Guthmann | Weinstraßenhölle | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Reihe: Pfalz Krimi

Guthmann Weinstraßenhölle

Pfalz Krimi
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96041-474-2
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Pfalz Krimi

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Reihe: Pfalz Krimi

ISBN: 978-3-96041-474-2
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Grausiger Fund im alten Steinbruch auf dem Pechsteinkopf: In einem Weinfass liegt eine aufgeschwemmte Leiche. Die Ermittlungen für Oberstaatsanwalt Röder gestalten sich schwierig, denn offenbar dümpelte der Tote schon sehr lange in dem alten Fass. Als sich dann auch noch ein Raubmord an einem dubiosen Transportunternehmer ereignet, entpuppt sich der Pechsteinkopf als mörderische Büchse der Pandora.

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ZWEI
Die Nacht war klar und kühl, denn die Wärme der Vortage hatte sich wegen des Fehlens einer schützenden Wolkendecke ins Weltall verzogen. Über der Pfalz funkelten die Sterne. Gleich drei Planeten waren sichtbar. Im Südwesten stand Jupiter hoch am Himmel, daneben die noch schmale Mondsichel. Weiter im Osten stand Saturn und tief darunter, gerade noch sichtbar, Mars im Sternbild des Skorpions. Ein Käuzchen rief. »Hoffentlich ist das kein schlechtes Zeichen, dass der Mars bald in Opposition zur Erde steht und uns so nahe kommt wie schon lange nicht mehr«, sagte Röder in die romantische Stimmung hinein. »Ich wusste gar nicht, dass du ein Astrologe geworden bist«, antwortete Manu und kuschelte sich fester in seine Arme. »Ich auch nicht, aber das mit der astronomischen Konstellation stimmt. Der Mars wirkt sehr groß und hell, was unsere Vorfahren als böses Omen interpretierten.« Sie schwiegen wieder und genossen die frühe Stunde. Vor zehn Minuten hatte Hellinger angerufen, dass er unterwegs sei. Mariusz, sein unverzichtbarer Vorarbeiter, würde sie alle nach Lambrecht fahren, zum Startpunkt der Geißbockwanderung. Die historische Deidesheimer Geißbockversteigerung ging auf Tributzahlungen der Lambrechter Bürger zurück. Die Abgeltung für die Weiderechte ihrer Rinder im »Hinterwald« von Deidesheim war in Form eines »gut gehörnten und wohl gebeutelten« Geißbocks zu liefern, der für die Zucht geeignet war und vom »fürstbischöflichen Viehhofmeister« – beziehungsweise später von einem amtlich bestellten Gutachter – bestätigt werden musste. Das Tier wurde traditionell am Abend des Pfingstdienstags zum Wohle des Deidesheimer Stadtsäckels versteigert. Viele Jahrhunderte lang war das eine ernste Sache gewesen, um die vor den höchsten Gerichten gestritten wurde, weil der Bock in den Augen der Deidesheimer nicht immer den geforderten Kriterien entsprach oder die Lambrechter den Tribut nicht mehr leisten wollten. 1808 bestätigte sogar Kaiser Napoleon im spanischen Feldlager per Dekret die Ansprüche der Deidesheimer. Später, zu bayerischer Zeit, ging die Angelegenheit vor das Zweibrücker Appellationsgericht, den direkten Vorläufer des heutigen Pfälzischen Oberlandesgerichts, das abermals gegen die Lambrechter entschied. Da diese die Lieferung des Bocks über Jahre ausgesetzt hatten, mussten sie in jenem Jahr gleich acht Böcke liefern – von denen aber einer wieder nicht den strengen Kriterien entsprach. Röder erzählte Manu lachend ein paar Details über den Prozess zu bayerischer Zeit, als der Transporter, den Hellinger seit ein paar Jahren für seine Arbeit in den Weinbergen benutzte, mit Mariusz am Steuer vor ihnen stoppte. Ein gut gelaunter Hellinger sprang heraus und begrüßte sie, während Max verschlafen auf der Rückbank döste. »Was macht dein Klumpfuß?«, wollte Hellinger wissen. Manu stupste ihn sofort an und signalisierte, dass er das Thema besser nicht ansprechen sollte. »Ich lasse mir den Tag wegen einer solchen Lappalie jedenfalls nicht vermiesen.« »Ben hat vorsichtshalber ein paar Schmerztabletten genommen«, sagte Manu. »Quatsch, die habe ich zur Bekämpfung von Achims Schädelbrühe gebraucht, die er uns gestern beim Grillen eingeflößt hat. Der Zeh und der Fuß sind einwandfrei.« »Dir werde ich noch mal Wein mitbringen, du undankbarer Banause. Schau, so habe ich an dich gedacht«, sagte Hellinger und griff auf die Rückbank, um ihm die dort deponierte Krücke zu präsentieren. »Damit schaffst du den Weg auf alle Fälle.« »Du bist doch wirklich der allerletzte –«, hob Röder erbost an, konnte den Satz aber nicht beenden. »Genau, der allerbeste Freund, den du dir jemals vorstellen kannst.« »Das Ding bleibt im Auto, oder ich ziehe es dir über die Ohren.« Hellinger grinste nur, und sie stiegen in den Wagen. Sie dösten auf den Rücksitzen, während Hellinger mit Mariusz die anstehenden Aufgaben im Weingut durchging. Wegen der warmen Witterung begann der Blütenaustrieb ziemlich früh, und die erste Rebschutzspritzung stand an. »Wo sind denn eigentlich deine Investorenkollegen?«, wollte Röder kurz vor dem Ziel wissen. »Ich dachte, die wollten mitgehen, weil sie sich ein Bild von Land und Leuten machen wollen?« »Die treffen wir erst in Deidesheim. Die Chinesen sind keine großen Wanderer, zumal mein neuer Geschäftspartner Herr Wu nur Anzüge und Lackschuhe mitgebracht hat.« Um kurz nach fünf erreichten sie den Geißbockbrunnen in Lambrecht. Mehrere Dutzend Wanderer hatten sich bereits eingefunden, und die eine oder andere Stärkung in fester und flüssiger Form machte die Runde. Röder stieg ungelenk aus dem Fahrzeug, während Hellinger seinen Rucksack schulterte und Mariusz einen Karton Secco auslud, den er am Brunnen abstellte. »Ihr Gäßbock-Wonnerer, isch hab do ä klennie Erfrischung fer eisch«, rief Hellinger in die Runde und war sofort von einer Traube Pfälzer umgeben. »Hälp juhrself«, forderte er sie auf, stellte eine Stange Plastikbecher dazu und ging mit gutem Beispiel voran. Er nahm eine der Flaschen und kehrte damit zu Röder und Manu zurück, die inzwischen ihre Tochter und ihren Schwiegersohn entdeckt hatten. Hellinger staunte nicht schlecht, als er die beiden in Pfälzer Trachten sah. Noch vor wenigen Jahren hätte Marie-Claire sich vehement geweigert, so etwas anzufassen, geschweige denn zu tragen. Jetzt standen sie und ihr Mann da wie aus der Zeitmaschine gesprungen und schienen sich pudelwohl zu fühlen. Er füllte für jeden einen Becher. »Für mich nicht«, sagte Marie-Claire. »Das wird wohl ein langer Tag.« »Fürwahr, genau deshalb brauchst du jetzt eine Stärkung«, entgegnete Hellinger und wurde doch noch einen Fingerbreit Secco los. »Seit wann machst du denn Secco? Ich dachte, das wäre unter deiner Würde, weil du bloß auf deinen handgerüttelten Winzersekt stehst?« »Den habe ich von einem Winzerfreund. Kann man gut trinken, aber ich habe für so etwas keine Zeit«, sagte Hellinger und stieß mit seinen Freunden an. Genau in diesem Moment kam ein kleiner Transporter herangefahren und lud unter großem Hallo den prächtigen Geißbock aus, der vor Aufregung heftig meckerte und sich sträubte. Mittlerweile hatten sich rund zweihundert wanderwütige Festteilnehmer eingefunden, und Hellinger intonierte das Lambrechter Geißbocklied, »zum Aufwärmen«, wie er sagte. Dabei sorgte er dafür, dass vom Secco keine Reste übrig blieben, was innerhalb kürzester Zeit erledigt war. Die Stimmung war schon ziemlich ausgelassen, als der Lambrechter Bürgermeister um Gehör bat. Er begrüßte die Wanderer, wies auf das uralte Brauchtum hin und machte sich ein wenig über die Deidesheimer lustig, denen man schon mehrmals einen schlaffen Bock untergejubelt habe, ohne dass sie es bemerkten. Musste in alten Zeiten der Bock vor Tagesanbruch vom jüngsten Bürger der Stadt, später vom städtischen Ziegenhirten, in Deidesheim abgeliefert werden, so wurden die Traditionen heute weitaus lockerer gehandhabt. Aus der früheren Hatz war eine entspannte Wanderung geworden, die erst bei Sonnenaufgang starten würde, da sich Lambrecht und Deidesheim in neuerer Zeit geeinigt hatten, dass es ausreichte, wenn der Geißbock erst um zehn in Deidesheim ankam. Erheblichen Anteil an dieser modernen Auslegung hatte ein Fernsehteam, das anlässlich der Tausendjahrfeier von Lambrecht schlichtweg zu faul gewesen war, so früh aufzukreuzen. Schließlich setzte sich der gut gelaunte Tross in Bewegung, angeführt von Marie-Claire, ihrem frisch angetrauten Mann und dem mit einem Blätterkranz geschmückten Geißbock mit dem Namen Lothar. Singend marschierten die Wanderer nach Osten, überquerten die Bundesstraße und verließen den Ort in Richtung Lindenberg, wo ein kleiner Anstieg zu meistern war. »Du humpelst aber ganz schön«, sagte Hellinger nach einer Weile zu Röder, der unter den besorgten Blicken von Manu neben ihm herhinkte. »Geht schon«, antwortete Röder etwas grantig, denn er war tatsächlich schon ein bisschen langsamer geworden, weil er mit dem Tempo der Führungsgruppe nicht wirklich mithalten konnte. Auch andere Wanderer ließen sich zurückfallen, sodass sich das Feld auseinandergezogen hatte. Es wurde jetzt nicht mehr gesungen, aber die gute Laune war längst nicht verflogen und wurde durch heiteres Stimmengewirr ersetzt. Einzig Röders Stimmung schien mit jedem Schritt schlechter zu werden. Am Ortsausgang von Lindenberg schloss er mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder auf, denn hier wurde aus Tierschutzgründen der Bock auf einen kleinen Pick-up des städtischen Bauhofs geladen, weil man ihn, im Gegensatz zu früher, nicht mehr die ganze Strecke laufen lassen wollte. Die Alten konnten heute noch berichten, was es teilweise für eine Mühe bereitet hatte, einen müden und störrischen Bock über die volle Strecke zu treiben. »Hör mal, Ben. Setz dich doch auch ins Auto, dann musst du mit deinem schlimmen Fuß nicht die ganze Tour laufen«, schlug Hellinger vor und erntete Zustimmung von Manu. »Ja, du solltest den Fuß ein bisschen schonen. Später in Deidesheim bist du ja wieder dabei, und wir trinken gemütlich eine Schorle und essen was Feines.« »Seid ihr von allen guten Geistern verlassen?«, rief Röder so laut, dass er die Blicke der anderen Wanderer auf sich zog. »Ich freue mich seit Wochen auf diesen Tag, und nun wollt ihr mich nicht dabeihaben?« »Wir konnten ja nicht ahnen, dass du dir so schlimm den Fuß verletzt. Und jetzt brüll doch nicht so, die anderen Leute gucken schon.« Röder wollte weiter toben, aber Hellinger nahm ihn beiseite. »Nun mach mal halblang, Marie-Claire sieht aus, als wenn sie gleich weinen...


Markus Guthmann wurde 1964 in Pirmasens geboren und lebt heute mit Familie und Hund an der Deutschen Weinstraße. Seit über 30 Jahren schreibt er erfolgreich im Nebenberuf und hat vor einigen Jahren den Weg zur Kriminalliteratur gefunden.



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