Hilderbrand | Inselglück | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 496 Seiten

Reihe: Piper Schicksalsvoll

Hilderbrand Inselglück

Roman
15001. Auflage 2015
ISBN: 978-3-492-98230-6
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 496 Seiten

Reihe: Piper Schicksalsvoll

ISBN: 978-3-492-98230-6
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Merediths Mann ist als größter Anlagebetrüger aller Zeiten überführt worden. Während er im Gefängnis sitzt, flüchtet sie, nur mit einer Badetasche als Gepäck, aus New York, um den Sommer mit ihrer alten Freundin Constance auf Nantucket zu verbringen. Ein paar Monate ganz ohne Männer. Doch dann steht ihre Jugendliebe Toby plötzlich vor der Tür....
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Meredith Martin Delinn

Sie hatten vereinbart, über nichts Bedeutsames zu sprechen, bevor Meredith sicher in dem Haus auf Nantucket angelangt war. Nun lag erst einmal der Highway vor ihnen. Meredith kannte ihn nur allzu gut. Es gab dreiundneunzig langweilige Ausfahrten in Connecticut, ehe sie Rhode Island und eine knappe Stunde später Massachusetts erreichten. Als sie die Sagamore Bridge überquerten, ging die Sonne auf und verlieh dem Cape Cod Canal einen fröhlichen rosa Schimmer, der Meredith in den Augen wehtat. Auf der Brücke herrschte kein Verkehr, obwohl heute der 1. Juli war; deshalb fuhr Connie auch so gern nachts.

Schließlich kamen sie in Hyannis an, einer Stadt, die Meredith Anfang der 1970er einmal mit ihren Eltern besucht hatte. Sie erinnerte sich, dass Deidre Martin, ihre Mutter, darauf bestanden hatte, am Grundstück der Kennedys vorbeizufahren. Es war bewacht gewesen; Bobbys Ermordung lag erst wenige Jahre zurück. Meredith erinnerte sich, dass Chick Martin, ihr Vater, sie ermuntert hatte, ein Hummersandwich zu kosten. Meredith war erst acht Jahre alt gewesen, aber Chick Martin hatte Vertrauen in ihre Kultiviertheit gehabt. Hochintelligent und begabt, pflegte Chick schamlos zu prahlen. Das Mädchen vertut sich nie. Meredith hatte den Hummersalat probiert und ausgespuckt, was ihr dann peinlich gewesen war. Ihr Vater hatte die Achseln gezuckt und das Sandwich selbst aufgegessen.

Noch nach so vielen Jahren erfüllte die Erinnerung an Hyannis Meredith mit einer Scham, die selbst jene Scham überlagerte, welche Meredith empfand, seit man Freddy Delinn, ihren Ehemann, angeklagt hatte. Hyannis war der Ort, wo Meredith ihren Vater enttäuscht hatte.

Gott sei Dank konnte er sie jetzt nicht sehen.

Obwohl sie vereinbart hatten, über nichts Bedeutsames zu sprechen, wandte sich Meredith Connie zu, die – gegen besseres Wissen – beschlossen hatte, Meredith Obdach zu gewähren, zumindest fürs Erste, und sagte: »Gott sei Dank sieht mein Vater mich jetzt nicht.«

Connie, die gerade auf den Parkplatz der Fähranlegestelle einbog, seufzte und entgegnete: »Oh, Meredith.«

Meredith konnte Connies Ton nicht deuten. Oh, Meredith, du hast recht, es ist ein Segen, dass Chick seit dreißig Jahren tot ist und deinen kometenhaften Aufstieg und noch spektakuläreren Absturz nicht miterleben musste? Oder: Oh, Meredith, hör auf, dir selbst leidzutun? Oder: Oh, Meredith, ich dachte, wir hätten vereinbart, nicht darüber zu reden, bevor wir in meinem Haus sind, wir haben Regeln aufgestellt, und du trittst sie mit Füßen?

Oder: Oh, Meredith, halt bitte den Mund?

Auf jeden Fall verbarg Connies Ton, seit sie Meredith um zwei Uhr morgens abgeholt hatte, kaum ihre … was? Wut? Angst? Bestürzung? Und konnte Meredith ihr das verübeln? Sie und Connie hatten fast drei Jahre lang nicht miteinander geredet, und in ihrem letzten Gespräch hatten sie sich abscheuliche Dinge gesagt; sie hatten das eiserne Band ihrer Freundschaft zum Schmelzen gebracht. Oder: Oh, Meredith, was habe ich getan? Warum bist du hier? Ich wollte einen ruhigen, friedlichen Sommer erleben. Und jetzt habe ich dich, Teil eines widerlichen internationalen Skandals, auf meinem Beifahrersitz.

Meredith beschloss, Connie nichts Böses zu unterstellen. »Oh, Meredith« war eine quasimitfühlende Nicht-Antwort. Connie fuhr vor zur Schranke und zeigte dem Angestellten ihr Fährticket; sie war abgelenkt. Die Sonne stand noch tief am Himmel, aber Meredith trug die Baseballkappe ihres Sohns Carver vom Choate-Internat und die einzige ihr verbliebene Sonnenbrille in ihrer Sehstärke, die zum Glück groß, rund und sehr dunkel war. Trotzdem wandte Meredith den Kopf ab. Keiner durfte sie erkennen.

Connie steuerte den Wagen die Rampe hinauf in den Laderaum der Fähre. Hier drängten sich schon Autos dicht aneinander wie Sardinen in einer Büchse. Heute, am 1. Juli, war die Stimmung an Bord selbst zu dieser frühen Stunde ausgelassen. Jeeps quollen über von Badelaken und Hibachi-Grills, der Wagen vor Connies war ein alter Wagoneer, dessen Stoßstange mindestens sechzehn Strandaufkleber in allen Farben des Regenbogens zierten. Merediths Herz war verletzt, angeknackst, gebrochen. Sie ermahnte sich, nicht an die Jungen zu denken, doch das führte erst recht dazu, dass sie an die Jungen dachte. Sie erinnerte sich, wie sie den Range Rover früher immer mit ihren Badesachen und Surftrikots und Flipflops beladen hatte, mit ihren Baseballhandschuhen und Sportschuhen, mit dem Aluminiumkoffer, der die Badmintonschläger enthielt, mit Kartenspielen und Batterien für die Taschenlampen. Meredith hatte den Hund in seinen Korb verfrachtet, Carvers Surfbrett aufs Wagendach geschnallt, und dann ging es los – tapfer hinein in den Verkehrsstau, der sich von Freeport bis nach Southampton zog. Ihr Timing war immer so schlecht, dass sie unweigerlich hinter dem städtischen Bus stecken blieben. Aber es hatte Spaß gemacht. Die Jungen wechselten sich am Radio mit der Musikauswahl ab – Leo mochte Folkrock, seine Lieblingsband waren die Counting Crows, und Carver wiederum gefiel der Krawall, bei dem der Hund zu jaulen anfing –, und Meredith hatte das Gefühl, je heißer es war und je langsamer es voranging, desto mehr steigerte sich ihre Vorfreude auf Southampton. Sonne, Sand und Meer. Schuhe aus, Fenster auf. An den Wochenenden kam Freddy, erst mit dem Wagen, später mit dem Helikopter.

Als Meredith jetzt auf die Sommergäste schaute, dachte sie: Leo! Carver! Leo. Armer Leo. All die Jahre hindurch, in denen die beiden heranwuchsen, hatte Leo sich um Carver gekümmert. Ihn beschützt, belehrt, einbezogen. Und nun war Carver derjenige, der Leo stützen, aufbauen musste. Meredith betete darum, dass er seine Aufgabe gut erledigte.

Aus dem Lautsprecher ertönte eine Stimme, die die Regeln und Vorschriften an Bord verkündete. Das Nebelhorn röhrte, und Meredith hörte fernes Händeklatschen. Die guten Seelen, die das Glück hatten, an diesem schönen Morgen nach Nantucket unterwegs zu sein, applaudierten dem Beginn ihres Sommers. Meredith indessen fühlte sich, als wäre sie noch drei Bundesstaaten von hier entfernt. Genau in diesem Moment würden Beamte des FBI Merediths Penthouse-Wohnung an der Park Avenue betreten und ihre Habe beschlagnahmen. Mit seltsamer Gleichgültigkeit fragte sie sich, wie das wohl ablaufen mochte. Für den Aufenthalt bei Connie hatte Meredith eine Reisetasche mit einfachen Sommersachen gepackt und einen Pappkarton mit persönlichen Dingen – Fotos, ihre Heiratsurkunde, die Geburtsurkunden der Jungen, ein paar ihrer Lieblingsromane, ein ganz spezielles Notizheft aus ihrem ersten Jahr in Princeton und eine Langspielplatte, die 1970er Originalpressung von Simon and Garfunkels Bridge Over Troubled Water, die sie wohl niemals wieder hören würde, doch sie hatte es nicht übers Herz gebracht, sie zurückzulassen.

Man hatte ihr erlaubt, ihre Brille mitzunehmen, eine Sonnenbrille in ihrer Sehstärke und ihren Verlobungsring, einen Vierkaräter. Der Ring war ein Erbstück von Annabeth Martin, ihrer Großmutter, also nicht mit schmutzigem Geld erworben. Dasselbe galt für die Perlenkette von Merediths Mutter, ein Geschenk zu ihrem Abschluss in Princeton, aber Meredith hatte keine Verwendung für sie. Im Gefängnis konnte sie keine Perlen tragen. Mit ein wenig Voraussicht hätte sie sie verpfänden und den Erlös der armseligen Summe hinzufügen können, die sie hinterlassen hatte.

Doch wie würde es ihrem sonstigen Besitz ergehen? Meredith stellte sich grimmige, stramme Männer in schwarzen Uniformen und mit Pistolen am Gürtel vor. Einer nahm vielleicht das zierliche Shalimar-Fläschchen von ihrer Kommode und konnte nicht anders, als den Duft einzuatmen. Einer würde das Bett abziehen. Die Bettwäsche war Tausende Dollar wert, aber was würden die Beamten damit tun? Sie waschen, bügeln, verkaufen? Sie würden ihre Hostettler-Skulptur und die Skizzen von Andrew Wyeth mitnehmen und das Calder-Mobile von der Decke im Wohnzimmer abschneiden. Sie würden ihre Schränke durchforsten und die Louboutins und Sergio Rossis einpacken sowie ihre Alltagskleider – Diane von Fürstenberg, Phillip Lim – und ihre Roben – Dior, Chanel, Carolina Herrara. Die Beamten hatten ihr erklärt, dass ihre Sachen versteigert werden und die Erträge einem Entschädigungsfonds für die geschröpften Investoren zugutekommen würden. Meredith dachte an ihr babyblaues Dior-Abendkleid, für das sie neunzehntausend Dollar bezahlt hatte – ein Gedanke, der jetzt vor Ekel einen Würgereiz in ihr auslöste –, und fragte sich, wer es als Nächste tragen würde. Eine sehr zierliche Frau – Meredith maß nur einen Meter dreiundfünfzig und wog fünfundvierzig Kilo. John Galliano persönlich hatte ihr die Robe geschneidert. Wer würde Merediths kupfernes All-Clad-Kochgeschirr bekommen (nie benutzt außer gelegentlich von Leos Freundin Anais, die es für eine Sünde hielt, dass Meredith in ihrer blitzblanken Gourmetküche nicht kochte)? Bei wem würde die Whiskeykaraffe aus geschliffenem Kristall landen, aus der Freddy sich nie einen Drink eingegossen hatte, nur an den letzten Tagen vor seiner Bloßstellung vor aller Welt? (Es war der Anblick von Freddy beim Herunterkippen von drei Gläsern eines 1926er Macallan gewesen, der Meredith alarmiert hatte. Im Geiste war eine ganze Büchse der Pandora voller Anschuldigungen vor ihr aufgesprungen. Keiner weiß, wie er es anstellt, er nennt es schwarze Magie, aber es kann nicht legal sein, er bricht das Gesetz, man wird ihn erwischen.)

Meredith wusste, dass es die Beamten am meisten...


Hilderbrand, Elin
Elin Hilderbrand lebt mit ihrer Familie auf Nantucket, Massachusetts. Ihre Romane sind in den USA regelmäßig auf den Top Ten der Bestsellerlisten. Die Gesamtauflage liegt weltweit bei über 1,5 Millionen Exemplaren, die Rechte wurden in 18 Länder verkauft.



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