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E-Book

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Reihe: Dr. Caspari

Fischer Schlafender Drache

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Reihe: Dr. Caspari

ISBN: 978-3-96041-038-6
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Kaum hat Caspari seine neue Arbeitsstelle im BKA angetreten, wird in Bad Orb der Geschäftsführer eines Weltkonzerns ermordet. Zu allem Überfluss finden sich Fußabdrücke von Casparis Freundin Clara am Tatort. Ein alter ungelöster Fall bringt
Casparis Privatleben schließlich endgültig ins Wanken …
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PROLOG
TIEFBLAU SCHIMMERTE DER KÖNIGSSEE, als das Schiff leise die Wasseroberfläche bewegte. Das Spiegelbild des Watzmann-Massivs zerfiel in viele kleine Wellen, die sich in der Weite des Sees verloren, je mehr sie sich vom Schiffsrumpf entfernten. Die roten Lärchenschindeln der Wallfahrtskirche St. Bartholomä leuchteten rot in der Frühlingssonne, während das Schiff auf die Halbinsel zusteuerte. Monika liebte diese atemberaubend schöne Landschaft, durch die sie wie im Traum zu schweben schien. Sie lebte in Bad Reichenhall, nur ein paar Kilometer von dieser gewaltigen Naturkulisse entfernt. Und doch gelang es ihr viel zu selten, sie ausgiebig zu genießen. »Wohin geht’s denn?«, fragte der Bootsschaffner mit einem freundlichen Lächeln. »Erst einmal auf die Wasseralm«, antwortete Monika. »Dann schau’n mer mal weiter.« »Ja, auf die Wasseralm wirst’s schon schaffen. Heuer ist der Schnee schon früh weggangen. Aber rüber zum Jenner liegt noch viel. Und oben bei den Teufelshörnern liegt auch noch einiges. Da musst wegen Lawinen schon schau’n! Vorletzte Woche bin ich mit den Tourenski drüben gewesen. Da ging es grad noch so.« Monika lächelte. Es war wohltuend, sich mit Menschen zu unterhalten, die vom Berg und vom Steigen etwas verstanden. Viele verwechselten die Touren, die sie ging, mit den breiten Wanderpfaden, die alljährlich unzählige Touristen in den Sommermonaten zu den Berghütten führten. Der Bootsschaffner gehörte zur Gemeinschaft derer, die mit den Bergen eng verbunden waren. Wer dazu gehörte, erkannte andere an der Art, wie sie über ihre Touren sprachen, oder vielmehr daran, was sie nicht darüber sagten. Die Wanderer erkannten sich an der Art zu gehen, den Rucksack zu tragen und daran, schweigen zu können, wenn der majestätische Anblick der Berge alles Fühlen und Denken an sich zog. »Ich lass’ mich überraschen«, antwortete sie ruhig. »Im Berg muss man halt auch immer ein bisserl Glück haben«, schloss ihr Gegenüber. Dann kamen sie an der Anlegestelle bei der Saletalm an. Sie hob die Hand zum Abschied, als sie von Bord ging. An einer Bank in der Nähe schnürte sie sich ihre Stiefel und zog die Riemen des Rucksacks fest. Dann ging sie mit federnden Schritten los. Von der Alm drang Lärm zu ihr herüber. Schnell ließ sie das dem Stimmgewirr zufolge überfüllte Lokal hinter sich und lief zum Obersee. ›Wenn die Touristen alle Mittag essen‹, dachte sie, ›bevölkern sie nicht den Weg zur Röth.‹ Kaum jemand begegnete ihr auf dem waldigen Pfad um den Obersee, dessen blanke Oberfläche sie schon als Kind fasziniert hatte. Aus der Ferne sah sie einige Wanderer, die sich an der Fischunken-Alm ausruhten. Ruhig schritt sie den ansteigenden Pfad voran. Schusterblumen und Buntschuh waren willkommene Farbtupfer im satten Grün der Bergwiese. ›Wie schnell doch die Natur nach dem Schnee zum Leben erwacht‹, sinnierte Monika, als sie schon das Rauschen des Röthfalls hörte. Und dann war er da. Die junge Frau stand auf einer runden Lichtung, die an einer fast gerade aufragenden Bergwand endete. Der Röthsteig war von dieser Stelle wie immer kaum auszumachen. Dass er dennoch dort war, musste sie sich jedes Mal aufs Neue in Erinnerung rufen, wenn sie hier stand. Auf der rechten Seite stürzte der Röthfall in die Tiefe und ergoss sich in einen großen Teich. Auf der linken Seite sah sie einen viel kleineren, aber doch sehr aktiven Wasserfall, dessen Wasser in einem flachen Bett ebenfalls in den Teich floss. Gierig trank Monika das kühle, frische Wasser und füllte ihre Flasche auf. Dann ging sie los, durch ein schmales Waldstück, das den Fuß der Röth säumte. Schnell fand sie den Pfad zur Wasseralm und folgte ihm. Feuchtes Laub lag auf dem schmalen Steig, der sich in Serpentinen die Wand hinaufschlängelte. Hier und da hatten Schneebretter Bäume mitgerissen, über die sie klettern musste. Nach einem guten Drittel des Weges teilte sich der Steig. Auf die linke Seite des Berges führte der Landsteig, der landschaftlich malerisch, aber dafür umso länger war als der Röthsteig, der nach rechts führte. Sie sah auf die Uhr. Sie hatte viel Zeit verloren und musste sich ranhalten, um nicht zu spät an der Alm anzukommen. Noch war dort die Saison nicht eröffnet. Der Hüttenwart würde erst in zwei Wochen dort oben das Regiment führen. Heute würde sie allein dort sein. Sie musste selbst Holz und Wasser holen, Feuer im Herd machen und sich rundum selbst versorgen. Deshalb musste sie vor Einbruch der Dämmerung dort angekommen sein. Nicht, dass sie etwas dagegen gehabt hätte. Sie wollte es so haben, wollte in Ruhe über ihre zerbrochene Liebe nachdenken, endlich Frieden schließen. Sie war müde. Ihre Seele sehnte sich nach einer Auszeit, ihr Körper dagegen nach mehr Bewegung. Entschlossen lief sie den Röthsteig hinauf. Immer steiler wurde er, immer beschwerlicher, immer schöner. Ein blauer Enzian schimmerte im Gras. Schmetterlinge flatterten über die Pflanzen, die sich auf dem steinigen Boden alle Mühe gaben, mit ihrer Schönheit von den Strapazen des Aufstiegs abzulenken. Als sie nach zwei Stunden oben angekommen war, empfing sie eine geschlossene Schneedecke auf dem Plateau. Mit geübten Handgriffen zog sie sich ihre Gamaschen an und stapfte durch den Schnee. Es war schon einige Jahre her, seit sie das letzte Mal hier gewesen war. Sie kannte den Weg nicht auswendig, musste ihn mühevoll suchen. Der Schnee bedeckte die meisten roten Markierungspunkte auf dem weißen Untergrund. Vorsichtig ging sie über das trügerische Weiß. Weich war der Schnee von der Wärme des Frühjahrs und den Regenfällen. Hier und da brach sie mit einem Bein ein und musste sich mühsam wieder herausziehen. Nach einer weiteren guten Stunde war sie über viele Steigungen zu der Lichtung gelangt, die sie suchte. Sie stand neben einer Jagdhütte, vor der sich eine Murmeltierfamilie auf einem Holzstapel sonnte. Die Tiere hatten ihr Kommen schon lange zuvor bemerkt und mit ihrem typischen Pfeifen angekündigt. Sie beobachteten Monika mit einer amüsanten Mischung aus Vorsicht und Desinteresse. Monika richtete ihren Blick auf die Wasseralm, die hundert Meter vor ihr lag. Die Hütte war von zwei Bächen umgeben und lag malerisch schön auf der Lichtung. Hier würde sie nach all den schlaflosen Nächten, den zerplatzten Hoffnungen und zerstörten Träumen wieder zu sich selbst finden können, ganz allein und in Ruhe. Doch als sie über die Brücke schritt, zuckte sie erschrocken zusammen. Aus dem Schornstein stieg Rauch auf. Jemand war in der Hütte, im Winterlager, jetzt, um diese Jahreszeit. Sie blieb stehen. Sollte sie wieder umkehren? Schnell verwarf sie diesen Gedanken und ging auf die Hütte zu. Als sie vor der grob gezimmerten Eingangstür stand, hörte sie aus dem Aufenthaltsraum Männerstimmen. Mit festen Tritten klopfte sie den Schnee von den Sohlen und streifte ihren Rucksack ab. Sofort erstarben die Gespräche im Inneren. Während sie sich auf die in der Außenwand eingelassene Bank setzte und ihre Gamaschen auszog, kam ein junger Mann heraus. Monika gefiel er auf Anhieb. Er war schlank, die Bartstoppeln und das zerzauste Haar gaben seiner Erscheinung etwas urtümlich Männliches. Seine Bewegungen strahlten Vitalität aus. Sein Lächeln hingegen wirkte etwas gezwungen. Doch das tat in Monikas Augen seiner Attraktivität keinen Abbruch. »Ich hätte nicht gedacht, dass noch jemand außer uns so verrückt ist, sich im Schnee hier hoch zu quälen«, sagte er, während er auf sie zukam. »Und ich hatte mich auf Ruhe und Stille hier oben eingestellt«, erwiderte sie. »Seit wann seid ihr da?« »Seit gestern«, antwortete er lächelnd. »War ein hartes Stück Arbeit, den ungeräumten Weg hier hoch zu kommen.« »Für Flachlandtiroler allemal«, bemerkte sie grinsend. Dieser Kerl sah einfach zu gut aus. In seiner Stimme klang etwas mit, das sie seit Jahren vermisst hatte. Sie konnte es nicht lassen, mit ihm zu flirten. »Wir sind zwar keine einheimischen Bergziegen, aber das ist nicht gerade unsere erste Bergtour«, wehrte er sich halbherzig. Während sie redeten, setzten die Gespräche im Inneren der Hütte wieder ein, diesmal jedoch in gedämpfter Lautstärke. Monika konnte nicht ausmachen, wie viele Personen sich außer dem hübschen Jungen noch auf der Alm befanden. Als sie die Stiefelschäfte aufband, entwich ihr ein leises Stöhnen. Sachte massierte sie ihre Fußgelenke, bevor sie in die Hüttenschuhe schlüpfte, die sie mitgebracht hatte. Der Fremde sah ihr schweigend dabei zu. »Ich hoffe, du magst eine etwas überladene Suppe.« Der Mann lächelte. »Einer der Jungs hat sich als Koch versucht und gleich drei verschiedene Fertigsuppen zusammen mit einigen Landjägern gekocht. Das Ergebnis ist so sättigend, dass noch reichlich übrig geblieben ist.« »Das hört sich an, als ob es gerade das Richtige nach diesem Aufstieg wäre«, antwortete sie. Durch die Eingangstür trat sie in den Hüttentrakt, in dem sich das Matratzenlager befand. Dreißig Personen fanden hier mühelos Platz. »Die Betten im Erdgeschoss sind nicht zu empfehlen«, flüsterte ihr Gesprächspartner. »Ich sage es nur ungern, aber einige meiner Bergkameraden sägen nachts schlimmer als jeder kanadische Holzfäller.« »Das hört sich nach einer Freikarte für das Dachgeschoss an«, antwortete sie. Ein leichtes Prickeln kroch ihren Nacken hinauf. Wann hatte sie zuletzt mit einem Mann geschlafen? ›Vor einer halben Ewigkeit‹, dachte sie, während sie den Rucksack vor sich her auf der Leiter hoch hievte. Im Matratzenlager unter dem Dach lag nur ein Schlafsack. Sie konnte sich denken, wem der gehörte. Als sie den Gemeinschaftsraum betrat, schlug ihr wohltuende...


Matthias Fischer, geboren 1964 in Hanau, wuchs in Bruchköbel auf, studierte Evangelische Theologie in Oberursel und Mainz und absolvierte sein Vikariat von 1992 bis 1994 in Wächtersbach. Seit 1994 ist er Pfarrer in einer Gemeinde im Kinzigtal sowie in der Notfallseelsorge tätig und schreibt erfolgreich Kriminalromane.


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