Cameron | Das Landhaus | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

Cameron Das Landhaus

Thriller

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

ISBN: 978-3-641-25175-8
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das packende Debüt von Julie Cameron - beklemmend, atmosphärisch und vielschichtig
Ein Haus auf dem Land: Für Tom geht damit ein Traum in Erfüllung, seine Frau Isabel dagegen lässt London nur ungern hinter sich. Das alte Haus mit den Streuobstwiesen verursacht ihr Gänsehaut, und zugleich hat sie das Gefühl, es bereits zu kennen. Genau wie den Jungen auf den alten Fotos, der vor vielen Jahren hier gewohnt hat. Als Isabel eine versteckte Kammer mit seltsamen Zeichen an den Wänden entdeckt, ist sie überzeugt, dass dort Schlimmes vorgefallen ist. Die Polizei nimmt ihren Verdacht ebenso wenig ernst wie Tom. Doch Isabel weiß, dass die Idylle trügt ...

Julie Cameron lebt mit ihrer Familie auf dem Land, in einem kleinen Dorf im südenglischen Berkshire. Sie hat Biomedizin studiert, arbeitet im Gesundheitswesen und schreibt nebenher die Art von vielschichtigen Thrillern, die sie selbst am liebsten liest.
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1 JETZT Ich wache früh auf und habe Kopfschmerzen. Nicht die Sorte, die mich gleich komplett lahmlegt, aber doch eine, die bedrohlich pocht und mit ihren Knochenfingern bösartig hinter meinen Augen herumstochert. Der Lärm von der Straße ist ein körperliches Gefühl, jedes Geräusch kratzt über meine Haut und fährt kreischend durch die Axone in mein Hirn. Vorhänge filtern die Sonnenstrahlen, die schwebende Staubteile beleuchten und träge an der Wand herunterfließen. Der Tag wird mit Sicherheit viel zu heiß für die Jahreszeit, und ich spüre, wie sich Apathie auf mich legt wie eine Wolldecke. Ich liege auf dem Rücken und tue, als wäre ich allein. Zu Beginn unserer Beziehung habe ich darauf bestanden, links neben Tom zu schlafen. Ich genoss es, ihn morgens gleich sehen zu können, wenn ich aufwachte. Aber er hat die linke Seite des Betts bevorzugt, und so tauschten wir irgendwann. Jetzt liegt er auf meiner blinden Seite, und das kommt mir heute Morgen sehr entgegen, denn so muss ich es nicht bewusst vermeiden, ihn anzusehen. Das ist gemein von mir, ich weiß. Also drehe ich mich um – und sehe, dass er ausnahmsweise schon auf ist. Ich schlafe meist nicht so gut und bin bereits um fünf wach, lange bevor Tom an die Oberfläche zurückkehrt, und deshalb ist die Leere neben mir ein bisschen verwirrend. Er steht an der Theke in der Küche und stopft sich bereits mit Eiern und Toast voll, und der Anblick verursacht mir leichte Übelkeit. Der Ketchup glitzert wie eine Blutlache. Er hat mich nicht bemerkt, also bleibe ich in der Tür stehen und beobachte diesen Mann, mit dem ich seit vier Jahren verheiratet bin. Tom Dryland ist nett. Eine oft unterschätzte Bezeichnung, die fad oder sogar schwach implizieren könnte, vor allem bei einem Mann. Aber Tom ist nichts dergleichen. Er ist in erster Linie geduldig und liebenswürdig, und er besitzt einen unerschütterlichen Gleichmut, der auf die Menschen in seiner Umgebung meistens beruhigend wirkt. Wenn es überhaupt etwas an ihm zu bemängeln gibt, dann, dass er immer, aber auch wirklich immer recht hat. Doch gerade dieser entschlossene Glaube an sich selbst verleiht ihm die Fähigkeit, mit ruhiger Entschiedenheit Problemen ins Auge zu sehen und Entscheidungen zu treffen. Er ist zwar kein Christian Bale oder Brad Pitt, aber seine Gesichtszüge sind so symmetrisch und ebenmäßig, dass er deutlich besser aussieht als die meisten anderen Männer. Manchmal frage ich mich, warum er ausgerechnet mich zu seiner Frau auserkoren hat. Nur um jegliches Missverständnis zu vermeiden: Ich küsse ihm nicht vor lauter Dankbarkeit die Füße. Aber gelegentlich frage ich mich doch, was genau er damals gesehen hat, das ihn denken ließ: Ja, die ist die Richtige für mich. Seine Mutter hat es jedenfalls nicht gesehen. Als er ihr erzählte, dass wir uns verlobt hatten, reagierte sie mit einer so heftigen Trauer, dass ich mich umdrehte, weil ich dachte, hinter mir sei jemand gestorben. Manchmal frage ich mich, ob ich irgendetwas an mir habe, das von Natur aus auf Eltern abstoßend wirkt, seien es meine oder die anderer Leute. Aber wie dem auch sei: Tom ließ ihren hysterischen Aufstand in aller Ruhe über sich hinwegziehen, und trotz all ihrer Einwände heirateten wir im folgenden Frühling an einem klaren, sonnigen Tag – dem glücklichsten Tag meines Lebens. Ja, ich muss mir ins Gedächtnis rufen, was wir aneinander haben, und mich bemühen, dem heutigen Tag mit Optimismus und Anstand zu begegnen. Tom wünscht sich einen Neuanfang für uns, und ich will nicht, dass meine Art uns dabei im Weg steht. Ich gieße mir eine Tasse Kaffee ein und versuche, den Nebel in meinem Kopf zu vertreiben. Tom blickt von seiner Lektüre auf – einer Broschüre, wie ich sehe, für das Landhaus in Cleaver’s Lane, das es ihm besonders angetan hat. Er kennt es noch aus seiner Kindheit, ist öfters dran vorbeigekommen, wenn er seine Tante besucht hat – und wenn vielleicht nicht genau an diesem, dann doch an einem sehr ähnlichen. Das macht es zu seinem Traumhaus. Trotz all meiner guten Vorsätze spüre ich das vertraute Flattern in der Magengegend und wende mich rasch ab. Zu spät. Unsere Blicke treffen sich, und er sieht mein Gesicht. Sofort legt sich ein banger Ausdruck auf seine Züge. »Mein Gott, Izzy, du bist so blass. Geht’s dir gut? Hast du am Ende noch ein bisschen schlafen können? Ich hab versucht, dich nicht zu wecken, damit du ausschlafen kannst.« Er legt den Kopf schief und runzelt die Stirn. »Du machst dir doch nicht immer noch Sorgen deswegen, oder? Ich hab dir versprochen, wir ziehen nirgendwohin, solange wir nicht etwas gefunden haben, das uns beiden gefällt.« Sein Ton klingt ein bisschen vorwurfsvoll, finde ich und seufze unwillkürlich auf. Ich will dieses Thema nicht schon wieder mit ihm durchhecheln. Nicht heute. Es ist nicht fair, weder ihm noch mir gegenüber. »Mir geht’s gut, Tom, wirklich«, sage ich deshalb und bemühe mich, sehr viel munterer und vergnügter zu klingen, als ich mich fühle. »Ich habe nur leichte Kopfschmerzen, das ist alles. Ein paar Scheiben Toast und noch ein Kaffee, und ich bin wieder fit.« Als ich zum Kühlschrank gehe, spüre ich seinen Blick im Rücken, und ich kann mir nur allzu gut vorstellen, wie seine Stirn sich in die vertrauten Sorgenfalten legt. »Bist du sicher, dass es dir gut geht? Wenn dir wegen heute immer noch bang ist – das wird bestimmt gut laufen, wirklich! Wir fahren heute Vormittag rüber, suchen uns fürs Mittagessen ein ruhiges Lokal und sehen uns dann nachmittags das Haus an. Glaub mir, du wirst begeistert sein, wenn du es siehst. Mach bitte nicht schon wieder so ein Drama. Wo immer wir auch wohnen – wir werden glücklich sein. Das weißt du.« Es ist unmöglich, ihm zu erklären, was ich empfinde. Ich möchte London zwar wirklich nicht verlassen, aber ich mache kein »Drama« wegen irgendeiner Hausbesichtigung – ich habe nur mit diesem Haus ein Problem. Schon der Name der Straße klingt in meinen Ohren unheimlich. Ich kann nicht ausdrücken, was es ist oder warum es so ist, ohne dass es sich völlig irrational anhört. Also sage ich nichts. Ich habe schon so viele abgelehnt, dass ich irgendwann werde nachgeben müssen. Und wenn ihm dieses Haus so viel bedeutet, dann ist vielleicht jetzt der Zeitpunkt gekommen. Ich habe versucht, Tom verständlich zu machen, was ich bei dem Gedanken an einen Umzug empfinde. Aber aufgrund meiner besonderen Art fällt es mir oft schwer, mir Gehör zu verschaffen, insbesondere, wenn es um Gefühle geht. Ich habe ihm meine Vorbehalte ruhig und geduldig erklärt, aber er hat sie einfach abgetan. Als Manifestationen meines Widerstands gegen Veränderungen, als Ängste vor dem Unbekannten. Ich glaube, ich bin bisher immer ehrlich zu Tom gewesen – falls man das überhaupt sein kann. Ich wollte, dass er genau weiß, worauf er sich bei einer Beziehung mit mir einlässt. Wenn ich es mir recht überlege, hätte ich ein paar Dinge für mich behalten sollen. Wir alle verbergen hinter der Fassade, die wir der Welt präsentieren, irgendwelche geheimen Gedanken und Ängste. Nur dass ich Tom alles, aber auch wirklich alles über mich erzählt habe. Das hat die Waagschale zu seinen Gunsten gesenkt. Er glaubt zu wissen, wie ich im Innersten funktioniere. Während ich, was ihn betrifft, nur raten kann. Er meint es nicht böse, aber er neigt dazu, meine Ansichten nur dann zu akzeptieren, wenn sie ihm passen. Andernfalls nutzt er meine Schwächen, um sie kleinzureden. Wenn ich mich über etwas aufrege, heißt es, ich sei überreizt. Wenn ich mich in Einzelheiten verbeiße und schreie und heule, ist das eine unangemessen impulsive Reaktion. Also bleibe ich lieber ruhig und passe mich Tom an. Auch wenn es mir in diesem speziellen Fall wichtig wäre, dass er über meine Beschränkungen hinwegschaut und akzeptiert, was ich wirklich fühle. Tom und ich haben bisher in der City gewohnt und gearbeitet, in einem hellen, luftigen Penthouse mit Blick über London bis zur Themse. Obwohl ich mich selten in das desorientierende Gedränge auf den Straßen hinauswage, fühle ich mich doch immer noch als Teil der Menschheit. Ich werde den Lärm vermissen und das vibrierende Gefühl, irgendwo hinzugehören. Das Leben in der Stadt war durchaus praktisch für uns, aber – und das ist ein großes Aber – Tom hat nun mal entschieden, dass es Zeit für eine Veränderung ist. Er will hinaus in eine »reizvolle und begehrte ländliche Lage« ziehen, wo er Wurzeln schlagen kann. Wo er frische Luft atmen, Dinge züchten – Dinge mit noch mehr Wurzeln – und buchstäblich seinen Horizont erweitern kann. Das Haus in der Cleaver’s Lane scheint die Antwort auf seine Gebete zu sein, und heute fahren wir hinaus, um es uns in seiner steinernen Realität anzusehen. Ich habe mich bemüht, wirklich, aber ich empfinde immer noch eine Beklommenheit, die in keinem Verhältnis zu der Aufgabe steht, die vor mir liegt. Schließlich besichtigen wir nur ein Haus. Vielleicht fällt es mir wirklich schwer, »mein Leben eigenständig zu leben«. Vielleicht übersteigen manche Veränderungen wirklich »meine Grenzen«. Vielleicht habe ich aber auch nur zu lange auf meine Ärzte gehört. Was immer der Grund sein mag, ich werde das Gefühl nicht los, dass irgendetwas nicht stimmt. Es stört mich, dass mir dieses Haus, dieser Umzug aufgenötigt wird. Gleichzeitig bin ich es Tom schuldig, der Sache eine Chance zu geben. Denn schließlich – wie er mir manchmal sanft in Erinnerung ruft – hat er viel aufgegeben, um mit mir zusammen zu sein. Da ist es doch nur fair, wenn ich auch mal etwas aufgebe. Die Broschüre über Cleaver’s Lane,...


Cameron, Julie
Julie Cameron lebt mit ihrer Familie auf dem Land, in einem kleinen Dorf im südenglischen Berkshire. Sie hat Biomedizin studiert, arbeitet im Gesundheitswesen und schreibt nebenher die Art von vielschichtigen Thrillern, die sie selbst am liebsten liest.


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