E-Book, Deutsch, Band 4, 164 Seiten
Reihe: Abenteuer in Übersee
Hoffmann Träume Tropen Geister
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7693-4516-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 4, 164 Seiten
Reihe: Abenteuer in Übersee
ISBN: 978-3-7693-4516-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Rätselhaftes Asien. Auf der Suche danach, was er in den ihm noch verbleibenden Jahren tun will, reist Neurentner Karl nach Fernost. Getrieben von der Angst, im Leben etwas verpasst zu haben, träumt er von Exotik und Abenteuern. Kaum in Japan angekommen, scheinen Geister mit ihm zu spielen. Anders für ihn nicht zu erklären, verfällt er einer mysteriösen Frau, noch bevor er ein Wort mit ihr gesprochen und sie nicht einmal richtig gesehen hat. Sie stellt sein Leben auf den Kopf. Unter bizarren Umständen folgt er ihr auf ein dubioses Schiff und reist durch die tropischen Gewässer Südostasiens. Menschenhändler nutzen den Seelenverkäufer, um von dort Frauen als Prostituierte illegal nach Japan zu holen. Trotz aller Gefahren hat Karl allerdings nur Augen für seine geheimnisvolle Begleiterin. Er verliert sich in Träumen, doch die Realität holt ihn immer wieder ein. Dabei gelangt er zu überraschenden Erkenntnissen.
Manfred Hoffmann. Geboren 1950 in Berlin. Als Seeoffizier der Bundesmarine, Freelancer in der außenpolitischen Redaktion des ZDF, weltweit eingesetzter Rechtsanwalt und Troubleshooter für einen Industriekonzern sowie fast dreißig Jahre in offizieller Mission für die deutsche Außenwirtschaftsförderung an wechselnden Orten in Lateinamerika und Asien stationiert, steht er für die Nomaden unserer Zeit. Seine Aufgaben, Reisen und Recherchen führten ihn an ungewöhnliche Plätze und ließen ihn zahllose, ausgefallene Schicksale miterleben. Inspiriert von seinen Begegnungen und Erlebnissen widmet er sich nunmehr fiktiven Geschichten, die in jenen Weltgegenden spielen, in denen er so viele Jahre verbracht hat. Er lebt heute in Berlin und Spanien, ist verheiratet und hat zwei Söhne.
Autoren/Hrsg.
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Tokyo
„Omatase itashimashita. Nihon ni yokoso.“ „Entschuldigung, dass Sie warten mussten. Willkommen in Japan.“ Höflich reicht der Beamte am Immigration-Schalter Karl den mit dem Visum abgestempelten Pass zurück. Japan! Endlich! Unergründliche Inselwelt im fernen Pazifik. Mystischer Orient. Das Reich der Kami, ?, jener geheimnisvollen Götter und Geister des Schintoismus. Neugierig sieht er sich um. Doch in der Ankunftshalle muss er enttäuscht feststellen, dass es dort nichts anderes zu sehen gibt als auch auf dem Flughafen, von dem er zwölf Stunden zuvor in Deutschland abgeflogen ist. Werbung für dieselben Fast-Food-Ketten, Menschen in der gleichen Kleidung, die gleiche gereizte Ungeduld in den Gesichtern der Wartenden am noch immer leeren Gepäckband. Das soll Japan sein? Enttäuscht vermag er allerdings nicht zu sagen, was er eigentlich erwartet hat. Schwerter schwingende Samurais? Anmutige Frauen im Kimono? Einen Gong schlagenden Mönch? Einzig der Kauf eines Bustickets in die Stadt bekommt einen Hauch von Abenteuer und Exotik. Hilflos steht er vor einer verwirrenden Fülle von komplizierten Namen ihm unbekannter Ziele. Er hat keine Ahnung, welches er wählen muss. Da die Frau am Counter zwar besonders freundlich lächelt, aber noch weniger Englisch spricht als er, kann er es auch nicht herausfinden. Doch selbst hier bleiben ihm riskante Experimente versagt. „Mister Karl?“ Mit einem verlegenen Lächeln begrüßt ihn schuldbewusst ein lokaler Angestellter seiner Firma, den man zum Flughafen geschickt hat, um ihn abzuholen. „Sorry for being late. Traffic jam, you know…“, „Entschuldigung für die Verspätung. Verkehrsstau, Sie wissen…“ Höflich lächelnd nimmt er Karls Koffer. Lächelnd aber schweigsam wartet er auf den Fahrstuhl zum Parkhaus. Am Auto angekommen, wuchtet er das schwere Gepäck mühsam in den Kofferraum. Noch immer lächelnd, wenn auch diesmal etwas gequält. Verbissen bemüht sich Karl, sein Lächeln stets zu erwidern, ihm fehlt dazu aber die seit Urzeiten praktizierte Übung eines Japaners. Dicht befahrene, vielspurige Autobahnen führen in die Stadt. Triste Industriebauten, hässliche Wohnsilos, von grauen Wolken verhangener Himmel und immer wieder Regen. Nicht viel anders als in Deutschland, geht es Karl durch den Kopf. Im zentralen Stadtteil Azabu Juban hat man ihm ein kleines Apartment gemietet. Es ist perfekt auf die Bedürfnisse von auswärtigen Managern abgestimmt, die vorübergehend in Tokyo arbeiten müssen. Am Abend bummelt er durch die engen Straßen in der Umgebung. Exotisch erscheinen ihm nur die japanischen Schriftzeichen an den kleinen Läden und die, in oft winzigen Restaurants angebotenen Köstlichkeiten, von denen er nicht weiß, ob sie zum Essen oder nur zum Ansehen gedacht sind. In den stets reich bebilderten Speisekarten entdeckt er aber immer wieder auch Pizza, Spaghetti oder Curry-Chicken und andere, nicht gerade japanisch klingende Gerichte. Selbst das Bier schmeckt nicht anders als in Deutschland. Doch dann stößt er endlich auf einen kleinen Schrein1. Eingeklemmt zwischen unansehnlichen, mehrstöckigen Gebäuden gleich neben einem Parkplatz, hätte er ihn fast übersehen. In einer Megastadt wie Tokyo wird es selbst für Ahnengeister eng. Wenn auch versteckt und wenig spektakulär, hat er nun aber doch noch ein Stückchen von dem Japan gefunden, wie er es eigentlich in seiner Fantasie ausgemalt hatte. Auch in den nächsten Tagen vermisst er die erwartete Exotik. Eine Fahrt in der Metro unterscheidet sich im Wesentlichen von der daheim nur dadurch, dass alles sauberer ist, als aus Deutschland gewohnt. Nicht anders als in seiner eigenen Stadt sind die meisten Fahrgäste eifrig mit ihrem Handy beschäftigt. Allerdings fallen viele von ihnen unverzüglich in einen komaähnlichen Tiefschlaf sobald sie einen Sitzplatz ergattert haben. Sein Unternehmen hat sich in einem der großen, modernen Bürokomplexe eingemietet, in denen zahllose Firmen residieren. Am Morgen strömen Hunderte von Angestellten durch den Eingangsbereich, vorbei an Schnellrestaurants, Cafés und den unvermeidlichen Convenience-Stores2 , in denen man von Aspirin bis zu Zeitungen alles kaufen kann, was man zum täglichen Leben benötigt. Sogar seine Stromrechnung kann man dort bezahlen. Niemand muss unnötig Arbeitszeit verlieren. Selbst an den abgelegensten Orten und abenteuerlichsten Plätzen sorgen sie dafür, dass niemand verdursten oder verhungern muss. Immer wieder staunt Karl, wie vorbildlich Japan überall organisiert ist. Er bewundert, wie man stets bemüht ist, Produkte oder Verfahren zu optimieren. Doch wehe, es muss etwas neu geregelt oder improvisiert werden. Vor allem bei Letzterem überkommt Japanern das pure Grauen. Eisern wird an gewohnten Abläufen festgehalten. Jeder Wandel droht bei seinen Kollegen schwerste, seelische Schäden zu verursachen. Dennoch findet sich Karl im Büro schnell zurecht. Die Mitarbeiter sind freundlich und hilfsbereit. Höflich und fleißig folgen sie seinen Anordnungen. Vor allem stellt er aber erstaunt fest, dass er schon seines Alters wegen besonders respektiert wird; eine für ihn höchst ungewohnte Erfahrung. Seinem Naturell entsprechend, und so, wie er es immer getan hat, schafft er für jede Veränderung sehr bald standardisierte Abläufe, hält sie in umfangreichen Anweisungen akribisch genau fest, lässt sie in die Landessprache übersetzen und sorgt schnell wieder für Routine. Damit hat er offenbar die japanische Seele getroffen. Voller Begeisterung vergessen die Mitarbeiter darüber sogar, dass er ihnen eine ganze Reihe von Erneuerungen zugemutet hat. Schon nach kurzer Zeit läuft alles, wie es bei ihm immer lief. So spürt er kaum, dass er es eigentlich mit Menschen zu tun hat, deren Sprache, Mentalität, Kultur und Tradition ihm völlig fremd sind, Menschen die sonst ganz anders denken, als er. Nach Büroschluss verlässt er wiederum gemeinsam mit Hunderten von anderen Menschen, die nun aus allen Fahrstühlen quillen, das Gebäude und drängt in die überfüllte Metro. Am Abend sitzt er meist im Starbucks Café nahe dem modernen Einkaufszentrum Roppongi Hills. Dort gibt es auch Zeitschriften, Bücher, Videos oder Musik-CDs zu kaufen. Bis in die späte Nacht belebt, ist es zu einem beliebten Treffpunkt für viele Nachtschwärmer geworden. Vor allem junge Leute verbringen dort Stunden mit ihrem Laptop oder Tablet. Da die üblicherweise winzig kleinen Wohnungen häufig auch noch mit mehreren anderen geteilt werden müssen, finden sie hier den notwendigen Platz, um zu arbeiten, lernen, im Internet zu surfen oder mit Freunden zu chatten. „Latte macchiato“ vor sich, wie aus dem heimatlichen Starbucks gewöhnt, beobachtet Karl das Treiben um sich herum. Dabei kommt er jeden Abend zu derselben, ernüchternden Erkenntnis, dass sich sein Alltag selbst auf einer Insel auf der anderen Seite der Erde von dem in Deutschland eigentlich kaum unterscheidet. Weit und breit sind weder Exotik noch Abenteuer in Sicht. Dann geschieht aber etwas, was ihn doch aus den gewohnten Bahnen bringen soll. Wieder ist es Abend und wieder sitzt er im Starbucks. Müde von einem anstrengenden Arbeitstag wandert sein Blick über die Menschen an den Tischen um sich. Das übliche Publikum. Er will sich gerade gelangweilt abwenden, um in einer Zeitschrift zu blättern, da entdeckt er weit von sich entfernt, halb verborgen von einer Säule eine Frau, die seine ganze Aufmerksamkeit erregt. Obwohl er sie nur für einen kurzen Moment sehen kann, fühlt er sich von ihr auf unerklärlicherweise magisch angezogen. Plötzlich hellwach, versucht er mehr von ihr zu erkennen. Doch in den Büchern aus den Regalen neben ihrem Tisch blätternde Kunden verstellen ihm ständig die Sicht. Eine rätselhafte Unruhe, dass die Frau womöglich wieder verschwunden sein könnte, bevor er sie überhaupt wirklich betrachten konnte, lässt ihn schließlich sogar aufstehen, um mit dem Kaffeebecher in der Hand in ihre Richtung zu schlendern. Doch seine Sorge war unnötig. Die Frau hat sich an ihrem Tisch häuslich eingerichtet und beabsichtigt ganz offenbar länger zu bleiben. Vor ihr steht ein Laptop, daneben stapeln sich Unterlagen. Neben einem Kaffee „Big-Size“ liegt ein Fotoapparat. Die Frau dürfte Anfang vierzig sein, von sportlichem Typ, aber zugleich ausgesprochen elegant. Ihr Gesicht verrät europäische und asiatische Vorfahren. Dabei verweisen ihr dichtes, dunkles Haar auf die asiatischen, ihre Größe und die helle Haut auf die europäischen Wurzeln. Sie trägt ein schlichtes Kostüm und grazile Schuhe mit hohen Absätzen. Der kurze, enge Rock verbirgt dabei nur wenig von ihren hübschen Beinen. Dennoch wirkt sie reserviert und unnahbar. Große, ausdrucksvolle Augen sehen sich aufmerksam um. Neben ihrer unwiderstehlichen erotischen Ausstrahlung sind es vor allem diese Augen, die Karl vom ersten Moment an zutiefst fasziniert haben. Wie hypnotisiert setzt er sich an einen freien Tisch in ihrer Nähe und beobachtet, wie sie eifrig auf ihren Laptop arbeitet. Mit gerunzelter Stirn, die üppigen Lippen...