine Vorstellung gaukelte ihm für das Wochenende in den schönsten Farben die Erfüllung seiner geheimen Wünsche vor. Keinen Gedanken verschwendete er daran, dass er die nahe Zukunft viel zu bunt ausmalen, die Zukunft nur ein zartes Gespinst sein könnte. Er war also noch völlig ahnungslos, wie die nächsten Tage verlaufen würden. Seinen Geländewagen hatte er vor dem Blockhaus abgestellt und war im dämmrigen Grau des frühen Nachmittags zuerst durch den tiefen Schnee zum Anbau gestapft. Im Schein einer Lampe hatte er den Generator überprüft, gestartet und nach kurzer Wartezeit den Schalter für den Strom umgelegt. Dann hatte er durch die Hintertür das Haus betreten, das Licht eingeschaltet, einen ersten Rundgang gemacht. Anschließend brachte er in einem großen Korb Holz herein, heizte den Kamin im Wohnraum, die Öfen unten und in der oberen Etage sowie im Anbau, danach klappte er von außen die Läden auf. Schaute einen Moment in den dichten Wirbel der Schneeflocken. Die ganze Zeit bastelte er sich bester Laune als Regisseur fantasievolle Szenen mit Nadja zurecht. Nadja, die Freundin Eriks, des freien Mitarbeiters ihrer Werbeagentur, spielte die Hauptrolle in seinem fiktiven Drehbuch. Wenn er diese aparte, für ihn so erregende, attraktive Frau sah, dann wurde ihm jedes Mal ganz anders. Sein Verlangen hatte weitere Nahrung bekommen, als sie ihm neulich auf eine verdammt zweideutige Art zulächelte. Falls dieser Blick ihrer schrägen grünen Katzenaugen keine Einladung war, dann verstand er nichts mehr von Frauen. Was ihn bisher auf Abstand zu Nadja gehalten hatte, war allein die niedrige Mauer der Liaison zwischen ihr und Erik. Aber an diesem Wochenende würde sich die Gelegenheit bieten, klare Verhältnisse zu bekommen; er, Göran, würde auf seine Art Klarheit schaffen. Darum war er auf Olovs Vorschlag, mitzufahren überhaupt eingegangen. Mit seinem schweren Wagen hatte es bei der Herfahrt keine Probleme gegeben. Gut, er durfte den Fuß nicht zu stark und zu lange auf dem Gaspedal stehen lassen (wie es seine Stimmung eigentlich verlangt hätte), denn das Schneetreiben war doch zu heftig, die Sicht zu schlecht. Die ruhige Verkehrslage war bei diesem Wetter allerdings ein willkommener Umstand. Seit er losgefahren war, also seit gut 100 Kilometern, waren ihm gerade mal vier Autos entgegengekommen. Ein Wagen war ziemlich lange hinter ihm hergefahren, bis die Scheinwerfer, als er wieder mal in den Rückspiegel blickte, plötzlich nicht mehr zu sehen waren. Jetzt auf den Landstraßen unterwegs zu sein, war keine wirklich wahre Freude. Der Schnee reflektierte das Licht und jetzt im Winter war es zumeist ohnehin fast dunkel, zudem tanzten die weißen Flocken vor einem bläulichen Samtvorhang. Endlich hatte er dann den kleinen Ort erreicht, war also fast an seinem Ziel, rollte durch die menschenleeren Straßen, die Straßenlaternen hatten eine gelbliche Korona, und nahe der einzigen Kreuzung stand ein Streifenwagen vor einer Drogerie. Nicht weit entfernt von den letzten Häusern erstreckte sich rechts voraus der See, auf dessen gegenüberliegender Seite das Blockhaus nahe am Ufer stand. Wenn er nach wenigen Kilometern links die hohe Hecke erkennen würde – sie wirkte bei diesem Licht regelrecht wie eine schwarze Mauer, hinter der sich der alte Lappenfriedhof versteckte – musste er nach rechts in den Weg einbiegen. Er gab sich selbst den Befehl, im Schritttempo vorwärts zu rollen, was so gar nicht seiner Natur entsprach, aber er wollte nun mal die Zufahrt nicht verpassen. Auf dem Weg half ihm der Vierradantrieb, der den schweren Wagen sicher durch den recht hohen Schnee pflügte, während sich rechts und links der Wald hinzog. Einen Augenblick lang blieb er noch in der Tür stehen, nachdem er die vier Kisten mit Lebensmitteln aus dem Wagen geholt, ins Haus und gleich in die Küche gebracht hatte. Er blickte in das weiße, fliegende Schneechaos und fragte sich mit einem halben Gedanken, warum Olov unbedingt, fast dickköpfig, darauf bestanden hatte, an solch einem Wochenende hier herauszufahren? Das Wetter war doch keine Überraschung, weil genauso angekündigt. Gab es denn nicht genügend andere Wochenenden? Welche Überlegungen wollte er anstellen, welche Fragen klären? So neblig drückte er sich aus. Göran schloss die Tür, sperrte das ungute kalte Wetter aus, verräumte die Kisten, die er in eine der Kammern des Anbaues brachte. Danach verließ er das Haus durch den Hintereingang, holte zwei weitere volle Körbe mit Holzscheiten, die trocken unter einem Verschlag lagerten, für Kamin und die Öfen. Gut, gestand er sich faustisch grinsend ein, zu ernsthaft hatte er Olov auch nicht widersprochen, denn die ganze Zeit so nahe bei Nadja zu sein, war ja ganz in seinem Sinn. Es wurde langsam warm im Haus. Göran zog die gefütterte Jacke aus, rückte einen der Stühle vom Tisch näher an den Kamin, holte sich aus der Küche ein Glas mit Malt-Whisky, setzte sich, strich sich die weißblonden Haare aus seiner Stirn, schaute in die Flammen und nippte immer wieder einen kleinen Schluck des braunen Goldes. In den vergangenen Sommermonaten war er mehrmals allein hierhergekommen, um den Wintervorrat an Holz aufzufüllen. Dann blieb er die Nacht über im Haus. Diese Besuche waren stets ein guter Grund, vor allem für ihn selbst, sich von der ungeliebten Plackerei in der Firma zu entfernen, und vor allen Dingen dienten sie seiner körperlichen Betätigung. Göran wusste nur zu gut, dass es mit seinem sportiven Engagement nicht allzu weit her war und so diente ihm diese Arbeit hier draußen als brauchbare Ausrede für seine mehr als bequeme Art. Er war ein abenteuernder Träumer oder träumender Abenteurer, jedenfalls ziemlich unbrauchbar für regelmäßige Arbeit. Darum hatte er sehr darauf gedrängt, als Olov und er damals das Haus übernommen hatten, dass ein paar zivilisatorische Annehmlichkeiten, wie ein Brunnen mit elektrischer Pumpe für die Wasserversorgung und ein Dieselgenerator für den Strom, hinzukamen. Das Haus hatte ihm gefallen, schon von außen, quasi auf den ersten Blick. Im Erdgeschoß befanden sich ein großer Wohnraum und die Küche. Im Anbau unmittelbar an der Rückseite lagen Toilette, Dusche, Sauna sowie zwei kleine Kammern als Umkleide und eine als Lager für allerlei. Mehrere Zimmer im oberen Stock, unter der Schräge des Daches, waren als Schlafräume eingerichtet. In diesem Haus ließ es sich immer bequem aushalten. So lange es warm genug und Trinken und Essen – in dieser Reihenfolge – reichlich vorhanden waren, sagte sich Göran. Während er in kleinen Schlucken trank, tauchten in seiner Vorstellung unwiderstehliche Bilder von zärtlichen Stunden mit Nadja auf. Ihre tadellose Figur, die langen, glatten, brünetten Haare und die vollen Lippen luden ihn immer häufiger zu Tagträumen ein. Kurz bevor er zu sehr in seinen erotischen Vorstellungen versank, hörte er vor dem Haus einen tiefen Motor brummen. Beinahe wollte schon leichter Ärger über die Störung in ihm aufkommen. Er schüttelte den Kopf, um den leisen Schwindel zu vertreiben, stellte das leere Glas auf den Tisch, stand auf, ging zur Tür und öffnete sie. Olov hatte nur noch wenige Schritte bis zum Haus. Er trug zwei Taschen. »Hallo, Vater. Wie war’s unterwegs?« Dabei ging Görans Blick über Olovs Schulter hinweg zu dessen Jeep mit dem ungewöhnlichen Tarndesign. »Hallo, Junge. Alles tadellos. Auf den letzten Metern hattest du die Piste bereits gut gespurt.« Dieses »Junge« seines Vaters hörte Göran überhaupt nicht gerne, empfand er es doch als Provokation, weil er wusste, dass ihm Olov damit gern seinen Platz zuwies. »Komm rein, Vater, es ist bereits angenehm warm.« Olov warf einen kurzen Blick auf das Thermometer, das außen neben der Eingangstür hing. Fast acht Grad minus. Die nächste Nacht würde voraussichtlich ziemlich eisig werden, aber die Kälte konnte ihnen im Haus nichts anhaben. Olov hatte sich seiner Fellmütze, der Jacke und der Stiefel entledigt und rieb sich vor dem Kamin leicht gebückt die Hände. Mit seinen siebzig Jahren sah er immer noch gut aus, ein kerniger Nordländer mit völlig kahlem Schädel, wie einst die Wikinger, dessen äußeres Erscheinungsbild nichts zu wünschen übrig ließ. Göran wusste natürlich, dass sein Vater regelmäßig im Fitness-Center war und zudem zweimal in der Woche mit einem Freund Squash spielte. »Erik wird auf die beiden Frauen warten müssen. Sie brauchen meist eine Menge Zeit, bis sie ihre Siebensachen zusammenhaben, vermitteln meist den Eindruck, als würden sie zu einer Weltreise aufbrechen«, sagte Olov mit einem Augenzwinkern. Olov hatte also schon auf Wochenendstimmung umgestellt, konstatierte der Sohn. Er warf einen schnellen Blick auf seine Uhr. »Noch sind sie nicht überfällig«, sagte er. »Mit seinem Sportwagen hat Erik es sicherlich nicht so leicht wie wir bei diesem Wetter. Machst du dir selbst einen Drink, Vater? Ich werde mich in die Küche begeben, um was Gutes auf den Tisch zu zaubern, quasi als Willkommen, als Entree in unser Wochenende.« Die Küche war neben den Frauen die einzige wirkliche Leidenschaft Görans. »Ja, geh in die Küche, Göran. Ich nehme mir ein Glas und werde im Radio die Nachrichten anhören, wenn es denn einen verständlichen Laut von sich zu geben geruht.« Erst eine gute Stunde später – Göran hatte zwei Servierplatten angerichtet, deckte...


Der Autor Michael Böhm schuff mit Leo Petermann, dem kultivierten Privatier und freundlichen Nachbarn einen neuen Krimihelden. Die drei Bände um Leo Petermann, den eleganten Gentlemanverbrecher, der eigentlich stets nur seine beschauliche Ruha haben möchte, sind allerbeste Kriminalliteratur. Kein Wunder, dass Michael Böhm mit dem Glauser für den besten deutschen Krimi ausgezeichnet wurde!
Co-Autor Michael Hentzschel widmet sich neben dem Schreiben der Malerei und dem Filmen. Kein Wunder also, dass man sich in dem Krimi zuweilen wie in einem bizarr-humorvollen Film vorkommt.



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