E-Book, Deutsch, Band 3109, 64 Seiten
Reihe: Perry Rhodan-Erstauflage
Ellmer Perry Rhodan 3109: Siebenschläfer
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8453-6109-3
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Chaotarchen-Zyklus
E-Book, Deutsch, Band 3109, 64 Seiten
Reihe: Perry Rhodan-Erstauflage
ISBN: 978-3-8453-6109-3
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In der Milchstraße schreibt man das 6. Jahrtausend nach Christus, genauer das Jahr 5658. Das entspricht dem Jahr 2071 NGZ nach der galaxisweit gültigen Zeitrechnung. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan die Menschheit zu den Sternen führte und sie seither durch ihre wechselvolle Geschichte begleitet. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Terraner, Arkoniden, Gataser, Haluter, Posbis und all die anderen Sternenvölker stehen gemeinsam für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, womöglich umso stärker, seit ES, die ordnende Superintelligenz dieser kosmischen Region, verschwunden ist. Als die Liga Freier Galaktiker erfährt, dass in unmittelbarer galaktischer Nähe ein sogenannter Chaoporter gestrandet sei, entsendet sie mit der RAS TSCHUBAI das größte Fernraumschiff der Liga aus, um den Sachverhalt zu klären. Denn es heißt, von FENERIK gehe eine ungeheure Gefahr für die Milchstraße aus. Perry Rhodan leitet als Allianz-Kommissar die Mission, die ihn bis in die Andromeda vorgelagerte Kleingalaxis Cassiopeia führt. Seine Gefährten halten in der Milchstraße die Stellung. Homer G. Adams und Reginald Bull erleben dabei Seltsames - im Solsystem erwacht ein SIEBENSCHLÄFER ...
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1.
Mars
9. Juni 2071 NGZ
Idris beobachtete Corby, die mit flinken Fingern scheinbar in der Luft wühlte. Jedes Mal, wenn sie sich zu ihm umdrehte, stieg ihm der leichte Geruch ihrer Vanille-Gesichtscreme in die Nase.
»Bald fertig«, sagte sie. »Du wirst staunen.«
Er versuchte, etwas zu erkennen, aber so sehr er seine inzwischen klein gewordenen Augen anstrengte, er konnte nichts entdecken. Keine Spuren, keine Entladungen. Elektrostatische Chemtrails, wie er sie sich vorstellte, existierten nicht.
Idris blieb angesichts dieser Unsichtbarkeit sprachlos und staunte tatsächlich. So etwas wie Ehrfurcht stieg in ihm empor, wenn er Corby zusah. Wie machte sie das bloß? Technisch war es ihm klar: Sie berührte eine unsichtbare Sensorfläche, die senkrecht vor ihr in die Luft projiziert war.
Corby sagte, es funktioniere ganz einfach. Idris wusste es auch, aber wenn er auf die akustischen Anweisungen seines Influencers hörte, griff er nach drei, vier Berührungen trotzdem daneben. Die Akustiksteuerung ließ sich nicht dazu bewegen, langsamer zu sprechen, und Idris' Finger waren irgendwie verdreht.
Bannist und Lereu lachten und kicherten hinter seinem Rücken, während er den entscheidenden Anlauf nahm.
Und dann ging es erst recht schief. Schimpfen half da nicht. Wie alles funktionierte, bestimmten die Regeln, und die hatten die Schiedsrichter für diesen Wettbewerb gemacht. Die Sprechgeschwindigkeit der Automaten gehörte dazu.
Das Projekt bedeutete allen Teilnehmern viel. An die 200 Jugendliche allerlei Geschlechts hatten sich gemeldet. Das Präsenzplenum unterstützte sie mit Technik und vor allem mit Zeit. Wenn sie das Limit erreichen wollten, mussten sie tagaus, tagein bei der Sache sein.
Ein parkgroßes Labyrinth wuchs aus dem Nichts herauf, mit verwinkelten Gängen in der Art eines Drei-D-Puzzles, mit Werkstätten für Technikfreaks und Küchen für Feinschmecker; in Operationssälen und Brutlabors arbeiteten die Jugendlichen mit glühenden Ohren an der Erschaffung von Phantasielebewesen; und für die besonders Emotionalen wurde an Separees gebaut, in denen sie ihre Phantasien verwirklichen konnten.
Im Rahmen des Erlaubten, versteht sich.
Alle Ideen umzusetzen und miteinander in Einklang zu bringen, erforderte am meisten Geschick und Überlegung. Unterschiedliche Bauweisen mussten zueinander passen und sollten ein harmonisches Gesamtbild nach innen und außen ergeben.
Ein Gong hallte über den Park. Parkwächter Blechmanninov, wie der Roboter seit Generationen scherzhaft genannt wurde, verkündete den Beginn der letzten Stunde.
Eine Stunde noch ... Idris' Schultern sanken herab. Eine Stunde – und er hatte nichts vorzuweisen. In seinen Gedanken stand alles fertig da, übersichtlich und in Reihen. Es wollte ihm über die Lippen, aber nicht über die Fingerkuppen.
Wochenlang hatten er und Corby an dem neuen Projekt geforscht und gearbeitet. Idris zählte die Tage nicht mehr, die sie für ihren ersten großen Auftritt geopfert hatten. Sie hatten das Präsenzplenum geschwänzt, einen Teil der Schulzeit im Park verbracht und die nötigsten Aufgaben für die Lehrer nachts erledigt, müde und wenig engagiert. Meist waren sie vor ihrem Terminal eingeschlafen. Am nächsten Morgen eilten sie dafür munter und voller Begeisterung zu ihrem Bereich des Parks.
Sie waren die Labyrinthniks. Sie bauten verschachtelte und verknotete Lebensräume, in denen sie sich verkrochen. Nur sie selbst konnten sich finden, Freunden und Fremden gelang es nicht. Zu kompliziert, zu verschachtelt. Wenn sich ihr Projekt als Trend in der Architektur durchgesetzt hätte, sie wären einander nie wieder begegnet.
Holokreationen konnte man abschalten. Gebäude aus Plastbeton und anderen Baustoffen nicht. Man musste sie beschädigen oder zerstören, um nach Vermissten zu suchen.
Eine Stunde ... Idris bekam es langsam mit der Angst zu tun. Was, wenn er nicht rechtzeitig fertig wurde?
Corby sah zufrieden aus. Er schnappte Wortfetzen auf, was sie gerade machte.
Plötzlich waren Bannist und Lereu wieder da. Sie kletterten einen Felsen herab, setzten sich auf einen Vorsprung und ließen die Beine baumeln. Diesmal lachten sie über Corby. Warum, blieb Idris schleierhaft. Vielleicht reagierten sie damit auf die deutlich zur Schau getragene Zuneigung, die Corby ihm entgegenbrachte und ihnen verweigerte.
Die beiden Jungen aus der höheren Klassenstufe sprangen zum Boden herab. Idris drehte den Kopf, um sie im Auge zu behalten. Er verrenkte sich fast den Hals, weil der Wollschal ihn umhüllte und festhielt wie ein Schraubstock. Den Schal abnehmen wollte er nicht. Er fand ihn nicht so schlimm. Er war es gewohnt, von Älteren in den Schwitzkasten genommen zu werden. Der Schal tat in solchen Fällen gute Dienste.
Bannist und Lereu gingen zu den roten Büschen hinüber und sahen Pendelosts Gruppe zu, die um einen Springbrunnen wetteiferte. Immer wieder schossen aus dem Nichts kleine Fontänen in die Luft, zersprühten im leichten Wind über den Köpfen der Jugendlichen und landeten mit leisem Zirpen auf den Blättern der Büsche.
Bannist und Lereu bekamen auch etwas davon ab.
Und – hol's der Konsul! – sie waren nass im Gesicht und protestierten lautstark.
Idris beachtete es kaum. Er setzte sich mit dem Phänomen auseinander. Wie hatte Pendelost es geschafft, dass aus der Holoprojektion echtes Wasser kam? Irgendwo musste er eine Leitung versteckt haben.
Bannist und Lereu schimpften noch immer. Bannist machte Anstalten, sich auf Pendelost zu stürzen. Er ließ es bleiben, denn aus der Luft über dem Park sanken Miniroboter herab. Sie bildeten einen Halbkreis, dessen offene Seite von den Jungen und Mädchen weg deutete.
»Geht auf die andere Seite des Parks!«, wies eine der Maschinen Bannist und Lereu an.
An den Blumenwiesen kehrte Stille ein.
*
»Jetzt!«, hörte er Corby sagen. »Schau genau hin, Idris!«
Der Wall aus seinem Schal war nicht so hoch, dass er ihm vollständig die Sicht verdeckte. Und er hatte es sich angewöhnt, den Hals zu recken.
»Ich sehe nichts«, antwortete er ebenso leise. »Wo?«
»Na da!«
Idris rollte mit den Augen. Corby stand neben ihm wie immer. Er rätselte, was es sein könnte, und folgte dem Blick des Mädchens. Und plötzlich sah er es.
Schräg über ihr flatterten winzige Kreaturen in der Luft, erst aufgeregt und so hektisch, dass sie beinahe zusammenstießen. Dann beruhigten sie sich und folgten einander in einer Spirale aufwärts und in einer anderen wieder herab.
»Sind sie nicht wunderbar?«, fragte Corby.
»Mehr als das«, sagte er und suchte nach passenden Worten. »Sie sind einfach schön.«
»Und sie sind die Ersten.«
Er schlug sich gegen die Stirn. »Ja! Wie recht du hast. Die anderen können da bestimmt nicht mithalten.«
Er meinte Mitschüler wie Timon mar Estos, Luvia Micus, Anestos Filaj und ein paar andere aus dem Animations-Workshop.
»Du bist an der Reihe.« Corby griff nach seiner Hand und zog ihn zu dem unsichtbaren Panel, das doch nicht ganz so unsichtbar war.
Winzige Punkte bildeten ein geometrisches und quadratisches Raster. Idris kannte das aus seiner Kindheit, wo er im Hort mit Kunststofftafeln gespielt hatte. Ihr Muster bestand aus grünen Punkten, kleinen Lacktröpfchen, die er mit dem Scanner antippte, damit sie reagierten. Im Park waren die Leuchtpünktchen rot und leuchteten auf, wenn die Positronik erwartete, dass jemand sie berührte. So flüsterte Corby es ihm ins Ohr.
Und dass es ganz einfach war und man sanft mit ihnen umgehen sollte. Wie mit den Elfen. Nicht draufhauen.
»Sie brauchen ein Heim«, erinnerte Corby ihn an die Aufgabe, für die er sich bei der Vorbesprechung gemeldet hatte. »Elfenheim, Elfenhaus.«
Mit dem Wort verbanden sich für Idris alle die Dinge, die er über Elfen wusste. Klein und zerbrechlich waren sie, spielten den Großen gerne Streiche, die manchmal in Gewaltorgien ausarteten. Meist blieben sie friedlich, wenn man sie ordentlich fütterte, sie kämmte und ihren Lieblingsduft vorrätig hielt.
Wie bei den Katzen. Im Unterschied zu diesen terranischen Haustieren haarten Elfen nicht, und machten nicht auf den Teppich oder das Sofa.
»Wo ist meine Sensorfläche?«, fragte Idris.
»Wie heißt das Zauberwort?«
»Positronik!«
»Zu Diensten«, sagte eine Stimme aus dem Nichts unmittelbar vor ihm. »Was möchtest du?«
»Meine Elfenhaussteuerung.«
»Hier ist sie.«
Vor ihm tauchten geometrisch verteilt Punkte in blauer Leuchtfarbe auf. Blau erkannte er besser als Grün oder Rot. Er stellte sich in Position und überlegte, wie er anfangen sollte ... Ein Elfenschloss vielleicht. Nein, besser nicht. Hologrammelfen verfügten über naturidentische Veranlagungen, wie die Programmierer sie ihnen mit auf den Weg gaben. Idris musste damit rechnen, dass die Elfen übermütig wurden und jede ein eigenes Schloss forderte.
Es war besser, mit dem Elfenhaus anzufangen. Klein und bescheiden.
Vorsichtig streckte Idris die Hände aus. Er erinnerte sich an das Pantomimenspiel im Hort, mit dem man sie auf die Übungen im Präsenzplenum vorbereitet hatte. Mit den Fingern eine Fläche ertasten, die gar nicht vorhanden war, und wie bei einer Wand an ihr entlangfahren, war die erste Übung gewesen, an die er sich erinnerte.
Danach hatten sie den Tastsinn auf die Füße ausgeweitet. Mit den Spitzen ihrer Schuhe die Wand ebenfalls markieren und darauf achten, dass sie sich auf einer Ebene mit den Fingerkuppen befanden. Das hatte neue und schwerere Anforderungen an sie gestellt....




