Göpfert / Giese | Beratungen im Wirtschaftsausschuss | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 210 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm

Reihe: Betriebs-Berater Schriftenreihe/ Arbeitsrecht

Göpfert / Giese Beratungen im Wirtschaftsausschuss

Ein Praxisratgeber

E-Book, Deutsch, 210 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm

Reihe: Betriebs-Berater Schriftenreihe/ Arbeitsrecht

ISBN: 978-3-8005-9618-8
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der Wirtschaftsausschuss ist ein Schlüsselgremium im Unternehmen und zugleich für Nicht-Arbeitsrechtler ein Rätsel. Dieses Werk behandelt den Wirtschaftsausschuss, seine Stellung im Betriebsverfassungsrecht, die Vorgaben des BetrVG dazu, und seine Beratungsgegenstände, besonders in Gestalt der „wirtschaftlichen Angelegenheit“. Dabei geht es vor allem um die Fragerechte des Wirtschaftsausschusses, die Rechtzeitigkeit seiner Unterrichtung und die zu beachtenden Formalien. Das Buch begleitet den Leser durch alle Etappen der Beratung mit dem Wirtschaftsausschuss und ist eine verlässliche Quelle für alle maßgeblichen Praxisentscheidungen.

Mit den sich ständig erweiternden Vorgaben aus EU-Regulierung, Gesetzgebung und Rechtsprechung aber auch mit den sich massiv ändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Inflation, Lieferkette) wächst und verändert sich auch der betriebliche Beratungsbedarf. Die Neuauflage wurde daher um die Beratungspflichten zu den aktuellen Themen Lieferkettensorgfaltsrecht, ESG und zu Fragen der Personalplanung (‘Talents’ / Fachkräftemangel / Integration) erweitert.
Göpfert / Giese Beratungen im Wirtschaftsausschuss jetzt bestellen!

Zielgruppe


Geschäftsführung von Wirtschaftsunternehmen, Arbeitsrechtler, Syndikusanwälte, unternehmensinterne Rechtsabteilungen; Unternehmensberater, Personaler, Betriebsräte

Weitere Infos & Material


II. Funktion, Bildung und Arbeitsweise des Wirtschaftsausschusses
1. Funktion des Wirtschaftsausschusses
a) Der Wirtschaftsausschuss als Hilfsorgan des (Gesamt-)Betriebsrats 2 Der Wirtschaftsausschuss ist ein Hilfsorgan des (Gesamt-)Betriebsrats und soll damit die Interessen der Arbeitnehmerseite schützen.1 Er wird auch als (besonderer) Ausschuss des (Gesamt-)Betriebsrats klassifiziert.2 Er hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten und deren Auswirkungen auf die Personalplanung3 nach Unterrichtung durch den Unternehmer mit diesem zu beraten4 (§§ 106 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 3, 108 Abs. 1–3 BetrVG) und anschließend den (Gesamt-)Betriebsrat hierüber zu unterrichten (§§ 106 Abs. 1 Satz 2, 108 Abs. 4 BetrVG). Des Weiteren ist dem Wirtschaftsausschuss unter Beteiligung des (Gesamt-)Betriebsrats der Jahresabschluss zu erläutern (§ 108 Abs. 5 BetrVG) und er wirkt an der Unterrichtung der Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens mit (§ 110 BetrVG). Er nimmt, ohne eigenes echtes Mitbestimmungsrecht auf Beratung und Unterrichtung beschränkt, eine reine Mittlerfunktion wahr.5 Er soll schwerpunktmäßig dem (Gesamt-)Betriebsrat die notwendigen wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Informationen und dahingehenden Kenntnisse vermitteln, um diesen zur Ausübung der eigentlichen betriebsverfassungsrechtlichen Mitwirkungsrechte insbesondere in wirtschaftlichen Angelegenheiten gem. den §§ 111ff. BetrVG, jedoch auch in sonstigen Angelegenheiten, wie Fragen der Personalplanung (§ 92 BetrVG) oder Beschäftigungssicherung (§ 92a BetrVG), zu befähigen.6 Der sinnvollerweise entsprechend kompetent besetzte Wirtschaftsausschuss bietet dem (Gesamt-)Betriebsrat also ausgelagerte wirtschaftliche Expertise, welche in dem betriebsverfassungsrechtlichen Hauptgremium nicht stets in ausreichendem Maße vorhanden ist, und fungiert dabei als Frühwarn-, Informationsbeschaffungs- und Beratungsinstrument.7 Die dem (Gesamt-)Betriebsrat untergeordnete Stellung des Wirtschaftsausschusses zeigt sich neben dieser Bindegliedfunktion auch an seiner Abhängigkeit aufgrund der weitgehend freien Bestellung und Abberufung des Wirtschaftsausschusses durch den (Gesamt-) Betriebsrat sowie der Kopplung an dessen Amtszeit (§ 107 Abs. 1, 2 BetrVG), an der Möglichkeit des (Gesamt-)Betriebsrats, den Wirtschaftsausschuss vollständig zu ersetzen (§ 107 Abs. 3 BetrVG), und daran, dass Meinungsstreitigkeiten mit dem Unternehmer nicht durch den Wirtschaftsausschuss selbst, sondern durch den (Gesamt-)Betriebsrat ausgetragen werden (§ 109 BetrVG).8 Den (Gesamt-)Betriebsrat ebenfalls in wirtschaftlichen Angelegenheiten unterstützend, jedoch vom Wirtschaftsausschuss zu unterscheiden, sind externe (wirtschaftliche) Berater des (Gesamt-)Betriebsrats nach den §§ 111 Satz 2, 80 Abs. 3, 4 BetrVG. b) Der Wirtschaftsausschuss als unternehmensbezogenes Organ 3 Der Wirtschaftsausschuss ist, da wirtschaftliche Fragen keine betrieblichen Angelegenheiten, sondern solche des Unternehmens sind, unternehmensbezogen konzipiert, wird also nicht auf Betriebs-, sondern auf Unternehmensebene gebildet.9 Seine Kompetenzen erstrecken sich auf das gesamte Unternehmen mit dessen etwaig mehreren und ggf. auch betriebsratslosen Betrieben.10 Mangels eigenständiger Legaldefinition im BetrVG ist für den Begriff des Unternehmers als betriebsverfassungsrechtlichem Gegenspieler des Wirtschaftsausschusses11 auf den (einheitlichen) Rechtsträger in seiner jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Organisationsform abzustellen.12 Dieser ist personenidentisch mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitgeber, der die betriebliche Organisationsgewalt innehat,13 und folglich regelmäßig auch mit dem Arbeitgeber im individualarbeitsrechtlichen Sinne.14 Lediglich wegen der Unternehmensbezogenheit der wirtschaftlichen Angelegenheiten spricht das Gesetz in den §§ 106ff. BetrVG (terminologisch richtig) vom Unternehmer statt vom Arbeitgeber, ohne dass damit eine inhaltliche Unterscheidung der (identischen) Bezugsperson verbunden wäre.15 Das Unternehmen wiederum wird von seinem Inhaber, dem Unternehmer, her definiert und ist der gesamte Geschäfts- und Tätigkeitsbereich des jeweiligen Rechtsträgers.16 2. Bildung des Wirtschaftsausschusses
a) Voraussetzungen der Bildung des Wirtschaftsausschusses 4 In Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden (§ 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Dies ist bei Vorliegen der Voraussetzungen für den (Gesamt-)Betriebsrat, mit Ausnahme der Möglichkeit eines Vorgehens nach § 107 Abs. 3 BetrVG, obligatorisch und die Nichtbefolgung bedeutet eine Pflichtverletzung i.S.d. §§ 23 Abs. 1, 48 BetrVG.17 Für jedes Unternehmen kann nur ein Wirtschaftsausschuss gebildet werden.18 Sinkt die Anzahl der in der Regel im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer später auf oder unter den Schwellenwert, entfallen die Rechte des Wirtschaftsausschusses unmittelbar mit Wirkung ex nunc.19 Wenn gesetzeswidrig kein Wirtschaftsausschuss gebildet oder der Schwellenwert gar nicht erst überschritten wird, gehen die Rechte des Wirtschaftsausschusses, mit Ausnahme der besonderen Fallkonstellation des § 109a BetrVG, nicht auf den (Gesamt-)Betriebsrat über.20 Jedoch hat der (Gesamt-)Betriebsrat (nach der gesetzlichen Grundkonzeption) dann einen inhaltlich weniger umfassenden Unterrichtungsanspruch gem. § 80 Abs. 2 BetrVG, der von den §§ 106ff. BetrVG nicht verdrängt wird.21 Keine Anwendung finden die Regelungen bezüglich des Wirtschaftsausschusses auf Tendenzunternehmen (§ 118 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) und Religionsgemeinschaften (§ 118 Abs. 2 BetrVG), ebenso wenig auf Verwaltungen und Betriebe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstiger Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (§ 130 BetrVG). Bei Seeschifffahrts- und Luftfahrtsunternehmen greifen sie grundsätzlich ein, jedoch sind die Sonderbestimmungen der §§ 114ff. BetrVG zu beachten.22 Wenn der Sitz der Unternehmensleitung im Ausland liegt, kann ein Wirtschaftsausschuss nur errichtet werden, wenn die Betriebe in Deutschland organisatorisch unter einer einheitlichen inländischen Leitung stehen.23 Seine Kompetenzen beschränken sich dann ausschließlich auf die inländischen Betriebe des Unternehmens.24 Auf europäischer Ebene übernehmen der Europäische Betriebsrat, der SE-Betriebsrat bzw. der SCE-Betriebsrat mit denen des Wirtschaftsausschusses vergleichbare Aufgaben.25 5 Im Rahmen des § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist weder auf die aktuelle noch auf die durchschnittliche, sondern auf die regelmäßige, d.h. normale Beschäftigtenzahl des Unternehmens abzustellen.26 Dafür ist ein Rückblick auf die bisherige sowie ein Ausblick auf die zukünftige Personenzahl erforderlich.27 Um bei der Berechnung des Schwellenwerts mitgezählt zu werden, müssen Arbeitnehmer (§ 5 Abs. 1 BetrVG) ständig im Unternehmen beschäftigt sein, d.h. wegen der ihnen übertragenen Arbeitsaufgaben nicht nur vorübergehend dem Unternehmen angehören.28 Dies ist bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen stets, bei befristeten unter Umständen ebenso der Fall.29 Eine Teilzeitbeschäftigung wird nicht wie bei § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG nur anteilig, sondern gleichsam einer Vollzeitbeschäftigung gezählt.30 Personen i.S.d. § 5 Abs. 2, 3 BetrVG werden nicht berücksichtigt.31 Ob Leiharbeitnehmer nicht nur beim Verleiher (§ 14 Abs. 1 AÜG), sondern auch beim Entleiher (§ 14 Abs. 2 AÜG) hinzuzuzählen sind, ist umstritten.32 Die Berücksichtigung von Arbeitnehmern hängt nicht davon ab, ob gerade in ihrem Betrieb ein Betriebsrat gebildet werden kann und gebildet ist.33 Arbeitnehmer, deren Betriebe im Ausland liegen, sind allerdings nicht miteinzubeziehen.34 Zu beachten ist, dass die Arbeitnehmeranzahl sich, anders als bspw. in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG oder § 9 Satz 1 BetrVG, nicht auf den Betrieb, sondern das Unternehmen bezieht.35 Der gesetzliche Schwellenwert von mehr als 100 Arbeitnehmern ist zwar unionsrechtswidrig, da die einschlägige Richtlinie 2002/14/EG36 einen Schwellenwert von lediglich (mindestens) 50 Beschäftigten im Unternehmen vorsieht, jedoch verbietet der eindeutige Gesetzeswortlaut eine richtlinienkonforme Auslegung und eine unmittelbare innerstaatliche horizontale Drittwirkung kommt der genannten Richtlinie, so wie generell sämtlichen unionsrechtlichen Richtlinien, nicht zu.37 6 Zwar ist auch für das herrschende Unternehmen eines Konzerns, soweit es selbst den Schwellenwert des § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG übersteigt, ein eigener unternehmensbezogener Wirtschaftsausschuss zu bilden, jedoch für den Konzern als Ganzen kein Konzernwirtschaftsausschuss.38 Dem Konzernbetriebsrat verbleibt (nach der gesetzlichen Grundkonzeption) der inhaltlich weniger umfassende Unterrichtungsanspruch gem. § 80 Abs. 2 BetrVG.39 Nicht überzeugend ist die Auffassung, der Konzernbetriebsrat könne einen Ausschuss i.S.d. §§ 27, 28 BetrVG bilden und ihm die Aufgaben eines Wirtschaftsausschusses übertragen.40 Dem ist zwar zuzugeben, dass der Konzernbetriebsrat selbstverständlich das Recht zur Ausschussbildung hat. Jedoch kann er diesem anschließend nur Kompetenzen zuweisen, welche ihm selbst überhaupt zustehen, sodass es sich hierbei...


RA Dr. Burkard Göpfert, LL.M., und Katja Giese, LL.M., sind beide Partner der Kanzlei Kliemt.Arbeitsrecht in München.

Burkard Göpfert berät als „Trusted Advisor“ in komplexen Transformations-, Integrations- und Umstrukturierungsprojekten. Zudem ist er Autor und Herausgeber zahlreicher Fachbücher zu den Themen Umstrukturierung und Arbeitsrecht sowie Lehrbeauftragter an der Universität Passau.

Katja Giese berät Unternehmen aller Branchen zu kollektivrechtlichen Themen und verhandelt mit Arbeitnehmervertretern über die Umsetzung von Restrukturierungen, Outsourcing-Projekten und Transformationen. Sie ist Autorin zahlreicher Fachbeiträge.


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