E-Book, Deutsch, 384 Seiten
Reihe: Fallbuch
Kreckmann Fallbuch Pädiatrie
3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2023
ISBN: 978-3-13-244460-7
Verlag: Thieme
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
88 Fälle aktiv bearbeiten
E-Book, Deutsch, 384 Seiten
Reihe: Fallbuch
ISBN: 978-3-13-244460-7
Verlag: Thieme
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Schluss mit der Theorie. Hier wird der Klinikalltag lebendig!
Reines Lehrbuchwissen reicht für eine mündliche oder praktische Prüfung meist nicht aus. Gefragt ist hier fall- und problemorientiertes Vorgehen - wie in der Praxis. Mit dem Fallbuch Pädiatrie lernst und trainierst du die ärztliche Vorgehensweise am konkreten Patientenbeispiel. Die 88 Fälle decken das gesamte Spektrum der Pädiatrie ab, so dass du die wichtigsten Krankheitsbilder des Fachgebiets rekapitulierst. Mit den ausführlichen Kommentaren zu den einzelnen Fragen kannst du dein Wissen überprüfen und vertiefen. So gehst du gut vorbereitet und sicher in jede Prüfung.
Neu in der 3. Auflage:
- 3 neue klinische Fälle mit Kommentaren
- Neues, modernes Layout sowie komplette Aktualisierung der Inhalte
Gut zu wissen: Der Buchinhalt steht dir ohne weitere Kosten digital in unserem Lernportal via medici und in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App hast du viele Inhalte auch offline immer griffbereit.
Zielgruppe
Ärzte
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1 6-jähriger Junge mit hohem Fieber, Erbrechen und Kopfschmerzen [Meningitis]
Eine Mutter stellt Ihnen ihren 6-jährigen Sohn in der Notfallambulanz vor, weil er seit dem Vortag plötzlich Fieber zwischen 39 und 40 °C habe, welches sich nicht mit Wadenwickeln und Paracetamol habe senken lassen. Der Junge klage über starke Kopf- und Nackenschmerzen und habe bereits mehrfach erbrochen.
1.1 Worauf achten Sie besonders bei der klinischen Untersuchung zur Abklärung des hohen Fiebers, der Kopf- und Nackenschmerzen und des Erbrechens?
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Fieber: Allgemeinzustand beurteilen (Hinweise auf akute schwere Infektion, Sepsis, Dyspnoe), Puls und Blutdruck (Schock), Haut (Turgor, Kolorit, Temperatur, Rekapillarisierungszeit, Marmorierung, Effloreszenzen, Petechien), Lymphknoten (vergrößert, druckdolent), Inspektion des Rachens (Rötung, Enanthem, Beläge, Tonsillenschwellung, Schleimstraße), Inspektion der Gehörgänge und Trommelfelle (Rötung, Gefäßinjektion, Vorwölbung, Retraktion, Tragusschmerz, Sekret), Thorax (Anhalt für Bronchopneumonie, z. B. Dyspnoe, Tachypnoe, Husten, feuchte Rasselgeräusche), Herz (Anhalt für Endokarditis, z. B. pathologische Geräusche), Abdomen (Druckschmerz, [schmerzhafte] Resistenzen, Nierenlagerklopfschmerz, Peritonismus, Organvergrößerungen, Darmgeräusche), Gelenke (Bewegungseinschränkung, Schwellung, Rötung)
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Kopf- und Nackenschmerzen: Inspektion (Kopfhaltung, Beweglichkeit, Schonhaltung, Lymphknotenschwellungen, Prellmarken, Pupillen), Druckschmerz (Mastoid bei V.a. Mastoiditis, Nervenaustrittpunkte des N. trigeminus bei V.a. Sinusitis, Muskelverspannungen), Klopfschmerz, Vorwölbungen, Stufen bzw. Eindellungen der Kalotte (Hämatom, Trauma), Meningismus-Prüfung (Brudzinski-Zeichen, Kernig-Zeichen, Lasègue-Zeichen, Nackensteifigkeit)
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Erbrechen: Qualität des Erbrochenen (Blut-/Schleim-/Gallebeimengungen), Abdomen (Druckschmerz, Resistenzen, Darmperistaltik), Hirndruckzeichen (Meningismus, Vigilanz, Pupillendifferenz, Pupillenreaktion auf Licht), Anzeichen für Dehydratation (Hautturgor, Feuchte der Schleimhäute, halonierte Augen, Lidschlagfrequenz), Azetongeruch in der Ausatemluft (Hinweis auf azetonämisches Erbrechen als Differenzialdiagnose des Erbrechens: schlanke Kinder neigen bei Infekten [u. a. durch schlechtes Ess- und Trinkverhalten] zur Ketonkörperbildung [„Hungerstoffwechsel”]. Die Acetonämie löst Erbrechen [„Azetonämisches Erbrechen”] aus. Aceton kann man in der Ausatemluft riechen und im Urin nachweisen.)
Bei der klinischen Untersuchung fällt Ihnen u. a. folgender Befund auf (s. ? Abb. 1.1).
Abb. 1.1
1.2 Interpretieren Sie den Befund! Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie, welche Differenzialdiagnosen kommen in Betracht?
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In der Abbildung ist eine Überprüfung des Meningismus (Brudzinski-Zeichen) dargestellt. Hierbei wird der Kopf passiv nach vorn gebeugt, bei meningitischer Reizung kommt es schmerzreflektorisch (Meningen werden sensibel innerviert) zu einer Flexion in den Hüft- und Kniegelenken (positives Brudzinski-Zeichen, s. ? Abb. 1.1 Fallbeispiel). Hohes Fieber, Erbrechen, Kopf- und Nackenschmerzen sowie das positive Brudzinski-Zeichen legen die Verdachtsdiagnose Meningitis nahe.
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Differenzialdiagnosen: Enzephalitis; meningeale Reizung, z. B. bei benachbarten Infektionen (Otitis media, Sinusitis, Mastoiditis) oder Sonnenstich; intrakranielle Blutung; intrazerebrale Raumforderung.
1.3 Welche Untersuchungen führen Sie durch, um die Diagnose zu sichern?
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ggf. kraniales CT oder MRT bei Hinweisen auf erhöhten Hirndruck wie fokale neurologische Defizite, Krampfanfall, Bewusstseinstrübung, weite lichtstarre Pupillen, Lähmungen des III./VI. Hirnnerven, Hemiparese, pathologische Atmung, z. B. Apnoephasen oder Cheyne-Stokes-Atmung ? Erhöhter Hirndruck kann während der Punktion zur Einklemmung der Kleinhirntonsillen und der Medulla oblongata im Foramen magnum mit lebensbedrohlicher Störung der Vitalfunktionen führen.
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Lumbalpunktion: wichtigste diagnostische Maßnahme; keine Durchführung bei erhöhtem Hirndruck, Blutgerinnungsstörung (Thrombopenie < 50000/µl, Quick < 50%, INR < 1,8, deutlich pathologische PTT), kardiovaskulärer Instabilität! Zur Technik der Punktion s. Kommentar. Typische Befunde s. Antwort zur Frage 1.5.
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Liquordiagnostik:
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Beurteilung des Aspekts: Farbe (z. B. eitrig bei bakterieller Infektion, Blutbeimengung [z. B. artefiziell, Z.n. Hirnblutung ? Dreigläserprobe zur Differenzierung]), Trübung (bakterielle Infektion, Proteinerhöhung), Gerinnsel (bei Z.n. Hirnblutung), Färbung (z. B. xanthochrom bei Z.n. Hirnblutung)
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Bestimmung der Zellzahl
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Liquorzytologie: mikroskopische Untersuchung des Liquors, bei V.a. bakterielle Meningitis Gram-Färbung zur Differenzierung des Erregers
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Pandy-Test: qualitativer Nachweis von Eiweiß im Liquor
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Bestimmung von Liquorzucker (Liquorglukose/Blutglukose-Relation [Normwert > 0,5]), Elektrolyten, Laktat (Normwert bis 1,9 mmol/l)
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Anlage einer Liquorkultur: Erregerdiagnostik, Antibiogramm
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Labor: Blutbild (Leukozytose mit Linksverschiebung bei bakterieller Infektion; Leukozytopenie mit Lymphozytose bei viraler Infektion), Entzündungsparameter (CRP, BSG bei bakterieller Infektion erhöht), Blutzucker, Elektrolyte, Blutgerinnung, Blutkultur (Nachweis bakterieller Erreger), Virusserologie.
1.4 Nennen Sie die verschiedenen Formen der Erkrankung und deren Ursachen!
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eitrige (bakterielle) Meningitis (Meningitis purulenta):
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Neugeborene: B-Streptokokken, E.coli, selten Listerien
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Säuglinge und Kleinkinder: Meningokokken, Pneumokokken, Haemophilus influenzae
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Schulkinder, Jugendliche: Meningokokken, Pneumokokken
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seröse (abakterielle) Meningitis (Meningitis serosa):
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Viren: häufig Echo- und Coxsackieviren (Enteroviren); selten Mumps-, FSME-, Adeno-, Polioviren u. a.
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Bakterien: Borrelia burgdorferi, Mykobakterium tuberculosis
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Pilze, Protozoen
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Arzneimittelnebenwirkungen, wie z. B. nichtsteroidale Antiphlogistika, Kontrastmittel, verschiedene Antibiotika
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sekundäre Meningitis: bei fortgeleiteter eitriger Sinusitis, Otitis, Mastoiditis, Liquorfisteln nach Schädel-Hirn-Trauma, Hirnabszess; verschiedene Erreger.
1.5 Nennen Sie typische Liquorbefunde zur Unterscheidung der verschiedenen Formen!
s. ? Tab. 1.1
Tab. 1.1 Typische Liquorbefunde bei bakterieller und seröser Meningitis bakterielle Meningitis | seröse Meningitis |
Aussehen | eitrig-trüb | klar |
Zellzahl | meist > 1000/µl, v. a. neutrophile Granulozyten | meist < 1000/µl, v. a. mononukleäre Zellen (Lymphozyten) |
Eiweiß | ? > 1 g/l (Pandy-Test positiv) | ... |