Kruse | Tod in der Gustavstraße | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

Kruse Tod in der Gustavstraße

12 fränkische Kurzkrimis
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7472-0211-1
Verlag: ars vivendi
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

12 fränkische Kurzkrimis

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

ISBN: 978-3-7472-0211-1
Verlag: ars vivendi
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dirk Kruse ist ein echter Klassiker des fränkischen Krimis, und seine drei Romane um den Gentleman-Detektiv Frank Beaufort gehören zu den beliebtesten und bis heute meistverkauften Frankenkrimis aller Zeiten. Nun erscheint erstmals eine Sammlung seiner Kurzkrimis, darunter die extra für diesen Band geschriebene Geschichte "Tod in der Gustavstraße", in der sich der Wahlfürther der gefährlichen Seite der beliebten Kneipenmeile widmet. Doch auch sonst ist viel geboten in den Kurzkrimis: so wird u. a. das "Verdi-Komplott" aufgedeckt, die "Beichte eines Mörders" abgenommen, der "Gänsemord in Ochsenschenkel" genauer untersucht, der "Fall des Faktotums" gelöst und das "Kalte Herz" zum Schlagen gebracht. 12 originelle, spannende und augenzwinkernde Kurzkrimis von einem Meister seines Fachs!

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  Tod in der Gustavstraße »Jetzt schau dir diese Flitzpiepen an.« Frank Beaufort schüttelte ungläubig den Kopf. Zur ersten Anti-Corona-Demonstration auf der Fürther Freiheit hatte sich eine bunte Allianz aus Müttern mit Kinderwägen, Rockern in Lederkutten, Rentnern in Beige, Hipstern mit weißen Sneakers, Männern im Armylook, Familien mit Kindern und jungen Männern und Frauen in schwarzen Kapuzenpullis versammelt. Ein Teil der Demonstranten skandierte Parolen wie »Freiheit! Freiheit!« oder »Wir sind das Volk!«. »Als würden wir hier in einer Gesundheitsdiktatur leben«, echauffierte sich Beaufort. »Na ja, der Shutdown hat die größte Freiheitseinschränkung in Friedenszeiten mit sich gebracht. Da sollte man schon wachsam sein und darf auch für seine Grundrechte demonstrieren, finde ich.« Anne Kamlin hielt ihr BR-­Mikrofon in die Höhe und nahm die Rufe der Demonstranten auf. »Aber doch nicht so! Schau dir mal diese beiden da an mit dem Judenstern auf der Brust. Das ist absolut geschmacklos.« Anne und Beaufort standen vor einer Buchhandlung am Rand der Demonstration. Einige Schaulustige hatten sich an diesem späten Freitagnachmittag ebenfalls eingefunden, dazu etliche Streifenpolizisten. Die Sondereinheiten warteten ruhig im Hintergrund bei mehreren Transportern. Nur wenige Demonstranten trugen Mundschutz. Und die meisten scherten sich kaum um das Abstandsgebot von mindestens eineinhalb Metern. Die seit Wochen geltenden Richtlinien, die die Ansteckung mit dem Virus verhindern sollten, wurden hier von vielen demonstrativ missachtet. Doch die Polizisten ließen sich nicht provozieren und griffen vorerst nicht ein. »Da hast du recht«, gab Anne zu, »das geht gar nicht. Und es ist auch eine höchst fragwürdige Mischung an Demonstranten. Da muss man sich nur die Transparente und Klamotten anschauen: Verschwörungstheoretiker, Autonome, Pegida-Anhänger, Impfgegner und nicht wenige Neonazis. Die Normalos sind eindeutig in der Minderheit.« »Wo siehst du denn Neonazis? Ich habe noch keine Glatzen in Springerstiefeln entdeckt.« »Das war gestern, Frank. Auch Rechtsradikale gehen mit der Mode und stellen ihre Gesinnung nicht mehr so martialisch zur Schau. Siehst du die Typen dahinten? Die mit den Sonnenbrillen und den schwarzen Kapuzen über ihren Basecaps? Das sind Neonazis.« »Wirklich? Das könnten auch Linksautonome sein.« »Nicht mit diesen fremdenfeindlichen und nationalistischen Transparenten. Außerdem steht dieser ältere Typ in Anzug und Krawatte bei ihnen. Das ist ein frankenweit bekannter Holocaustleugner. Über den haben wir schon mehrmals berichtet.« »Komisch eigentlich, dass die den Mundschutz ablehnen. Das müsste denen doch von der Vermummung her entgegenkommen.« Beaufort grinste. »Kennst du noch mehr von den Demonstranten?« Anne ließ ihren Blick schweifen und blieb am linken Rand bei einem älteren Mann mit blauem Blouson und schütterem Haarkranz hängen. »Allerdings. Da steht der wohl meistgehasste Mann Fürths: Gerhard Schönlein.« Beaufort zuckte die Schultern. »Sagt mir gar nichts.« »Das ist der Typ, der ein Haus in der Gustavstraße hat und die Stadt und die Wirte seit Jahren verklagt, weil es ihm da zu laut ist. Berufung, einstweilige Verfügung, neue Klage. Eine unendliche Geschichte. Der Typ nervt wahnsinnig. Die halbe Stadt würde den am liebsten auf den Mond schießen.« »Ach, der ist das. Ich habe mich schon immer gefragt, was einen ruhebedürftigen Menschen dazu bringt, sich ausgerechnet in der Kneipen- und Partymeile ein Haus zu kaufen. Warum zieht der nicht einfach wieder weg?« »Ist er doch schon längst. Aber Schönlein klagt trotzdem weiter. Aus Sturheit. Denn das Haus gehört ihm ja noch. Das hat er vermietet. Sein Anwalt müsste man sein. Da hätte man finanziell ausgesorgt.« »Na, dann passt er doch gut zu den Verschwörungstheoretikern hier. Von denen haben ja manche ein ähnlich narzisstisches Sendungsbewusstsein.« »Weißt du was? Ich will für meinen Radiobeitrag sowieso noch ein paar Interviews mit den Demonstranten führen. Und mit Schönlein fange ich gleich mal an.« Anne holte einen Mundschutz aus ihrer Tasche, setzte ihn auf und stiefelte los. Beaufort zog seinen ebenfalls aus der Jacketttasche und folgte ihr. Zwei Meter vor Gerhard Schönlein blieb sie stehen, grüßte freundlich und schob ihm das an einer Stange montierte Mikrofon unter die Nase. Der Windschutz war wegen der Keime mit Frischhaltefolie umwickelt. »Ich bin Anne Kamlin vom Bayerischen Rundfunk. Darf ich Sie was fragen? Wogegen demonstrieren Sie hier?«
Schönlein schaute sie verächtlich an. »Ich rede nicht mit der Lügenpresse. Und jetzt verschwinden Sie wieder.« Beifall von den umstehenden Demonstranten brandete auf. »Warum sollte ich? Sie nehmen hier Ihr Grundrecht der Demonstrationsfreiheit wahr und ich mein Grundrecht der Pressefreiheit.« »Pressefreiheit. Dass ich nicht lache. Ihr Öffentlich-Rechtlichen berichtet doch nicht frei. Ihr seid doch alle von der Regierung gesteuert und steckt mit denen da oben unter einer Decke.« Noch mehr Applaus, Schulterklopfen für Schönlein und laute Rufe wie »Genau«, »Lügenpresse« oder »Zeig es der Tussi«. Beaufort fand, dass die Stimmung bedrohlich kippte. Aber Anne blieb unerschütterlich. »Sie wissen genau, dass das eine Lüge ist. Sie sind doch nur sauer, weil Sie so unbeliebt sind, und geben den Medien die Schuld daran.« »Pressespitzel«, zischte Schönlein. »Schau an. Eine Beleidigung direkt in mein Mikrofon? Das dürfte teuer für Sie werden, wenn ich so klagewütig sein sollte wie Sie.« Annes Ton war sarkastisch. Sie wandte sich laut an die Umstehenden. »Wissen Sie eigentlich, mit wem Sie da gemeinsam demonstrieren? Das ist der Mann, der Ihnen die Kneipen in der Gustavstraße madig macht, weil er dauernd wegen des Lärms dort klagt. Seinetwegen musste die Sperrstunde vorverlegt werden.« Plötzlich wandte sich der Unmut der Menge gegen Schönlein. Einige Fußballfans unter den Demonstranten bedrängten ihn. Es war Usus bei vielen Anhängern von Greuther Fürth, nach den Heimspielen Triumph oder Niederlage in der Gustavstraße zu begießen. Beaufort zog Anne aus der Gefahrenzone. In etlichen Metern Abstand beobachteten sie, wie Schönlein vor den wütenden jungen Männern Reißaus nahm und sich in Richtung Fußgängerzone trollte. Eine Polizeistreife griff deeskalierend ein und beruhigte die Männer wieder. Ganz in der Nähe bemerkten Anne und Beaufort dann, wie der Holocaustleugner auf den Flüchtenden zeigte und einem jungen Mann in Kapuzenjacke etwas zuflüsterte. Der löste sich aus der Gruppe der Demonstranten und folgte Schönlein in weitem Abstand. Beaufort streichelte Anne die Schulter. »Sag mal, solltest du nicht eigentlich nur still beobachten und berichten und nicht gleich den ganzen Laden hier aufmischen?«, sagte er augenzwinkernd. Anne pustete sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ja, sollte ich. Aber ich kann diesen Lügenpresse-Scheiß einfach nicht mehr hören.« Sie war immer noch sauer. »Mir hat noch nie einer meiner Chefs vorgeschrieben, wie ich über etwas zu berichten habe. Ich versuche immer, mir ein objektives Bild zu machen und mehrere Quellen zu konsultieren. Früher haben die Leute das honoriert. Aber heute schreien die gleich Lügenpresse, wenn du bei deinen Recherchen zu anderen Ergebnissen kommst als sie oder gar unterschiedliche Ansichten zu Wort kommen lässt. Ist doch wahr.« »Du hast doch hier nicht ernsthaft Fans der ausgewogenen Berichterstattung erwartet?« Anne verzog das Gesicht. »Ich versuche trotzdem noch ein paar Demonstranten zu interviewen. Vielleicht kommt ja etwas dabei heraus. Und ich brauche noch einen O-Ton vom Polizeisprecher. Das sind ja doch deutlich mehr als die achtzig angemeldeten Teilnehmer.« »Definitiv.« Beaufort teilte den Platz im Geiste in Planquadrate ein, zählte und multiplizierte. »Ich schätze, das sind über zweihundert.« »Wohl eher dreihundert.« Anne deutete auf einen Einsatzwagen, der etwas zurückgesetzt zwischen einer Pizzeria und einem Kaufhaus parkte. »Das scheint die Einsatzleitung der Polizei zu sein. Kommst du mit?« »Also, mein Informationsbedarf ist gedeckt. So langsam bekomme ich Hunger. Zu blöd, dass die Straßencafés noch nicht wieder öffnen dürfen.« »Hol dir doch ein Teilchen beim Bäcker. Ich bin hier noch etwa zwei Stunden beschäftigt. Wenn ich meine Interviews im Kasten habe, setze ich mich ins Auto, schreibe die Meldung und schneide O-Töne auf dem Laptop.« Er rümpfte die Nase. »Weißt du, was ich bei diesem Shutdown am meisten vermisse? Ein gutes Essen im Restaurant.« Anne lächelte. »Dem Manne kann geholfen werden.« »Und wie willst du das anstellen?« »Habe ich dir schon von meinem guten alten Kumpel René erzählt?« »Ich weiß nicht, ob ich überhaupt alle Männergeschichten deiner dunklen Vergangenheit kennen will.« »Ich sagte Kumpel und nicht Lover. René betreibt ein Bistro in der Gustavstraße, kocht auch momentan trotz allem jeden Abend und organisiert für die Stammkunden einen Straßenverkauf. Für seine Tapas ist er berühmt.« »Essen zum Mitnehmen ist aber noch kein Restaurantbesuch«, wandte Beaufort enttäuscht ein. »Jetzt wart’s doch mal ab. Treffen zu dritt sind seit dieser Woche ja wieder gestattet. Besuchen wir ihn doch einfach. Ich bin mir sicher, er wird uns nicht verhungern lassen. So ist das...


Dirk Kruse lebt als Journalist und Autor in Fürth. Literarische Bekanntheit erlangte er mit seinen Kriminalromanen um den Gentlemandetektiv Frank Beaufort.



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