May | Sechs Freunde für ein Halleluja | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 430 Seiten

May Sechs Freunde für ein Halleluja

Ein Weihnachtswunder in New York
2. Auflage 2016
ISBN: 978-3-945932-29-2
Verlag: 26|books
Format: EPUB
Kopierschutz: PC/MAC/eReader/Tablet/DL/kein Kopierschutz

Ein Weihnachtswunder in New York

E-Book, Deutsch, 430 Seiten

ISBN: 978-3-945932-29-2
Verlag: 26|books
Format: EPUB
Kopierschutz: PC/MAC/eReader/Tablet/DL/kein Kopierschutz



New York 1923, kurz vor Weihnachten. Im Waisenhaus in der 71. Straße fragt sich Heimleiterin Sarah Ghettis, wie sie es anstellen soll, dass es ein frohes Fest wird, denn der Verwalter hat Geld veruntreut, das für die Weihnachtsgeschenke gedacht war.
Dann reißt auch noch der kleine Tommy aus. Die verzweifelte Suche entwickelt sich zu einer Verbrecherjagd, bei der Tommys Freunde die Bekanntschaft eines wütenden Schmugglers machen.
Können die Waisenkinder ihren Freund retten und dem betrügerischen Verwalter das Handwerk legen?

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Kapitel 2
Als die Glocke den neuen Tag ankündigte, sprangen alle aus ihren Betten und ein fröhlicher Tumult brach los. Aber schon nach wenigen Minuten wurde offenkundig, dass dort in einem der Betten noch jemand schlief, den das Läuten der Glocke nicht zu wecken vermocht hatte. Normalerweise war der kleine Tommy einer der ersten, die aus ihren Betten hüpften, um nicht ganz hinten in einer Reihe vor den Waschbecken anstehen zu müssen. Kenny, den der achtjährige Tommy zu seinem besten Freund bestimmt hatte, setzte sich in Bewegung, um dem vermeintlichen Langschläfer die wärmende Decke wegzuziehen. Der braune Haarschopf war nicht zu sehen, Tommy hatte sich anscheinend unter der Decke vergraben. Kenny griff sich die Enden und zog daran; fast sofort fiel der ungeschickte Aufbau in sich zusammen; kein Tommy lag darin, das Bett war leer. Einige der anderen Kinder versammelten sich um Kenny und das leere Bett, ein aufgeregtes Hin und Her begann. Jacob, der ein verwaschenes Handtuch über die Schulter geworfen hatte, meinte aufgeregt: »Er ist ganz sicher weggelaufen, der Dummkopf! Ich würde nicht wegrennen, wenn mich jemand adoptieren wollte.« »Dich adoptiert auch niemand«, kam eine piepsige Stimme von weiter hinten. »Deine Nase ist viel zu groß, man könnte drauftreten!« Die Stimme gehörte Sammy Kittring, dem bei dem Gedanken an Tommys Flucht angst und bange wurde. »Was hat meine Nase damit zu tun, du Zwerg?« Jakob tat so, als wolle er nach Sammys Ohren greifen, um sie ihm lang zu ziehen. »Wir sollten erst einmal in seinem Schrank nachsehen, ob etwas von seinen Sachen fehlt.« Kenny führte den Trupp an und alle zusammen gingen sie hinüber zu den Schränken. Von selbst wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, die winzigen Fächer, die von der Decke bis zum Boden reichten und eng aneinander schlossen, als solchen zu bezeichnen; auch gab es keine Schlüssel, die einem anderen den Zugriff verweigert hätten, sondern nur einen Haken für die schmale Tür, der ein ständiges Aufschwingen verhinderte. Es wurde kein Wort mehr gesprochen, bis Kenny mit bleichem Gesicht einen prüfenden Blick auf Tommys Habseligkeiten warf, von denen lediglich die Kleidungsstücke fehlten, die er zuletzt getragen hatte. Dazu gehörte natürlich auch seine grüne Mütze, von der er immer behauptete, seine Mutter habe sie für ihn gemacht; obwohl der kleine Junge, wie jeder wusste, auf den Stufen einer Kirche in der Gegend ausgesetzt worden war und er sich mit kaum einem Jahr, trotz aller Anstrengung, nie im Leben an die Frau zu erinnern vermochte, die ihn dort zurückgelassen hatte. Dennoch konnte niemand sagen, wie er in den Besitz der Mütze gekommen war und es fragte ihn auch keiner danach. »Er kam doch immer zu dir, wenn er traurig war, hat er denn nichts gesagt?«, wollte Randy Wilbour, kurz Will, mit ungläubig aufgerissenen Augen wissen. »Jeder weiß, dass er an dir hängt!«, fügte er kopfschüttelnd hinzu. »Du deckst ihn nicht etwa?« Joey, wusste schon, kaum dass er es ausgesprochen hatte, dass das vollkommener Blödsinn war. Und wenn er es nicht vorher bemerkt hätte, dann spätestens jetzt, als er Kennys Gesicht sah. »Entschuldige, ich hab's nicht so gemeint!«, beeilte er sich, ihm zu versichern. »Kann doch sein, er ist gar nicht weggelaufen! Vielleicht wollte er sich nur einen Spaß machen. Wir sehen ja auch wirklich ziemlich belämmert aus, wie wir hier so rumstehen!« Nicklas Domain unternahm den Versuch, die Sache einmal von einer anderen Seite zu betrachten, jedoch mit nicht allzu großem Erfolg. Sie alle kannten Tommy lange und gut genug, um zu wissen, dass er das nicht komisch finden würde. »Alle Mann an die Waschbecken! Zieht euch erst einmal an. Im Moment können wir nichts tun.« Kenny St. James schloss langsam die Tür, die er immer noch festhielt und steckte den Haken wieder in den dafür vorgesehenen Ring. »Ich werde gleich zu Ms. Ghettis gehen. Sie wird wahrscheinlich die Polizei verständigen.« »Er könnte sich irgendwo im Haus oder auf dem Grundstück versteckt haben!«, schlug Jacob vor, der sich so seine eigenen Gedanken gemacht hatte. »Da würden wir nicht lange brauchen, um ihn zu finden! Nein, ich glaube, er will nicht gefunden werden.« Für sich selbst fügte Kenny hinzu: Sonst hätte er mir erzählt, was er vorhat. Die Gruppe löste sich langsam auf. Sie begriffen, dass Kenny Recht hatte und es für den Augenblick wirklich vernünftiger war, da sie ihre Suche wohl kaum im Schlafanzug beginnen konnten.   *   Während Kenny nur Minuten später zusammengesunken in Ms. Ghettis' Büro saß und auf alle Fragen der Direktorin, den Ausreißer betreffend, bereitwillig Auskunft gab, kauerte Tommy Bates einige Blocks entfernt im Beichtstuhl einer Kirche. Seine grüne Mütze hatte er, so gut es ging, über beide Ohren gezogen und die kleinen Hände steckten in Wollhandschuhen. Ihm war kalt; außerhalb des Beichtstuhls konnte er sogar seinen Atem sehen, der, wenn er ausatmete, für einen kurzen Moment in grauen, traurigen Schleiern in der Luft hing. Der Beichtstuhl mit seiner hölzernen Tür und den schwarzen Stoffvolants davor, die kein bisschen wie Vorhänge aussahen - es waren viel eher schauerliche Tücher - bot zumindest ein kleines bisschen Schutz vor der Kälte. Tommy bereute, nicht noch einen extra Pullover übergezogen zu haben, aber es war schon schwer genug gewesen, die Kleidung, die er trug, unter dem Kopfkissen zu verstecken und so lange zu warten, bis alle anderen eingeschlafen waren. Ein paar Mal wären ihm selbst fast die Augen zugefallen, aber er hatte tapfer dagegen angekämpft. Tommy schniefte, seine Nase lief und er suchte nach einem Taschentuch, fand aber keines. Es war ihm nicht leicht gefallen, sein Geheimnis für sich zu behalten; normalerweise besprach er alles mit seinem Freund Kenny. Nur diese Sache konnte er ihm nicht erzählen. Kenny war es auch gewesen, der in der vergangenen Nacht am längsten von allen wach gelegen hatte. Irgendetwas ließ ihn nicht schlafen. Tommy musste lange warten, ehe er endlich sicher sein konnte, dass auch Kenny im Reich der Träume spazieren ging. Die Kekse, die er in Papier eingewickelt unter seinem Kopfkissen gefunden hatte, und die jetzt in einem Beutel mit einigen Essensresten aus der Küche steckten, stammten sicherlich aus der großen Dose, die sorgsam gehütet in einem Schrank in der Küche aufbewahrt wurde. Und es war bestimmt Kenny gewesen, der einige von ihnen für ihn erbettelt hatte. Eine dicke Träne rann Tommys Wange herab und versickerte im Kragen seiner Jacke. Wenn er doch nur hier bei ihm wäre! Ein dröhnender Ton drang durch die Schatten seiner Gedanken. Jede Stunde sagte ihm die Kirchturmuhr, wie spät es inzwischen war. Vor noch nicht allzu langer Zeit hatte die Glocke, die so anders klang als die, die sie jeden Morgen weckte, achtmal geschlagen. Das bedeutete, dass sein Verschwinden inzwischen bemerkt worden war. Vielleicht suchten sie schon überall nach ihm. Seine Finger, die trotz der Handschuhe nicht wärmer werden wollten, griffen in den mitgebrachten Beutel und förderten ein Stückchen trockenen Brotes und eine Flasche, die er vorher mit Wasser aus der Leitung gefüllt hatte, zu Tage. Er trank einen kleinen Schluck und biss zaghaft in das Stück Brot. Er wollte nicht in dieser neuen Familie leben, er wollte mit Kenny zusammen sein. Diese Leute, die Gormans; sie waren irgendwann Ende März aufgetaucht. Sie gehörten zu den Menschen, denen niemand etwas abschlagen konnte; freundlich und immer lächelnd. In ihrem großen Haus in der Montague Street hätte es der kleine Junge bestimmt sehr gut, versprach die Frau mit leuchtenden Augen, die einen Pelzmantel trug, der ganz im Gegensatz zu ihren Augen ein Gefühl von Wärme ausstrahlte. Aber Tommy spürte schon bei der ersten Begegnung, dass sie nur so tat, als würde er ihr etwas bedeuten. Er dachte oft an seine Mutter, die er nie gekannt hatte. Er stellte sich vor, wie sie wohl aussah. Es machte ihn traurig und er trank noch einen Schluck von dem abgestandenen Wasser, um sich abzulenken und die aufsteigenden Tränen zurückzudrängen.   *   Nur wenige Schritte von der Kirche entfernt, in der der kleine Tommy Zuflucht gesucht hatte, schlürfte Reverend Ingram McAllister selbstvergessen seinen Kaffee. Er schrieb an einer Predigt für die nächste Messe, aber seine Gedanken waren an diesem Mittwochmorgen aus irgendeinem Grund nicht ganz bei der Sache. Er nahm einen weiteren Schluck aus seiner Tasse. Mary machte wunderbaren Kaffee; heiß und stark, so wie er ihn mochte. Mary Langley führte ihm seit nunmehr neun Jahren den Haushalt, sie war Teil seines täglichen Lebens, wie er Teil des ihrigen war. Der Reverend blickte wieder auf das Blatt Papier vor ihm, den Stift in der Luft hin und her drehend. Nach wie vor bereitete ihm der Zustand der alten Mrs. Kampinski große Sorgen. Vor etwa einem halben Jahr war ihr einziger Sohn bei einem Schiffsunglück ums Leben gekommen und seit diesem Tag hatte die arme Frau kein Wort mehr gesprochen. Ihr Gesicht war zu einer unbeweglichen Maske erstarrt, keinerlei Gefühlsregung war ihm zu entnehmen, sie litt stumm und eines Tages würde ihr Herz vollständig daran zerbrechen. Ihre jüngere Schwester hatte daraufhin das Haus, in dem sie gemeinsam mit ihrem verstorbenen Sohn lebte, samt Inventar verkauft, und sie in einem winzigen Zimmer ihres eigenen Haushalts einquartiert. Das Geld für das Haus kam ihr sehr gelegen und genauso gelegen mochte es ihr kommen, wenn Milena Kampinski bis zu ihrem Ende kein Wort mehr verlieren würde. Reverend McAllister musste sich die vor Kälte klirrende Stimme Rachel Baldwins nicht erst vergegenwärtigen. Sie hallte noch...


May, Ina
Ina May wurde in Kempten im Allgäu geboren, verbrachte ihre Kindheit bei den Großeltern im Allgäu und war Schülerin in einem katholischen Internat im Chiemgau, bevor ihr persönlicher Kompass Richtung Amerika zeigte.

Sie besuchte eine Privatschule in San Antonio/Texas, kehrte in die Bayerische Heimat zurück und absolvierte ein Europasprachenstudium in München, wo sie eine Ausbildung zur Fremdsprachen- und Handelskorrespondentin absolvierte.
Wenig später bekam May ein unschlagbares Jobangebot - New York. Sie arbeitete viele Jahre für eine Stahlfirma, mit Blick auf den Central Park, bevor sie der Metropole und den USA schließlich "So long!" sagte.

Nominiert für den Jacques-Berndorf-Krimipreis 2013 (»Die Tote im Maar«, erschienen 2013 bei Emons)
Gewinnerin des Krimistipendiums Tatort Töwerland 2010
http://www.inamay.de

Ina May wurde in Kempten im Allgäu geboren, verbrachte ihre Kindheit bei den Großeltern im Allgäu und war Schülerin in einem katholischen Internat im Chiemgau, bevor ihr persönlicher Kompass Richtung Amerika zeigte.

Sie besuchte eine Privatschule in San Antonio/Texas, kehrte in die Bayerische Heimat zurück und absolvierte ein Europasprachenstudium in München, wo sie eine Ausbildung zur Fremdsprachen- und Handelskorrespondentin absolvierte.
Wenig später bekam May ein unschlagbares Jobangebot - New York. Sie arbeitete viele Jahre für eine Stahlfirma, mit Blick auf den Central Park, bevor sie der Metropole und den USA schließlich "So long!" sagte.

Nominiert für den Jacques-Berndorf-Krimipreis 2013 (»Die Tote im Maar«, erschienen 2013 bei Emons)
Gewinnerin des Krimistipendiums Tatort Töwerland 2010
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