Horst | Wisting und der fensterlose Raum | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 416 Seiten

Reihe: Cold Cases

Horst Wisting und der fensterlose Raum

Kriminalroman
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-492-99506-1
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, Band 2, 416 Seiten

Reihe: Cold Cases

ISBN: 978-3-492-99506-1
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



William Wisting bekommt einen äußerst heiklen Auftrag: Im idyllischen Wochenendhaus eines an Herzinfarkt plötzlich verstorbenen Spitzenpolitikers wurden Umzugskisten mit achtzig Millionen Kronen gefunden. Die Kisten standen im innersten, fensterlosen Raum des Hauses. Stammt das Geld etwa aus einem Raubüberfall, der fast zwanzig Jahre zurückliegt? Unterstützung bekommt Wisting von Adrian Stiller, der sich gerade mit dem ungeklärten Verschwinden des möglichen Täters befasst. Doch wie gelangte das Geld in den Besitz des Politikers? Oder stammt es gar aus einer ganz anderen Quelle?

Jørn Lier Horst, geboren 1970 in Bamble/Norwegen, war Kriminalhauptkommissar bei der norwegischen Polizei, bevor er 2004 als Kriminalschriftsteller debütierte. Seitdem schrieb er sich mit seinen Romanen um den Polizisten William Wisting in die erste Liga der norwegischen Krimiautoren.
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4


In der Herman Wildenveys gate fuhr Wisting so dicht wie möglich rückwärts an die Haustür heran. Mortensen folgte seinem Beispiel. Wisting hatte beschlossen, die Pappkartons im Keller unterzubringen, den er ansonsten nicht nutzte. Der Raum war gemauert, und hoch oben an der Wand befanden sich zwei kleine Fenster.

Jedes Mal, wenn er einen Karton hineintrug, blickte Wisting zum Haus seiner Tochter am anderen Ende der Straße. Er hätte vermutlich keine einleuchtende Antwort parat, falls sie auftauchen und Fragen stellen sollte.

Der Monteur für die Alarmanlage war pünktlich. Wisting entschied sich für eine einfache Einbruchsicherung. Es wäre viel zu kompliziert und zeitaufwendig gewesen, gleichzeitig noch einen Feueralarm zu installieren. Er erklärte dem Monteur, wie er den Kellerraum mit Magnetkontakten an Tür und Fenstern gesichert haben wollte, und bat darum, auch Kameradetektoren anzubringen. Der Bedienungsschalter sollte an der Wand angebracht werden, gleich neben der Tür. Er verzichtete auf ein Warnschild. Im Fall des Falles sollte der Alarm auf seinem und Mortensens Mobiltelefon angezeigt werden und eine Sirene im Inneren des Hauses aktivieren.

Mortensen blieb im Haus, während die Anlage installiert wurde und Wisting unterwegs war, um die Geldzählmaschine abzuholen. Ehe er sie einlud, ließ er sich die Verwendung des Geräts kurz erklären. Man musste zunächst die Währung eingeben, dann konnte die Maschine durch eingebaute Sensoren feststellen, welchen Nennwert die Banknoten hatten. Mithilfe von Infrarotstrahlen und UV-Licht konnten gefälschte Scheine automatisch identifiziert werden. Pro Minute konnte die Maschine eintausendzweihundert Banknoten zählen. Das Gesamtergebnis der Zählung wurde von einem separaten Drucker ausgespuckt.

Auf dem Rückweg fuhr Wisting auf Mortensens Wunsch bei einem Geschäft für Bürobedarf vorbei und kaufte zehn große Pappkartons und Paketklebeband. Als er nach Hause kam, war der Monteur schon fertig. Wisting betrachtete die Detektoren, die an zwei Stellen oben an der Decke angebracht waren.

»Ich musste einen Code festlegen«, sagte Mortensen und gab vier Ziffern auf dem Bedienungsfeld ein. »1808. Das ist der heutige Tag. 18. August.«

Die Anlage gab einen kurzen Piepton von sich und blinkte rot auf. Mortensen gab den Code erneut ein. Die Anlage verstummte, und eine grüne Lampe leuchtete auf.

Sie schoben den Tisch mit dem Geld an die Wand. Wisting stellte die Zählmaschine an den Rand der Tischplatte, während Mortensen die neuen Pappkartons nahm und sein geplantes Vorgehen erklärte.

»Wir zählen das Geld und legen es in die neuen Kartons, damit wir den Überblick behalten«, sagte er. »Die alten Kartons und das Geld kann ich gleich hier auf Fingerabdrücke untersuchen, aber wir stellen auch eine Auswahl von Banknoten zusammen, die sich das Labor anschauen soll.«

Bevor sie anfangen konnten, klingelte es an der Tür.

Wisting lief die Kellertreppe hinauf, trat in den Flur und schaute durch die Glasscheibe neben der Tür. Draußen standen Line und Amalie.

»Hast du abgeschlossen?«, fragte seine Tochter.

Wisting widmete sich sofort seinem Enkelkind, das sich freudig an ihn drückte. Für gewöhnlich verschloss er die Haustür nicht. Line und Amalie gingen einfach hinein, wenn sie zu Besuch kamen.

»Mortensen und ich sind gerade mit etwas beschäftigt«, erwiderte Wisting und hob Amalie in die Höhe. Sie kreischte auf und lachte.

»Wir haben Eistee gemacht«, sagte Line und hielt einen Krug hoch. »Und wir haben dir was mitgebracht.«

Die Eiswürfel klirrten, als Wisting den Krug mit der freien Hand übernahm.

»Wunderbar«, sagte er und blieb in der Türöffnung stehen.

Eine kleine Pause entstand.

»Sie ist eine kleine Diebin«, sagte Line und deutete mit dem Kopf auf ihre Tochter.

Wisting stellte den Krug ab und sah seiner Enkelin in die Augen.

»Was erzählt Mama da?«, fragte er mit ernster Stimme.

Normalerweise redete Amalie wie ein Wasserfall und erfand ständig neue Wörter. Jetzt schwieg sie und wich seinem Blick aus.

»Sie hat im Kinderwagen gesessen, als wir im Laden waren«, erklärte Line. »Als wir wieder rauskamen, hatte sie eine Bonbontüte dabei.«

»Und was habt ihr gemacht?«

»Wir mussten wieder rein und sie zurückgeben. Das Regal mit den Bonbons stand direkt neben der Kasse.«

»Blöder Laden«, sagte Wisting und rieb seine Nase an der Wange seiner Enkeltochter, die daraufhin zu lachen anfing.

»Sag so was nicht«, bat Line und streckte die Hände nach Amalie aus. »Sonst versteht sie nicht, dass sie etwas falsch gemacht hat.«

Wisting wurde wieder ernst und sah seiner Enkelin abermals in die Augen.

»Opa wird traurig, wenn du so was machst«, sagte er und reichte seiner Tochter die Kleine. »Aber für eine Zweijährige ist das mit dem Bezahlen wirklich nicht so einfach zu verstehen«, fügte er hinzu.

»Sie versteht schon, was richtig und was falsch ist«, sagte Line.

Wisting lächelte. Line war eine gute Mutter.

»Miezekatze«, sagte Amalie.

»Miezekatze?«, wiederholte Wisting fragend.

»Wir haben manchmal eine Katze im Garten zu Besuch«, erklärte Line.

»Aha«, sagte er und lächelte.

»Wenn du gerade beschäftigt bist, kommen wir vielleicht heute Abend noch mal vorbei«, schlug Line vor.

»Schön!«

Wisting wartete, bis die beiden wieder gegangen waren, schloss dann die Tür und verriegelte sie.

Die beiden Polizeibeamten zogen sich Latexhandschuhe über. Wisting entfernte die Plastikfolie und öffnete den ersten Pappkarton. Die Banknoten schienen in aller Eile hineingestopft worden zu sein. Mortensen sammelte die zuoberst liegenden Scheine ein und legte sie für eine spätere Analyse der Fingerabdrücke beiseite.

»Sehen nicht sonderlich benutzt aus«, meinte Wisting und legte den ersten Stapel Dollarscheine in die Zählmaschine. Ein rasselndes Geräusch erklang, als das Gerät die Banknoten durchzählte.

Mortensen inspizierte das fertige Bündel.

»Die stammen aus den Jahren 2001 und 2003«, stellte er fest und legte die Scheine in einen leeren Karton. »Normalerweise kursieren Geldscheine etwa zehn Jahre, bis sie zu alt sind und aussortiert werden müssen.«

Wisting setzte seine Lesebrille auf und untersuchte das nächste Bündel. Auch hierbei handelte es sich um mehr oder weniger unbenutzte Scheine.

»Alle von 2003«, sagte er.

»Immerhin gibt uns das einen Hinweis, wie weit wir in die Vergangenheit zurückmüssen, um Antworten auf unsere Fragen zu finden«, bemerkte Mortensen.

Wisting inspizierte ein weiteres Bündel Banknoten.

»2001 und 2003«, sagte er. »Bei den Nummern gibt es auch kein System. Anscheinend stammen die Scheine nicht aus derselben Serie. Jedenfalls sind die Nummern nicht fortlaufend.«

Er fütterte die Zählmaschine mit einem neuen Geldbündel. Mortensen googelte währenddessen nach amerikanischen Hundertdollarnoten.

»Die haben da drüben ein etwas anderes System«, referierte er und sah dabei auf sein Handydisplay. »2003 ist das Jahr, in dem das Design der Scheine entworfen wurde. Die 2003er Serie wurde so lange gedruckt, bis 2006 die Gestaltung der Scheine geändert wurde.«

»Das heißt, auch wenn 2003 auf den Scheinen steht, können sie aus dem Jahr 2006 stammen?«, erkundigte sich Wisting.

»Nicht ganz. Im Mai 2005 bekam das amerikanische Finanzministerium eine neue Leiterin. Danach wurden die Banknoten mit ihrer Unterschrift versehen und in einer 2003-A-Serie gedruckt, bis der Hundertdollarschein im Jahr 2006 ein neues Design erhielt.«

»Sind irgendwelche 2003-A-Banknoten dabei?«, fragte Wisting.

Gleich einem Kartenspiel fächerte Mortensen ein weiteres Geldbündel auf.

»Momentan noch nicht«, gab er zurück.

Wegen der manuellen Kontrolle dauerte der Zählvorgang länger, als Wisting veranschlagt hatte. Erst nach einer Dreiviertelstunde hatten sie den Boden des ersten Pappkartons erreicht. Der Ausdruck zeigte, dass es sich um zwei Millionen achtundvierzigtausend Dollar handelte, verteilt auf Hundert- und Fünfzigdollarnoten.

»Der Kurs liegt bei etwas über acht Kronen«, sagte Mortensen und überprüfte die Angabe im Internet. »8,17 um genau zu sein«, fügte er hinzu und rechnete den Betrag in norwegische Kronen um: »16,7 Millionen.«

Wisting versah den ersten Karton mit Paketklebeband.

»Keine A-Banknoten«, konstatierte er. »Wir müssen also zurück vor Mai 2005.«

Mortensen nickte.

»Lass uns mal eine Kiste mit Euroscheinen raussuchen«, sagte er und entfernte die Schutzfolie von einem der anderen Kartons, die sie bisher noch nicht geöffnet hatten.

Wisting griff nach einem Messer, um das Klebeband aufzuschlitzen.

»Das sind Pfund«, sagte er. »Britische Fünfzigpfundnoten.«

»Steht eine Jahreszahl drauf?«, fragte Mortensen und nahm eines der Bündel, um es selbst zu untersuchen.

»1994«, las Wisting vor.

Er langte etwas tiefer in den Karton hinein, um ein anderes Bündel herauszuziehen, und entdeckte plötzlich etwas, das daraus hervorragte. Ein schwarzes Kabel.

Mit zwei Fingern fischte er es heraus.

Es war ein abgerissener Kabelrest mit einer kürzeren roten und einer blauen Leitung, die aus der schwarzen Ummantelung herausragten, und einem Klinkenstecker am anderen Ende.

»Eine Miniklinke«, stellte Mortensen fest. »Zur Übertragung von Tonaufnahmen.«

Er zog einen Beweisbeutel hervor. Wisting musterte die kleine elektrische Komponente eingehend, bevor er sie in den Beutel fallen ließ.

»Ziemlich weit verbreitet«, fuhr Mortensen fort und beschriftete den Beutel. »Die findest du bei allen Kopfhörern, Ohrstöpseln, Funkgeräten …«

Wisting...


Horst, Jørn Lier
Jørn Lier Horst, geboren 1970 in Bamble/Norwegen, war Kriminalhauptkommissar bei der norwegischen Polizei, bevor er 2004 als Kriminalschriftsteller debütierte. Seitdem schrieb er sich mit seinen Romanen um den Polizisten William Wisting in die erste Liga der norwegischen Krimiautoren.



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