Jessen | Konkurrenz in der Geschichte | Buch | 978-3-593-50075-1 | sack.de

Buch, Deutsch, 384 Seiten, Großformatiges Paperback. Klappenbroschur, Format (B × H): 144 mm x 213 mm, Gewicht: 487 g

Jessen

Konkurrenz in der Geschichte

Praktiken - Werte - Institutionalisierungen

Buch, Deutsch, 384 Seiten, Großformatiges Paperback. Klappenbroschur, Format (B × H): 144 mm x 213 mm, Gewicht: 487 g

ISBN: 978-3-593-50075-1
Verlag: Campus Verlag GmbH


Anders als es ein verbreiteter wirtschaftswissenschaftlicher Modellplatonismus behauptet, ist 'Konkurrenz' kein naturwüchsiger Ausdruck individueller Nutzenmaximierung. Wie Menschen um knappe Güter konkurrieren – sei es Geld, Macht, Prestige oder auch die Anerkennung wissenschaftlicher Wahrheiten – und ob dieser Wettbewerb als fair und legitim akzeptiert wird, hängt vielmehr von vielfältigen kulturellen Voraussetzungen, institutionellen Arrangements und sozialen Praktiken ab. An ausgewählten Beispielen der europäischen Geschichte untersuchen die Autoren den Wandel der Praxis, der Rechtfertigung und der sozialen Wirkung von Konkurrenz und Wettbewerb; sie geben der Gegenwartskontroverse um die Entfesselung der Konkurrenz in der globalisierten Welt damit die nötige historische Tiefendimension.
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Weitere Infos & Material


Inhalt
Konkurrenz in der Geschichte - Einleitung
Ralph Jessen

Konkurrenz als sozialer Handlungsmodus -Positionen und Perspektiven der historischen Forschung
Karl-Joachim Hölkeskamp

Wettbewerb als historischer Begriff
Tobias Werron

Konkurrenz. Ein Handlungsmodus und seine kulturellen Effekte
Markus Tauschek

"Immer der Beste sein" - Konkurrenz in der athenischen Demokratie
Elke Stein-HölkeskampAristokratische Konkurrenz in der römischen Republik. Möglichkeitsraum - Soziale Schließung - Transformation
Marian Nebelin

Städtische Konkurrenzbeziehungen im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Württemberg
Nina Kühnle

Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit
Barbara Stollberg-Rilinger

Auktionen und die Erfahrung der Konkurrenz als Marktmechanismus - Betrachtungen zur britischen Wirtschafts- und Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts
Christiane Eisenberg

Deutsche Konkurrenzkulturen nach dem Boom
Morten Reitmayer

Internationale Konkurrenz als nationale Bedrohung -Zur politischen Maxime der "Standortsicherung" in den neunziger Jahren289
Wencke Meteling

"Eine Art pole position im Kampf um die Futtertröge" -Thesen zum Wettbewerb zwischen Universitäten im 19. und 20. Jahrhundert
Margit Szöllösi-Janze

Kooperation und Konkurrenz in den Naturwissenschaften
Kärin Nickelsen

Autorinnen und Autoren


Konkurrenz in der Geschichte - Einleitung
Ralph Jessen

Moderne Gesellschaften sind Konkurrenzgesellschaften. Wettbewerb ist ein fast allgegenwärtiger Handlungsmodus zur legitimen Verteilung knapper materieller und symbolischer Ressourcen aller Art. Als primärer Ort der Konkurrenz gelten Märkte, aber ebenso spricht man von "Wettbewerbsdemokratien", von der internationalen "Konkurrenz der Mächte", von konkurrierenden wissenschaftlichen Theorien und vom medialen Aufmerksamkeitswettbewerb. Für den Sport sind agonale Inszenierungen konstitutiv, und nicht geringe Teile des Showgeschäfts leben von der Erzeugung oder Simulation von Wettbewerbssituationen. Sowohl auf der Makroebene internationaler Staatenbeziehungen als auch auf der Mesoebene von Organisationen sowie nicht zuletzt auf der Mikroebene kleinräumiger sozialer Interaktion finden sich vielfältige kompetitive Praktiken.
Individualisierung, Kommodifizierung und "Vermarktlichung" haben seit der "Großen Transformation" zur Moderne zu einer fortschreitenden Entgrenzung des Wettbewerbs geführt. Vor allem seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts scheint sich das Prinzip der Konkurrenz immer rascher in alle Lebensbereiche ausgebreitet zu haben: Die Individualisierung in den postindustriellen Dienstleistungsgesellschaften, die langjährige Dominanz des neoliberalen Paradigmas, die Kommunikationsrevolution des Internets, die Erosion traditioneller Sozialmilieus, die Globalisierung der Finanz- und Güter-, Arbeits- und Wissensmärkte, stark gestiegene Flexibilitäts- und Mobilitätsanforderungen an ökonomische Akteure, der Rückzug (sozial-)staatlicher Regulierungsansprüche und schließlich der Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen mit ihren etatistischen, egalitaristischen und antikompetitiven Gesellschaftsidealen - alles das hat die hegemoniale Geltung des Wettbewerbsprinzips in nahezu allen Dimensionen der Gesellschaft gefestigt.
Die wachsende Reichweite dieser "Verwettbewerblichung" über den engeren Bereich des Ökonomischen hinaus lässt sich leicht mit Beispielen aus ganz unterschiedlichen Sphären der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik illustrieren - drei Stichworte müssen hier genügen, um die Breite des Phänomens abzustecken: So haben erstens konkurrenzorientierte Verfahren der Leistungsbewertung und Ressourcenallokation seit den 1980er Jahren im Bildungs-, Hochschul- und Wissenschaftssystem stark an Bedeutung gewonnen. Mehr oder weniger transparente Rankings zu Lehr- und Forschungsleistungen gehören seit den 1990er Jahren zum Alltag der akademischen Disziplinen und Universitäten, ein wachsender Teil der Forschungen wird über Drittmittel finanziert, die unter Wettbewerbsbedingungen eingeworben werden, und die "Exzellenzinitiative" hat die Ressourcenkonkurrenz unter den Universitäten explizit zum wissenschaftspolitischen Steuerungsinstrument gemacht. Die PISA-Studien der OECD trugen mit ihren komparativen Ranglisten maßgeblich dazu bei, dass Bildungspolitik immer häufiger in den Kategorien eines internationalen "Standortwettbewerbs" um "human capital" verhandelt und konzipiert wird.
Inszenierte Wettbewerbe - ein zweites Beispiel - gehören seit Jahren zu den besonders populären Formaten der Unterhaltungsindustrie - sei es in den großen Casting-Shows des kommerziellen Fernsehens oder sei es in lokalen "poetry slams", die sich seit den 1990er Jahren als kompetitive Literaturperformance zunehmender Beliebtheit erfreuen. Auch wenn hier sicherlich Analogien zum Sportsystem auf der einen und zu älteren Formen des "Künstlerwettstreits" und künstlerischer Wettbewerbe auf der anderen Seite vorliegen, geben massenmediale Vermittlung, "Eventisierung" und populärkulturelle Rahmung diesen Aufführungen eine eigene, neue Qualität. Zugleich ist ihre Beliebtheit nicht nur ein Beleg für den hohen Unterhaltungswert kompetitiver Inszenierungen, sondern auch ein Indiz für die breite kulturelle Akzeptanz des Konkurrierens.
Schließlich sei drittens die Them


Ralph Jessen ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität Köln.


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