Martin / Tuttle | Sturm über Windhaven | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

Martin / Tuttle Sturm über Windhaven

Roman

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

ISBN: 978-3-641-21890-4
Verlag: Penhaligon
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Menschheit hat ihre Wurzeln vergessen, nur an eines erinnert sie sich noch: das Fliegen.
Windhaven - eine wunderschöne Wasserwelt, doch geplagt von gewaltigen Stürmen. Die Menschen leben verstreut auf vielen kleinen Inseln, und es ist fast unmöglich, Kontakt zueinander aufzunehmen. Dennoch - oder deswegen - ist auf Windhaven ein alter Traum wahr geworden: Menschen können fliegen. Doch die Flügel sind kostbar, und die Gilde der Flieger ist eine streng abgeschottete Elite. Trotzdem will sich Maris von Amberly ihren Traum vom Fliegen nicht nehmen lassen ...

George Raymond Richard Martin wurde 1948 in New Jersey geboren. Sein Bestseller-Epos »Das Lied von Eis und Feuer« wurde als die vielfach ausgezeichnete Fernsehserie »Game of Thrones« verfilmt. 2022 folgt der HBO-Blockbuster »House of the Dragon«, welcher auf dem Werk »Feuer und Blut« basiert. George R.R. Martin wurde u.a. sechsmal der Hugo Award, zweimal der Nebula Award, dreimal der World Fantasy Award (u.a. für sein Lebenswerk und besondere Verdienste um die Fantasy) und fünfzehnmal der Locus Award verliehen. 2013 errang er den ersten Platz beim Deutschen Phantastik Preis für den Besten Internationalen Roman. Er lebt heute mit seiner Frau in New Mexico.
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Prolog Der Sturm hatte nahezu die ganze Nacht gewütet. In dem breiten Bett, das es sich mit seiner Mutter teilte, lag das Kind unter einer kratzenden Wolldecke und lauschte. Gleichmäßig und unablässig prasselte der Regen auf die dünnen Zitronenholzbretter der Hütte. Manchmal hörte es das entfernte Grollen des Donners, und wenn der Blitz herabfuhr, drangen feine Lichtstrahlen durch die Fugen in den Fensterläden und erleuchteten den kleinen Raum. Wenn sie verschwanden, war es wieder dunkel. Das Kind hörte, wie das Wasser auf den Fußboden tröpfelte. Das Dach war undicht, der Regen würde den fest gestampften Boden in Schlamm verwandeln – seine Mutter würde wütend sein, aber man konnte es nicht ändern. Die Mutter war im Ausbessern von Dächern nicht sehr geschickt, und sie konnten es sich nicht leisten, dass jemand diese Arbeit für sie übernahm. Eines Tages, hatte die Mutter gesagt, wird die alte Hütte unter der Gewalt des Sturms zusammenbrechen. »Dann werden wir deinen Vater wiedersehen.« Das Mädchen konnte sich kaum an den Vater erinnern, obwohl die Mutter oft von ihm sprach. Ein heftiger Windstoß rüttelte an den Fensterläden, das Kind lauschte dem furchterregenden Geräusch brechenden Holzes und dem Trommeln des Regens auf dem Ölpapier, das ihnen als Fensterscheibe diente. Plötzlich hatte es Angst. Seine Mutter schlief ahnungslos weiter. Der Sturm dauerte an, aber die Mutter hatte von alldem nichts mitbekommen. Das Mädchen wagte nicht, sie zu wecken, denn die Mutter war leicht erregbar und mochte es nicht, wenn man sie wegen solcher Kleinigkeiten wie kindlicher Ängste aus dem Schlaf riss. Die Wände knarrten und bewegten sich wieder. Blitz und Donner folgten unmittelbar aufeinander. Zitternd lag das Kind unter der Decke und überlegte, ob es vielleicht nicht schon heute Nacht seinen Vater wiedersehen würde. Aber dem war nicht so. Endlich ließ der Sturm nach, und der Regen hörte auf. Der Raum war dunkel und ruhig. Das Mädchen rüttelte seine Mutter wach. »Was?«, fragte sie. »Was ist los?« »Der Sturm ist vorüber, Mutter«, sagte das Kind. Die Frau nickte und stand auf. »Zieh dich an«, befahl sie dem Mädchen, während sie selbst im Dunkeln nach ihren Kleidern suchte. Es würde frühestens in einer Stunde zu dämmern beginnen, aber es war wichtig, so schnell wie möglich am Strand zu sein. Das Kind wusste, dass die Stürme Schiffe zerschmetterten; kleine Fischerboote, die zu lange draußen geblieben waren oder sich zu weit hinausgewagt hatten. Manchmal fielen ihnen sogar große Handelsschiffe zum Opfer. Wenn man nach einem Sturm hinausging, fand man oft an den Strand getriebene Dinge. Einmal hatten sie ein Messer mit einer gehärteten Metallklinge gefunden. Nachdem sie es verkauft hatten, konnten sie zwei Wochen gut essen. Wenn man etwas Wertvolles finden wollte, durfte man jedoch nicht faul sein. Ein fauler Mensch würde bis zur Dämmerung warten – und nichts finden. Bevor sie nach draußen gingen, hängte sich seine Mutter einen leeren Leinensack für die Fundstücke über die Schulter. Das Kleid des Mädchens hatte große Taschen. Sie trugen beide Stiefel. Die Frau nahm auch eine lange Stange mit einem geschnitzten Holzhaken am Ende mit, falls sie etwas sahen, das außerhalb ihrer Reichweite im Wasser trieb. »Komm, Kind«, sagte sie. »Trödele nicht herum.« Der Strand war kalt und dunkel. Ein frischer Wind blies beständig aus Westen. Sie waren nicht allein. Drei oder vier andere waren bereits auf und suchten den nassen Strand ab. In ihren Stiefelabdrücken sammelte sich sofort das Wasser. Gelegentlich bückte sich jemand, um irgendetwas genauer zu betrachten. Einer von ihnen trug eine Laterne. Früher, als ihr Vater noch lebte, hatten sie auch eine Laterne besessen, aber später hatten sie sie verkaufen müssen. Ihre Mutter hatte sich oft darüber beklagt. Nachts konnte sie nicht so gut sehen wie ihre Tochter. Manchmal stolperte sie in der Dunkelheit umher und übersah Dinge, die sie eigentlich hätte bemerken müssen. Sie trennten sich, wie sie es immer taten. Das Kind suchte den Strand in nördlicher Richtung ab, während seine Mutter ihre Suche im Süden aufnahm. »Mach dich auf den Rückweg, wenn es dämmert«, sagte die Mutter. »Du hast viel vor dir. Nach der Dämmerung wird nichts mehr zu finden sein.« Das Kind nickte und begann eilig mit der Suche. Die Beute heute Nacht war recht mager. Lange Zeit ging das Mädchen, die Augen auf den Boden gerichtet und angestrengt suchend, am Wasser entlang. Zu gern hätte es etwas gefunden. Wenn es mit einem Stückchen Metall oder vielleicht einem gelben, gebogenen und schrecklich anzusehenden Szylla-Zahn nach Hause käme, würde ihm die Mutter vielleicht ein Lächeln schenken und ihm sagen, was für ein gutes Kind es war. Das geschah nicht oft. Meistens schalt die Mutter, weil es zu verträumt war und törichte Fragen stellte. Als sich der Himmel unmerklich aufhellte und gerade die Sterne zu schlucken begann, hatte es nur zwei Stücke milchiges Seeglas und eine Muschel in den Taschen. Die Muschel war schwer und so groß wie seine Hand. Die raue, genarbte Schale verriet, dass sie schwarzes, butterweiches Fleisch haben würde, das vorzüglich schmeckte. Aber es hatte eben nur eine gefunden. Alle anderen angespülten Gegenstände waren wertloses Treibgut. Das Kind wollte gerade umkehren, so, wie es die Mutter befohlen hatte, als es das Aufblitzen von Metall am Himmel sah – einen plötzlichen Silberglanz, als wäre ein neuer Stern geboren, der alle anderen überstrahlte. Es war nördlich von ihm, weit draußen über der See. Es starrte in die Richtung, wo es erschienen war, da blitzte es einen Augenblick später etwas links wieder auf. Es wusste, was es war: Die Flügel eines Fliegers hatten die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne gefangen, noch bevor sie die Erde erreichten. Das Kind wollte hinunterlaufen und alles weiter beobachten. Es sah gern dem Flug der Vögel zu, dem kleinen Regenkuckuck, den unbändigen Nachtfalken oder den Aasvögeln mit ihren großen Silberflügeln, aber die Flieger waren schöner als alle anderen Vögel. Doch die Dämmerung brach an, und die Mutter hatte befohlen, bei Tagesanbruch umzukehren. Es rannte. Wenn es sich beeilte, so dachte es, und den ganzen Weg hin und den ganzen Weg zurück rannte, würde es vielleicht noch ein bisschen Zeit zum Zusehen haben, bevor die Mutter es vermissen würde. Deshalb rannte und rannte es, vorbei an den faulen Langschläfern, die gerade erst aufgestanden waren, um den Strand abzusuchen. Die Muschel in der Tasche sprang hin und her. Der östliche Himmel war in blasses Orange getaucht, als es die Stelle erreichte, wo der Flieger kreiste. Hier war der Strand besonders breit. Die Stelle lag gleich unterhalb der Klippen, von denen die Flieger starteten. Das Kind kletterte gern die Klippen hinauf, um von oben alles sehen zu können. Der Wind spielte ihm dann im Haar, und die Beine baumelten über den Rand der Klippen. Aber heute hatte es keine Zeit. Es musste bald umkehren, sonst würde die Mutter böse sein. Es war sowieso zu spät gekommen. Der Flieger setzte zur Landung an. Er flog noch einen eleganten Bogen über dem Strand, und seine Flügel rauschten in nur dreißig Fuß Höhe über seinen Kopf. Mit großen Augen beobachtete das Kind ihn. Er legte sich über dem Wasser in die Kurve, einen silbernen Flügel nach unten, den anderen nach oben gerichtet. Plötzlich kam er in weitem Bogen heran. Dann änderte er die Richtung ein wenig und kam nun direkt auf es zu, senkte sich anmutig herab und berührte bei seiner Landung kaum den Boden. Am Strand waren auch noch andere Leute – ein junger Mann und eine ältere Frau. Sie rannten dem Flieger entgegen und halfen ihm anzuhalten. Dann machten sie etwas an seinen Flügeln, woraufhin diese zusammenklappten. Anschließend falteten sie die Flügel langsam und sorgfältig, während der Flieger die Gurte löste, mit denen die Schwingen an seinem Körper befestigt waren. Während das Mädchen die Szene beobachtete, erkannte es, dass es der Flieger war, den es besonders mochte. Es gab viele Flieger, und das Mädchen hatte gelernt, sie zu unterscheiden, aber nur drei von ihnen kamen häufig. Jene drei, die, wie es selbst, auf der Insel lebten. Das Kind stellte sich vor, dass sie oben auf den Klippen lebten, in Häusern, die Vogelnestern glichen, deren Wände aber aus unschätzbar wertvollem Metall bestanden. Einer der Flieger war eine ernste, grauhaarige Frau mit mürrischem Gesicht. Der zweite war ein dunkelhaariger, unglaublich hübscher Junge mit einer angenehmen Stimme. Ihn mochte sie lieber. Aber am liebsten mochte sie den Mann am Strand. Ein großer, starker Mann mit breiten Schultern, wie ihr Vater sie gehabt hatte. Er war glatt rasiert, hatte braune Augen und lockige, rötlich-braune Haare. Er lächelte viel und schien häufiger zu fliegen als die anderen. »Du«, sagte er. Das Kind blickte erschrocken auf. Er lächelte es an. »Hab keine Angst«, sagte er, »ich tue dir nichts.« Ängstlich wich es einen Schritt zurück. Oft hatte es die Flieger beobachtet, aber noch nie hatte man es bemerkt. »Wer ist das?«, fragte der Flieger seine Helfer, die hinter ihm standen und seine Flügel falteten. Der junge Mann zuckte mit den Schultern. »Eine kleine Muschelsucherin. Was weiß ich. Ich habe sie schon öfter hier gesehen. Soll ich sie verjagen?« »Nein«, sagte der Mann. Wieder lächelte er das Kind an. »Warum bist du so ängstlich?«, fragte er. »Ich habe nichts dagegen, dass du zuschaust, kleines Mädchen.« »Meine Mutter hat mir verboten, die Flieger zu stören«,...


Martin, George R.R.
George Raymond Richard Martin wurde 1948 in New Jersey geboren. Sein Bestseller-Epos »Das Lied von Eis und Feuer« wurde als die vielfach ausgezeichnete Fernsehserie »Game of Thrones« verfilmt. 2022 folgt der HBO-Blockbuster »House of the Dragon«, welcher auf dem Werk »Feuer und Blut« basiert. George R.R. Martin wurde u.a. sechsmal der Hugo Award, zweimal der Nebula Award, dreimal der World Fantasy Award (u.a. für sein Lebenswerk und besondere Verdienste um die Fantasy) und fünfzehnmal der Locus Award verliehen. 2013 errang er den ersten Platz beim Deutschen Phantastik Preis für den Besten Internationalen Roman. Er lebt heute mit seiner Frau in New Mexico.

Tuttle, Lisa
Lisa Tuttle wurde1952 in den U.S.A. geboren, lebt aber schon seit über zwanzig Jahre in Großbritannien. Bekannt sind vor allem ihre Horror- und Science-Fiction-Romane, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde.


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