E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Heide Einmal zum Mond bitte
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-347-30940-1
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Sei mutig genug, anders zu denken
E-Book, Deutsch, 160 Seiten
ISBN: 978-3-347-30940-1
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieses Buch erzählt meine Gründergeschichte und was mich dazu angetrieben hat, meine Erfindung auf den Markt zu bringen, ohne zu wissen, was auf mich zukam. Gibt es den perfekten Gründer und was macht »erfolgreiches Gründen« aus? Jeder Mensch ist Unternehmer seines eigenen Lebens. Mit Mut die Chancen und Momente zu ergreifen, die sich ergeben, und diese für sich zu nutzen, ist eine spannende und herausfordernde Aufgabe. Es spielt keine Rolle, woher du kommst, wer du bist und welchen Schulabschluss du in der Tasche hast. Wenn du dein Leben selbst in die Hand nimmst, kann alles passieren. Erfolg ist stets eine Verabredung mit dem richtigen Zeitpunkt. Aufgeben zählt nicht. Irgendwann kommt der richtige Moment, der passende Zeitpunkt für jeden! Ehrlich und unterhaltsam erzählt Michael Heide seine ganz persönliche Start-up-Geschichte. Neben Tipps und Witz gibt es auch persönliche Gründertipps, um anderen Startern Mut zu machen.
Autoren/Hrsg.
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Aller Anfang ist schwer Es war November 2001 und bereits richtig kalt geworden. Meine Arbeit als selbstständiger Maler lief eher schlecht als recht; ich jobbte nebenbei noch als Messebauer und war dadurch kaum zu Hause. Das war eine anstrengende aber wirklich tolle Zeit: immer unterwegs, nie zu Hause und jede Woche ein anderer Schauplatz. Nach zwei Jahren wurde es ruhiger. Die Meisterschule lag noch in weiter Ferne und die Tätigkeit als Ausbilder ebenfalls. Meine ersten Schritte auf dem langen Weg zum Erfinder machte ich mehr oder weniger zufällig, und zwar während eines Jobwechsels bei einem guten Kumpel. Er arbeitete schon länger als Tapezierer und verdiente anscheinend gut – er hatte es einfach drauf. Von ihm habe ich viel gelernt. Frisch arbeitslos geworden nahm er mich mit in die Firma, in der er seit Jahren arbeitete: Dort wurde ausschließlich tapeziert. Für einen Auftrag mussten wir als kleines Team mit einem VW-Bus von Berlin-Reinickendorf in die Nähe von Hamburg fahren und wurden dort auf die jeweiligen Baustellen verteilt. Ich stieg bei einem Neubau aus und suchte mit der firmeneigenen Tapeziermaschine und meinen Rucksack in der Hand den Eingang. Die Kollegen riefen mir aus dem fahrenden Auto noch ein »Viel Spaß!« zu und los gings. Ich und war gespannt, was mich erwartete. Mein Kumpel hatte von diesem Job geschwärmt. Das ganze Gebäude musste tapeziert werden. Das waren viele Tausend Quadratmeter. Die Decken- und Wandflächen wurden unter den anwesenden Kollegen aufgeteilt. Die guten Flächen, die den schnellen Taler brachten, waren schon weg, so blieben für mich Ecken und Kanten zum Tapezieren. Auch gut, dachte ich. Wenn es für die Miete und den Kühlschrank reicht, dann los. Die Jungs, die hier tapezierten, verstanden wirklich ihren Job. Wie so schnell, akkurat und geradlinig Tapetenbahnen an die Decken und Wände geklebt wurden, hatte ich vorher noch nie gesehen. Ich nahm an, dass ich ebenso ein Akkordtapezierer werden konnte. »Bau mal deinen Kram hier auf, ich komme später noch mal vorbei«, meinte einer der Kollegen und verschwand im Rauch seiner Zigarette. Ich hatte schon alles vorbereitet. Als ich dann aber mit dem Tapezieren startete, nahm mich der Kollege lachend zur Seite und meinte: »Das zeige ich dir nur einmal, also pass gut auf.« Dann wurde mir klar, wie weit ich vom lukrativen Akkordtapezieren entfernt war: ungefähr so weit, wie die Erde vom Mars. Nach den ersten Tagen hatte ich den Dreh dann schon halbwegs raus. Trotzdem stand ich immer noch auf der Leiter, wenn meine Kollegen bereits mit einem fröhlichen »Bis später Micha, wir sehen uns heut Abend!« an mir vorbeizogen. Dieser Job war eine Herausforderung und gar nicht so einfach, wie ich anfangs dachte. Was mich störte, war mein Werkzeug: die Tapezierbürste aus Holz. Das Ding hatte weder einen richtigen Griff noch machte es Sinn, aber alle arbeiteten damit. Vielleicht lag es ja an mir, vielleicht kam nur ich nicht damit zurecht? Ein paar Stunden später schmerzte jedenfalls immer mein Handgelenk und das ging gar nicht, denn wie sollte ich so die nächsten Wochen überstehen? Ein Holzblock mit Borsten, so wird tapeziert – und das wahrscheinlich seit Kollege Neandertaler. »Hey, Leute, gibts denn hier keine andere Tapezierbürste?«, fragte ich die Kollegen in der Pause. Ein lautes Lachen schallte über den Tisch. »Daran wirst du dich schon gewöhnen müssen, da gibts nix anderes«, war die Antwort. »Ach, irgendwann merkst du es gar nicht mehr«, meinte einer. Der Kollege lachte und zeigte mir, dass er bereits Wasserablagerungen in den einzelnen Fingerknöcheln hatte. Oh Mann, der konnte seine Finger ja gar nicht mehr ausstrecken. Das war gruselig! Ist der Job es wert, sich die Finger so zu verbiegen? Mit Sicherheit nicht! Es gab ein paar Tapezierer, die hier und da etwas an ihrem Werkzeug verändert hatten, um sich das Arbeiten zu erleichtern. In den nächsten Tagen fachsimpelten wir in den Pausen darüber, was das eigentliche Problem war. Ich erinnere mich, dass wir einmal mit der Säge etwas Holz aus einer Tapezierbürste sägten. Das sah komisch aus, ergab jedoch Sinn. Ich zeichnete Bürstenformen aufs Papier, die eventuell beim Arbeiten hilfreicher und schonender zum Handgelenk sein konnten. Nach und nach beschäftigte mich das Thema immer mehr und so entstanden meine Ideen. Wenn du schon einmal tapeziert hast, ist dir bestimmt aufgefallen, dass diese Tapezierbürsten oder auch Tapezierwischer aus Holz sind. Es gibt in den Bauhäusern den Do-it-yourself-Bereich (DIY), wo du Holzbürsten für fünf Euro bekommst. Das reicht wahrscheinlich völlig aus, wenn du zu Hause mal eine Wand tapezieren musst. Wir im Profibereich brauchen da eine ganz andere Qualitätsstufe, schließlich arbeitet man damit jeden Tag. Diese Profi-Tapezierbürsten hatten sich aber in den letzten Jahrzehnten in Sachen Formgebung nicht wirklich verändert – eigentlich haben wir mit einem Dinosaurier tapeziert. Alles entwickelt sich ständig weiter, wird leichter, effiziente, ergonomischer … Die Industrie hat den Handwerkern in einigen Bereichen wirklich innovative Werkzeuge und Möglichkeiten geboten, die früher undenkbar gewesen wären. Nur bei der Tapezierbürste war nichts passiert. Ich wollte nun ausprobieren, wie effizient es sein könnte, wenn Taschentücher und Klebeband zum Einsatz kamen. Mit Säge, Schere und Lackfarbe fertigte ich ein neues Tapezierbürsten Modell an, das wesentlich effizienter war. Na geht doch! Mir war klar, dass das erst der Anfang war, denn da ging noch mehr. Da ich ganz gut zeichnen konnte, machte ich am Wochenende erste Entwürfe. So cool könnte die neue Tapezierbürste aussehen! Doch damals war ich noch nicht soweit und dachte weder über ein Patent noch über ein Start-up nach. Somit geriet die Idee in Vergessenheit und landete in einem kleinen Kasten irgendwo in meinem Keller. Die Jahre vergingen. Ich hatte eine Weile als Ausbilder gearbeitet und besuchte nun seit einem Jahr die Meisterschule. Ich war bis auf die Unterhose abgebrannt und konnte mir nicht einmal mehr eine Currywurst ohne Soße leisten. Da rief mich mein alter Arbeitgeber des Ausbildungszentrums in Berlin-Schöneberg an und wollte, dass ich in meinen alten Job als Ausbilder für Maler und Lackierer zurückkomme. Das kam genau richtig, denn durch die Meisterschule hatte ich mich verschuldet. Also nahm ich das Angebot an und musste nur die letzten Wochen der Meisterschule irgendwie mit der neuen Stelle unter einen Hut bringen. Mit alten Kollegen wieder zusammenzusitzen, war wie nach Hause zu kommen. Ich unterrichtete das zweite und dritte Lehrjahr, doch im Jahr 2008 wurden wieder mal Gelder gestrichen und wer zuletzt kam, musste zuerst gehen. – Das war ich. Also gründete ich Ende 2008 mit einem Kumpel, den ich im Meisterkurs kennengelernt hatte, eine Malerfirma. Die lief nach kleinen Anlaufschwierigkeiten dann wirklich gut. Wir hatten ein kleines schickes Büro am Kurt-Schumacher-Damm im ersten Stock und das machte mich alles richtig stolz. An unseren Wänden hingen Bilder unserer Bauprojekte, das wirkte sehr motivierend auf uns und da wir oft Besuch von Auftraggebern und Subunternehmer hatten, war das zugleich eine Präsentation unserer Leistungen. Mein Kumpel Chris arbeitete nach der Meisterschule bei einem traditionellen Großunternehmen und brachte uns wenig später als Subunternehmer in diese Firma, die uns noch mal gut mit Aufträgen versorgte. Die Firma lief so, wie wir uns das gewünscht hatten: viele lukrative Aufträge, wenig Zeit zum Luftholen. Meine Erfindung hatte ich noch immer im Kopf, gerade dann, wenn wir auf Baustellen tapezierten. Seit ich 2008 einen TV-Beitrag über Erfindungen und Patente sah, hat mich der Gedanke, diese Tapezierbürste irgendwann mal ins Regal zu bekommen, nicht mehr losgelassen. Dieser Beitrag packte mich, holte mich ab, wie man so schön sagt. Es ging darum, wie Erfindungen entstehen, was Schutzrechte bedeuten und es gab viele interessante Gründergeschichten. In den letzten Jahren gab es einige Umzüge, aber irgendwo musste dieser Holzklumpen, den ich 2001 als Prototypen entworfen hatte, noch sein. Ich durchsuchte also meinen Keller und fand ihn tatsächlich. Mir fehlte jedoch die Zeit, weiter an meiner Erfindung zu tüfteln. Das konnte ich nur abends oder nachts machen, wenn überhaupt. In all den Jahren hatte ich mir aber mein Leben so aufgebaut, dass es gut passte, da war praktisch keine Luft mehr, ohne irgendwo Abstriche zu machen. So was setzt man aber ja nicht so einfach aufs Spiel. Bleib immer auf dem Teppich, dann kann dich auch nichts aus der Bahn werfen, war meine Devise. – Ich habe später viele Menschen geradezu aus der Bahn fliegen sehen, bloß weil sie das Wort Patent gehört hatten. Unglaublich, was das in manchen Köpfen verursacht. Hattest du schon mal eine Idee, die du bis hin zur Umsetzbarkeit durchgedacht hast? Hast du sie vielleicht sogar umgesetzt? Dann kennst du bestimmt einige der Situationen, die ich im Laufe dieses Buches beschreiben werde oder...