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E-Book, Deutsch, 219 Seiten

Ehni Altersutopien

Medizinische und gesellschaftliche Zukunftshoffnungen der Lebensphase Alter

E-Book, Deutsch, 219 Seiten

ISBN: 978-3-593-43980-8
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Träume von einem langen Leben und ewiger Jugend sind so alt wie die Menschheitsgeschichte. Neue Entwicklungen in Medizin und Biologie lassen diese Hoffnungen mittlerweile als greifbar erscheinen. Eine neue Lebensphase ist entstanden, die allerdings oft mit negativen, tief verwurzelten Stereotypen behaftet ist. Solche Vorurteile verhindern, dass die Potenziale Älterer zu ihrer vollen Entfaltung kommen. Doch wie könnte ein ideales Alter aussehen? Wie können wissenschaftliche Zukunftsvisionen des Alters ausgestaltet werden? Widersprechen sich dabei die Sichtweisen von Medizin und Sozialwissenschaft? Beiträge aus unterschiedlichen Disziplinen zeichnen in diesem Buch ein facettenreiches Bild einer möglichen und idealen Zukunft des Alters.
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Weitere Infos & Material


Inhalt
"Altersutopien" - Medizinische und gesellschaftliche
Zukunftsvisionen des Alter(n)s 7
Hans-Jörg Ehni
Gesund altern bis in den Tod - Utopie oder Zukunft? 23
Karl Lenhard Rudolph, Evelyn Kästner
Gerotopia 39
Maartje Schermer
Altern als Krankheit 57
Stefan Lorenz Sorgner
Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod? 75
Thea Dorn
Brief aus einem postutopischen Zeitalter 85
Martin Sand
Bonum senectutis - Eine frühneuzeitliche Altersutopie 97
Daniel Schäfer
Reise ins Unbekannte - Begründete Vermutungen und haltlose Spekulationen zur Zukunft des Alterns 115
Mark Schweda
Charakter und Funktion von Altersutopien - Zu einigen Grundelementen einer gerontologischen Ethik aus moraltheologischer Perspektive 127
Ralf Lutz
Erfolgreiches Altern - Anmerkungen aus primär
verhaltenswissenschaftlicher Perspektive 149
Hans-Werner Wahl
Altersutopien aus geriatrischer Sicht 171
Gerhard W. Eschweiler
Weisheit als Utopie 191
Michael Fuchs
Ein Plädoyer für ein langes und gesundes Leben 201
Dominik Jabs, Adam Meder, Daniel Meketzer, Teresa Lenz und
Matthias Janze
Autorinnen und Autoren 216
Dank 219


Altersutopien - Medizinische und gesellschaftliche Zukunftsvisionen des Alter(n)s Hans-Jörg Ehni Die Utopie als positive Zukunftsvision schien bis vor kurzem kaum mehr Anhänger zu finden. Der Glaube an einen wissenschaftlich-technischen Fortschritt, der Hand in Hand mit Emanzipation und einer besseren Gesellschaft geht, war angesichts totalitärer Systeme und Umweltzerstörung an einem Tiefpunkt angelangt. Apokalyptische Dystopien, die das Genre der Science Fiction in Literatur und Film konstant hervorbringt, wecken eher Ängste vor dem, was die technologische und soziale Zukunft bringen mag. Das Verhältnis zwischen Utopie und Zukunftsängsten ist jedoch zwiespältig. Gerade Ängste, die die Gegenwart auslöst, können auch bewirken, dass man sich erneut optimistischeren Utopien zuwendet. Anlässe, von einer besseren Zukunft zu träumen, gibt es jedenfalls genug. Solche Träume bewirken trotz negativer Erfahrungen und Ängste - oder vielleicht doch auch gerade wegen ihnen - regelmäßig ein neu erwachtes Interesse an einer optimistischen Utopie der menschlichen Zukunft. Zwei vor kurzem erschienene Bände amerikanischer Autoren beschäftigen sich vor dem Hintergrund einer tristen Gegenwart mit den utopischen Lebensgemeinschaften in den USA wie den Shakern, Owen-Anhängern oder Fourieristen. Sie träumten auf ihre je eigene Weise von einem Zusammenleben ohne Privateigentum, sexuelle Zwänge und gesellschaftliche Ungleichheit. Auch wenn sie nach und nach gescheitert und verschwunden sind - so die religiösen Shaker aufgrund ihrer erfolgreich praktizierten Enthaltsamkeit - bleibt der Reiz anders zu leben offensichtlich bestehen. Auch die Hoffnung auf ein besseres Leben durch Wissenschaft und Technik dürfte trotz der Ängste, die ihre Eingriffstiefe in die Natur und das menschliche Leben wecken, nie ganz erloschen sein. Menschheitsträume einer ewigen Jugend, etwa projiziert auf antike, ansonsten allzumenschliche Götter, verwandeln sich in medizinische Utopien. Ernst Bloch hat deren Kern klarsichtig darin bestimmt, dass in den Utopien der Medizin die Gesundheit nicht nur wiederhergestellt, sondern verbessert werden soll. Heilung bedeute in letzter Konsequenz, wie er im Prinzip Hoffnung schreibt, 'den Leib umzubauen'. Die medizinischen Zukunftsvisionen lassen sich mittels drei verschiedener utopischer Ziele unterscheiden: die Beeinflussung des Geschlechts der Nachkommen (die Bloch ablehnt), die künstliche Zuchtwahl oder Eugenik und die Abschaffung des Alterns. Der Fluchtpunkt dieser Utopien ist letztlich die Abschaffung des Todes. Das Altern wertet Bloch dabei als Gattungsübel. Der 'organische Wunschtraum' sei ein Leib, 'auf dem nur Lust, nicht Schmerz serviert wird und dessen Alter nicht Hinfälligkeit, als Schicksal ist' [Hervorhebungen im Original]. Solche Gedanken hat der israelische Historiker Yuval Noah Harari in seinem Beststeller Homo Deus aufgegriffen, der sich halb an eine Universalgeschichte, halb an eine Prognose der Menschheitszukunft wagt. Auch hier zeigt sich das neu erwachte Interesse an Utopien. Harari glaubt, dass der Mensch im 21. Jahrhundert mit Hilfe neuer Technologien nach Glück, Unsterblichkeit und Göttlichkeit streben werde. Dieses Bestreben sei letztlich ein konsequentes Fortschreiben der Ideale des Humanismus. Gleichzeitig bestehe jedoch die Gefahr, dass der Humanismus sich selbst abschaffe, indem die neuen wissenschaftlichtechnischen Entwicklungen und Erkenntnisse den zentralen Wert des menschlichen Individuums untergraben würden. Ähnlich hält Ernst Bloch es für unwahrscheinlich, dass der Drang des Menschen, das Gegebene zu überschreiten und neu zu bilden, am eigenen Leib inne halte. Bloch sieht dabei ebenso den Zusammenhang mit gesellschaftlichen Strukturen: 'Vom Leib allein her wird so kaum eines seiner Übel beseitigt.' Optimistischer als Harari verweist er jedoch auf die sozialen Utopien, die die medizinischen notwendigerweise ergänzen müssen. Denn der Traum der Unsterblichkeit wecke gemischte Gefühle und sogar Grauen. Jedes 'organische Besserseinwollen' hänge in der Luft, wenn das soziale nicht gekannt und berücksichtigt werde. Altersutopien müssen daher gleichzeitig medizinische und gesellschaftliche Zukunftsvisionen des Alter(n)s miteinander vereinen, um das 'Grauen' vor der Unsterblichkeit, das sowohl Bloch wie Harari befällt, zu bannen oder zu überwinden. Die neue Dynamik der medizinischen Altersutopie stammt dabei zum Teil aus dem Silicon Valley, wo sich Milliardäre wie Peter Thiel und Konzerne wie Alphabet-Google mit der Biotech-Firma Calico dem Kampf gegen die (eigene) Sterblichkeit verschrieben haben. Unbestreitbar zeigt sich also ein neu erwachtes Interesse an Utopien, in dessen Mittelpunkt unter anderem die Abschaffung des Alters steht. Der Versuch, diese Utopie umzusetzen, ist näher gerückt als jemals zuvor in der Geschichte. Denn medizinische Studien, die einzelne Mittel testen, mit denen das Altern verlangsamt werden soll, haben bereits begonnen. Aber auch eine alternative Zukunftsvision der Emanzipation des Alters und älterer Menschen von Strukturen und Einstellungen, die sie diskriminieren, nimmt in gerontologischen Konzeptionen des gelingenden Alterns konkrete Formen an. Zwischen medizinischer und gesellschaftlicher Zukunftsvision besteht dabei eine fundamentale Spannung, die schwer aufzulösen ist. Daher lohnt es sich, gemeinsam mit den Autorinnen und Autoren dieses Bands, einen Blick auf diese unterschiedlichen Utopien zu werfen. Zuvor soll ein kurzer Überblick der Ideengeschichte der (Alters-)Utopie und der aktuellen Diskussion vor dem Hintergrund des demographischen Wandels in das Thema einführen. Utopien erkunden Bereiche des Möglichen. Sie variieren Formen des Zusammenlebens und entwerfen alternative gesellschaftliche und politische Strukturen. Sie versuchen Familie und Sexualität, Herrschaft und Eigentum sowie religiöse Toleranz neu zu erfinden. Der Begriff 'Utopie' ist schriftlich zum ersten Mal als Wortneuschöpfung von Thomas Morus dokumentiert, der 1516 sein berühmtes Werk mit dem Titel 'De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia' veröffentlichte. Etymologisch lässt sich 'Utopie' aus dem Griechischen herleiten und setzt sich zusammen aus 'topos' ('Ort') und der Vorsilbe 'ou-', die verneinend ist. 'Utopie' bedeutet also nach gängiger Interpretation 'Kein-Ort', 'Nirgendwo'. Schon vor Morus wurden Utopien geschrieben, beispielsweise Platons 'Politeia', in der er den perfekten Staat beschreibt. In Reaktion auf Morus' 'Utopia' gelangte das Genre zu einer neuen Blüte. Ebenfalls berühmt geworden ist Campanellas kollektivistischer 'Sonnenstaat', den eine Priesterkaste regiert. Familie und Privateigentum sind bereits im Sonnenstaat abgeschafft (wie zuvor in Platons Politeia für die Kaste der 'Wächter'), was spätere reale utopische Lebensgemeinschaften dann auch versucht haben, wie oben bereits angemerkt. Wie ebenfalls Ernst Bloch hervorgehoben hat, besitzt die medizinische Utopie der Abschaffung des gebrechlichen Alters eine lange Vorgeschichte, die sehr weit in die Menschheitsgeschichte zurückreicht. Was wenig erstaunlich ist. Denn kulturübergreifend gilt ein langes und gesundes Leben als erstrebenswert und wertvoll. Der amerikanische Historiker Gerald J. Gruman hat 1966 einen Überblick des Streits zwischen Befürworter/-innen und Gegner/-innen von Lebensverlängerung und Verjüngung von den mythischen Anfängen bis ins 18. Jahrhundert vorgelegt. Er bezeichnet die Befürworter/-innen einer Verjüngung und verlängerten menschlichen Lebensspanne als 'prolongevitists' ('Prolongevitisten' - wie der Ausdruck sich im Deutschen wiedergeben lässt). Für Gruman ist der Prolongevitismus ein notwendiger Bestandteil des 'meliorism' ('Meliorismus'). Diesen definiert er als Überzeugung, dass der Mensch, indem er die Natur einschließlich der eigenen beherrscht und verändert, seine Lebensbedingungen und die Qualität des menschlichen Lebens deutlich verbessern kann - also im Grunde die Themen der klassischen und modernen wissenschaftlichen Utopien. Die moderne Wissenschaft hat seit ihren Anfängen in der Philosophie der Frühen Neuzeit den Traum einer radikalen Lebensverlängerung, indem das körperliche Altern angehalten oder rückgängig gemacht wird, aus Mythen und antiken Überlieferungen häufig übernommen. Im 17. Jahrhundert folgten dann auch auf Morus und Campanella erste Utopien, die den wissenschaftlichen Fortschritt als antreibende und formende Kraft der gesellschaftlichen Veränderung untersuchten. Der 'wissenschaftliche' und 'medizinische' Prolongevitismus geht auf Francis Bacon und auf René Descartes zurück. Beide Philosophen, die die neuzeitliche Philosophie und Wissenschaft mitbegründet haben, waren fest davon überzeugt, dass die Naturbeherrschung durch Wissenschaft und Technologie entscheidende Verbesserungen der menschlichen Lebensbedingungen bewirken würde. Von Descartes stammt das berühmte Diktum der Mensch sei 'maître et possesseur' ('Herrscher und Eigentümer') der Natur. Bacon beschreibt seine Utopie der wissenschaftlichen Ausdehnung der menschlichen Macht in seinem Fragment Nova Atlantis. Im bekannter gewordenen wissenschaftstheoretischen Novum Organon schreibt Bacon, dass es bei der Neubegründung wissenschaftlicher Methoden um den 'Sieg der Kunst über die Natur' ginge. Sowohl Descartes als auch Bacon hegen keinen Zweifel daran, dass die Verlängerung der menschlichen Lebensspanne und die Verzögerung des Alterns zu den zentralen Zielen der Medizin gehören. Bacon prophezeit in On the advancement of learning: 'medicine will no longer be confined to humble cures' und sieht einen Teil der Medizin voraus, der ausschließlich der Lebensverlängerung gewidmet ist. Das schließt gleichzeitig eine implizite Forderung an die Medizin mit ein, sich nicht nur der Heilung von Krankheiten zu widmen, sondern der allgemeinen Verbesserung der menschlichen Lebensumstände und des menschlichen Körpers selbst. Für manche medizinethischen Positionen der Gegenwart, die den ethischen Wesenskern der Medizin in der Heilung von Krankheiten sehen, stellt dies auch nach mehr als drei Jahrhunderten neuzeitlicher Wissenschaft immer noch eine Provokation und einen fehlgeleiteten Irrtum dar. Der Wissenschafts- und Fortschrittsglaube von Descartes und Bacon setzt sich in der Aufklärung des 18. Jahrhunderts fort und findet hier einen seiner bekanntesten Fürsprecher im Marquis de Condorcet. Der Prolongevitismus spielt auch bei Condorcet eine zentrale Rolle beim zivilisatorischen Fortschritt der Menschheit. In seinem Esquisse d'un tableau historique des progrès de l'esprit humain (Entwurf einer historischen Darstellung der Fortschritte des menschlichen Geistes) beschreibt er zehn Stufen der menschlichen Zivilisation. Die eigene Epoche der französischen Aufklärung siedelt er auf der 9. Stufe an. Die drei wichtigsten Errungenschaften in der am höchsten stehenden, abschließenden 10. Epoche bestehen darin, Ungleichheiten innerhalb und zwischen Nationen zu beseitigen und den Menschen in geistiger, moralischer und physischer Hinsicht zu vervollkommnen. Die letzte Frage, die er in seinem Werk stellt, richtet sich darauf, was die prinzipiell grenzenlose Perfektibilität des Menschen für dessen Fähigkeiten und die Struktur der menschlichen Natur bedeutet. Condorcet erwartet zunächst eine deutliche Verlängerung der Lebensspanne durch zahlreiche Public Health-Maßnahmen - er bezeichnet dieses Unternehmen als 'medicine conservatrice' ('bewahrende Medizin'). Dazu gehören sanitäre Anlagen, eine verbesserte Hygiene und bessere Arbeitsbedingungen. Auch von der Neuordnung gesellschaftlicher Verhältnisse erhofft er sich Fortschritte bei der Lebensverlängerung durch die Beseitigung von Elend und übergroßem Reichtum, der zu einem ausschweifenden und ungesunden Lebenswandel verführe. Aber den entscheidenden Fortschritt bei der Lebensverlängerung weit über die bekannte Lebensspanne hinaus erhofft er sich von der Medizin auf der Grundlage der neuen Naturwissenschaft. Er sagt voraus, dass in der Zukunft der Tod lediglich durch schwere Unfälle oder durch das sehr langsame Nachlassen der Lebenskraft verursacht werden wird. Der Mensch wird zwar nicht unsterblich sein, aber der große Zeitraum zwischen Geburt und Tod wird keine klar definierbare Grenze mehr besitzen und im Laufe der Zeit stetig weiter anwachsen. Eine erstaunliche Prognose, die teils wahr geworden ist, teils in sehr ähnlicher Form auch von den Prolongevitisten der Gegenwart verbreitet wird. Befeuert durch die Willens- und Lebensphilosophie sowie durch die darwinistische Biologie, nimmt diese Vision zu Beginn des 20. Jahrhundert neue Fahrt auf. Bernard Shaws faszinierendes und - nicht nur aus dem Blickwinkel der Einheiten von Zeit und Ort - monströses Theaterstück 'Back to Methuselah' (1921) vereint diese philosophischen und biologischen Gedankenwelten und zeichnet ein weit in die Zukunft reichendes Bild vom Fortschritt der Menschheit in Richtung Unsterblichkeit. Das Stück schreitet in fünf Akten von zwei Menschen, denen es durch bloße Willensanstrengung gelingt, nicht zu altern, zu einer Gesellschaft von Unsterblichen fort. Der erste Akt setzt bei den zunächst unsterblichen Eltern der Menschheit ein. Adam und Eva erfahren im Garten Eden von der Existenz des Todes und beschließen selbst, dass ihr eigenes Leben sehr lang, aber endlich sein soll. Ihre individuelle Unsterblichkeit ersetzen sie durch Nachkommen, die den Fortbestand der Menschheit und damit 'kollektive Unsterblichkeit' sichern. Im zweiten Akt, der in der Gegenwart des Autors nach dem ersten Weltkrieg spielt, treten die Brüder Barnabas auf, die 'entdeckt' haben, dass man lang leben kann, wenn man wirklich muss und/oder will. Die betreffenden Personen wissen allerdings zunächst nicht, dass sie langlebig sind. Für die Brüder Barnabas ist eine Verlängerung der menschlichen Lebensspanne aus sozialen und politischen Gründen eine unabdingbare Überlebensnotwendigkeit. Die Menschen leben ihrer Meinung nach zu kurz, um die Reife zu erlangen, die sie benötigen würden, um ihre Gesellschaften gut zu gestalten und zu führen. Die folgenden drei Akte spielen in immer fernerer Zukunft, nachdem der lebensverlängernde Willensakt der Brüder gelungen ist. Die extreme Langlebigkeit wird in der von Shaw imaginierten Menschheitsgeschichte von einem seltenen und gefürchteten Merkmal zur Normalität. Die ersten Langlebigen, die kaum altern und bis zu 300 Jahre alt werden, sehen sich mit Anschuldigungen und Ängsten konfrontiert und sind sich zugleich der Notwendigkeit bewusst, sich zum Wohle der Menschheit zu vermehren. In der Folge entwickeln sich zunächst Gesellschaften von Langlebigen parallel zu den Gesellschaften der Kurzlebigen. Allerdings sind die Langlebigen den Menschen mit kurzer, also etwa gegenwärtiger, Lebensspanne so überlegen, dass letztere wie bei Göttern nicht einmal deren Anblick ertragen können und an diesem zugrunde gehen. Ein Ausblick auf das darwinistische Schicksal der Kurzlebigen. Im letzten Akt schließlich haben die langlebigen Gesellschaften diejenigen der Kurzlebigen völlig verdrängt und eine vollkommen neue Bewusstseins- und Zivilisationsstufe erreicht, die auch spirituell alles bisher von Menschen Erreichbare weit sprengt. Nach einer vierjährigen Kindheit, die einer komprimierten Version des Lebens eines Kurzlebigen entspricht, gehen sie in eine Art spirituelle Existenz über. Diese sogenannten 'Ancients' verlieren ihr Interesse an den - aus heutiger Sicht - menschlichen Angelegenheiten völlig und widmen sich reinem, intensivem Nachdenken. Sie altern nicht und sterben nur noch durch tödliche Unfälle. Obwohl sie nahezu alle körperlichen Bedürfnisse und Übel überwunden haben, empfinden sie ihre physische Existenz als Last und streben nach einer Loslösung ihrer Seelen von der Materie. Eine Zukunft, die ausschließlich den Unsterblichen gehört, beschreibt ebenfalls der Biologe John B. S. Haldane in seinem Essay The last judgement, der fiktiv-literarische Motive mit wissenschaftlichen vermischt. In ferner Zukunft hat die Menschheit ein Stadium vollkommener Entwicklung mit einer durchschnittlich dreitausendjährigen Lebensspanne erreicht. Als der Mond mit der Erde kollidieren wird, beschließt ein Teil der Menschheit, erneut in einen wissenschaftlich gesteuerten evolutionären Prozess einzutreten, um sich an die Lebensbedingungen auf der Venus anzupassen. Nach vielen gescheiterten Versuchen emigrieren die technisch veränderten Menschen erfolgreich auf die Venus. Im dort errichteten Gemeinwesen ist jedes Individuum Teil eines kollektiven Bewusstseins und diesem komplett untergeordnet. Der Essay endet mit dem Ausblick auf die Kolonialisierung anderer Planeten und die hierfür notwendige biotechnische Weiterentwicklung der Menschheit. Mehr noch als in Bernard Shaws Back to Methuselah stehen bei Haldane der gesellschaftliche Nutzen einer Verlängerung individueller Leben sowie das Überleben und die Perfektionierung der Menschheit als Ganzes im Zentrum. Die Unsterblichkeit als Vehikel des kollektiven Überlebens der Spezies Mensch ist das übergeordnete Ziel. Haldanes Ideen wurden von seinem Bewunderer Olaf Stapledon im Roman Last and First Men aufgegriffen, detailreich ausgearbeitet und weiterentwickelt. In Last and First Men berichtet einer der 'Letzten Menschen' aus sehr ferner Zukunft über die zurückliegende Entwicklung der Menschheit, beginnend bei den 'Ersten Menschen', welche die gegenwärtig lebenden Menschen sind. Teils durch gezielte Schöpfung durch ihre Vorgänger, teils durch umweltinduzierte Evolution geht im Verlauf der Jahrmillionen eine neue Menschenart nach der anderen aus der vorangegangenen hervor. Die Geschichte jeder Menschenart ist gezeichnet durch ein kontinuierliches Auf und Ab zwischen Höhen zivilisatorischen, technologischen und natur- und geisteswissenschaftlichen Fortschritts und tiefen Rückfällen in ein Leben in völliger Wildnis. Obwohl die Menschen wiederholt durch kosmische Ereignisse gezwungen werden, sich anzupassen und schließlich auf andere Planeten umzusiedeln, gelingt es immer wieder einer Menschenart, höhere Bewusstseinsformen zu erlangen und technischen und/oder wissenschaftlichen Fortschritt hervorzubringen. Die Ziele dieses Fortschritts umfassen bei vielen Menschenarten unter anderem die Bekämpfung von Krankheiten und die Abschaffung von Alter und Senilität. Schon die 'Ersten' Menschen erlangen eine deutlich verlängerte Lebenserwartung und bekämpfen erfolgreich viele Erkrankungen. Die 'Fünften Menschen' erreichen eine Lebensspanne von 3.000 Jahren, mit einer ausgedehnten Kindheit und Jugend, die für die Entwicklung persönlicher Reife und geistiger Fähigkeiten notwendig sind. Dabei ist es für die 'Fünften Menschen' wesentlich, lang zu leben, aber nicht unsterblich zu sein. Das Bewusstsein und die Erfahrung des Verlusts der eigenen Existenz oder eines geliebten Wesens sind für sie notwendig und erstrebenswert für einen reifen Charakter. Die letzten Menschen schließlich sind - so Stapledon in seinem Roman - quasi unsterblich. Erst wenn sie nach vielen tausend Jahren das Gefühl haben, dass andere ihre Aufgabe besser erfüllen können, entschließen sie sich, selbst ihr Leben zu beenden. Der zu den letzten Menschen gehörende Erzähler macht in seinem Fazit der Geschichte der Menschheit deutlich, dass das übergeordnete Ziel allen Fortschritts das Überleben und die Verbesserung der Menschheit ist. Die individuellen und gesellschaftlichen Vorteile der radikalen Lebensverlängerung werden in Last and First Men mehrfach beschrieben: Sie ermöglicht es, ein immenses Wissen und ein umfassendes Verständnis des Kosmos zu erlangen, das Bewusstseins und tiefe zwischenmenschliche Beziehungen zu erweitern, sowie komplexe und leistungsfähige gesellschaftliche Institutionen aufzubauen und schließlich - als höchstes Ziel - die Existenz der Menschheit langfristig zu sichern. Diese biologisch-darwinistisch geprägten Visionen von Haldane und Stapledon enthalten auch totalitäre Elemente wie einen kollektivistischen Weltstaat oder ein kollektives Bewusstsein, die beide Individualität negieren. Diese Ansichten und das Unbehagen an den technisch-wissenschaftlichen Zukunftsvisionen Haldanes und Stapledons haben heftige Kritik und entsprechende Gegenentwürfe hervorgerufen. Der Wissenschaftsoptimismus, der die Visionen beider antreibt, hat eine ebenso wirkungsmächtige skeptische Gegenreaktion hervorgerufen. Deren Motive, Mythen und Geschichten beeinflussen unsere Gegenwartskultur mindestens ebenso stark wie diejenigen Haldanes und Stapledons. Einem kritischen Zirkel, der an den Wohltaten der modernen Wissenschaft und Technik zweifelte, gehörte etwa der Schriftsteller J.R.R. Tolkien an. Wenigen seiner Leser dürfte dabei bewusst sein, dass der Ring aus seinem - als Film ebenso erfolgreichen - Kultbuch Der Herr der Ringe die moderne Wissenschaft symbolisiert. Das Standardwerk der wissenschaftskritischen Dystopien stammt von Aldous Huxley. In Brave New World zeichnet er das Bild eines streng hierarchisch organisierten Weltstaats, der unter dem Wahlspruch 'Community, Identity, Stability' die individuelle Freiheit ganz dem wissenschaftlich-technisch verwirklichten kollektiven Glücksstreben geopfert hat. Biomedizinischer Fortschritt bei der Bekämpfung des Alterns spielt auch hier die zentrale Rolle. Einer der Charaktere erklärt die anhaltende Jugend und Gesundheit seiner Mitmenschen: 'We preserve them from diseases. We keep their internal secretions artificially balanced at a youthful equilibrium. We don't permit their magnesium-calcium ratio to fall below what it was at thirty. We keep their metabolism permanently stimulated. [...] Youth almost unimpaired till sixty, and then, crack! The end.' Eine ausgesprochen altersfeindliche Vision. Das Altern wird durch 'klinische' Interventionen aufgehalten, weil Altern die Menschen unglücklich machen und den Charakter in nicht wünschenswerter Weise verändern würde. Allerdings sind die Individuen in dieser Gesellschaft austauschbar, und sobald ihre fortdauernde zeitliche Existenz die Glückssumme der Gesellschaft zu verringern droht, werden sie in der Tat ausgetauscht. Der Abschaffung des Alters widmete Huxley sich ebenfalls in After many a summer, das die frühen Experimente mit Hormonen etwa von Brown-Séquard satirisch angreift. Ein Millionär fällt hier begleitet von einem zynischen und diabolischen Biologen durch eine Verjüngungskur auf eine vormenschliche, affenähnliche Existenz zurück. Den Traum von der Abschaffung des Alters betrachten auch andere Werke in Literatur und Film sehr pessimistisch. In Simone de Beauvoirs Roman Alle Menschen sind sterblich von 1946 verzweifelt Graf Fosca an seiner Unsterblichkeit. Im Science Fiction-Film In Time von 2011 hat Lebenszeit Geld als Währung abgelöst und dient der unsterblichen und dekadenten Elite als Unterdrückungs- und Ausbeutungsinstrument. Zwei Traditionsstränge streiten sich also um die Deutung der medizinischen Utopie, das Altern abzuschaffen. Die wissenschaftsfreundlich gestimmten, optimistischen Utopien in der Nachfolge von Bacon und Descartes, Haldane und Stapledon, aber auch Ernst Bloch sehen im körperlichen Altern ein Übel, das die Wissenschaft und Medizin überwinden werden. Gemeinsam ist diesen Utopien, dass sie in der radikalen Lebensverlängerung einen zentralen Schlüssel zum sozialen, technischen und wissenschaftlichen Fortschritt sehen. Dabei sind technischer und gesellschaftlicher Fortschritt eng miteinander verwoben. Sowohl in Shaws Back to Methuselah als auch bei Haldane und Stapledon trägt die Verlängerung der menschlichen Lebensspanne maßgeblich zur Weiterentwicklung der Gesellschaft bei. Erst durch die verlängerte Lebensspanne gelangen die Menschen zu der Reife, die sie benötigen, um gute Gesellschaften zu erschaffen und zu erhalten. Die wissenschaftsskeptischen, pessimistischen Dystopien sehen dagegen in der Abschaffung des Alterns einen Irrweg. Für den einzelnen Menschen, der eine gelangweilte Existenz ins Endlose verlängert, ist sie ohne Nutzen. Dabei geht die rücksichtslose, narzisstische und egozentrische Verlängerung des eigenen Lebens stets auf die Kosten anderer. Gesellschaftlich schlägt der utopische Traum der Alterslosigkeit in sein Gegenteil um, wie etwa in Brave New World. Wie stehen nun die Aussichten dafür, dass der Traum wie auch der Alptraum wirklich wird? Zunächst einmal scheint in der Gegenwart näher gerückt zu sein, dass die Menschheit die ersten Schritte in die Richtung geht, die durch die wissenschaftlich-medizinische Utopie vorgegeben ist. Geschehen wird dies mit Hilfe der neuen Biologie des Alters oder Biogerontologie. Denn dieser Wissenschaft ist es bereits bei unterschiedlichen Labororganismen gelungen, Alternsprozesse zu verlangsamen und die Lebensspanne dieser Organismen deutlich zu verlängern. So hat man bei Hefen eine bis zu 10fache Verlängerung erreicht, ebenso bei Fadenwürmern. Verdoppeln konnte man die Lebensspanne von Mäusen. Bei Fruchtfliegen konnte man sie um 60-70 Prozent verlängern. Da die Mechanismen, die zu Alternsprozessen beitragen, speziesübergreifend sind, glaubt man, dass sich langfristig auch beim Menschen ähnliche Ergebnisse erzielen lassen würden. Allerdings weist man darauf hin, dass menschliches Altern deutlich komplexer ist. Die Prognosen des biogerontologischen Mainstreams stellen daher keine vergleichbaren Erfolge wie bei Labororganismen für die unmittelbare Zukunft in Aussicht: Einige prominente Vertreter/-innen ihrer Wissenschaft glauben, in den nächsten Jahrzehnten die durchschnittliche Lebensspanne in den Industriestaaten von ca. 75-80 Jahren um weitere sieben Jahre verlängern zu können, indem man Alternsprozesse verlangsamt. Dabei soll die gesunde Lebensspanne auf Kosten der Phase der chronischen Erkrankungen im hohen Alter verlängert werden, so dass man gleichzeitig mit diesen Zielen den negativen Folgen des demographischen Wandels entgegenwirken würde. Trotz der Wirkmacht der Dystopien und der aktuellen Skepsis gegenüber wissenschaftlich-technisch geprägten Utopien findet auch eine weniger bescheidene und umfangreiche biomedizinische Perfektionierung des Menschen bzw. das sogenannte 'human enhancement' zahlreiche entschiedene Befürworter. Die Diskussion zu diesem Thema hat, nachdem sie in den genannten Dystopien der klassischen Moderne präsent war, zumindest in der Bioethik seit einiger Zeit einen neuen Höhepunkt erreicht. Die von Bloch erwähnte Kraft, die den Menschen dazu antreibt, auch die Grenzen des eigenen Leibs zu überwinden, hat eine neue Bewegung hervorgebracht: den Transhumanismus. Entscheidend dabei ist, dass der Mensch nicht nur über verbesserte körperliche, geistige und auch moralische Fähigkeiten verfügt, sondern diese auch in einer radikal verlängerten Lebensspanne genießen kann. Oder wie der englische Bioethiker John Harris schreibt: 'immortality is the key to human enhancement'. Zu den idealen Zuständen in vielen wissenschaftlich-technischen Utopien gehört eine vollkommene Naturbeherrschung ebenso wie eine biomedizinische Annäherung an die 'Unsterblichkeit'. Wobei 'unsterblich' in der Regel nicht wörtlich zu verstehen ist, sondern bedeutet, dass niemand mehr an Altersschwäche stirbt. Sterblich sind die Menschen auch in den meisten biomedizinischen Utopien weiterhin, da man nicht annimmt, dass ihr Körper unverletzlich sein wird. Dabei knüpft die Vision der Transhumanisten an Bacon, Descartes, Condorcet, Haldane und Stapledon an. Sie glauben, dass auch eine radikale Verlängerung der menschlichen Lebensspanne in absehbarer Zeit möglich sein wird. Ja, dass sogar diejenigen, die in den Genuss derselben kommen werden, bereits geboren sind. Viele Autorinnen und Autoren greifen angesichts dieser Aussichten den wissenschaftsskeptischen Traditionsstrang auf. Viele Bedenken, auf die dann auch die spätere Diskussion Bezug nimmt, formulierte etwa der von George W. Bush eingesetzte President's Council on Bioethics in seiner Stellungnahme Beyond Therapy. Infrage gestellt wird hier der individuelle Nutzen einer radikalen Lebensverlängerung. Aber auch auf gesellschaftliche Strukturen wie Familie, Arbeitswelt und das soziale Gefüge könne sich dieses Vorhaben auf fatale Weise auswirken. In der Literatur setzt Thea Dorn, die ebenfalls einen Essay für diesen Band geschrieben hat, die Tradition Simone De Beauvoirs fort und lässt in ihrem Roman Die Unglückseligen den bei einem Experiment unbeabsichtigt unsterblich gewordenen Physiker, Johann Wilhelm Ritter, geb. 1776, der Biologin Johanna Mawet begegnen. Obwohl auch der Physiker Ritter an seiner Unsterblichkeit verzweifelt, versucht Mawet sein Geheimnis zu erkunden und das fragliche Experiment zu wiederholen. In der Gegenwart ist dabei ein weiterer Anlass hinzugekommen, sich mit der Lebensphase Alter zu beschäftigen und positive Zukunftsvisionen für sie zu entwickeln: der demographische Wandel. Gemeint ist damit eine gesellschaftliche Entwicklung, die vor allem durch zwei Faktoren bedingt ist: die steigende Lebenswartung und die sinkende bzw. niedrige Geburtenrate. Beides zusammen führt dazu, dass der Anteil der Älteren (oder über 65jährigen) an der Gesamtbevölkerung zunimmt. Häufig wird dies als Herausforderung gesehen, die teilweise sogar als dramatisch eingestuft wird. Unbestreitbar ist zunächst ein Erfolg: In den vergangenen 130 Jahren hat sich die durchschnittliche Lebenserwartung in den Industrienationen mehr als verdoppelt. Einiges deutet darauf hin, dass der Gesundheitszustand der Menschen im fortgeschrittenen Alter dabei besser ist als zu früheren Zeiten. Allerdings bleibt die Last der chronischen, altersassoziierten Erkrankungen, die im sehr hohen Alter zunehmen, bestehen. Der Anstieg des Anteils Älterer an der Gesamtbevölkerung veranlasst Wissenschaft, Politik und Gesellschaft unter anderem deswegen dazu, sich verstärkt mit der Zukunft der Lebensphase Alter zu beschäftigen. Da das Risiko chronischer Erkrankungen mit zunehmendem Alter steigt, befürchtet man steigende Kosten für Gesundheitsversorgung und Pflege. Mit diesen Kosten, aber auch mit dem verbundenen Aufwand an Personal und Ressourcen, könnten Krankenkassen, Krankenhäuser und Pflegeheime zumindest stark beansprucht, wenn nicht überfordert werden. Unterversorgung, Mängel in der Pflege, offene oder versteckte Altersrationierung und steigende gesundheitliche Ungleichheit im Alter wären mögliche Folgen bzw. sofern solche Probleme bereits existieren, könnten sie verschärft werden. Vor ähnliche Probleme könnten auch die Rentenkassen gestellt werden, wenn immer weniger Berufstätige immer mehr Rentenempfänger finanzieren müssen. Gleichzeitig könnten diese Berufstätigen selbst möglicherweise nicht mehr damit rechnen, dass ihnen ein ähnliches Rentenniveau zur Verfügung steht, was die Frage aufwirft, wie zukünftig für Generationengerechtigkeit gesorgt werden kann. Diese könnte sich umso schwieriger herstellen lassen, als eine steigende Anzahl von Älteren zu einer 'Gerontokratie' führen könnte und so entsprechende politische Reformen blockiert werden, wie etwa solche, die das Rentenalter anheben sollen. Diese und ähnliche Prognosen, die außer auf belegbaren Zahlen zum Teil auch auf negativen Altersbildern beruhen, führen dazu, dass der demographische Wandel mit Katastrophenszenarien gleichgesetzt wird, z.B. mit einer 'Altenlawine' oder einem 'Silver Tsunami'. Beiden oben genannten Traditionssträngen zur medizinischen Altersutopie fehlt jedoch ein eigener positiver Entwurf zur Lebensphase Alter. Bei den Utopien, die auf die Abschaffung abzielen, scheint dies verständlich zu sein. Allerdings finden sich bei Shaw und anderen durchaus Ideen zum Gewinn, den ein sehr langes Leben bieten kann. Als Gegenentwurf zu einem technisierten Umgang mit dem Alter wäre es eigentlich naheliegend, sich einen alternativen Umgang mit der Lebensphase zu überlegen. Aber auch in diesem Kontext fehlt der Verweis auf ein ideales hohes Alter als Lebensphase mit einem eigenen Sinngehalt. Gerade die Gegner einer Verlängerung der menschlichen Lebensspanne bleiben einen solchen Entwurf schuldig. Schließlich fehlt er auch in den alternativen Lebensentwürfen, die sich sonst mit Emanzipation und der Befreiung von Zwängen beschäftigen. Die Teilhabe Älterer an solchen Gemeinschaften oder die Emanzipation von Altersdiskriminierung und negativen Altersstereotypen werden jedoch kaum thematisiert. Eine Lücke, die im vorliegenden Band durch entsprechende Zukunftsvisionen geschlossen werden soll, die in der Folge kurz vorgestellt werden sollen.


Hans-Jörg Ehni, Medizinethiker und Philosoph, ist stellvertretender Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin der Universität Tübingen.


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