Diskurslagen in der österreichischen Literatur 1918 - 1933/38
Buch, Deutsch, 495 Seiten, PB, Format (B × H): 145 mm x 205 mm, Gewicht: 697 g
ISBN: 978-3-89528-837-1
Verlag: Aisthesis
Wird die österreichische Zwischenkriegszeit 1918-1933/38 literarhistorisch und ästhetisch meist noch immer im Schatten der Wiener Moderne rezipiert und verrechnet, so soll der vorliegende Band Texte und kulturelle Phänomene in den Vordergrund rücken, die einerseits die radikale Deregulierung der Lebensverhältnisse seit 1918 in Österreich begleitet, andererseits zeitaktuelle Entwicklungen im Alltag kommentiert haben. Zur Diskussion steht neben dem üblichen Forschungskonsens – Wien bilanziert die Epoche, Berlin erfasst die Gegenwart – dabei die Frage, inwieweit diese Dialektik aus Krisen-, Umbruchs- und Aufbruchserfahrungen auch in Österreich einen neusachlichen Habitus vorbereitet hat. Unter anderem werden einige kennzeichnende, parallel zu Berlin, aber auch zum ‚Roten Wien‘ situierte kulturell-habituelle Diskurse im Feld des literarischen Feuilletons (Amerika, Ehe-Debatten, Geschlechterverhältnisse, Freizeit, Kleidung, Sport, Reklame) oder Aspekte der medialen Entwicklungen (Radio, Film, Kommunikationstechnologien und Literatur) in den 21 Beiträgen in den Blick genommen und analysiert. Neben Autoren wie H. Bahr, R. Musil, A. Polgar, J. Roth, A. Schnitzler kommt dabei diskursprägenden zeitgenössischen Stimmen wie E. v. Allesch, H. Bettauer, E. Fischer, O.M. Fontana, A. Höllriegel, G. Kaus, M. Karlweiß, A.T. Leitich, F. Rosenfeld u.a. verstärktes Augenmerk zu.
Zielgruppe
Literaturwissenschaftler, Kulturwissenschaftler, Historiker
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Primus-Heinz Kucher, Julia Bertschik: Baustelle/Laboratorium Kultur. Einleitende Überlegungen
I. Potenziale und Diskurse
Sabina Becker (Freiburg): Topographien der Moderne: Wien und Berlin in den zwanziger Jahren
Bettina Rabelhofer (Graz): „I am a scientist by necessity and not by vocation. I am really by nature an artist.“ Intime Beziehungen zwischen Literatur und Psychoanalyse
II. Umbruch-Aufbruch 1918-1920
Wolfgang Straub (Wien): Auch an Revolutionstagen elegant: November 1918 – ein Narrativ der Zwischenkriegszeit
Sabine Zelger (Wien): Verwaltung des Elends. Über die politische Widerständigkeit österreichischer Literatur der 1920er Jahre
Gabriella Pelloni (Padova/Berlin): Spazieren in Nachkriegswirren. Joseph Roth als Chronist des Wiener Lebens 1919/20 (in vergleichender Perspektive zu Francis Wolf-Cirian)
III. Amerika – Diskurse im literarisch-publizistischen Feld
Rebecca Unterberger (Klagenfurt): „Amerika, du hast es besser“? ‚Reiseschreibung‘ aus der Neuen Welt
Marcus Gräser (Frankfurt/Washington): ‚Amerika‘ und ‚Anti-Amerika‘ im Österreich der Zwischenkriegszeit. Ein Kommentar und einige Thesen
IV. Alltagskultur, Geschlechterrollen & literarisch-feuilletonistische Positionierungen
Peter C. Pohl (Bremen): Schwimmen und Tennis. Anmerkungen zu einer Poetik der Freizeit bei Musil und Doderer
Christian Räsack (Leipzig): „…höchstens eine Ehelei“. Die Ehe im Spätwerk von Wassermann, Schnitzler und Bahr
Elisabeth Debazi (Klagenfurt): Wandernde Geschlechter. Diskurse über das Aufbrechen von Geschlechterrollen im Feuilleton der 1920er Jahre
Christa Gürtler (Salzburg): Die Mode-Schriftstellerin Ea von Allesch
Katja Kernjak (Klagenfurt/Olomouc): Von „Weibern, die für Geld zu haben sind“ und dem „Männchen, das auf Weibern lebt“. Aspekte des Prostitutionsdiskurses in österreichischer Prosa der 1920er Jahre
Abbildungen
V. Medialisierungserfahrungen – Medialisierungsreflexionen
Evelyne Polt-Heinzl (Wien): Zeitungsgeschäfte, Telefonmorde und Kriegstechnik. Rollenbilder und Diskursfelder von Kommunikationstechnologien in der Literatur der Zwischenkriegszeit
Julia Bertschik (Berlin, FU): „Mr. Ford nimmt Pferde in Zahlung…“ Reklame als Alltagsdiskurs neusachlicher Ästhetik in Stefan Großmanns Zeitschrift Das Tage-Buch (1920-1933)
Primus-Heinz Kucher (Klagenfurt): Radio-Literatur und Medienromane im Zeichen der Medienrevolution der 1920er Jahre. Die Radiowelt-Diskussion, A. Höllriegels Hollywood-Feuilleton-Roman und F. Rosenfelds Filmroman Die goldene Galeere
VI. Zeiterfahrung und ästhetisch-kulturelle Strategien
Jürgen Egyptien (Aachen): Von der brennenden Sachlichkeit zum kalten Fanatismus. Ernst Fischers Positionen im ästhetischen, politischen und kulturphilosophischen Diskurs in der Spätzeit der Ersten Republik
Hermann Dorowin (Perugia): „Ein […] Makkabäer im Lande der Philister.“ Alfred Polgars radikaler Zeitkommentar der Zwanzigerjahre
Ernst-Ulrich Pinkert (Aalborg): Arthur Schnitzlers Komödie der Verführung. Ein Vorkriegsdrama aus der Zwischenkriegszeit
Peter Höyng (Atlanta): „Ich seh’ schwarz“ – „Ich weiß“. Zum rassischen Diskurs der Moderne anhand von Hugo Bettauers Bildungsroman Das blaue Mal
Veronika Hofeneder (Wien): „Denn Sachlichkeit ist ein Ausdruck des Gemeinschaftsgefühls, und der taktlose Mensch ist ein als was immer kostümierter Egoist.“ Dimensionen der (Neuen) Sachlichkeit bei Gina Kaus
Donald D. Daviau (Riverside, CA): “Schönheit war alles und Politik herzlich wenig.” The Role of Raoul Auernheimer in the Literary Scene of Vienna 1918-1938
Die Beiträgerinnen und Beiträger