E-Book, Deutsch, Band 761, 64 Seiten
Busch Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 761
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7517-7990-6
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Heimkehr nach Lindström
E-Book, Deutsch, Band 761, 64 Seiten
Reihe: Die Welt der Hedwig Courths-Mahler
ISBN: 978-3-7517-7990-6
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine verheerende Feuersbrunst, die das hübsche Schloss und alle Nebengebäude bis auf die Grundmauern niederbrennt, zerstört das glückliche Leben der von Lindströms mit einem Schlage. Durch ein tragisches Versehen blieb die Versicherungsprämie unbezahlt, und finanzielle Rücklagen besitzt die Grafenfamilie nicht. Der Schock des Unglücks reißt die Eltern aus dem Leben, und die beiden verwaisten Kinder stehen vor dem Nichts. Gut Lindström kommt unter den Hammer. Ein Bankier kauft es für einen Spottpreis. Thorwald, der Grafensohn, ist fortan nur noch von dem einen Wunsch beseelt, Gut Lindström eines Tages wieder in seinen Besitz zu bringen. Tatsächlich kehrt er nach vielen Jahren in der Fremde als reicher Mann in die Heimat zurück, doch er erlebt eine bitterböse Enttäuschung ...
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Heimkehr nach Lindström
Sie kaufte das Schloss der Väter
Eine verheerende Feuersbrunst, die das hübsche Schloss und alle Nebengebäude bis auf die Grundmauern niederbrennt, zerstört das glückliche Leben der von Lindströms mit einem Schlage. Durch ein tragisches Versehen blieb die Versicherungsprämie unbezahlt, und finanzielle Rücklagen besitzt die Grafenfamilie nicht. Der Schock des Unglücks reißt die Eltern aus dem Leben, und die beiden verwaisten Kinder stehen vor dem Nichts. Gut Lindström kommt unter den Hammer. Ein Bankier kauft es für einen Spottpreis. Thorwald, der Grafensohn, ist fortan nur noch von dem einen Wunsch beseelt, Gut Lindström eines Tages wieder in seinen Besitz zu bringen. Tatsächlich kehrt er nach vielen Jahren in der Fremde als reicher Mann in die Heimat zurück, doch er erlebt eine bitterböse Enttäuschung ...
Gräfin Christa bestrich ihrem Mann ein Brötchen dick mit Butter und legte eine Scheibe Schinken darauf. Dabei warf sie einen Blick auf die Post, die fein säuberlich aufgeschichtet vor ihrem Platz lag.
»Etwas Wichtiges dabei?«, fragte Graf von Lindström, bevor er seine Tasse zum Mund führte.
»Nein, alles Reklame. Möchtest du selbst sehen, Konrad?«
»Nein. Wirf alles in den Papierkorb. Da gehört es hin.«
Gräfin Christa lächelte. Ihr Mann pflegte sich stets sehr präzise auszudrücken. Für Schnickschnack hatte er nichts übrig. Ihn interessierte nur Lindström, das weite, herrliche Gut, das Erbe seiner Väter.
Das Ehepaar frühstückte in aller Ruhe und erfreute sich an dem Sonnenschein, der auf den weiten Feldern lag.
»Wo sind eigentlich die Kinder, Christa?«, fragte Graf Konrad nach einer Weile.
»Thorwald ist auf den Feldern«, erwiderte seine Frau lächelnd. »Bitte, vergib ihm, wenn er das zweite Frühstück versäumt hat. Er ist schon jetzt ein richtiger Landwirt.«
»Und Ursula?«
»Uschi ist schon da!«, rief ein bildschönes Mädchen mit strahlenden tiefblauen Augen. »Bitte, entschuldige die Verspätung, Paps.« Sie rieb ihre Wange flüchtig an der des Grafen und ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Ich habe einen Mordshunger.«
»Mordshunger? Welch ein Ausdruck, Kind.« Die Gräfin schüttelte den Kopf. »Wann wird aus dir eine junge Dame?«
»Nie«, sagte die Komtess mit Überzeugung und biss herzhaft in ein knuspriges Brötchen.
Nun lächelte Gräfin Christa. Sie wusste ihr Glück zu schätzen. Sie alle lebten glücklich und zufrieden auf ihrem herrlichen Besitz. Nur das Bargeld war ein bisschen knapp. Ihr Gatte steckte eben alles in den Betrieb, aus dem er ein Mustergut machen wollte.
»Entschuldigt mich«, sagte Graf Konrad da auch schon zu Frau und Tochter. »Ich muss aufs Feld. Die Arbeit brennt mir unter den Nägeln.«
???
Graf von Lindström sah das Wachsen des riesigen Schuppens für seine landwirtschaftlichen Maschinen mit zwiespältigen Gefühlen.
Er hatte sich nach inneren Kämpfen entschlossen, für die Zukunft zu bauen und großzügig zu planen. Die Kosten waren hoch, aber Herr Wenzel, der Chef des gleichnamigen Bankhauses, hatte ihm die erbetene Hypothek ohne Zögern zugesagt.
Die Kinder waren seit über einem Monat wieder im Internat. Es war ein Jammer, dass in der Umgebung keine Schule war, die sie besuchen konnten. Sie schrieben oft, und aus jedem ihrer Briefe klang die Sehnsucht nach Lindström.
Der größte Teil des Getreides war schon eingebracht, die Kartoffelernte in vollem Gang. Es lief im Grunde alles bestens, aber dennoch bedrückte den Grafen das geliehene Geld.
Thorwald wird Augen machen, wenn er die große, solide gebaute Scheune sieht, dachte Graf Konrad.
Er riss sich von dem Anblick los und wendete sein Pferd, um nach Lindström zurückzureiten. Unterwegs tauchte plötzlich ein Mann in einem modern geschnittenen Anzug und mit einem breitkrempigen Hut, der sein Gesicht beschattete, auf dem Weg auf.
Graf von Lindström mochte es nicht, wenn sich Fremde auf seinem Grund und Boden herumtrieben und Gras und Getreide niedertrampelten.
Erst als er dicht vor dem jungen Mann sein Pferd zügelte, erkannte Graf Konrad ihn, und seine Züge verdunkelten sich.
»Was machst du denn hier, Bruno?«, fragte er scharf.
»Sehen Sie doch. Ich gehe spazieren. Oder haben Sie was dagegen?«, erwiderte der Bursche frech.
»Allerdings! Liegst du deiner Mutter wieder mal auf der Tasche? Du solltest dich schämen, ihr Brot zu essen!«
»Gut, ich schäme mich. Jetzt zufrieden?«
Der junge Mann stand nicht ganz sicher auf den Beinen, und Graf Konrad sah den Hals einer Schnapsflasche aus der Tasche seines Jacketts ragen.
»Warum arbeitest du nicht?«, fragte Graf von Lindström aufgebracht.
Bruno war der Sohn einer Magd, die er, Graf Konrad, ihrer Tüchtigkeit wegen schätzte. Mit dem Jungen hatte sie Pech gehabt. Von Anfang an hatte er sich nicht in die Gemeinschaft der anderen einfügen wollen.
»Ich bin doch nicht blöd und arbeite!« Bruno grinste. »Arbeiten ist nur was für die Dummen. Prost, Herr Graf. Wollen Sie auch einen Schluck? Ich bin nicht so. Da, nehmen Sie schon.« Er reichte Graf Konrad die Schnapsflasche.
Der Graf schlug sie ihm aus der Hand.
»Am Vormittag bist du schon betrunken! Du solltest dir ein Beispiel an deiner Mutter nehmen! Sie arbeitet im Heu und lässt sich nichts zu viel werden.«
»Hoffentlich verdient sie auch genug bei Ihnen, ich brauche nämlich dringend Geld. Wie wäre es mit einem kleinen Vorschuss, Herr Graf? Können Sie mir ruhig geben, sie gibt mir das Geld ja auch. Ziehen Sie es ihr einfach vom Lohn ab.«
Sie wird ihm wirklich Geld geben, dachte der Graf. Meta war eine vernünftige Frau, aber ihrem Sohn gegenüber merkwürdig schwach. Sie konnte ihm nichts abschlagen.
»Ich will dich hier nicht länger sehen! Verschwinde aus der Gegend, Bruno! Geh dorthin zurück, wo du hergekommen bist.«
»Ins Gefängnis?«
»Du hast gesessen?« Das hatte der Graf nicht gewusst.
»Nur ein Jährchen. Nächstes Mal lasse ich mich nicht erwischen. Jetzt will ich erst mal ein bisschen ausspannen, mein lieber Herr Graf, und dann werden wir sehen.«
Er schob seinen Hut ins Genick. An und für sich war er kein hässlicher Bursche, aber der Schnaps hatte sein Gesicht aufgedunsen, und seine Augen waren glasig.
»Du sollst hier aus der Gegend verschwinden.«
»Reden Sie keinen Blödsinn!« Bruno machte Miene, nach den Zügeln des Pferdes zu greifen. »Leute wie Sie gefallen mir nämlich nicht! Wollt immer die feinen Herren spielen, und in Wirklichkeit ...«
Graf von Lindström hob die Peitsche und schlug sie ihm ins grinsende Gesicht. Er dachte an seine Mutter, die sich für ihn abrackerte, ohne jemals auch nur eine Spur Dank dafür zu ernten.
Der Bursche taumelte zurück, die Arme schützend vor das Gesicht gehoben.
»Das wird dir noch mal leidtun!«, knirschte er wütend. »Mit dir rechne ich noch ab, du Schinder.«
»Noch ein Wort und ich prügele dich eigenhändig von meinem Grund und Boden.«
In seiner jetzigen Verfassung wäre Graf von Lindström imstande gewesen, seine Drohung auszuführen.
???
Alle auf Lindström schliefen tief und fest. Nur der Wachhund nicht, er richtete sich auf und knurrte, als er einen Schritt hörte. Aber dann ging sein Knurren in ein Winseln über. Er hatte den Mann erkannt, der sich näherte.
Dass das Fleisch vergiftet war, das ihm zugeworfen wurde und das er in der Dunkelheit hinunterschlang, konnte er nicht ahnen. Die Tür knarrte ein wenig, als sie aufschwang. Der Mann hatte einen Dietrich, den er wohl zu benutzen verstand.
Er stieß in der Dunkelheit gegen ein Hindernis und fluchte. Beim Gehen stützte er sich mit einer Hand an der Wand ab, denn er war nicht mehr ganz sicher auf den Beinen.
In der Linken trug er einen Kanister mit Benzin. Ein satanisches Grinsen lag auf seinem Gesicht, als er die Gardinen im Salon herunterriss und damit tränkte.
»Das gibt ein feines Feuerchen, du Schinder«, murmelte er. »Brennen sollt ihr, verfluchte Bande, brennen!«
Er kannte sich im Schloss aus. Systematisch legte er seine Brände und verließ ebenso ungesehen, wie er gekommen war, das Schloss.
Der Mann hatte noch mehr zu tun. Da war die große Scheune mit dem Getreide, voll bis unters Dach. Die würde gut brennen. Und dann der Maschinenschuppen. Das Holz war frisch imprägniert, es hungerte geradezu nach einem Streichholz, fand der Mann in der Dunkelheit.
Als er den mit Benzin getränkten Lappen an die Holzwand warf, sah er hinter einigen Fenstern des Schlosses schon den rötlichen Widerschein zuckender Flammen.
Aber noch war alles still. Die Menschen schliefen tief und fest. Der Mann gab dem leeren Kanister einen Fußtritt und beförderte ihn ein paar Meter weit durch die Luft. Die Getreidescheune stand in hellen...




