Julmi | Atmosphären in Organisationen | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 372 Seiten

Julmi Atmosphären in Organisationen

Wie Gefühle das Zusammenleben in Organisationen beherrschen
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7597-9329-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie Gefühle das Zusammenleben in Organisationen beherrschen

E-Book, Deutsch, 372 Seiten

ISBN: 978-3-7597-9329-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das Zusammenleben in Organisationen wird wesentlich von Atmosphären beeinflusst. Ob die Atmosphäre einer Sitzung beispielsweise gespannt, locker oder bedrückt ist, wirkt sich entscheidend auf den Verlauf und das Ergebnis der Sitzung aus. Wer kein Gespür für die Atmosphäre in einer Gemeinschaft hat, wird sich nur schwer in ihr behaupten können. Trotz der hohen praktischen Relevanz von Atmosphären in Organisationen sind bislang keine Versuche unternommen worden, diese theoretisch zu erfassen und systematisch zu erforschen. Dies scheint neben der schwierigen Verortung des Atmosphärischen zwischen Subjekt und Objekt insbesondere an der für Organisationen konstitutiven Verflechtung von Atmosphäre und Situation zu liegen. Während sich beispielsweise die Architektur mit dem atmosphärischen Rahmen beschäftigt, innerhalb dessen sich Situationen abspielen, sind Organisationen selbst ein soziales Gebilde und fallen in diesem Sinne mit den Situationen ihrer Organisationsmitglieder zusammen. Organisationen bieten keinen Rahmen für das Zusammenleben, sie sind das Zusammenleben. Entsprechend können Atmosphären in Organisationen nicht als der Situation vorgängig oder sie unterlegend gedacht werden. Vor diesem Hintergrund betreibt das vorliegende Buch in erster Linie Grundlagenforschung und arbeitet von einer leibphänomenologischen Grundlage ausgehend die situativen Entwicklungsdynamiken und Erscheinungsweisen von Atmosphären in Organisationen heraus. Die vorliegende zweite Auflage enthält einen Briefwechsel zwischen Christian Julmi und Hermann Schmitz zum Thema Atmosphären in Organisationen, den beide im Anschluss an die erste Auflage führten.

Dr. Christian Julmi, 1978 in Ostfildern geboren, hat Wirtschaftsingenieurwesen sowie begleitend Angewandte Kulturwissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) studiert. Seine Promotion erfolgte 2015 zu dem Thema "Atmosphären in Organisationen" an der FernUniversität in Hagen, das er für Praktiker zusammen mit dem Philosophen Guido Rappe in dem Buch "Atmosphärische Führung" aufbereitet hat. Zudem hat er gemeinsam mit der Pädagogin Barbara Wolf 2020 den Sammelband "Die Macht der Atmosphären" herausgegeben, der zahlreiche Beiträge aus Wissenschaft und Praxis enthält. Hierunter befindet sich auch ein Gespräch, das er mit dem Philosophen Hermann Schmitz über Atmosphären in Kiel geführt hat. Im Jahr 2022 erfolgte an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der FernUniversität in Hagen die Habilitation und Verleihung der Lehrbefugnis für das Fachgebiet Betriebswirtschaftslehre. Im Sommersemester 2024 vertrat er die Professur für Arbeit, Personal und Organisation an der Universität Duisburg-Essen.

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1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
Atmosphären sind in Organisationen immer und überall präsent. Man verständigt sich über Atmosphären so mühelos wie über das Wetter, ganz gleich, ob es sich um die angespannte Atmosphäre einer Besprechung, die gemeinschaftliche Atmosphäre bei der Weihnachtsfeier oder die mitreißende Atmosphäre bei der Ansprache des neuen Geschäftsführers handelt. Atmosphären sind jedoch keinesfalls nur Schmuck- oder Beiwerk des organisationalen Zusammenlebens, über das man sich – wie über das Wetter – unterhält, wenn einem sonst nichts einfällt. Vielmehr sind Atmosphären für ein gelingendes organisationales Zusammenleben essenziell. Atmosphären bilden für das Verhalten der Organisationsmitglieder nicht nur einen Rahmen, sondern wirken in hohem Maße verhaltensbeeinflussend. Wer gut gelaunt und gelassen in eine aggressive und hitzige Atmosphäre hineingerät, kann sich von dieser anstecken lassen oder sich in seinem Tun merklich gehemmt oder gestört fühlen.1 Während die euphorische Atmosphäre zum Mitmachen einlädt, lässt eine bedrückte Atmosphäre spürbar alle Initiative erlahmen.2 Ob die Atmosphäre einer Sitzung gespannt, locker oder bedrückt ist, wirkt sich jeweils auf den Verlauf und das Ergebnis der Sitzung aus.3 Das Erfassen der vorherrschenden Atmosphäre gibt Aufschluss darüber, welches Verhalten angemessen ist und welches nicht.4 In Verhandlungen bedarf es eines atmosphärischen Gespürs dafür, worauf die Gegenseite wirklich hinaus will, etwas, das in der Regel gerade nicht aus dem tatsächlich Gesagten hervorgeht.5 Ein Vorgesetzter muss ein Gespür für die in seiner Belegschaft herrschende Atmosphäre besitzen, um erfolgreich führen zu können.6 Wer nicht ein gewisses Gespür oder Geschick im Umgang mit Atmosphären mitbringt, hat es schwer, sich im Alltag des organisationalen Zusammenlebens zu behaupten. Ein wesentliches Merkmal von Atmosphären besteht darin, dass diese nicht nur wahrgenommen, sondern durch den Wahrnehmenden gleichermaßen mitkonstituiert werden. Eine angespannte Atmosphäre kann in manchen Fällen dadurch aufgelockert werden, dass jemand einen Witz macht. Atmosphären können ebenso geschaffen wie zerstört werden, etwa wenn der ungeliebte Vorgesetzte in die gemeinschaftliche Atmosphäre seines Teams hineinplatzt und den Anwesenden das Wort sprichwörtlich im Halse stecken bleibt.7 Für Schöll kann eine schlechte oder vergiftete Atmosphäre bei den Betroffenen gar zu Leistungsverweigerung, Angst, fehlender Motivation oder innerer Kündigung führen, während eine positive Atmosphäre die Leistungsbereitschaft, Motivation und Arbeitszufriedenheit der Organisationsmitglieder steigern kann.8 Ob man so weit gehen muss, sei dahingestellt – dass das organisationale Zusammenleben aber wesentlich von Atmosphären beeinflusst wird und ohne Atmosphären eigentlich nicht gedacht werden kann, sollte durch die skizzierten Beispiele allerdings deutlich geworden sein. 1.2 Problemstellung und Zielsetzung
Trotz der hohen praktischen Relevanz von Atmosphären in Organisationen sind bislang keine Versuche unternommen worden, diese theoretisch zu erfassen und systematisch zu erforschen. Der Grund hierfür scheint in erster Linie darin zu liegen, dass in der Wissenschaft allgemein und in der Management- und Organisationsforschung (MOF) in der Regel eine strikte Trennung von Subjekt und Objekt unterstellt wird, sodass nur das erforscht werden kann, was entweder Subjekt oder Objekt ist, da sich beides gegenseitig ausschließt.9 Nun ist es jedoch gerade für Atmosphären konstitutiv, dass sie weder rein objektiv noch rein subjektiv verstanden werden können. Atmosphären sind nicht ausschließlich subjektiv, da sie in und an einer konkreten räumlichen Umgebung wahrgenommen und mit dieser identifiziert bzw. dieser zugeschrieben werden.10 Man kann sich einer Atmosphäre in vielen Fällen einfach dadurch entziehen, dass man den Raum verlässt. Atmosphären sind aber auch nicht ausschließlich objektiv, da sie ganzheitlich wahrgenommen werden und ebenso wenig auf ihre Einzelteile reduziert wie ohne einen Wahrnehmenden gedacht werden können. Damit sind sie weder (vollständig) quantifizierbar noch objektivierbar, denn beides bedarf einer Ablösung des Anschauungsobjektes von einer Gesamtheit und setzt entsprechend Teilbarkeit voraus.11 In einem naturwissenschaftlichen Sinne existieren Atmosphären nicht und können entsprechend auch nicht gemessen werden. Atmosphären werden zwar räumlich wahrgenommen, beziehen sich jedoch nicht auf einen naturwissenschaftlichen Raum, sondern auf einen Raum gespürter Anwesenheit, der sich mathematisch nicht fassen lässt. In diesem sind Atmosphären ganzheitlich und bedürfen entsprechend einer ganzheitlichen Betrachtungsweise, die sich nicht aus einzelnen Faktoren ableiten lässt.12 Im Gegenteil lassen sich nur durch die Betrachtung des Ganzen Muster erkennen sowie (falls vorhanden) die Beziehungen einzelner Elemente untereinander nachvollziehen.13 In der gespürten Anwesenheit nimmt man mit der Umgebung immer auch seine eigene körperliche Präsenz mit wahr, sodass das Medium der Wahrnehmung von Atmosphären der eigene Körper ist – aber nicht der objektiv messbare, sondern der subjektiv gespürte Körper, der von ersterem abgrenzend als Leib bezeichnet werden kann.14 Die Atmosphäre lässt jemanden am eigenen Leib spüren, wie ihm in seiner Umgebung zumute ist.15 Die Atmosphäre ist die gemeinsame Wirklichkeit des räumlich Wahrgenommenen und des leiblich Wahrnehmenden.16 Die Untersuchung eines Raumes, der im leiblichen Erleben fundiert ist, bedarf entsprechend einer phänomenologischen Vorgehensweise,17 die den Leib ins Zentrum ihrer Überlegungen rückt – denn ohne den Leib wäre für den Menschen kein Wiederfinden in seiner Umgebung möglich. Erst dieser verankert ihn in einer räumlichen Umgebung, die ihm atmosphärisch und damit ganzheitlich imponiert.18 Eine solche leibphänomenologisch fundierte Erforschung von Atmosphären lässt sich mittlerweile insbesondere (aber nicht nur) im Bereich der Architektur finden.19 Diese Arbeiten sind grundsätzlich für die Erforschung von Atmosphären in Organisationen relevant, da auch Organisationen in eine architektonische Umgebung eingebettet sind, deren Atmosphäre für eine Organisation charakteristisch sein kann. Zwischen der Erforschung von Atmosphären in der Architektur und in der Organisation besteht jedoch ein wesentlicher Unterschied. Zunächst gilt für beide, dass Atmosphären immer aus einer bestimmten Situation heraus wahrgenommen werden.20 Während sich jedoch die Architektur mit dem atmosphärischen Rahmen beschäftigt, innerhalb dessen sich Situationen abspielen,21 sind Organisationen selbst soziale Gebilde22 und fallen in diesem Sinne mit den Situationen ihrer Organisationsmitglieder zusammen. Die ursprünglichen Bestandteile der Lebenswelt in Organisationen sind Situationen, die ebenso Teil der Organisationsmitglieder wie des Zusammenlebens in der Organisation und damit der Organisation selbst sind.23 Organisationen bieten im Gegensatz zur Architektur keinen Rahmen für das Zusammenleben – sie sind das Zusammenleben. Entsprechend können Atmosphären in Organisationen nicht als der Situation vorgängig oder diese unterlegend gedacht werden. Ob die Atmosphäre in einer Organisation angespannt oder gelöst, ob sie von Vertrauen oder Misstrauen geprägt ist, hängt von der Situation ab, in der sich die Organisationsmitglieder befinden. Die Erforschung von Atmosphären in Organisationen ist daher immer auch eine Erforschung von Situationen. Durch diese Verflechtung von Atmosphäre und Situation kommt eine Komplexität ins Spiel, die über die genannte Problematik einer strikten Trennung von Subjekt und Objekt hinaus mitverantwortlich dafür sein dürfte, dass sich – etwa anders als in der Architektur und trotz der aufgezeigten praktischen Relevanz – bislang keine nennenswerten Versuche identifizieren lassen, Atmosphären in Organisationen theoretisch zu erforschen.24 Entsprechend fehlt es bereits an einem grundlegenden theoretischen Verständnis darüber, was Atmosphären in Organisationen sind, wie sie entstehen und wie sie sich adäquat beschreiben lassen. Vor diesem Hintergrund besteht das Ziel dieser Arbeit darin, auf Basis einer leibphänomenologischen Herangehensweise die Entwicklungsdynamiken und Erscheinungsweisen von Atmosphären in Organisationen insbesondere im Zusammenspiel mit den Situationen der Organisationsmitglieder herauszuarbeiten. 1.3 Aufbau der Arbeit
In Kapitel 2 erfolgt zunächst eine allgemeine und vom...



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