Drescher | Im Russischen Exil | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 246 Seiten

Drescher Im Russischen Exil

Von Menschen, die in Russland ihre Freiheit suchen
Neuauflage 2025
ISBN: 978-3-907347-39-3
Verlag: Weltbuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Von Menschen, die in Russland ihre Freiheit suchen

E-Book, Deutsch, 246 Seiten

ISBN: 978-3-907347-39-3
Verlag: Weltbuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zeit für einen Riss im bisherigen Weltbild? Ist das möglich? Ist das wirklich möglich, dass Menschen sich freiwillig ins russische Exil begeben? Dass sie im Land der Bösen und des Bösen nach der Freiheit suchen, die sie in Deutschland oder Österreich vermissen? 25 Einwanderer nach Russland erzählen von ihren ganz subjektiven Gründen, den Westen zu verlassen und ihren ganz persönlichen Erfahrungen in ihrer neuen bzw. auch alten Heimat. Diese sind wahrlich nicht immer nur positiv. Auch Probleme kommen zur Sprache, wobei der Grundtenor eindeutig ist: Ohne eine grundlegende Änderung des politischen Systems im Westen, möchte keiner seinen Hauptwohnsitz in Russland aufgeben.

Andrea Drescher, Jahrgang 1961, lebt als deutsche Staatsbürgerin seit 25 Jahren in Oberösterreich. Sie war beruflich als Informatikerin und Unternehmensberaterin tätig, die letzten 25 Jahre davon selbstständig. Mit ihrer kleinen Agentur hat sie Einzelunternehmen, mittelständische Firmen aber auch internationale IT-Konzerne betreut. Aufgrund der Shoa-Historie ihrer Familie ist sie seit ihrer Jugend überzeugte Antifaschistin und war in Deutschland bereits Ende der 70iger Jahre in der linken Friedensbewegung und bei den Grünen aktiv. Damals brachten Themen wie der NATO-Doppelbeschluß und die Anti-Atomkraftbewegung noch hunderttausende auf die Straßen. Aus beruflichen Gründen lange Zeit eher unpolitisch, wurde sie durch einen Vortrag von Dirk Müller, einem Börsenprofi aus Deutschland, der über das Geldsystem referierte, 2008 wieder politisiert. Seit 2014 ist sie 'auf der Straße' aktiv, zunächst bei den 'Mahnwachen für den Frieden', die auf den drohenden Ukraine-Krieg aufmerksam machten. Während der Corona-Krise war sie als Maßnahmenkritikerin in Linz, Wien, Salzburg und Steyr aber auch in verschiedenen Städten Deutschlands unterwegs. Jetzt liegt der Schwerpunkt ihres Aktivismus wieder auf dem Thema Krieg & Frieden und insbesondere der Neutralität Österreichs. Sie schreibt für TKP.at, manowa.news, free21.org und andere alternative Medienprojekte. Der Ertrag ihrer Bücher darunter 'Selbstversorgertipps', 'Menschen mit Mut' und 'Vor der Impfung waren sie gesund' kommt zu 100 % Kriegsopfern zugute.
Drescher Im Russischen Exil jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Besuch bei „Feinden“ – eine Woche in Moskau


In Zeiten von Krieg, Terroranschlägen und Reisewarnungen ist eine Reise nach Moskau keine normale Städtereise. Trotzdem „lohnt“ sich die Reise in meinen Augen. Nur wenn „normale Menschen“ in Kontakt bleiben, ist irgendwann nach dem Krieg wieder Normalität zwischen den Ländern möglich.

Die Sanktionen bei Flugbuchungen und Kreditkarten tragen allerdings dazu bei, dass sich viel weniger Menschen auf die Reise machen als früher. Es ist kompliziert – zumindest auf westlicher Seite. Der Sinn meiner Reise ist der Besuch bei einer Freundin, die als erste Deutsche in Moskau politisches Asyl bekommen hat. Ihr hauptsächliches „Verbrechen“ besteht darin, den falschen Kriegsopfern zu helfen. Die Opfer eines Krieges, der seit 2014 geführt, aber erst 2022 durch den russischen Angriff begonnen wurde, zu unterstützen, ist im Westen nicht erwünscht. Meine Freundin kann nicht mehr nach Deutschland zurück, daher nehme ich die Umstände der Reise gerne auf mich.

Seitens der Russen wird Europäern und sogar Deutschen die Einreise heute übrigens sehr viel leichter gemacht als in der Vergangenheit. Eine offizielle Einladung ist nicht mehr nötig, der meist zeitaufwendige Besuch in der Botschaft entfällt. Der Antrag für das E-Visum ist schnell ausgefüllt und innerhalb von vier Tagen – nicht Arbeitstagen – bereits im E-Mail-Posteingang.

Der Flug, der von Wien nur wenige Stunden dauern würde, ist jetzt allerdings eine Tagesreise. Die Routen über Baku, Belgrad oder Istanbul sind die „direktesten“ Möglichkeiten, um Moskau zu erreichen. Ich entscheide mich für die Strecke München – Istanbul – Moskau, weil ich zusammen mit Freunden aus Bayern fliegen möchte.

Flughafen Istanbul: modern, sauber, angenehm

Dass diese Reise ziemlich verrückt ist, wusste ich ja von Anfang an. Aber als wir von Istanbul kommend erst kurz vor Kaliningrad via Vilnius endlich Moskau ansteuerten, wurde mir die ganze Abstrusität nochmal so richtig bewusst. CO2 spielt da wohl keine Rolle. Aber ich muss sagen, die zunächst angezeigte Flugroute über Odessa und Briansk – also direkt über das Kriegsgebiet – hat meinen Blutdruck kurzfristig in die Höhe gejagt. Bis mich mein Verstand auf den gesperrten Luftraum hinwies, ging mir MH17 nicht aus dem Kopf. Doch am Bildschirm des Flugzeugs war zunächst nur eine schematische Darstellung einer direkten Verbindung zu sehen – nicht sehr nervenschonend, aber … was soll’s.

Zoll- und Passkontrollen waren problemlos, wir waren schnell durch und am Ausgang erwartete man mich schon. Schnell noch eine SIM-Karte beschaffen, die es ebenfalls direkt hinter dem Ausgang gab, von meinen Mitreisenden verabschieden und schon saß ich im Taxi auf dem Weg zu meiner Freundin.

Erste Eindrücke beim mehrfachen „Bummeln“ durch die Stadt


Vorab gesagt: Ich bin weder Russlandexperte noch befähigt, mich nach einer Woche in Moskau über Stadt, Bewohner oder die politische Situation qualifiziert zu äußern. In späteren Artikeln gebe ich meine Gespräche mit Menschen wieder, die schon länger in Russland leben und viel konkretere Erfahrungen haben. Im Folgenden nur Impressionen, die ich durch reiseerprobtes Hinschauen und verschiedene Gespräche sammeln durfte. Ohne Anspruch auf irgendetwas – es sind Eindrücke und kein Wissen.

Alte Prachtbauten, neue Prachtbauten, Plattenbauten, hässliche Bauten, Substandard. Relativ wenig sichtbare Armut, extrem viel Verkehr, breite Straßen im 6- bis 8-spurigen Autobahnformat. Überall Straßenreinigung, man sorgt für Ordnung. Nirgends, wo es mich hintreibt, ist es so heruntergekommen wie bei uns in Österreich oder insbesondere Deutschland. Und ich halte mich in dieser Woche nur einen Tag im Zentrum auf. Obdachlose sehe ich nicht, auch wenn sie sicher auch vorhanden sind. Aber sie kommen im Stadtbild nicht ständig vor – im Gegensatz zu Berlin, Wien, Linz … wo man sie beim besten Willen nicht mehr übersehen kann.

Ich habe nirgendwo so viele verschiedene Ethnien auf einen Blick gesehen wie in Moskau. Das Land bzw. die Stadt sind Vielvölkerstaat bzw. -stadt im besten Sinne des Wortes, wobei es, wie man mir erzählte, wohl deutliche wirtschaftliche Ungleichheiten zwischen den Gruppen gibt.

Die Menschen auf der Straße sind zwar nicht alle „westlich“ gekleidet, verhalten sich aber mehrheitlich sehr westlich – leider. Ich sehe fast niemanden, der kein Handy in der Hand oder keinen Knopf im Ohr hat.

LGBTQ wird zwar in Moskau unterbunden, sodass ich keine offensichtlichen woken Transvestiten im Stadtbild wahrnehme. Was ich sehr wohl sehe, sind junge Menschen im bunten Manga-Outfit, Mädels mit aufgespritzten Lippen und Erwachsene, die auf Tretrollern durch die Stadt düsen – derartige Verrücktheiten sind also auch hier problemlos möglich.

In der U-Bahn – Smartphone-Zombies wie überall

Ab und zu sehe ich Männer im typischen „Militärkleidungsstil“, man will wohl die Solidarität mit dem Militär zeigen. Echte Soldaten sehe ich kaum, nicht wie in Israel, wo sie wie selbstverständlich zum Stadtbild gehören.

Ob die Sicherheitsvorkehrungen aufgrund des Krieges hochgefahren wurden, weiß ich nicht. Rund um den Kreml sieht man Polizisten, Soldaten und Sicherheitspersonal. Man kann sich sicher fühlen. Außerhalb der Innenstadt sind offizielle Kräfte kaum wahrzunehmen. Weder am Kreml, in der Innenstadt noch in den verschiedenen Außenbezirken habe ich das Gefühl, dass Kriegsstimmung herrscht. Im Gegenteil. Es wirkt alles wie ganz normales Leben. Seit dem Angriff auf die Crocus City Hall gibt es zwar Zugangskontrollen zum Kreml, zum Kaufhaus Gum und andere öffentliche Gebäude mit Metallschleusen – aber ansonsten merke ich … nichts.

Die Metro ist ein Albtraum. Für eine frisch Eingereiste wie mich ist sie höllisch, weil ich die schiere Größe und Komplexität der unzähligen Linien so schnell nicht erfassen kann, was mich natürlich verunsichert. Ich merke auch, dass es mich frustriert, die Sprache nicht zu sprechen, nur langsam die Buchstaben entziffern zu können.

Die Metro ist aber auch ein Traum, was Sauberkeit, Schönheit, Preis und Verfügbarkeit angeht. Meist kommt alle 30 Sekunden ein Zug. Und für 54 Rubel, also ca. 50 Euro-Cent, kann man quer durch die Stadt fahren. Und solch eine Fahrt kann leicht zwei, drei Stunden in Anspruch nehmen. Die Freundin, die ich besuche, sagte mir, sie verbringe manchmal die Hälfte ihres Tages in der Metro.

Anekdote am Rande: In der „Kleinstadt“ Moskau bin ich am Kievskaya Bahnhof – und wen treffe ich? Meine mitgereisten Freunde, die dort ganz in der Nähe ein Hotel gebucht haben. Wahnsinn! Diese Stadt hat zwischen 13 und 20 Millionen Einwohner und wir treffen uns einfach so unterwegs. Zufälle gibt es!

Zum Thema Einwohnerzahl: Offiziell sind wohl 13 Millionen Menschen in Moskau gemeldet, es soll aber sehr viele Illegale geben. Die Zahlen, die man mir nennt, schwanken zwischen 15 und 20 Millionen. Überall werden neue Stadtbezirke hochgezogen, um die Masse der Menschen aufzunehmen. In manch einem dieser Hochhäuser wohnen wohl mehr Menschen als in meinem gesamten Dorf. Die Baubranche scheint zu boomen. Auf jeder Fahrt mit dem Taxi oder den überirdischen Metro-Strecken sehe ich Neubauten in unterschiedlichsten Stadien.

Von Auswirkungen westlicher Sanktionen merke ich genau nichts. Links und rechts des Gebäudekomplexes, in dem meine Freundin wohnt, gibt es zwei kleine Supermärkte – und es gibt dort alles. Corona-Bier, Heinz-Ketchup, Nestlé-Kaffee …

Tja, Sanktionen. Wer sanktioniert hier wen – und wer leidet darunter? Von großen Supermärkten will ich gar nicht reden.

Die Auswahl an Produkten erscheint mir um ein Vielfaches größer als im nächstgelegenen Euro-Spar in Österreich, den ich übrigens auch in Moskau sehe. In diesen Einkaufsparadiesen gibt es neben den zahllosen mir bekannten westlichen Marken eine Vielfalt an Lebensmitteln, die wohl in etwa der Vielfalt des Vielvölkerstaates entspricht. Bei diesem Angebot bricht der blanke Neid in mir aus.

Womit ich aber gar nicht zurande komme, sind die nicht-lächelnden Menschen in Moskau. Auch wenn mir das vorab bekannt war, daran gewöhnen werde ich mich nicht. Man wird nicht gesehen, wie mir einer meiner Bekannten in Moskau erklärt. Alle übersehen sich gegenseitig und das ist für mich total anstrengend im Vergleich zu anderen Ländern, in denen ich bisher war. Auf der Straße finde ich nicht den Zugang, der für mich beispielsweise in Lateinamerika so selbstverständlich ist. Dreimal freundlich grinsen, schon wird man zum Essen eingeladen – ein wenig übertrieben gesagt.

Aber dieses...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.