Fielding Am seidenen Faden
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-641-05410-6
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, 416 Seiten
ISBN: 978-3-641-05410-6
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Joy Fielding gehört zu den großen Spitzenautorinnen Amerikas. Seit ihrem Psychothriller 'Lauf, Jane, lauf' waren alle ihre Bücher internationale Bestseller. Joy Fielding hat zwei Töchter und lebt mit ihrem Mann in Toronto, Kanada, und in Palm Beach, Florida.
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"(S. 127-128)
Wir bemühten uns, kein Aufhebens von Saras Frisur zu machen, da wir überzeugt waren, jede negative Bemerkung würde sie nur weiter in die Opposition treiben, und jedes positive Wort würde falsch ausgelegt werden. Ich wagte ein kleinlautes: »Und, was ist es für ein Gefühl, blond zu sein?« Larry brummte irgend etwas davon, daß jeder hin und wieder ein bißchen Abwechslung brauche. Es blieb wie üblich Michelle überlassen, rundheraus die Wahrheit zu sagen. »Mensch, was hast du denn mit deinen Haaren gemacht?« schrie sie, sobald sie ihre Schwester sah. »Das sieht ja scheußlich aus.«
Aber so scheußlich sah es gar nicht aus. Man mußte sich nur daran gewöhnen, und im Lauf der nächsten Wochen versuchten wir das aufrichtig. Aber Sara machte einem niemals etwas leicht, und sie war abwechselnd unzugänglich, unfreundlich, aggressiv und feindselig. Alles andere als reuig oder zerknirscht. Es fiel ihr nicht ein, sich dafür zu entschuldigen, daß sie uns eine Nacht voller Angst und Sorge bereitet hatte; es fiel ihr nicht ein, uns zu versprechen, daß sie so etwas nie wieder tun würde.
Eine Zeitlang versuchte ich so zu tun, als wäre sie eine Figur in einem Theaterstück, die vorübergehend in unsere Welt eingeführt worden war, um für dringend notwendige Entspannung durch Komik zu sorgen. Aber auf die Dauer fiel es schwer, sie komisch zu finden. Interessanterweise schrieb sie tatsächlich, genau wie Jo Lynn vorausgesagt hatte, einen Aufsatz über ihren Tag bei Gericht.
Und natürlich bekam sie ein A. Dies zu den Konsequenzen. Etwa um diese Zeit begann Larrys allmählicher Rückzug aus der Familie. Anfangs mied er nur Sara. Je weniger Kontakt mit ihr, sagte er sich, desto geringer die Gefahr offenen Konflikts und neuen Kummers. Er sorgte also dafür, daß er nicht da war, wenn Sara zu Hause war. Seine Arbeitstage wurden länger, seine Verabredungen zum Golfspiel häufiger.
Die Folge davon war natürlich, daß auch Michelle und ich ihn weit seltener zu Gesicht bekamen, doch in diesen Wochen vor Thanksgiving blieb diese langsame Abkehr von uns größtenteils unbemerkt. Ich hatte selbst ziemlich viel zu tun. Die Wochen vor den Weihnachtsfeiertagen sind nicht, wie man uns glauben machen will, eine Zeit des Friedens und der Freude. Ganz im Gegenteil. Das bezeugte mein Terminkalender in der Praxis, der bis zum Ende des Jahres voll war."