E-Book, Deutsch, Band 136, 64 Seiten
Reihe: Silvia-Gold
Kleve Silvia-Gold 136
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7517-1360-3
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Tausend Schmetterlinge
E-Book, Deutsch, Band 136, 64 Seiten
Reihe: Silvia-Gold
ISBN: 978-3-7517-1360-3
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Über den großen Raum hinweg sehen sie sich an, und es ist Vicky, als müsste sie in dem silberhellen Grau der Augen des Mannes hinter dem Schreibtisch versinken. Tausende Schmetterlinge scheinen in ihrem Bauch zu tanzen, und sie spürt plötzlich eine nie gekannte Leichtigkeit in sich.
Ist sie das, die Liebe? Dann, so sagt sich Vicky, heißt es aufpassen, denn wenn sie eins nicht will, dann ist es, als Nur-Ehefrau irgendwo in einem Reihenhaus »abgesetzt« zu werden. Ganz fest panzert die erfolgreiche Fotografin sich gegen ihre Gefühle für Michael Berning ab. Doch ist er der Mann, der sich von einem einmal gesteckten Ziel abbringen lässt?
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Tausend Schmetterlinge
Achtung, diese Liebe macht leichtsinnig!
Von Martina v. Kleve
Über den großen Raum hinweg sehen sie sich an, und es ist Vicky, als müsste sie in dem silberhellen Grau der Augen des Mannes hinter dem Schreibtisch versinken. Tausend Schmetterlinge scheinen in ihrem Bauch zu tanzen, und sie spürt plötzlich eine nie gekannte Leichtigkeit in sich.
Ist sie das, die Liebe? Dann, so sagt sich Vicky, heißt es aufpassen, denn wenn sie eins nicht will, dann ist es, als Nur-Ehefrau irgendwo in einem Reihenhaus »abgesetzt« zu werden. Ganz fest panzert die erfolgreiche Fotografin sich gegen ihre Gefühle für Michael Berning ab. Doch ob er der Mann ist, der sich von einem einmal gesteckten Ziel abbringen lässt?
Leise vor sich hin summend, breitete Vicky die glänzenden Farbabzüge um sich herum auf dem Parkettboden aus. Zufrieden wanderte ihr Blick von einem Foto zum anderen. Alle waren gut, besser ging es nicht, und ihr Auftraggeber, ein Reisemagazin, würde hundertprozentig zufrieden sein.
Erst in der vergangenen Nacht war Vicky aus Finnland zurückgekommen, wo sie Aufnahmen der wunderbaren Landschaft für einen demnächst erscheinenden Artikel gemacht hatte. Sie war so gespannt auf das Ergebnis ihrer eigenen Arbeit gewesen, dass sie nach nur wenigen Stunden Schlaf mit der Bearbeitung der Fotos auf dem Computer begonnen hatte. Dann hatte sie die schönsten Motive ausgedruckt. Nun saß sie auf dem Parkett ihres Wohnzimmers inmitten der Aufnahmen und träumte.
Erschrocken fuhr Vicky zusammen, als das Telefon schellte.
»Viktoria Lessing«, meldete sie sich.
»Hallo, Vicky. Hier ist Max. Seit wann bist du wieder im Lande?«
»Hey, Max. Du hast mich aus meinen schönsten Träumen geholt.«
»Hast du etwa noch geschlafen? Du, es ist elf Uhr vormittags.«
»Ich bin erst heute Nacht zurückgekommen. Außerdem habe ich nicht geschlafen, sondern mit offenen Augen von Finnland geträumt.«
»Sag bloß, es gibt da etwas in dem Land, von dem man träumen kann?«
Das war mal wieder typisch Max!
Ärgerlich schüttelte sie den Kopf.
»Was soll das? Jedenfalls gibt es in Finnland mehr Gründe zu träumen als in deinem Krankenhaus.«
»Sag das nicht.« Dr. Max Forst war Arzt und von seinem Beruf überzeugt.
»Tja. Wahrscheinlich haben ein gebrochenes Bein oder eine Blinddarmentzündung auch ihren Reiz ... Max, was willst du?«
»Ich habe heute frei, und da wollte ich dich fragen, ob ich auf eine Tasse Kaffee vorbeikommen kann.«
»Das geht heute Vormittag nicht. Ich habe eine Menge zu tun. Mein Auftraggeber soll heute noch die Fotos bekommen.«
»Aber du bist doch erst gerade wiedergekommen. Das kann er doch nicht verlangen.« Verzweifelt versuchte Max, sie zu einem Kaffee-Date zu überreden.
»Das verlangt er auch nicht. Ich möchte nur, dass er sie heute noch bekommt, damit er sieht, wie schnell und zuverlässig ich arbeite.«
»Ach, komm schon, es reicht doch, wenn du sie ihm erst morgen früh schickst.«
»Morgen bin ich nicht mehr hier. Ich fahre nach Stuttgart. Das weißt du doch.«
»Ach ja, deine Brauerei. Hast du den Auftrag?«
»Noch nicht fix, deshalb fahre ich ja. Aber ich hoffe, dass ich ihn bekommen werde.«
»Ich sehe schon, du bist beschäftigter als ich. Gut, dass ich kein Fotograf geworden bin. Wir sehen uns dann heute Abend, ja? Ich koche uns etwas Gutes. Kommst du?«
Vicky musste über seine Hartnäckigkeit schmunzeln.
»In Ordnung. Ich bin um sieben bei dir«, gab sie nach und legte auf, ehe er ihr noch mehr Zugeständnisse abhandeln konnte.
Sofort war sie mit ihren Gedanken wieder bei ihrer Arbeit. Die Auswahl der Fotos war schwierig. Sie wollte ihrem Auftraggeber natürlich nur die besten präsentieren, aber sie wusste nicht genau, welchen Schwerpunkt der Artikel haben würde.
Nach einigem Überlegen entschloss sich Vicky, ihm alle Aufnahmen zu schicken. Sollte er eben alle haben. So konnte sie nichts falsch machen, und der Redakteur würde mit Sicherheit zufrieden sein.
Den Rest des Vormittags verbrachte Vicky damit, die Fotos zu bearbeiten, abzuspeichern und zu verschicken. Dann ging sie einkaufen und bereitete sich auf die Besprechung für den nächsten Tag vor. Sie musste den Auftrag unbedingt bekommen, denn ein anderer war nicht in Sicht.
Vicky hatte sich erst vor knapp einem Jahr als Fotografin selbstständig gemacht. Ihre Etagenwohnung war groß genug, dass sie sich in einem Raum ein eigenes Fotoatelier hatte einrichten können, um ihre Bilder auszustellen.
Es war ihr recht schnell gelungen, in der Branche Fuß zu fassen, denn sie war eine wirklich gute Fotografin, doch es war schwierig, gute Aufträge in ununterbrochener Reihenfolge zu bekommen. Es gab immer wieder Lücken von ein oder zwei Wochen, in denen sie nichts zu tun hatte, und das war ärgerlich.
Dennoch – ihr Name sprach sich allmählich herum, denn ihr unkonventioneller Stil war besonders für die Werbung geeignet. Darauf setzte sie auch. Sie wünschte nichts sehnlicher, als angesehen und erfolgreich zu werden, um sich ihre Aufträge aussuchen zu können.
Ein Leben, wie ihre Mutter es geführt hatte, kam für sie nicht infrage. Sie wollte nicht finanziell von einem Ehemann abhängig sein, ihr ganzes Leben in einem spießigen Reihenhaus verbringen und darauf warten, dass Mann und Kinder endlich nach Hause kamen. Sie wollte für sich selbst sorgen können. Und nun war sie auf dem besten Wege dahin.
Diese Gedanken wanderten Vicky durch den Kopf, als sie ihre Wohnungstür aufschloss, bepackt mit Tüten voller Einkäufe. In dem Moment, als sie die Tür mit dem Fuß zustieß, klingelte das Telefon.
»Ach, sind Sie endlich einmal zu erreichen«, blaffte eine Männerstimme am anderen Ende der Leitung, als sie sich meldete.
Verwirrt strich sich Vicky über die Stirn. »Wer ist denn da?«
»Mein Name ist Berning. Michael Berning. Ich versuche schon seit drei Tagen, Sie zu erreichen.«
»Das tut mir leid. Ich war verreist. Warum haben Sie denn nicht auf die Mailbox gesprochen?«
»Weil ich Sie persönlich sprechen muss. Ich habe einen Auftrag für Sie. Sie sind doch interessiert?«
Das klang schon viel freundlicher. Vicky glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen.
»Natürlich bin ich interessiert, das heißt, vielleicht erzählen Sie mir erst einmal, um was es geht.«
»Nicht am Telefon. Ich möchte die Sache unter vier Augen mit Ihnen besprechen. Haben Sie morgen Zeit?«
»Nein, das tut mir leid. Morgen geht es nicht. Aber vielleicht übermorgen?«
»Einverstanden. Dann also übermorgen um zehn Uhr. Am besten, Sie kommen zu mir ins Büro.« Sein Ton war inzwischen liebenswürdig geschäftsmäßig. Eine ausgesprochen sympathische Stimme, dachte Vicky.
»Gut. Ich komme zu Ihnen ins Büro. Vielleicht könnten Sie mir noch Ihre Adresse geben.«
»Ich dachte, die kennen Sie. Unser Büro liegt direkt an der Berliner Straße. Das Firmenschild ist eigentlich nicht zu übersehen.«
In diesem Moment fiel es Vicky wie Schuppen von den Augen. Sie sprach mit dem Inhaber der Werbeagentur Berning, der renommiertesten und erfolgreichsten Werbeagentur weit und breit. Einen Moment wurde ihr fast schwindelig.
»Hallo«, tönte es ungeduldig aus dem Hörer, »sind Sie noch dran?«
»Ja, natürlich. Vielen Dank für Ihren Anruf. Bis übermorgen also.«
Vorsichtig, als wäre es zerbrechlich, legte sie das Telefon aufs Sideboard. Sie konnte es immer noch nicht glauben, dass Michael Berning, derzeit erfolgreichster Werbemanager, ihr einen Auftrag geben wollte.
Kopfschüttelnd brachte sie ihre Einkäufe in die Küche. Sie musste sich jetzt beeilen, denn es war fast sieben, und Max legte größten Wert auf Pünktlichkeit. Wenn sie ihn warten ließ, konnte er ungenießbar werden.
???
Max hatte noch die Schürze umgebunden und einen Löffel in der Hand, als er die Tür öffnete. Lachend gab Vicky ihm einen Kuss auf die Wange.
»Max, so habe ich dich ja noch nie gesehen. Steht dir ausnehmend gut!«
Stolz warf er sich in die Brust. »Weil du sonst immer zu spät kommst. Aber vielleicht kann ich dir das ja noch abgewöhnen.«
»Du hast das Essen also noch nicht fertig?«
»Doch, gerade eben. Der Tisch ist auch schon gedeckt.« Er wies mit seiner freien Hand ins Wohnzimmer. »Bitte, nimm Platz.«
Vicky setzte sich gehorsam an den liebevoll gedeckten Tisch und sah ihm nach, als er in der Küche verschwand. Nur wenige Minuten später trug er ein mit Schüsseln und Platten beladenes Tablett herein. Die Schürze hatte er abgelegt und seine Brille wieder fein säuberlich poliert. Die Haare waren sorgfältig gekämmt. So kannte Vicky ihn nun schon seit zwei Jahren.
Schnell stand sie auf, um ihm dabei zu helfen, die Schüsseln auf den Tisch zu stellen.
»Ich hoffe, ich habe deinen...




